BGH: Heizkostenschätzung mittels Vergleichswohnungen

Ist der Wärmezähler defekt, darf der Vermieter den Wärmeverbrauch einer Wohnung anhand des Verbrauchs vergleichbarer Räume schätzen. Dabei müssen die Vergleichsräume nicht im selben Gebäude liegen wie die Wohnung, für die die Schätzung erfolgt.

Hintergrund: Verbrauchsschätzung nach Zählerdefekt

Der Vermieter und die ehemalige Mieterin einer Dachgeschoss-Maisonette-Wohnung streiten über eine Betriebskostennachzahlung.

Der Vermieter hatte die Betriebskostenabrechnungen für die Jahre 2013 bis 2015 erstellt. Nachdem die Mieterin Fehler bemängelt hatte, wurde festgestellt, dass der in der Wohnung eingebaute Wärmemengenzähler defekt war und die Wärmemengen unzutreffend erfasst hatte. Erst 2017 wurde ein funktionierender Zähler eingebaut.

Der Vermieter erteilte korrigierte Betriebskostenabrechnungen für die Jahre 2013 bis 2015. In diesen schätzte er den Wärmeverbrauch der Mieterin anhand des Verbrauchs anderer, teilweise in demselben Haus, teilweise in anderen Häusern gelegener Dachgeschoss-Maisonette-Wohnungen. Auch in der Betriebskostenabrechnung für 2016 schätzte er den Wärmeverbrauch auf diese Weise.

Die Klage auf Nachzahlung von Betriebskosten von gut 1.000 Euro blieb vor Amts- und Landgericht ohne Erfolg. Nach Auffassung des Landgerichts war die Schätzung des Wärmeverbrauchs nicht ordnungsgemäß, weil diese teilweise auf Vergleichswohnungen aus anderen Gebäuden gestützt wurde.

Entscheidung: Vergleichsräume dürfen in anderem Gebäude liegen

Der BGH hebt das Urteil des Landgerichts auf und verweist den Rechtsstreit dorthin zurück. Ein Nachzahlungsanspruch des Vermieters scheitert nicht daran, dass er der Schätzung des Wärmeverbrauchs größtenteils Verbrauchswerte von Vergleichswohnungen aus einem anderen Gebäude zugrunde gelegt hat.

In Häusern mit zentralen Heizungsanlagen sind die Kosten grundsätzlich nach dem konkreten Verbrauch der einzelnen Nutzer zu verteilen. Deshalb schreibt die Heizkostenverordnung (HeizKV) vor, den anteiligen Wärmeverbrauch durch Wärmezähler oder Heizkostenverteiler zu erfassen.

Für den Fall, dass der Verbrauch wegen des Ausfalls eines Messgerätes oder aus sonstigen Gründen nicht erfasst werden kann, sieht § 9a HeizKV mehrere Ersatzverfahren vor, die im betreffenden Abrechnungszeitraum an die Stelle der Verbrauchserfassung treten können. So kann der Verbrauch auf Grundlage des Verbrauchs vergleichbarer anderer Räume im selben Abrechnungszeitraum geschätzt werden. Das ergibt sich aus § 9a Abs. 1 Satz 1 Alt. 2 HeizKV.

Die Vergleichbarkeit der Räume setzt nicht voraus, dass diese im selben Gebäude liegen wie die Räume, für die die Schätzung erfolgt. Vielmehr kommt es darauf an, dass die anderen Räume im Hinblick auf Merkmale wie Bausubstanz, Konstruktion, Lage oder Größe vergleichbar sind. Dabei muss keine Vergleichbarkeit hinsichtlich sämtlicher Merkmale gegeben sein. Maßgebend ist, dass zu vergleichende Räume bautechnisch und von ihrer Nutzungsintensität (Anzahl der Nutzer/Dauer der Nutzung) im Wesentlichen vergleichbar sind. 

Hingegen sagt allein die Lage in demselben Gebäude nichts darüber, ob die zum Vergleich herangezogenen Räume einen ähnlichen Einfluss auf den Wärmeverbrauch haben wie die von der Schätzung betroffenen Räumlichkeiten. So wird sich eine in demselben Gebäude befindliche Kellerwohnung nicht ohne weiteres mit einer Mittelgeschosswohnung vergleichen lassen.

(BGH, Urteil v. 27.10.2021, VIII ZR 264/19)


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§ 9a HeizKV Kostenverteilung in Sonderfällen

(1) Kann der anteilige Wärme- oder Warmwasserverbrauch von Nutzern für einen Abrechnungszeitraum wegen Geräteausfalls oder aus anderen zwingenden Gründen nicht ordnungsgemäß erfasst werden, ist er vom Gebäudeeigentümer auf der Grundlage des Verbrauchs der betroffenen Räume in vergleichbaren Zeiträumen oder des Verbrauchs vergleichbarer anderer Räume im jeweiligen Abrechnungszeitraum oder des Durchschnittsverbrauchs des Gebäudes oder der Nutzergruppe zu ermitteln. Der so ermittelte anteilige Verbrauch ist bei der Kostenverteilung anstelle des erfassten Verbrauchs zu Grunde zu legen.

(2) Überschreitet die von der Verbrauchsermittlung nach Absatz 1 betroffene Wohn- oder Nutzfläche oder der umbaute Raum 25 vom Hundert der für die Kostenverteilung maßgeblichen gesamten Wohn- oder Nutzfläche oder des maßgeblichen gesamten umbauten Raumes, sind die Kosten ausschließlich nach den nach § 7 Absatz 1 Satz 5 und § 8 Absatz 1 für die Verteilung der übrigen Kosten zu Grunde zu legenden Maßstäben zu verteilen.