Initiative im Bundesrat: Grundsteuer und Umlagefähigkeit

Der Berliner Senat hat beschlossen, den Entwurf für ein "Mieter-Grundsteuer-Entlastungsgesetz" in den Bundesrat einzubringen. Ziel der Initiative sei es, dass Vermieter die Steuer nicht mehr auf Mieter umlegen können, so die Finanzverwaltung. Keine gute Idee, meinen Experten der Immobilienbranche.

Über eine Änderung des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) will das Land Berlin mit dem sogenannten Mieter-Grundsteuer-Entlastungsgesetz die Umlagefähigkeit der Grundsteuer vom Vermieter auf den Mieter abschaffen. Betroffen seien 57,9 Prozent der Haushalte (36,4 Millionen Menschen), die in Deutschland zur Miete wohnen. Diese gelte es zu entlasten, geht aus der offiziellen Mitteilung hervor.

Die Betriebskosten seien neben gestiegenen Angebotsmieten in Deutschland ein "relevanter Kostenfaktor" für Mieter. Die Nebenkosten seien heute bereits zur Zweitmiete geworden, besonders in Regionen mit ohnehin schon angespannter Wohnungslage und hohen Mieten, heißt es im entsprechenden Gesetzentwurf. Profitieren würden die Eigentümer von einer intakten kommunalen Infrastruktur, die auch über die Grundsteuer finanziert werde, und die zum Werterhalt, zur Wertsteigerung der Immobilien und der zu erzielenden Miethöhe beitrage.

Fraglich ist: Hat die Berliner Initiative im Bundesrat Erfolg?

Für Mietverhältnisse, die vor einem eventuellen Inkrafttreten eines bundesweiten "Mieter-Grundsteuer-Entlastungsgesetzes" entstanden sind, soll eine Übergangsfrist gelten, schreibt die Finanzverwaltung weiter. Allerdings ist noch unklar, welche Erfolgschancen der Berliner Vorstoß, über den die "Süddeutsche Zeitung" zuerst berichtet hatte, im Bundesrat haben wird.

Die Grundsteuer gilt als die wichtigste kommunale Steuer. Alleine das Land Berlin nimmt jährlich zirka 820 Millionen Euro über die Grundsteuer ein. Nach Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts muss die Grundsteuer bis Ende 2019 neu geregelt sein, weil die Bewertungsgrundlagen veraltet sind.

Nach der aktuellen Planung soll eine Sachverständigenanhörung im Bundestag am 11. September stattfinden. Die Beratungen im Finanzausschuss des Bundestages sollen bis zum 16. Oktober abgeschlossen sein. Die zweite und dritte Lesung im Bundestag ist für den 18. Oktober geplant. Im November oder Dezember könnte die Zustimmung des Bundesrates erfolgen.

ZIA: "verantwortungslose Symbolpolitik"

Für Dr. Hans Volkert Volckens, Vorsitzender des Ausschusses Steuerrecht beim ZIA Zentraler Immobilien Ausschuss, ist der Berliner Plan zur Abschaffung der Umlagefähigkeit "nichts anderes als eine weitere Form von verantwortungsloser Symbolpolitik".

Mittel- und langfristig könnten laut ZIA Vermieter die wirtschaftliche Belastung aus der Grundsteuer in der Kalkulation berücksichtigen und somit in die Kaltmiete einpreisen, was wiederum einen Anstieg der ortsüblichen Vergleichsmiete zur Folge hätte. Im Ergebnis würden die Mieten steigen. Tue das ein Eigentümer nicht und würden die Belastungen für Vermieter steigen, könnte das zur Folge haben, dass weniger investiert wird: in energetische Modernisierungen oder in den Neubau.

"Man muss sich doch schon sehr wundern, dass der Berliner Senat solch einfachste wirtschaftlichen Zusammenhänge nicht erkennt." Dr. Hans Volkert Volckens, Vorsitzender des Ausschusses Steuerrecht beim ZIA

GdW: "Berlin entwickelt sich zum Investorenschreck"

Der Präsident des GdW Bundesverband deutscher Wohnungs- und Immobilienunternehmen, Axel Gedaschko, warnt davor, die Umlagefähigkeit der Grundsteuer über die Betriebskosten abzuschaffen. Den Bundesratsantrag aus Berlin bezeichnete er als Farce. "Berlin entwickelt sich zum Investorenschreck", so Gedaschko.

Die Abschaffung der Umlagefähigkeit der Grundsteuer würde die Investitionsfähigkeit der Wohnungsunternehmen dramatisch schwächen und geplante Neubau- und Modernisierungsprojekte sowie soziale Leistungen gefährden. Alleine in Berlin würden den GdW-Mitgliedern rund 130 Millionen Euro jährlich an Eigenkapital für Investitionen fehlen. Bei Annahme einer Eigenkapitalquote von 20 Prozent wären das Investitionen in Höhe von 650 Millionen Euro pro Jahr.

Christian Gräff, Präsident des Verbandes Deutscher Grundstücksnutzer (VDGN) und Berliner CDU-Politiker beschrieb den Vorstoß Berlins zur Umlagefähigkeit der Steuer als "Täuschungsmanöver". Im Zuge der anstehenden Grundsteuerreform solle vermutlich die Grundsteuer in der Hauptstadt massiv erhöht werden und die Initiative im Bundesrat verhindern, dass diese Erhöhung die Mieter treffe, erklärte Gräff.

IVD: Hebesätze senken

Der Immobilienverband IVD plädiert dafür, die Hebesätze zu senken, anstatt die Umlagefähigkeit der Grundsteuer auf die Mieter mit zu erwartenden fatalen, auch rechtlichen Konsequenzen abzuschaffen. Zu befürchten sei etwa, dass einige Gemeinden die Hebesätze für die Grundsteuer weiter anheben, wenn die Steuer nicht mehr von den Bewohnern der Gemeinde getragen werden muss, sondern von den Vermietern, die möglicherweise in einer anderen Gemeinde wohnen.

"Wenn der Berliner Senat wirklich an einer Verringerung der Kosten für Mieter interessiert wäre, sollte er einfach den Hebesatz senken." Jürgen Michael Schick, Präsident des IVD

Mit einem Hebesatz von 810 Prozent hab Berlin einen der bundesweit höchsten Grundsteuer-Hebesätze und belegt damit Platz 22 unter den rund 11.000 deutschen Gemeinden, so Schick.

Die Pläne gingen an der Sache "vollkommen vorbei" und seien "populistischer Unfug", kritisierte Kai Warnecke, Präsident von Haus und Grund, die Berliner Initiative in der "Neuen Osnabrücker Zeitung". Die Grundsteuer sei keine Vermögensteuer für Immobilieneigentümer, mit der Steuer sollen Leistungen der Kommunen für ihre Bürger finanziert werden. Bürger seien Mieter, die in der Stadt oder Gemeinde wohnten. Ein Vermieter, der vielleicht in einer ganz anderen Stadt lebe, nehme die Leistungen der Kommune gar nicht in Anspruch.

Grundsteuer: Ausschussberatungen im Bundesrat und weitere Initiativen

Bereits im Mai hatte der Mieterbund eine Initiative gegen die Grundsteuer-Umlage gestartet.

Auch Hamburg hat sich mit Initiativen für die anstehenden Ausschussberatungen im Bundesrat für eine Reform der Grundsteuer eingebracht. Unter anderem will das Land erreichen, dass der Bund im Rahmen eines gemeinsamen Bündnisses für die Steuerverwaltung die Länder und Kommunen bei den zu erwartenden Kosten der Grundsteuerreform finanziell vollständig entlastet.

Nach Informationen des Senats entstehen aktuell alleine für Hamburg Personal- und Sachkosten von rund 15 Millionen Euro (bundesweit rund 500 Millionen Euro), unabhängig vom Grundsteuermodell.Hamburg will außerdem erreichen, dass bei der Ermittlung von Bodenrichtwerten die Entwicklung der vergangenen sieben Jahre als Basis berücksichtigt wird, da es vor allem in den Großstädten häufig kurzfristig zu überdurchschnittlichen Wertentwicklungen kommen könne.

dpa
Schlagworte zum Thema:  Grundsteuer, Betriebskosten