Verfahrensgang

AG Berlin-Charlottenburg (Urteil vom 29.03.2017; Aktenzeichen 75 C 81/16)

 

Tenor

1. Auf die Berufung wird das am 29.03.2017 verkündete Urteil des Amtsgerichts Charlottenburg – 75 C 81/16 – abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 17.820,68 EUR nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.05.2016 zu zahlen.

2. Die Kosten des Rechtsstreits beider Instanzen nach einem Streitwert von 17.820,68 EUR trägt die Beklagte.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

4. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

I.

Von der Darstellung eines Tatbestandes wird nach §§ 540 Abs. 2, 313a Abs. 1 S. 1 ZPO i.V.m. § 26 Nr. 8 EGZPO abgesehen.

 

Entscheidungsgründe

II.

1. Die nach § 511 Abs. 1 und Abs. 2 Nr. 2 ZPO statthafte Berufung der Klägerin ist form- und fristgerecht nach §§ 517, 519 ZPO eingelegt sowie nach § 520 ZPO begründet worden.

2. In der Sache hat die Berufung Erfolg.

a) Die Klägerin ist prozessführungsbefugt.

Zu den Rechten, die die Wohnungseigentümergemeinschaft als Verband selbst und ohne Vergemeinschaftung geltend machen kann, gehören Schadensersatzansprüche gegen Vertragspartner wegen Schädigung des Verwaltungsvermögens (§ 10 Abs. 7 WEG), dessen Träger sie ist (vgl. Abramenko in Jennißen, WEG, Auflage, § 10, Rz. 86). In einem solchen Fall stehen der Wohnungseigentümergemeinschaft als Verband eigene Schadensersatzansprüche zu, die in dieses Sondervermögen fallen und daher – ohne gesonderte Ermächtigung – auch nur von ihr geltend gemacht werden können (vgl. KG Berlin, Beschluss vom 28.01.2010 – 24 W 43/09 –, abgedruckt u.a. in MDR 2010, 435-436, zitiert nach juris, Rz. 13). Auch Ansprüche auf Schadensersatz wegen Verletzung des Verwaltervertrags stehen der Wohnungseigentümergemeinschaft als Verband zu (vgl. OLG München NJW-RR 2008, 322, zitiert nach beck-online; Suilmann in Bärmann, WEG, 13. Auflage, § 10, Rz. 228; vgl. auch BGH NJW 1989, 1091, 1092f und BGH NZM 2003, 683, 684). Auch im Streitfall hat die Beklagte die streitbefangenen Prozesskosten sowie die außergerichtlichen Kosten, die in den beiden Beschlussanfechtungsverfahren entstanden sind, von dem gemeinschaftlichen Konto beglichen. Betroffen ist damit das Verwaltungsvermögen, bei dem es sich um ein dem Verband selbst zustehendes Sondervermögen handelt, hinsichtlich dessen Schädigung auch nur der Verband selbst anspruchsberechtigt ist. Dies ist Folge der Anerkennung der im Außenverhältnis gegenüber Dritten bestehenden Teilrechtsfähigkeit und ergibt sich aus § 10 Abs. 6 S. 2, Abs. 7 WEG.

Die Frage, ob und in welchem Umfang diese Gelder über die Jahresabrechnungen im Innenverhältnis auf die Wohnungseigentümer nach § 16 Abs. 2 WEG bzw. dem in der Gemeinschaft geltenden Kostenverteilungsschlüssel umgelegt worden sind, betrifft lediglich weitere Schadensfolgen und lässt den bei der Klägerin entstandenen Schaden nicht entfallen (vgl. KG a.a.O., Rz. 17, 18).

Selbst wenn man dem nicht folgen wollte, hätten die Wohnungseigentümer die Geltendmachung der Ansprüche gegen die Beklagte als ehemalige Verwalterin durch den Beschluss zu TOP 15 der Eigentümerversammlung vom 30.11.2016 vergemeinschaftet (gekorene Ausübungsbefugnis nach § 10 Abs. 6 S. 3 Hs. 2 WEG).

Wohnungseigentümerbeschlüsse sind nach ihrem Wortlaut und ihrem Sinn auszulegen, wie er sich aus unbefangener Sicht als nächstliegende Bedeutung des Textes ergibt, weil Umstände außerhalb des Beschlusstextes nur herangezogen werden dürfen, wenn sie nach den besonderen Verhältnissen des Einzelfalles für jedermann ohne weiteres erkennbar sind (allgemeine Auffassung, vgl. nur BGH NJW 2014, 2861-2864, zitiert nach juris, Rz. 24).

Daraus ergibt sich, dass die jetzige Verwalterin durch den genannten Beschluss ermächtigt wurde, Ansprüche der Wohnungseigentümergemeinschaft gegenüber der Beklagten auf Erstattung von Rechtsanwalts- und Prozesskosten betreffend die Beschlussanfechtungsverfahren durch einen zu beauftragenden Rechtsanwalt überprüfen zu lassen und bei drohender Verjährung den Rechtsanwalt auch mit der Klage zu beauftragen, wodurch jedenfalls eine gekorene Ausübungsbefugnis des Verbands nach § 10 Abs. 6 S. 3 Hs. 2 WEG begründet worden ist.

Es kommt nicht darauf an, dass in dem Beschluss ausdrücklich ausgesprochen wird, dass der Verband hinsichtlich der den einzelnen Wohnungseigentümern zustehenden Ansprüchen die Rechtsausübung übernimmt. Denn davon ist im Zweifel auszugehen, wenn ein Mehrheitsbeschluss gefasst wird, wonach bestimmte gemeinschaftsbezogene Individualansprüche im Wege der Klage durchgesetzt werden sollen. Dabei ist zu berücksichtigen, dass die Wohnungseigentümer im Zweifel einen wirksamen Beschluss fassen wollen, der sich innerhalb ihrer Beschlusskompetenz hält (vgl. BGH NJW 2016, 53-56, zitiert nach juris, Rz. 5 m.w.N.; Abramenko in Jennißen, WEG, 5. Auflage, § 10, Rz. 115 m.w.N.).

So liegt es auch im Streitfall. Für die Auslegung des Beschlusses im Sinne einer Ermächtigung spricht hier nicht zuletzt das Interesse der W...

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