Kleine Eigentümergemeinschaften – ein neues Geschäftsfeld
Wenn sich Mitglieder einer Wohnungseigentümergemeinschaft (WEG) mit fünf, acht oder zehn Einheiten bei der Immobilienverwaltung von Bilke und Jan-Niklas Koch in Hennef im Rheinland melden, sind sie nicht selten sehr verzweifelt. Manche der Gemeinschaften hätten seit einem halben Jahr keinen Hausverwalter mehr und fänden trotz intensiver Suche keinen neuen, berichtet Jan-Niklas Koch. Andere bezahlten zwar weiterhin einen Verwalter – aber eine Abrechnung hätten sie seit zwei Jahren nicht mehr gesehen und auch ansonsten keine Leistung erhalten. "Die Lage ist prekär", meint er. Die kleinen WEGs seien teilweise in einer "regelrechten Schockstarre".
Beim Ehepaar Koch werden die kleinen Eigentümergemeinschaften nicht abgewiesen. Im Gegenteil: Bislang, so berichtet Jan-Niklas Koch, betreue das Unternehmen ausschließlich WEGs mit weniger als zehn Einheiten. Beide sind noch recht neu am Markt. Erst im vergangenen Jahr sind sie mit ihrem Immobilienverwaltungsunternehmen im Raum Köln / Bonn / Rhein-Sieg gestartet. Vorbilder anderer Verwaltungen, die ebenfalls kleine WEGs bevorzugen, haben sie nicht.
Trend geht zu immer größeren Verwaltungsunternehmen
"Wir kennen niemanden, der das so macht wie wir", berichtet Jan-Niklas Koch. Ausgangspunkt für das in der Branche eher ungewöhnliches Geschäftsmodell waren vielmehr eigene Erfahrungen mit dem Immobilienbestand in der Familie. "Wir wissen selbst, wie es ist, als kleine WEG einen unleidigen und unmotivierten Verwalter zu haben", sagt Jan-Niklas Koch. Der Trend in der Branche gehe zu immer größeren Hausverwaltungsunternehmen. Falls diese überhaupt noch kleinere Wohnungseigentümergemeinschaften betreuten, dann selten mit dem nötigen Engagement.
"Die kleinen WEGs laufen dann so nebenbei – und das merkt man auch", so Jan-Niklas Koch. Deshalb hätten er und seine Frau es besser machen wollen – und seien den Schritt in die Selbstständigkeit gegangen. Bilke Koch ist Betriebswirtin: Sie war zuvor im Bankensektor im Bereich Immobilienbewertung und Investment tätig. Jan-Niklas Koch kommt aus der IT – dieses Wissen über Digitalisierung bringt er ins Unternehmen ein. Für das Immobilien-Know-how hat er sich als Immobilienverwalter IHK weitergebildet.
Vorteile im Umgang mit kleinen WEGs
Aktuell liegt der Hausverwaltung Koch ein Angebot auf dem Tisch, die Verwaltung für eine größere WEG zu übernehmen. Aber noch seien er und seine Frau unsicher, ob sie das machen wollen, sagt Jan-Niklas Koch. Bislang nämlich sieht das Ehepaar in der Betreuung der kleinen Wohnungseigentümergemeinschaften tatsächlich viele Vorteile – im Gegensatz zur Mehrheit der Hausverwalterbranche, die findet, dass kleine Einheiten viel Arbeit machen und wenig Ertrag bringen und dass nicht selten jede Menge Stress und Ärger obendrauf kommt. Viele Hausverwalter lehnen selbst WEGs mit weniger als 20 Wohneinheiten ab.
"Kleine WEGs sind wesentlich flexibler", meint indes Jan-Niklas Koch. Viele Eigentümerinnen und Eigentümer lebten selbst im Objekt, man kenne sich untereinander, treffe sich im Treppenhaus oder kommuniziere mal eben schnell über die hauseigene Whatsapp-Gruppe: Lange und komplizierte Abstimmungsprozesse gebe es bei kleinen Eigentümergemeinschaften nicht. Das zeige sich schon beim Vertragsabschluss. Ein Telefonat, kurz ein Angebot schreiben – "Und dann sagen die: Geht klar", berichtet Jan-Niklas Koch. Aber auch im Alltagsgeschäft habe "der kurze Dienstweg" zwischen den Eigentümern viele Vorteile: Angelegenheiten könnten schnell und unkompliziert geklärt werden. Und wenn mal etwas im Argen liege, lasse sich auch dies einfacher lösen, sagt er. Das vereinfache die Arbeit für die Hausverwaltung enorm. Bei größeren WEGs gebe es einen Beirat und viel komplexere Strukturen. Abstimmungen seien langwierig, nicht selten müssten mehrere Schleifen gedreht werden.
Fachkräftemangel spielt Verwaltern in die Karten
Selbstverständlich spielt den Jungunternehmern aber auch die derzeitige Marktlage in die Karten. Viele kleine WEGs seien so dankbar, dass sie überhaupt einen Verwalter gefunden hätten und nun gut betreut würden, dass sie bereit seien, neue Wege zu gehen, sagt Jan-Niklas Koch – und deshalb auch die Spielregeln der Hausverwaltung Koch ohne Probleme akzeptierten. Im ersten Schritt bedeute das immer, so erklärt er, dass die WEG zu Beginn der Zusammenarbeit beschließen muss, dass alle unnötigen Unterlagen auf Papier vernichtet werden. Denn das Unternehmen arbeite komplett digital und papierlos.
Nicht selten hätten die Wohnungseigentümergemeinschaften jahrzehntelang Briefe, Rechnungen und sogar Werbeprospekte gesammelt und Ordner über Ordner gefüllt, erzählt Jan-Niklas Koch. Diese Unterlagen würden auf das Nötigste reduziert – nur wichtige Unterlagen wie Baupläne blieben auf Papier erhalten. Und das wenige, das am Ende noch übrig bleibe, lagere die Hausverwaltung Koch auch nicht in den eigenen Büroräumlichkeiten ein, betont er. Vielmehr müssten die Eigentümer dafür selbst Platz schaffen, etwa im eigenen Keller. Auch das sei bei kleineren WEGs unkomplizierter lösbar, ist Jan-Niklas Kochs Erfahrung. Ohne den unnötigen Ballast wiederum spare sich die Hausverwaltung Koch Kosten für Büroflächen, aber auch Zeit, sagt er.
Digitalisierung – das Zünglein an der Waage
Durch die strenge Digitalisierung rechne sich das Geschäftsmodell auch, berichtet Jan-Niklas Koch weiter. "Wir müssen keine Vorzimmerdame beschäftigen, die sich nur um den Posteingang kümmert." Eingehende Rechnungen würden zum Beispiel – wenn sie noch auf Papier kämen – sofort eingescannt und dann mithilfe einer Software automatisch erfasst und abgewickelt. "Danach wandert der Brief in den Schredder." Nach Möglichkeit versuche das Unternehmen zudem, seine Geschäftspartner dazu zu bringen, Rechnungen direkt per Mail zu schicken – das spare noch einen Arbeitsschritt. "Das ist alles Zeit, die wir am Ende für die Kunden übrig haben", sagt Jan-Niklas Koch. Trotzdem könne das Unternehmen für die kleinen WEGs "keine Billigpreise" anbieten. Aber die Eigentümer seien absolut bereit, die höheren Kosten zu bezahlen, berichtet er. Die Nachfrage sei sehr groß – auch hierbei spiele die verzweifelte Situation vieler kleiner WEGs sicherlich eine Rolle.
Für ganz kleine WEGs, die sich sowieso um die meisten Angelegenheiten selbst kümmern, bietet die Hausverwaltung Koch aber eine günstigere Option an: einen reinen Buchhaltungsservice. Das komme für Eigentümergemeinschaften infrage, die sowieso viele Angelegenheiten alleine lösten – etwa eigenständig den Handwerker anriefen, wenn die Haustür defekt sei, erklärt Jan-Niklas Koch. Die Hausverwaltung Koch übernehme dann nur noch Jahresabrechnung, Wirtschaftsplanung, Kontoführung und Co. – also all das, was für die Eigentümer selbstständig kaum leistbar sei.
Chance für Quereinsteiger und kleine Hausverwaltungen
Und eignet sich das Geschäftsmodell zum Nachahmen? "Unbedingt", meint Jan-Niklas Koch, "wir konnten am Markt prima Fuß fassen und machen uns keine Sorgen um die Zukunft." Anders sehe es sicherlich bei älteren Kolleginnen und Kollegen aus, die ihr Unternehmen komplett analog gestartet hätten und sich nun umstellen müssten. Gerade Quereinsteiger und kleinere Hausverwaltungen hätten aber in diesem Marktsegment große Chancen, glaubt er. Vor allem dann, wenn sie eine gewisse Digitalisierungsaffinität mitbrächten.
Wichtig sei es dabei, so sagt Jan-Niklas Koch, die Prozesse im Unternehmen komplett neu zu denken. An diesem Punkt hätten er und seine Frau sicherlich viele Vorteile. "Wir sind Anfang 30 und haben damit kein Problem." Eine Frage des Alters dürfte das eher weniger sein. Möglicherweise sehen Verwalter aber in diesen Zeiten weniger Notwendigkeit, neue Wege zu gehen. Allerdings zeigt das Beispiel, dass es sich lohnen kann.
Dieser Beitrag stammt aus der aktuellen Ausgabe 08/2023 des Fachmagazins "Immobilienwirtschaft". Lesen Sie das gesamte Heft auch in der Immobilienwirtschaft-App.
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Wir verwalten seit 37 Jahre ausschl. kleine WEG,s bis max. 10 Wohneinheiten und haben bisher nur gute Erfahrungen gemacht. Allerdings kann man bei kleineren WEG,s auch nicht die Gebühren der großen Verwaltungen verlangen. D.h. ein übermäßiger Gewinn ist nicht unbedingt zu erwarten.
Der Kontakt zu den Eigentümern ist komfortabler als bei großen WEG,s.
Manches läßt sich über kurze Wege klären und auch mal im Schnellverfahren, falls notwendig.
Es ist sicher für die Zukunft eine Marktlücke zumal durch den Weiterbildungszwang (entschieden von denen die von der Praxis keine Ahnung haben) enorme Kosten entstehen, welche sich bei der Verwaltung kleiner WEG,s nicht rechnen. Dadurch fallen in der Zukunft viele kleine WEG-Verwalter weg. Wer soll dann die kleinen WEG,s weiter verwalten?
Die großen Verwalter wehren sich mit enorm hohen Abwehrangeboten!
Auch wir haben das Problem, da wir nach 40 Jahren aufhören unsere Verwaltungen vernünftig und bezahlbar unterzubringen.
Freundliche Grüße
Tobias Lamml
lamlou@gmx.de