Zwei Jahre Baulandkommission: Und keinen Schritt weiter?

Im Juli 2019 hatte die Baulandkommission ihre Handlungsempfehlungen für die Länder vorgelegt: zur Mobilisierung von Bauland und zum Wohnungsbau. Nun ist die Zwischenbilanz da. Eine Trendwende in der Bodenpolitik sollte es werden – der Immobilienbranche geht es nicht zügig genug. 

Nach neun Monaten Arbeit hatte die 2018 von der Bundesregierung eingesetzte Kommission "Nachhaltige Baulandmobilisierung und Bodenpolitik" (Baulandkommission) ihre Handlungsempfehlungen vorgestellt, wie möglichst schnell zusätzliches Bauland an den Markt gebracht werden kann, um den Wohnungsneubau voranzubringen. Auch Vertreter aus der Immobilien- und Wohnungswirtschaft haben ihre Ideen eingebracht ihre Vertreter kritisierten aber von vorneherein, dass Bund, Länder und Kommunen das Ergebnispapier letztlich alleine abgestimmt hätten. Dementsprechend fiel die Akzeptanz der Branche aus.

Zu viele Regelungen anstatt intelligentere und effizientere Lösungen, lautete ein Fazit. Am 28. September hat nun die Baulandkommission in Berlin in einer Zwischenbilanz über die bisherige Umsetzung ihrer Empfehlungen berichtet. Und auch dieses Mal war die Resonanz aus der Immobilienbranche überwiegend negativ. Kritik gab es auch an der Baugesetzbuchnovelle.

BID: Vorkaufsrechte, Baugebote, sektoraler Bebauungsplan – das sorgt für Brachflächen

"Die positiven Impulse aus der Baulandkommission haben bislang leider noch nicht ihren Weg in die Praxis gefunden. Es spricht Bände, dass in der Zwischenbilanz Zeiträume und Vorhaben aufgeführt werden, die weit vor dem Abschluss der Kommission liegen", sagte Andreas Ibel, Vorsitzender der BID Bundesarbeitsgemeinschaft Immobilienwirtschaft Deutschland und Präsident des BFW Bundesverbandes, auf der Konferenz in Berlin.

Die BID und die ihr angehörenden Verbände übten auf der Konferenz einhellig Kritik auch an der Baugesetzbuchnovelle. Mit der Corona-Pandemie seien zusätzliche Herausforderungen entstanden, die die Immobilienwirtschaft meistern müsse. Vor diesem Hintergrund bedürfe es dringend einer Überarbeitung der Empfehlungen der Baulandkommission die Maßnahmen fokussierten wie befürchtet auf die Baulandverteilung statt auf eine schnellere Schaffung von mehr Bauland und der Baugesetzbuchnovelle, so der BID-Vorsitzende.

Besonders fatal sind den BID-Verbänden zufolge die geplante Ausweitung der Eigentumseingriffe durch die Kommunen etwa durch Vorkaufsrechte, Baugebote oder den sektoralen Bebauungsplan. Dies führe nicht zu mehr Wohnungen, sondern zu neuen Brachflächen, da die Kommunen weder Geld, noch Personal oder die Expertise hätten, um "auch nur ansatzweise Flächen im benötigen Maße zu entwickeln oder zu bebauen", so Ibel.

GdW: Planungs- und Baubeschleunigungsgesetz muss endlich kommen

"Die Baulandkommission ist von den Entwicklungen auf den Wohnungsmärkten überholt worden, vor allem im Zuge der Corona-Krise", mutmaßte Axel Gedaschko, Präsident des Spitzenverbandes der Wohnungswirtschaft GdW. So könnten etwa die in Folge von Ladenschließungen frei werdenden Gewerbeflächen "zügig für andere Nutzungsarten umgewidmet werden können, insbesondere für das Wohnen", führte er aus. Das sei eine sinnvolle Maßnahme für mehr bezahlbares Wohnen in den Innenstädten.

Dafür sei es dringender denn je, "dass das Planungs- und Baubeschleunigungsgesetz endlich kommt", damit die rechtlichen Voraussetzungen für eine schnelle Umnutzung innerstädtischer Gewerbeflächen geschaffen werden. Auch die von den Verbänden geforderte Anpassung der Lärmschutzvorgaben in der sogenannten "TA Lärm" sei noch nicht gelöst. "Für attraktivere Innenstädte brauchen wir ein stärkeres Nebeneinander von Wohnen und Gewerbe. Das kann nur funktionieren, wenn die Immissionsrichtwerte entsprechend angepasst werden", forderte der GdW-Chef.

Bei 42 Vorschlägen der Baulandkommission an die 16 Bundesländer, die sehr unterschiedlich und zum Teil nur zögerlich umgesetzt werden, gelte: "Für mehr und schnelleres Bauen braucht es viel mehr Wumms bei Bund, Ländern und Kommunen", so Gedaschko.

Haus und Grund: Kommunen unter Planungspflicht stellen

Auch der Eigentümerverband Haus und Grund hat an der Baulandkommission schwere Kritik geübt. "Die Kommission ist ihrer Aufgabe nicht gerecht geworden und gescheitert", sagte Haus-und-Grund-Präsident Kai Warnecke den Zeitungen der Funke-Mediengruppe. Das Gremium solle Ideen entwickeln, damit Kommunen mehr Bauland ausweisen, stattdessen gebe es nun weitere Eingriffe in die Eigentumsrechte geben.

Warnecke schlug vor, Kommunen unter eine Planungspflicht zu setzen. "Neues Bauland stößt regelmäßig auf politischen Widerstand, der für kommunale Entscheidungsträger eine erhebliche Hürde darstellt, auch im überörtlichen Interesse zu handeln. Darüber hinaus scheuen Kommunen die Folgekosten von Wohngebieten", begründete Warnecke den Vorstoß. Um diese Pflicht wirksam einfordern zu können, sei ein ergänzendes Verbandsklagerecht notwendig.

Das Ziel, in dieser Legislaturperiode 1,5 Millionen Wohnungen zu bauen, werde erkennbar verfehlt, kritisierte Mieterbund-Chef Lukas Siebenkotten die Baulandkommission. Hinzu komme, dass die Anzahl an Sozialwohnungen weiterhin dramatisch sinke  aktuell auf den Stand von nur noch 1,14 Millionen Wohnungen. "Hier sind auch die Kommunen in der Pflicht, die zur Verfügung gestellten Mittel abzurufen", so Siebenkotten.

Zuversicht aus der Baulandkommission: "zügige parlamentarische Befassung"

Volkmar Vogel (CDU), Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister des Innern, für Bau und Heimat, auf dessen Einladung die Konferenz stattfand, zeigte sich wiederum zufrieden mit den Zwischenergebnissen: "Wir haben in den vergangenen Monaten die bauland- und liegenschaftspolitischen Aktivitäten auf allen föderalen Ebenen intensiviert". Und Dr. Dorothee Stapelfeldt (SPD), Senatorin für Stadtentwicklung und Wohnen in Hamburg und Co-Vorsitzende der Baulandkommission, lobte "eine zügige parlamentarische Befassung".

Positive Zwischenergebnisse der Baulandkommission aus Sicht des BMI:

  • Schaffung planerischer Grundlagen für mehr Wohnbauland (u.a. sektoraler B-Plan für Wohnbebauung, Einführung des dörflichen Wohngebiets als Baugebietskategorie).
  • Erleichterungen für die Innenentwicklung (u.a. Schaffung von Befreiungsmöglichkeiten, Erleichterungen für gemeindliche Vorkaufsrechte, Flexibilisierung von Dichteobergrenzen).
  • Die Städtebauförderung berücksichtigt nun stärker die Revitalisierung von Brachen.
  • Das BMI hat seine Aktivitäten zur Information, Beratung und Personalschulung von Kommunen ausgebaut, etwa durch eine Fortbildungsoffensive zur Verbesserung des Anwendungswissens städtebaulicher Instrumente und die Schulungsoffensive des Bundes.
  • Für entbehrliche Bundesgrundstücke der BImA wurden die Verfahren, Konditionen und Preisabschläge weiter auf die Bedürfnisse der Kommunen und die Schaffung von bezahlbarem Wohnraum ausgerichtet.
  • Die bisher nur für die BImA geltende-Verbilligungsrichtlinie ab dem 1.1.2020 – für Zwecke des sozialen Wohnungsbaus – ist auch auf das Bundeseisenbahnvermögen (BEV) übertragen worden.
  • Im Zuge der Grundsteuerreform wurde die Grundsteuer C eingeführt. Diese eröffnet den Kommunen die Option, für unbebaute, aber baureife Grundstücke einen höheren Grundsteuerhebesatz festzusetzen und damit einen Anreiz zur Bebauung zu setzen.


Handlungsempfehlungen der Baulandkommission (Stand 2.7.2019)

Umsetzung der Empfehlungen der Baulandkommission durch die Länder (Stand 28.9.2020)


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Schlagworte zum Thema:  Wohnungsbau, Wohnungspolitik