Virtuelle Besichtigung: Tools und Kosten für Makler im Überblick

Von 3D-Rundgängen bis hin zu Drohnen und Robotern – virtuelle Besichtigungsmöglichkeiten erfreuen sich steigender Beliebtheit. Produkte und Dienstleistungen gibt es zwar nicht zum Selbstkostenpreis, aber sie lohnen sich, sagen Makler. Ein Überblick über Angebote und Perspektiven.

Als einer der unkompliziertesten und am schnellsten umsetzbaren Bausteine haben sich 3D-Online-Besichtigungen erwiesen. In den ersten Wochen der Corona-Pandemie waren zwar Makler, die sich zuvor mit derartigen digitalen Möglichkeiten auseinandergesetzt hatten, im Vorteil –
insgesamt scheint die Branche in diesem Teilbereich allerdings schnell Angebot und Nachfrage aufeinander abgestimmt zu haben.

"In den Corona-Hochzeiten von März bis Mai ist die Zahl der erstellten 360-Grad-Rundgänge pro Monat um 368 Prozent gestiegen", erklärt der Geschäftsführer von Ogulo, Florentino Trezek. Inzwischen sei der Anstieg abgeflacht, allerdings würden durchschnittlich immer noch 257 Prozent mehr Besichtigungen gebucht als im März 2020. Doch was haben Makler und Wohnungsunternehmen für Optionen, wenn der Käufer nicht mehr klingelt?

Dollhouse Ogulo

Virtuelle Besichtigung: 3D-Tools und Schnittstellen für Makler

Ogulo: Dollhouse-Feature und Digital Staging

Ogulo bietet virtuelle Panoramatouren durch Objekte an. Dahinter stecken 360-Grad-Fotografien. Diese Rundgänge können Makler per Passwort schützen lassen – und so besser analysieren, wie Kunden die digitale Möglichkeit nutzen. Die Preise unterscheiden sich je nach Möglichkeiten. Beispielsweise können Eigentümer oder Makler ihr Objekt zusätzlich im 3D-Miniaturformat abbilden lassen, angeschnitten wie in einem Puppenhaus – die Option heißt passend "Dollhouse". Man kann sich dabei auch verschiedene Flächen berechnen lassen, etwa für Wände oder Decken.

Einer Übersicht von Ogulo zufolge reichen die Preise von rund 1.600 Euro für zwei Jahre bis hin zu knapp 12.000 Euro für zwei Jahre. Die Makler von Sotheby's, die seit einigen Jahren auf die Dienstleistungen zurückgreifen, berichten von 79 Euro an monatlichen Kosten. Dazu kämen noch Kosten für eine spezielle Kamera für die virtuellen Aufnahmen, die sich auf 400 bis 1.000 Euro je nach Ausführung beliefen. Rohrer Immobilien aus München hat einzelne Immobilien zusätzlich von Ogulo virtuell einrichten lassen – da sich die Kosten für dieses digitale Staging preislich kaum von Anbieter zu Anbieter unterscheiden würden, sei man bei Ogulo geblieben heißt es. Ein Raum kostet den Angaben zufolge hier 235 Euro.

Onoffice: Großes Netzwerk, viele Pakete

Ogulo kann sowohl einzeln erworben werden als auch im Paket oder in Kombination mit weiteren Dienstleistern und PropTechs. Das Unternehmen kooperiert etwa mit dem Immobiliensoftware-Anbieter Flowfact; eine offene Schnittstelle besteht auch zum Rundum-Softwarehaus Onoffice. Letztere haben ihr digitales Angebot seit dem Marktantritt Anfang 2000 schrittweise ausgebaut – im Zuge der Corona-Pandemie sei noch eine Funktion hinzugekommen, mit der Makler Videokonferenzen individuell mit Kunden organisieren und so digitale Besichtigungen ermöglichen können. Mit "Ready to Meet" ließen sich direkte Kontakte minimieren, erklärt eine Sprecherin.

Onoffice berechnet Paketpreise für seine Lösungen, die je nach Umfang variieren. Hier zeigen sich die Nachteile der Lösung – Makler bezahlen möglicherweise für Services mit, die sie gar nicht brauchen. Der Vorteil liegt im Rundumangebot: Man muss sich um nichts kümmern, die Schnittstellen zu Kooperationspartnern von Onoffice stehen, das Netzwerk ist groß und erfahren.

Matterport: "Vor-Ort-Feeling", keine Retuschen

Noch einen Schritt weiter in Richtung Exklusivität bei virtuellen Begehungen geht die Software von Matterport. Das US-Unternehmen verlangte anfangs nach sehr hochwertigem Ausgangsmaterial, inzwischen sind die Anforderungen für Fotografien abgesenkt worden. Die 3D-Rundgänge vermittelten Kunden das Gefühl, sie seien vor Ort, erklärt die Immobiliengesellschaft David Borck, die seit dem Frühjahr mit der Technologie von Matterport arbeitet. Alternativ bieten die Berliner Makler an, sich mit einem in der Wohnung anwesenden Mitarbeiter per Videochat auszutauschen.

Vorteilhaft an Matterport sei der hohe Komfort beim Bedienen, heißt es von David Borck. "Auch technische Laien und Interessenten mit wenig Computererfahrung können ganz intuitiv durch die Rundgänge steuern." Problematisch sei hingegen, dass die Aufnahmen nachträglich nicht mehr angepasst oder retuschiert werden können. "Persönliche Gegenstände der Vorbesitzer, wie zum Beispiel teure Gemälde oder ähnliches, müssen vor der Erstellung der 3D-Rundgänge entfernt werden, wenn sie anschließend nicht zu sehen sein sollen." Aus Sicht der Makler eignet sich Matterport daher vor allem für Immobilien, bei denen alles gezeigt werden darf. Bei Neubauten fielen zusätzliche Kosten für Visualisierungen an. Auch Matterport hat das sogenannte "Dollhouse" im Angebot.

David Borck lässt die Rundgänge über externe Dienstleister erstellen, die Matterport nutzen. Die Kosten schwanken den Angaben zufolge zwischen knapp 200 und 500 Euro netto pro Rundgang, abhängig von der Objektgröße. Auch die Makler von KSK-Immobilien nutzen Matterport. Hier erstellt die hauseigene Fotografin Aufnahmen mit einer Spezialkamera, die später zu einem Rundgang zusammengefügt werden. Die Anschaffungskosten für eine Matterport-Kamera mit diversen Spezialfeatures liegen bei etwa 3.700 Euro, wie andere Maklerhäuser erklären.

VR Easy: Einfache Handhabe, guter Funktionsumfang

Kostengünstiger geht es mit den 360-Grad-Touren von VR Easy, mit denen etwa Tolle Immobilien arbeitet. Für monatlich rund 26 Euro sei der Funktionsumfang gut bei einfacher Handhabe, erklärt Corvin Tolle. Die Resonanz bei den bisher so bespielten Objekten sei positiv. Makler können die virtuellen Touren selbst erstellen oder das Unternehmen damit beauftragen, auch ein Passwortschutz für Miet- oder Kaufinteressenten ist möglich.

Welche Vorteile bieten virtuelle Besichtigungen für Makler?

Die Vorteile virtueller Gebäudebegehungen liegen für Makler auf der Hand, egal für welche Softwarelösung und Zusatzangebote sie sich entscheiden: "Virtuelle Vorbesichtigungen sind sehr hilfreich, um reale Besichtigungen wirklich nur mit denen zu vereinbaren, die nach der virtuellen Besichtigung immer noch Interesse an der Immobilie haben", fasst es Olivier Peters von Sotheby's International Realty-Partner Frankfurt / Wiesbaden zusammen. Man spare Zeit, vermeide Besichtigungstourismus und erhalte Aufschlüsse über Vorlieben und Verhalten von Kunden.

Die Effizienz greift dabei wechselseitig – auch Interessenten sparen sich die zeitraubende Anreise, wenn das Objekt schon beim ersten Eindruck durchfällt. Für die Immobilienbewertung werden mittlerweile virtuelle Rundgänge eingesetzt, hier greifen Sachverständige auf ein System mit mehreren Sicherheitsstufen auf Basis des Anbieters On-Geo zurück. Möglich gemacht hatte diesen Schritt die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht, die die Vorgaben für Außen- und Innenbesichtigungen von Immobilien zur Wertermittlung wegen der Corona-Krise gelockert hatte.

Immobilien-Marketing-Award 2020: Online-Marketing

Alternativen zur virtuellen Besichtigung

Home: Kontaktlose Vor-Ort-Besichtigung

Alternativ zu 3D-Touren auf Basis zusammengefügter Fotografien und Videochats mit anwesenden Maklern bietet das PropTech Home kontaktlose, reale Besichtigungen für Interessenten an – als Teil eines umfassenden Servicepakets rund um digitale Verwaltungsmöglichkeiten. Die Buchung von Zeitfenstern und die Schlüsselübergabe erfolgt über ein System aus App und Schlüsselfach. Dadurch, dass Kunden bei diesem Verfahren ihre Identität verifizieren müssten, könne später die digitale Mietvertragsunterzeichnung unkompliziert ablaufen, sagt eine Unternehmenssprecherin. Makler beziehungsweise Vermieter bezahlen für die Home-Leistungen 2,9 Prozent des Mietpreises.

Fairfleet und Sam: Aufnahmen mit Drohne und Roboter

Und wenn es ein wenig visionärer sein soll? Das Startup Fairfleet aus München organisiert Drohneneinsätze, die auch für die Immobilienwirtschaft interessant sein könnten – allerdings liegt der Fokus bislang eher auf Außenaufnahmen von Gebäuden und Grundstücken.

Konkret auf Innenbesichtigungen spezialisiert hat sich indes "Sam", ein Roboter des Immobilienunternehmens Kampmeyer. Die Software dazu kommt von Realbot Engineering aus der Schweiz. Interessenten können "Sam" per Online-Kalender über die Unternehmenswebseite buchen, auf Wunsch kann auch ein realer Makler als Begleitung dazu bestellt werden. Drei solcher Cobot-gestützten Systeme sind inzwischen für Kampmeyer im Einsatz. "Wir profitieren deutlich von der durch Corona vorangetriebenen Bereitschaft unserer Kunden, sich mit digitalen Werkzeugen auseinanderzusetzen", sagt Unternehmenschef Roland Kampmeyer. Zudem werde die Immobiliensuche so zum Erlebnis. Der Nachteil dabei: Der Roboter kann nur durch leere Wohnungen spazieren, der Aufwand lohnt sich beispielsweise bei größeren Neubauprojekten, bei denen auf diesem Weg dann eine Musterwohnung virtuell sichtbar wird.

"Sam" hat Mikrofone, kann also auch Umgebungsgeräusche einfangen, und er fährt selbstständig zu einer Ladestation zurück. Theoretisch braucht es also nicht für jeden Besichtigungstermin einen Makler vor Ort. Ein Roboter kostet Kampmeyer zufolge zwischen 4.000 und 5.000 Dollar. Die Nachfolgegeneration von "Sam" ist derzeit in Arbeit; sie soll noch mehr auf Prinzipien der Künstlichen Intelligenz bauen und damit für Kundenbedürfnisse optimiert werden. Perspektivisches Ziel sei ohnehin, möglichst den gesamten Verkaufsprozess digital abzuwickeln, sagt Kampmeyer – zumindest dort, wo Makler dies selbst steuern könnten.


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