Jahresauftakt des BVI: "Liebende Verwaltende" in Münster

Vor den Wahlen gibt es besonders viele politische Forderungen. Verwalter verdienen oft zu wenig, die Rechtsprechung birgt Knaller, und der Datenaustausch zwischen ERP-Systemen und Energiedienstleistern steht (vielleicht) vor der Tür. Das Thema Gendern traf unseren Autor da eher unvorbereitet.

Die politischen Botschaften des Bundesfachverbands der Immobilienverwalter (BVI) waren unmissverständlich: GEG-Reform mit Augenmaß, Heizungsdebatte beenden, eine gezielte Förderung für Wohnungseigentümergemeinschaften (WEGs), die der Gesetzgeber viel zu wenig auf dem Schirm hat, aber überraschenderweise auch die Gebäudehülle in den Mittelpunkt der energetischen Sanierung stellen.

Das alte Dämmthema

Noch ehe sich mir die Frage danach stellte, wie sinnvoll es wirklich sei, das alte Dämmthema wieder aufzuwärmen, begegnete ich den "Verwaltenden", die die NRW-Landesvorsitzende des BVI, Martina Schinke, aufs Tapet brachte.

"Der BVI ist gespalten", meinte sie später zu mir. In der Tat hörte ich niemand anderen "Verwaltende" sagen. Auch bei uns in der Redaktion ist die Diskussion versiegt. Gendern steht nun wirklich nicht mehr im Mittelpunkt des allgemeinen Interesses, es scheint aus einer fernen Zeit zu stammen. Die anti-woken Strömungen um uns herum werden immer stärker. Aber in Münster treffe ich auf dieses Thema.

Auf der anderen Seite bleiben die alten Klischees lebendig. Ein Redner bemüht als negatives Beispiel die Frau des Zahnarztes, die sehr viel Zeit hat und sich deshalb intensiv mit dem Thema Datenschutz befasst, um den Verwalter zu ärgern. Ein Referent nach Schinke räumt freimütig ein, er würde doch lieber beim Terminus "Verwalter" bleiben. Er beginnt seinen Vortrag mit "Liebende Verwaltende" und erntet dafür Gelächter.

Wir wollen unterhalten werden

Was wollen wir denn? Vor allem Unterhaltung. Die ist wichtig, weil die Kern-Rechtsthemen, die in Münster einen großen Platz einnehmen, so unfassbar dröge sind. Da ist es erwünscht, wenn Referenten ein bisschen burschikos daherkommen, kernige Schoten lockern alles auf.

Münster, ich habe viel gelernt: von den Fährnissen virtueller Verwaltung über die Rechtsprechung des Amtsgerichts Hamburg zu Wäschespinnen bis hin zu Balkonkraftwerken. Und ich habe auch in einem anderen Punkt bestätigt bekommen, dass Verwalter und -innen gespalten sind: im Grad der Digitalisierung. Ich finde, Münster könnte das neue Berlin werden (seit diesem Jahr gibt es keinen Bundes-BVI-Kongress mehr in Berlin).

Es geht mir so, wie auf einem Klassentreffen. Alle kommen in die Jahre. Erzählen von ihren Zipperlein. Der BVI müht sich derweil redlich um junge Mitglieder. Und was denken die so, etwa über das Gendern? Nach zwei Gesprächen mit knapp über 20-jährigen Verwalterinnen weiß ich Bescheid: Wenn eine Frau sich auf einen solchen Beruf einlässt – und viele von ihnen sagen, es sei der schönste der Welt – dann sollte sie nicht wehleidig sein.

Und dann kam noch der Abend mit Live-Band und phänomenaler Stimmung. Ein riesiges Familienfest. Wird Münster das neue Berlin? Der BVI-Bundeskongress findet dort nicht mehr statt. Diese Veranstaltung in Münster, bei der ich außergewöhnlich viele Leute aus anderen Bundesländern traf, hätte das Zeug dazu.


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