3 Fragen an Horst Lieder

380.000 Gründe zu handeln, 38 Milliarden Ausreden


Fehlende Kita-Plätze: 3 Fragen an Horst Lieder

Zu wenige Betreuungsplätze für Kinder, kaum Fortschritt beim Ausbau – und das trotz milliardenschwerer Förderprogramme. Woran hakt es? 3 Fragen an Horst Lieder, Managing Partner der Audere Equity Unternehmensgruppe.

Herr Lieder, wie groß ist der Investitionsstau im Bereich frühkindlicher Bildung, und welche Maßnahmen könnten Städte ergreifen?

Horst Lieder: Nach aktuellen Schätzungen fehlen allein im Krippenbereich rund 380.000 Betreuungsplätze. Wenn man davon ausgeht, dass ein Kita-Platz durchschnittlich etwa 100.000 Euro in der Herstellung kostet – inklusive Grundstück und baulicher Maßnahmen –, sprechen wir hier von einem Investitionsbedarf von rund 38 Milliarden Euro.

Die komplette L'Immo-Folge mit Horst Lieder und Host Jörg Seifert

                                                                                                                            

Dabei ist zu beachten: Der Begriff Kita umfasst Krippe, Kindergarten und Hort. Ab 2026 wird es neben dem gesetzlichen Anspruch auf einen Betreuungsplatz in einem Kindergarten auch einen Anspruch auf einen Hortplatz geben – doch gerade dort gibt es große Lücken. Viele Kommunen arbeiten daran, neue Plätze zu schaffen, sei es durch Umnutzung bestehender Gebäude wie Schulen oder den Bau neuer Einrichtungen, in denen Kita- und Hortbetreuung kombiniert werden können. Aber all das braucht Zeit.

Kita-Krise: Von Bund bis Kommune

Herausforderungen ergeben sich auch durch die föderalen Zuständigkeiten bei der frühkindlichen Bildung. Wie könnte eine bessere Zusammenarbeit zwischen Bund, Ländern und Kommunen aussehen?

Es gibt auf allen angesprochenen Ebenen – Bund, Länder und Kommunen – Instrumente, Ziele und auch finanzielle Mittel. Der Bund hat beispielsweise zu Zeiten von Frau von der Leyen als Familienministerin ein mehr als neun Milliarden Euro schweres Programm in diesem Bereich aufgelegt. Doch es hat ewig gedauert, bis die Mittel zweckentsprechend dort ankamen, wo sie gebraucht wurden.

Die Länder stellen Fördermittel bereit, die üblicherweise über die Kommunen ausgereicht werden. Die Kommunen wiederum ermitteln den Bedarf vor Ort und bestätigen den formal. Diese Fördermittel sind gezielt dafür gedacht, private Investoren zu motivieren, in diesem Bereich aktiv zu werden. Denn klar ist: Die öffentliche Hand kann das allein nicht stemmen – weder finanziell noch personell. Es fehlen schlichtweg Kapazitäten für Planung, Bau und Betrieb solcher Projekte.

Bildungsimmobilien: Attraktiv für private Investoren?

Wie können private Investoren stärker in den Bereich frühkindlicher Bildung eingebunden werden?

Es braucht Kooperationsmodelle, bei denen die öffentliche Hand auf privates Kapital sowie dessen Kompetenz und Fähigkeiten zurückgreift, um gemeinwohlorientierte Ziele zu erreichen. Privates Kapital zeigt durchaus Interesse: Es gibt seit Jahren Fonds, die gezielt in Bildungsimmobilien oder soziale Infrastruktur investieren – manchmal unter Namen wie "Zukunftsfonds". Solche Investments funktionieren jedoch nur, wenn sie eine sichere Anlage darstellen und Renditen bieten.

Bildungsimmobilien sind hierfür ein gutes Beispiel: Schulen gelten als sicher, insbesondere wenn Kommunen langfristig als Mieter auftreten. Bei Kindertagesstätten übernehmen häufig kommunale Träger oder kirchliche Organisationen den Betrieb; auch private Träger mit anerkannten Konzepten profitieren von Förderungen, um Beiträge erschwinglich zu halten.

Ein großes Hindernis bleibt allerdings der Föderalismus: Es gibt so viele Fördersysteme wie Bundesländer – dazu kommen kommunale Eigenheiten. Einheitliche Spielregeln wären ein großer Schritt nach vorn, damit Investoren unabhängig vom Standort dieselben Bedingungen vorfinden.

Das ist ein redaktionell bearbeiteter Auszug aus dem L'Immo-Podcast mit Horst Lieder.


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