BGH präzisiert Regeln zur Änderung der Kostenverteilung

Der BGH hat auf der Grundlage des seit der WEG-Reform 2020 geltenden Rechts in zwei Urteilen weitere Vorgaben zu den Voraussetzungen gemacht, unter denen die Wohnungseigentümer eine von einer Vereinbarung in der Gemeinschaftsordnung abweichende Kostentragung beschließen können.
Fall 1: Änderung objektbezogener Kostentrennung
In einer Wohnungseigentumsanlage mit einer Tiefgarage ordnet die Gemeinschaftsordnung aus dem Jahr 1971 die Nutzung der Stellplätze ausschließlich bestimmten Wohneinheiten zu. Die Kosten für die Instandhaltung des Gemeinschaftseigentums in der Tiefgarage sollen nur von den Wohneinheiten mit Stellplatz zu tragen sein.
In einer Eigentümerversammlung im April 2022 beschlossen die Eigentümer, das Dach der Garage sanieren zu lassen und die damit verbundenen Kosten auf sämtliche Wohnungseigentümer im Verhältnis ihrer Miteigentumsanteile umzulegen.
Eine Wohnungseigentümerin, für deren Einheit kein Sondernutzungsrecht an einem Tiefgaragenplatz besteht, hat gegen den Beschluss Anfechtungsklage erhoben. Amts- und Landgericht verneinten eine Beschlusskompetenz der Eigentümer und gaben der Anfechtungsklage statt.
Entscheidung: Kostentrennung darf nur mit sachlichem Grund aufgehoben werden
Der BGH hebt das Urteil des Landgerichts auf und verweist die Sache dorthin zurück.
Die Eigentümer haben grundsätzlich die Kompetenz, eine solche Änderung der Kostenverteilung zu beschließen. Dies ergibt sich aus § 16 Abs. 2 Satz 2 WEG. Die erforderliche Beschlusskompetenz besteht auch dann, wenn der Kreis der Kostenschuldner verändert wird, indem – wie hier – Wohnungseigentümer erstmals mit Kosten belastet werden. Dies hat der BGH bereits im März 2024 klargestellt. Die Anfechtungsklage kann daher nicht schon wegen fehlender Beschlusskompetenz Erfolg haben.
Das Landgericht muss nun prüfen, ob die beschlossene Kostenverteilung ordnungsgemäßer Verwaltung entspricht und dabei folgende Vorgaben beachten:
Bei einer vereinbarten objektbezogenen Kostentrennung widerspricht es in der Regel ordnungsmäßiger Verwaltung, alle Eigentümer an den Kosten zu beteiligen. Die Kostentrennung wird normalerweise deshalb vereinbart sein, weil sich der Gebrauch beziehungsweise die Gebrauchsmöglichkeiten stark unterscheiden. Dies ist insbesondere in Anlagen mit unterschiedlich genutzten Gebäudeteilen oder Mehrhausanlagen der Fall.
Für eine Abweichung von der vereinbarten Kostentrennung ist daher, anders als bei üblichen Beschlüssen zur Änderung der Kostenverteilung, ein sachlicher Grund erforderlich. Mögliche sachliche Gründe könnten hier sein:
- Die Kosten dienen der Beseitigung von Schäden, die vom übrigen Gemeinschaftseigentum außerhalb der Tiefgarage herrühren.
- Das Problem, für dessen Behebung die Kosten anfallen, betrifft die gesamte Anlage und erfordert eine Gesamtsanierung.
Hingegen wäre es bei einer vereinbarten objektbezogenen Kostentrennung zwischen Tiefgarage und Gebäude für sich genommen kein sachlicher Grund für eine Beteiligung aller Miteigentümer, dass die Kosten Teile des Gemeinschaftseigentums betreffen, die auch für das übrige Gemeinschaftseigentum von Bedeutung sind, insbesondere aus Gründen der Statik.
(BGH, Urteil v. 14.2.2025, V ZR 236/23)
Fall 2: Änderung des Verteilungsschlüssels für Betriebskosten und Rücklagen
Im zweiten Fall sieht die Teilungserklärung aus dem Jahr 1984 eine Verteilung öffentlicher Abgaben, Betriebskosten und Instandsetzungskosten nach Miteigentumsanteilen vor. Lediglich die Heizkosten sollten nach beheizbarer Fläche umgelegt werden.
Die Anlage besteht aus Gewerbe- und Wohneinheiten. Der in der Teilungserklärung ausgewiesene Miteigentumsanteil ist bezogen auf die Grundfläche bei den Wohnungen etwa viermal größer als bei den Gewerbeeinheiten. 1/100 Miteigentum entspricht bei den Wohneinheiten etwa 25 Quadratmetern, bei den Gewerbeeinheiten etwa 100 Quadratmetern.
Im Jahr 2021 beschlossen die Eigentümer, den Verteilungsschlüssel für Betriebskosten und Erhaltungsrücklage von Miteigentumsanteilen auf beheizbare Fläche zu ändern. Hiergegen haben die Eigentümer von Gewerbeeinheiten, die nach dem neuen Schlüssel deutlich mehr zahlen müssten, Anfechtungsklage erhoben.
Entscheidung: Unbillige Privilegierung einzelner Eigentümer darf beseitigt werden
Die Anfechtungsklage hat keinen Erfolg.
Die Eigentümer haben gemäß § 16 Abs. 2 Satz 2 WEG die Kompetenz, den Verteilungsschlüssel zu ändern. Dies gilt sowohl für Betriebskosten als auch für die Zuführung zur Erhaltungsrücklage.
Die beschlossene Änderung ist keine nicht von der Beschlusskompetenz gedeckte generelle Änderung des Verteilungsschlüssels, sondern eine abweichende Verteilung "bestimmter Arten von Kosten" im Sinne von § 16 Abs. 2 Satz 2 WEG. Die gesetzliche Formulierung "bestimmte Arten von Kosten" stellt keine besonderen Anforderungen, sondern betont nur das allgemeine Bestimmtheitserfordernis für Beschlüsse.
Die Änderung entspricht auch ordnungsgemäßer Verwaltung, denn hierdurch wird eine unbillige Privilegierung der Gewerbeeigentümer beendet. Es bestand kein sachlicher Grund, die Gewerbeeinheiten gemessen an der Fläche nur mit einem Viertel an den Kosten für Abgaben, Betriebskosten und Erhaltung zu beteiligen.
(BGH, Urteil v. 14.2.2025, V ZR 128/23)
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