Verfahrensgang

AG Berlin-Charlottenburg (Urteil vom 24.11.2016; Aktenzeichen 72 C 39/16)

 

Tenor

1. Auf die Berufung und unter ihrer Zurückweisung im Übrigen wird das am 24.11.2016 verkündete Urteil des Amtsgerichts Charlottenburg – 72 C 39/16 – teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Die Beklagte wird verurteilt, an die Kläger 771,83 EUR nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.05.2016 zu zahlen.

Die Beklagte wird ferner verurteilt, die Kläger von den vorprozessualen Kosten der Rechtsanwälte & Notar … in Höhe von 114,24 EUR freizustellen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

2. Von den Kosten des Rechtsstreits erster Instanz tragen die Kläger 63 % und die Beklagte 37 %.

Die Kosten der Berufungsinstanz nach einem Streitwert von 1.307,06 EUR tragen die Kläger zu 41 % und die Beklagte zu 59 %.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

4. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

I.

Von der Darstellung eines Tatbestandes wird nach §§ 540 Abs. 2, 313a Abs. 1 S. 1 ZPO i.V.m. § 26 Nr. 8 EGZPO abgesehen.

 

Entscheidungsgründe

II.

1. Die nach § 511 Abs. 1 und Abs. 2 Nr. 2 ZPO statthafte Berufung der Beklagten ist form- und fristgerecht nach §§ 517, 519 ZPO eingelegt sowie nach § 520 ZPO begründet worden.

2. In der Sache hat die Berufung in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang Erfolg; im Übrigen ist sie zurückzuweisen.

a) Den Klägern steht gegen die Beklagte in ihrer Eigenschaft als ehemaliger Verwalterin der Wohnanlage … in … Berlin ein Schadensersatzanspruch in Höhe von 771,83 EUR nach § 280 Abs. 1 WEG wegen schuldhafter Verletzung ihrer Pflichten aus § 27 Abs. 1 Nr. 2 WEG bzw. dem Verwaltervertrag durch die veranlasste Beschlussfassung über die Vergabe der Sanierungsarbeiten betreffend die Dachterrasse und den angrenzenden Teilen des Gemeinschaftseigentums an die … GmbH, ohne dass zuvor weitere Kostenangebote eingeholt worden waren, wodurch es zu den anfechtbaren Beschlüssen zu TOP 1 und TOP 2 der Eigentümerversammlung vom 16.10.2014 und den durch die erfolgreiche Anfechtungsklage des Wohnungseigentümers … verursachten – hier streitgegenständlichen – Rechtsverfolgungskosten kam.

Die Beklagte hat ihre sich aus § 27 Abs. 1 Nr. 2 WEG in Verbindung mit dem Verwaltervertrag ergebenden Pflichten verletzt.

Bei der Frage, welche Pflichten dem Verwalter nach dieser Vorschrift obliegen, ist im Blick zu halten, dass die Wohnungseigentümer nach §§ 20 Abs. 1, 21 WEG Träger und Herren der Verwaltung sind. Diese haben daher zu entscheiden, ob und auf welche Weise und in welchem Zeitraum sie etwaige Mängel im Gemeinschaftseigentum beseitigen wollen. Der Verwalter als Sachwalter der Eigentümer hat insoweit keine eigene Entscheidungsbefugnis über Art und Umfang dieser Maßnahmen. Wegen der vorrangigen Pflicht der Wohnungseigentümer, die nach § 21 Abs. 5 Nr. 2 WEG erforderlichen Maßnahmen zur Instandhaltung und -setzung zu beschließen, bestehen die Verwalterpflichten primär darin, Instandhaltungs- und Instandsetzungsbedarf festzustellen und die Willensbildung der Eigentümer durch Beschluss zu unterstützen, indem die Beschlussfassung vorbereitet und durchgeführt wird (vgl. Jacoby in Staudinger/ (2018) WEG § 27, Rz. 54 m.w.N.; Merle/Becker in Bärmann, WEG, 13. Auflage, § 27, Rz. 44). Der Verwalter hat die Eigentümer über seine Kenntnisse zu informieren und deren Willensbildung zu organisieren (Jacoby, a.a.O., Rz. 60).

Liegt kein Eilfall im Sinne von § 27 Abs. 1 Nr. 3 WEG vor, hat der Verwalter die Beschlussfassung der Eigentümer vorzubereiten. Der Verwalter hat dabei auf eine Entscheidung der Eigentümer hinzuwirken, die ordnungsmäßiger Verwaltung entspricht. Die Informationspflichten des Verwalters gegenüber den Wohnungseigentümern beschränken sich nicht auf den von ihm festgestellten Bedarf für eine Baumaßnahme. Vielmehr hat er auch Möglichkeiten aufzuzeigen, diesen Bedarf zu erfüllen. Im Zuge dessen hat er die Eigentümer über die gesetzlichen Anforderungen an die Maßnahme sowie über die Voraussetzungen der Beschlussfassung aufzuklären (Jacoby, a.a.O., Rz. 62 m.w.N.).

Bei der Vorbereitung einer Entscheidung der Wohnungseigentümer über die zu treffenden Maßnahmen hat der Verwalter auch die voraussichtlichen Kosten zu ermitteln. Da ein Beschluss der Wohnungseigentümer über die Vergabe von größeren Aufträgen zur Durchführung von Erhaltungsarbeiten regelmäßig gegen die Grundsätze ordnungsmäßiger Verwaltung verstößt, wenn zuvor nicht mehrere (in der Regel mindestens drei) Vergleichsangebote eingeholt worden sind, obliegt es dem Verwalter entsprechende Kostenangebote einzuholen. Die Angebote müssen vergleichbar sein, d. h. die angebotenen Leistungen dürfen sich nicht unterscheiden. Die Wohnungseigentümer sind über sämtliche relevanten Umstände aufzuklären. Dadurch soll gewährleistet werden, dass technische Lösungen gewählt werden, die eine dauerhafte Beseitigung von Mängeln und Schäden versprechen, dass aber auch auf Wirtschaftlichkeit geachtet wird und keine finanziell nachteiligen Beschlüsse gefasst we...

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