Bei Hausgeldvorschüssen haben Eigentümer viel Spielraum
Hintergrund: Anfechtung eines Beschlusses über Hausgeldvorschüsse
In einer Eigentümerversammlung im Juni 2022 fassten die Wohnungseigentümer einen Beschluss über die Vorschüsse aus den Einzelwirtschaftsplänen für das Jahr 2022. Die Verwalterin war erst kurz zuvor ins Amt gekommen, nachdem 2021 kein Verwalter bestellt war.
Ein Wohnungseigentümer hat gegen den Beschluss über die Vorschüsse Anfechtungsklage erhoben. Er bemängelt den Ansatz den Ansatz verschiedener Positionen: 1.500 Euro für die Anmietung einer Fahrradgarage, 3.000 Euro für eine Zusatzvergütung der Verwaltung, 12.000 Euro für Rechtsberatung und Gerichtsverfahren sowie 20.000 Euro Zuführung zur Erhaltungsrücklage.
Entscheidung: Eigentümer haben weiten Ermessensspielraum
Die Anfechtungsklage hat keinen Erfolg. Der Beschluss entspricht ordnungsgemäßer Verwaltung. Insbesondere haben sich die Wohnungseigentümer im Rahmen des ihnen zustehenden Ermessens bewegt.
Vorschüsse müssen prognostizierte Ausgaben decken
Die Wohnungseigentümer entscheiden gemäß § 28 Abs. 1 WEG per Beschluss über die Festsetzung von Vorschüssen und die Zuführung zur Erhaltungsrücklage. Grundlage dafür ist der vom Verwalter vorgelegte Wirtschaftsplan, der eine Schätzung der voraussichtlichen Einnahmen und Ausgaben enthalten muss. Dieser Plan dient als Prognoseinstrument für das kommende Wirtschaftsjahr und soll sicherstellen, dass der Verwalter alle absehbaren Kosten zahlen kann. Deswegen sind in dem Wirtschaftsplan alle Ausgaben anzusetzen, die entweder feststehen oder im kommenden Wirtschaftsjahr zu erwarten sind.
Bei der Aufstellung des Wirtschaftsplans steht den Wohnungseigentümern ein weiter Ermessensspielraum zu – sowohl hinsichtlich der aufgenommenen Positionen als auch bezüglich ihrer Höhe. Das Ziel dabei ist es insbesondere, Nachforderungen am Ende des Jahres möglichst zu vermeiden.
Ein solcher Beschluss kann nur dann erfolgreich angefochten werden, wenn bereits zum Zeitpunkt seiner Fassung eindeutig erkennbar ist, dass die vorgesehenen Vorschüsse entweder erheblich überhöht sind oder deutlich hinter dem tatsächlichen Bedarf zurückbleiben werden.
Strittige Posten sind rechtmäßig
Gemessen an diesen Grundsätzen ist die der Beschlussfassung über die Vorschüsse zugrundeliegende Kostenaufstellung im Wirtschaftsplan nicht zu beanstanden. Insbesondere durften die bemängelten Positionen in den Wirtschaftsplan eingestellt werden.
Anmietung einer Fahrradgarage, 1.500 Euro
Hinsichtlich der Kosten für die Anmietung einer Fahrradgarage hatte der Eigentümer eingewandt, der zugrundeliegende Vertrag sei nichtig. Indes ist dies keine Frage, die im Rahmen einer Anfechtung eines Beschlusses über Hausgeldvorschüsse zu klären ist. Auch wenn Zweifel an der Wirksamkeit eines Vertrages bestehen, dürfen Wohnungseigentümer aus Gründen wirtschaftlicher Vorsicht davon ausgehen, dass bestehende Verträge wirksam sind und entsprechende Kosten einkalkulieren.
Zusatzvergütung für den Verwalter, 3.000 Euro
Angesichts des Wechsels in der Verwaltung war es nachvollziehbar und angemessen, eine zusätzliche Vergütung für besondere Leistungen im Wirtschaftsplan anzusetzen.
Rechtsberatungskosten, 12.000 Euro
Wegen der konkreten Situation in der Gemeinschaft war zu erwarten, dass es zu Rechtsstreitigkeiten kommen wird. Es war daher angemessen, entsprechende Kosten in den Wirtschaftsplan einzustellen.
Zuführung zur Erhaltungsrücklage, 20.000 Euro
Auch die Zuführung zur Erhaltungsrücklage (vor der WEG-Reform: Instandhaltungsrücklage) von insgesamt 20.000 Euro ist nicht zu beanstanden. § 19 Abs. 2 Nr. 4 WEG gibt den Wohnungseigentümern auf, eine angemessene Erhaltungsrücklage anzusammeln. Hierfür ist nicht erforderlich, dass ein konkreter Reparaturbedarf besteht. Bei der Bestimmung der Höhe der Zuführung zur Erhaltungsrücklage haben die Wohnungseigentümer ein weites Ermessen. Für eine Überschreitung dieses Ermessens war nichts ersichtlich.
(BGH, Urteil v. 26.9.2025, V ZR 108/24)
ECLI:DE:BGH:2025:260925UVZR108.24.0
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