Entscheidungsstichwort (Thema)
Ziel der Raumordnung. gebietsscharfe Standortvorgaben für eine Flughafenerweiterung. raumordnerische Alternativenprüfung. Bindungswirkung der Standortfestlegung. luftrechtliche Planfeststellung. enteignungsrechtliche Vorwirkungen. Umfang der Rügebefugnis Enteignungsbetroffener. Flughafendimensionierung. Unfallrisiken. Lärmschutzkonzept. Betriebsbeschränkungen. passiver Lärmschutz. besonderer Schutz der Nachtruhe. Maximalpegel. NAT-Kriterium. Dauerschallpegel. Schutz des Innen- und des Außenwohnbereichs. Pegelunterschied gekippter Fenster. Anwendung der AzB. Entschädigung für die Verlärmung des Außenwohnbereichs. Grundstückswertminderungen. Luftverunreinigungen. Umfang der Konzentrationswirkung des Planfeststellungsbeschlusses, wasserrechtliche Erlaubnis. Verhältnis des Bodenschutzrechts zum Planfeststellungs- und zum Wasserrecht. Altlastensanierung. Grundwasserverunreinigungen. naturschutzrechtliche Eingriffsregelung. Vermeidungsmaßnahmen. Ausgleichsbilanz. naturschutzrechtliche Abwägung. FFH-Gebietsschutz. Artenschutz. Verbotstatbestände der FFH- und der Vogelschutzrichtlinie. Befreiungsvoraussetzungen
Leitsatz (amtlich)
Die Wahl des Standorts für einen internationalen Verkehrsflughafen ist vorrangig eine raumordnerische Entscheidung.
Wird die Zulassung eines Flughafenvorhabens an dem von der Landesplanung zielförmig festgelegten Standort beantragt, darf die Planfeststellungsbehörde die vorangegangene raumordnerische Abwägung nicht durch eine eigene ergebnisoffene Abwägung der nach ihrer Auffassung maßgeblichen Standortanforderungen ersetzen, bestätigen oder korrigieren.
Die Planfeststellungsbehörde trifft hingegen keine (“positive”) Rechtspflicht zur Zulassung eines Flughafenvorhabens an dem von der Landesplanung zielförmig festgelegten Standort.
Gelangt die Planfeststellungsbehörde bei ihrer Abwägung zu dem Ergebnis, dass dem Vorhaben am landesplanerisch festgelegten Standort unüberwindbare Hindernisse oder überwiegende öffentliche und/oder private Belange entgegenstehen, muss sie das Vorhaben an diesem Standort ablehnen.
Lässt die Planfeststellungsbehörde das Vorhaben an dem landesplanerisch festgelegten Standort zu, unterliegt die zielförmige Standortentscheidung der Landesplanung bei Anfechtung des Planfeststellungsbeschlusses aus Rechtsschutzgründen der gerichtlichen Inzidentkontrolle.
Bei der Prüfung von Standortalternativen müssen die Träger der Landesplanung sich Klarheit über die flächen- und zahlenmäßige Größenordnung der Lärmbetroffenheiten an den jeweiligen Standorten verschaffen.
Die Prüfung örtlicher Einzelheiten und die Erfüllung spezifisch-fachgesetzlicher Anforderungen an ein wirksames und finanziell tragbares Lärmschutzkonzept bleiben der Entscheidung über die Zulässigkeit des Vorhabens in der Planfeststellung vorbehalten. Die Landesplanung muss jedoch bereits auf ihrer Planungsebene vorausschauend prüfen, ob die Lärmschutzprobleme, die ihre Standortentscheidung auslösen wird, auf der Fachplanungsebene durch technische und betriebliche Schutzvorkehrungen beherrschbar sein werden.
Die Lärmauswirkungen einer bestimmten Standortalternative bedürfen auf der Ebene der Landesplanung keiner numerisch-präzisen Detailprüfung, wenn sich im Verlauf des Planungsprozesses herausstellt, dass die vorrangig verfolgten landesplanerischen Zielvorstellungen an diesem Standort nicht realisierbar sein würden.
In § 9 Abs. 2 LuftVG schreibt der Gesetzgeber eine äußerste im Wege der Abwägung nicht überwindbare Grenze fest. Diese Regelung entbindet nicht von der Pflicht, den Lärmschutzinteressen der Anwohner gegebenenfalls unterhalb dieser Zumutbarkeitsschwelle durch Flugverbote oder sonstige Betriebsbeschränkungen Rechnung zu tragen.
Die Zulassung eines nächtlichen Flugbetriebs ist wegen der Pflicht, auf die Nachtruhe der Bevölkerung besonders Rücksicht zu nehmen (§ 29b Abs. 1 Satz 2 LuftVG), vor allem in der Kernzeit von 0:00 bis 5:00 Uhr in erhöhtem Maße rechtfertigungsbedürftig.
Je größer die Zahl der Lärmbetroffenen ist, desto dringlicher muss der Verkehrsbedarf sein, der als Rechtfertigung für einen (weithin) uneingeschränkten Nachtflugverkehr dient.
Neue wissenschaftliche Erkenntnisse sind einer luftverkehrsrechtlichen Planungs- oder Zulassungsentscheidung in der Regel erst dann zugrunde zu legen, wenn sie sich in der wissenschaftlichen Diskussion durchgesetzt und allgemeine Anerkennung – nicht notwendig einhellige Zustimmung – gefunden haben.
Ein Lärmschutzkonzept, das Flugverkehr auch während der Nachtstunden ermöglicht, hat sich vorrangig an dem Ziel auszurichten, durch Fluglärm ausgelöste Aufwachreaktionen zu vermeiden. Zur Erreichung dieses Zwecks stellt die Festsetzung eines um einen Dauerschallpegel ergänzten Maximalpegels ein grundsätzlich geeignetes Mittel dar.
Der Schutz der Wohnnutzung am Tage umfasst neben der Abwehr unzumutbarer Kommunikationsbeeinträchtigungen auch die Wahrung der Erholungsfunktion des Innen- und des Außenwohnbereichs.
Es lässt sich rechtlich nicht beanstanden, bei der Berechnung des Dauerschallpegels auf die Realverteilung der Flugbewegungen während der sechs verkehrsreichsten Monate abzustellen.
Damit der Schutzzweck auch bei gekipptem Fenster erreichbar bleibt, ist es unbedenklich, einen Innenpegel in Ansatz zu bringen, der um 15 dB(A) niedriger ist als der Außenpegel.
Die Anleitung zur Berechnung (AzB) vom 27. Februar 1975 mit späteren Änderungen bietet auch im Rahmen von luftrechtlichen Zulassungsverfahren eine taugliche Grundlage für die Fluglärmberechnung.
Die Geldentschädigung, die nach § 74 Abs. 2 Satz 3 VwVfGBbg zu leisten ist, dient als Surrogat für an sich gebotene, aber untunliche oder mit dem Vorhaben nicht vereinbare Schutzvorkehrungen. Sie ist nicht dazu bestimmt, einen Ausgleich für Verkehrswertminderungen zu gewähren, die über den Schutzbereich dieser Entschädigungsregelung hinausgehen.
Aus dem Surrogatcharakter der Entschädigung nach § 74 Abs. 2 Satz 3 VwVfGBbg folgt, dass für die Wertermittlung der Zeitpunkt maßgebend ist, zu dem der Vorhabenträger den auf die Durchführung von Schutzmaßnahmen gerichteten Primäranspruch hätte erfüllen müssen.
Beim Bau oder der (wesentlichen) Änderung eines Flugplatzes oder einer Straße ist ungeachtet des § 2 Abs. 1 Nr. 4 und Abs. 2 Satz 1 BImSchG den Anforderungen der aufgrund des § 48a Abs. 1 und 3 BImSchG zur Umsetzung von EG-Richtlinien erlassenen 22. BImSchV Rechnung zu tragen.
Die wasserrechtliche Erlaubnis für eine mit einem luftverkehrsrechtlichen Planvorhaben verbundene Gewässerbenutzung ist nach § 14 Abs. 1 WHG ein eigenständiger Entscheidungsbestandteil, der von der Konzentrationswirkung des § 9 Abs. 1 Satz 1 LuftVG nicht erfasst wird.
§ 9 Abs. 1 Satz 1 LuftVG bewirkt nicht, dass die Kompetenzen der zuständigen Bodenschutzbehörde auf die Planfeststellungsbehörde übergehen. Das Bodenschutzrecht ist eingriffsorientiertes Gefahrenabwehrrecht, das keine durch den Planfeststellungsbeschluss ersetzungsfähigen Zulassungstatbestände kennt.
Das FFH-Schutzregime, dem bestimmte Biotope unterliegen, erstreckt sich nicht auf Vögel, denen das betreffende Biotop als Habitat dient. Den Schutz, den Art. 6 Abs. 2 bis 4 FFH-RL gewährleistet, genießen Vögel nur über den Lebensraumschutz, der ihnen durch die Ausweisung als Vogelschutzgebiet und die Überleitungsnorm des Art. 7 FFH-RL vermittelt wird.
Auch bei einem nach § 19 BNatSchG zulässigen Eingriff in Natur und Landschaft kann sich die Prüfung als notwendig erweisen, ob die Voraussetzungen vorliegen, unter denen nach § 62 Abs. 1 Satz 1 BNatSchG von den artenschutzrechtlichen Verboten des § 42 Abs. 1 BNatSchG eine Befreiung gewährt werden kann.
Normenkette
GG Art. 2 Abs. 2, Art. 14 Abs. 1, 3, Art. 28 Abs. 2; LuftVG §§ 6, 8-10, 28 Abs. 2, § 29b Abs. 1 S. 2; FluglärmG § 3 Anlage; VwVfGBbg §§ 46, 74-76, 78; ROG §§ 1, 3-4, 7, 15; BbgLPlG § 3; LEPro 2003 § 19 Abs. 11; BewG § 82; BImSchG §§ 2, 48a, 50; WHG § 6 Abs. 1, § 14 Abs. 1, §§ 28, 31 Abs. 2; BBodSchG § 3 Abs. 1 Nr. 8, § 13; FFH-RL Art. 2 Abs. 3, Art. 6-7, 12-13, 16; Vogelschutz-RL Art. 2, 5-7, 9, 13; BNatSchG §§ 19, 42-43, 62; BbgNatSchG § 10 ff., § 79; 22. BImSchV §§ 3-5
Nachgehend
Tenor
I
- Die Klage des Klägers zu 1 wird abgewiesen.
Auf die Klagen der übrigen Kläger wird der Beklagte verpflichtet, über eine weitergehende Einschränkung des Nachtflugbetriebes in Teil A II 5.1.1, über die Anordnung passiver Schallschutzmaßnahmen in Teil A II 5.1.3 und über die Grenzziehung des Entschädigungsgebietes Außenwohnbereich in Teil A II 5.1.5 Nr. 2 des Planfeststellungsbeschlusses vom 13. August 2004 i.d.F. vom 21. Februar 2006 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu entscheiden.
Soweit der Planfeststellungsbeschluss diesen Verpflichtungen entgegensteht, wird er aufgehoben.
Im Übrigen werden die Klagen abgewiesen.
II
Von den Gerichtskosten sowie den außergerichtlichen Kosten des Beklagten und der Beigeladenen zu 1 tragen der Kläger zu 1 40/312, die Kläger zu 6 und 7 jeweils 15/312, die Kläger zu 10 und 11 als Gesamtschuldner 12/312, die Kläger zu 2 und 3, 8 und 9, 15 und 16, 17 und 18, 19 und 20, 21 und 22, 23 und 24, 28 und 29, 30 und 31, 35 und 36 sowie 38 und 39 jeweils als Gesamtschuldner 9/312 und die Kläger zu 4, 5, 27, 32, 33, 34 und 37 jeweils 9/312.
Der Beklagte und die Beigeladene zu 1 tragen jeweils 34/312 der Gerichtskosten sowie jeweils 1/8 der außergerichtlichen Kosten der Kläger mit Ausnahme des Klägers zu 1, der seine außergerichtlichen Kosten vollumfänglich selbst trägt.
Im Übrigen findet eine Kostenerstattung nicht statt.
Tatbestand
I
Die Kläger wenden sich gegen den Planfeststellungsbeschluss des Beklagten vom 13. August 2004 zum Ausbau des Verkehrsflughafens Berlin-Schönefeld.
1. Mit Gründung der Berlin Brandenburg Flughafen Holding GmbH (BBF; seit 2003 verschmolzen mit der Beigeladenen zu 1) durch den Bund sowie die Länder Berlin und Brandenburg Ende 1991 begannen die Planungen für einen alleinigen internationalen Verkehrsflughafen (“Single”-Airport) für die Region Berlin-Brandenburg. Im Zuge dessen haben sich die landesplanerischen Rechtsgrundlagen bis zum Erlass des angefochtenen Planfeststellungsbeschlusses wie folgt entwickelt:
Auf Antrag der BBF führte das Ministerium für Umwelt, Naturschutz und Raumordnung des Landes Brandenburg im Jahr 1994 ein vergleichendes Raumordnungsverfahren durch, in dessen Rahmen die Standortvarianten Jüterbog-Ost, Sperenberg und Schönefeld-Süd, aber auch die sog. “Null-Variante”, d.h. das Festhalten an den bestehenden drei Berliner Flughäfen, zur Prüfung standen. Zugrunde lag die Planung eines Flughafens mit Drehkreuz-Funktion und vier Start- und Landebahnen für bis zu 60 Mio. Passagiere im Jahr. Die landesplanerische Bewertung vom 16. November 1994 kam zu dem Ergebnis, dass einem Flughafenneubau gegenüber der “Null-Variante” der Vorzug einzuräumen sei und dass die potentiellen Standorte Jüterbog-Ost und Sperenberg (mit einigen Maßgaben) mit den Erfordernissen der Raumordnung vereinbar seien, nicht jedoch der Standort Schönefeld-Süd, dem vor allem das landesplanerische Leitbild der dezentralen Konzentration, die höhere Siedlungsdichte und die höhere Anzahl der Lärmbetroffenen entgegenstünden.
In dem am 6. April 1995 geschlossenen Landesplanungsvertrag (GVBl Bbg 1995 I S. 210; GVBl Bln 1995 S. 407 – LPlVertrag) vereinbarten die Länder Berlin und Brandenburg eine auf Dauer angelegte gemeinsame Landesplanung für das Gesamtgebiet beider Länder (gemeinsamer Planungsraum). Zum 1. Januar 1996 wurde eine gemeinsame Landesplanungsabteilung eingerichtet.
Im sog. Konsensbeschluss vom 28. Mai 1996 verständigten sich der Bundesminister für Verkehr, der Regierende Bürgermeister von Berlin und der Ministerpräsident des Landes Brandenburg nach langjährigen Abstimmungsgesprächen darauf, den Standort Schönefeld als “Single”-Standort zu entwickeln. Die Regierung des Landes Brandenburg und der Senat von Berlin nahmen diese “Gemeinsame Empfehlung” zustimmend zur Kenntnis.
Als Bestandteil des Weiteren Staatsvertrages vom 7. August 1997 (GVBl Bbg 1998 I S. 14; GVBl Bln 1997 S. 657) trat am 1. März 1998 das gemeinsame Landesentwicklungsprogramm (LEPro) der Länder Berlin und Brandenburg in Kraft. § 19 Abs. 11 LEPro 1998 bestimmte, dass zur Deckung des Luftverkehrsbedarfs in Brandenburg und Berlin die Planung und der Ausbau des Flughafens Schönefeld zu einem internationalen Verkehrsflughafen als “Single”-Standort vordringlich zu betreiben ist und damit gleichzeitig das vorhandene Flughafensystem abgelöst werden soll. Eine inhaltsgleiche Aussage enthielt die Zielfestlegung Z 6.5.1 in der Verordnung der Landesregierung Brandenburg vom 2. März 1998 (GVBl Bbg II S. 186) über den gemeinsamen Landesentwicklungsplan für den engeren Verflechtungsraum Brandenburg-Berlin (LEP e.V.). Mit Urteil vom 24. August 2001 – OVG 3 D 4/99.NE – (VwRR MO 2001, 411) erklärte das Oberverwaltungsgericht für das Land Brandenburg die Festlegung Z 6.5.1 des LEP e.V. für nichtig, weil die von dieser Zielfestlegung betroffenen Gemeinden nicht ausreichend beteiligt worden seien und weil die Standortentscheidung allein auf den sog. Konsensbeschluss vom Mai 1996 zurückzuführen und deshalb ohne ordnungsgemäße Abwägung getroffen worden sei. Das Bundesverwaltungsgericht hat die gegen die Nichtzulassung der Revision gerichtete Beschwerde mit Beschluss vom 7. März 2002 – BVerwG 4 BN 60.01 – (NVwZ 2002, 869) zurückgewiesen.
Am 23. April 1999 trat die Verordnung der Landesregierung Brandenburg über den gemeinsamen Landesentwicklungsplan Standortsicherung Flughafen (LEP SF) vom 18. März 1999 (GVBl Bbg II S. 262) in Kraft. Dieser Plan, der u.a. Aussagen zur Freihaltung der Flughafenfläche am Standort Schönefeld enthielt, wurde Gegenstand eines Normenkontrollverfahrens, in dessen Verlauf das Oberverwaltungsgericht für das Land Brandenburg dem Verfassungsgericht des Landes die Frage zur Entscheidung vorgelegt hat, ob § 19 Abs. 11 LEPro 1998 mit der brandenburgischen Verfassung vereinbar sei. Zu einer Entscheidung über die Gültigkeit des LEP SF und des § 19 Abs. 11 LEPro 1998 kam es nicht mehr, nachdem sich die Länder Berlin und Brandenburg veranlasst gesehen hatten, im Rahmen der gemeinsamen Landesplanung neue Rechtsgrundlagen zur Flughafenentwicklung im Raum Berlin-Brandenburg zu schaffen:
Mit dem am 1. November 2003 in Kraft getretenen Ersten Staatsvertrag vom 5. Mai 2003 zur Änderung des Staatsvertrages vom 7. August 1997 wurde § 19 Abs. 11 LEPro neu gefasst (vgl. GVBl Bbg 2003 I S. 202; GVBl Bln 2003 S. 250). Die Norm sieht nunmehr vor, dass der im Gesamtraum Berlin-Brandenburg zu erwartende Bedarf an Luftverkehrskapazitäten vornehmlich innerhalb des bestehenden Flughafensystems, insbesondere unter Verringerung der Lärmbetroffenheit, gedeckt und möglichst auf einen einzigen Flughafen konzentriert werden solle. Die kommunale Verfassungsbeschwerde der Gemeinden Blankenfelde-Mahlow, Großbeeren, Eichwalde und Schulzendorf gegen die Neufassung des § 19 Abs. 11 LEPro 2003 hat das Verfassungsgericht des Landes Brandenburg (VfGBbg 217/03) mit Beschluss vom 7. Oktober 2005 mangels unmittelbarer rechtlicher Betroffenheit der Beschwerdeführerinnen als unzulässig verworfen, ohne über die Vorlagefrage zu entscheiden.
Mit Verordnungen vom 28. Oktober 2003 haben die Länder Berlin und Brandenburg ferner den Landesentwicklungsplan Flughafenstandortentwicklung (LEP FS) beschlossen (GVBl Bbg II S. 594; GVBl Bln S. 521), der den Landesentwicklungsplan Standortsicherung Flughafen (LEP SF) vom 18. März 1999 ersetzen soll. Nach der Planaussage Z 1 des LEP FS ist zur Deckung des nationalen und internationalen Luftverkehrsbedarfes der Länder Berlin und Brandenburg der Flughafen Berlin-Schönefeld weiter zu entwickeln. Mit Normenkontrollurteil vom 10. Februar 2005 – OVG 3 D 104/03.NE – (LKV 2005, 306) hat das Oberverwaltungsgericht für das Land Brandenburg auf Antrag der Gemeinden Blankenfelde-Mahlow, Großbeeren, Eichwalde und Schulzendorf den LEP FS insgesamt für unwirksam erklärt, weil die Standortaussage Z 1 aus mehreren Gründen abwägungsfehlerhaft sei. Das Urteil ist nicht rechtskräftig. Der erkennende Senat hat die Revision des Landes Brandenburg zugelassen (Beschluss vom 3. August 2005 – BVerwG 4 BN 28.05 – juris Rn. 1).
2. Am 17. Dezember 1999 beantragten die beigeladenen Träger des Vorhabens beim Beklagten die Planfeststellung des Vorhabens “Ausbau des Flughafens Berlin-Schönefeld”. Die Planung umfasste im Kern eine Erweiterung der Flugbetriebsflächen – Aufgabe der bestehenden nördlichen Start- und Landebahn, Verlängerung der Startlauf- bzw. Landestrecke der bestehenden Südbahn auf 3 600 m, Bau einer neuen, 4 000 m langen Start- und Landebahn in einem Achsabstand von 1 900 m zur bestehenden Südbahn bei einem Bahnversatz von 1 250 m in westlicher Richtung, Errichtung von Vorfeldflächen zwischen den beiden zukünftigen Start- und Landebahnen, Anlage der erforderlichen Schnellabrollbahnen und Rollbahnen – sowie der landseitigen Abfertigungs- und Wartungsbereiche, ferner die Anbindung des Flughafens an den Schienenverkehr einschließlich des Baus eines Flughafenbahnhofs in Tunnellage unter dem neuen Flughafenterminal sowie die straßenseitige Verkehrsanbindung (u.a. den Anschluss an die BAB 113n im Osten und an die B 96a im Norden).
Nachdem die Anhörungsbehörde, das Landesamt für Bauen, Verkehr und Straßenwesen, mit Stellungnahme zum Ergebnis des (ersten) Anhörungsverfahrens vom 14. Juni 2002 beanstandet hatte, dass es an hinreichenden Planunterlagen zur Darstellung von Standortalternativen fehle, ergänzten die Beigeladenen auf Anforderung des Beklagten ihren Planfeststellungsantrag entsprechend. Diese ergänzende Unterlage war Gegenstand eines erneuten Anhörungsverfahrens; von einem weiteren Erörterungstermin wurde abgesehen.
Mit Bescheid vom 2. Juni 2004 widerrief die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung des Landes Berlin auf Antrag der Berliner Flughafen-Gesellschaft mbH die Betriebsgenehmigung für den Verkehrsflughafen Berlin-Tempelhof mit Wirkung ab Bestandskraft eines Planfeststellungsbeschlusses zur Erweiterung des Flughafens Berlin-Schönefeld um eine zusätzliche, mindestens 4 000 m lange Start- und Landebahn. Die dagegen beim Oberverwaltungsgericht Berlin (nunmehr Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg) erhobene Klage ist noch anhängig. Mit weiterem Bescheid vom 29. Juli 2004 widerrief die Senatsverwaltung auch die Betriebsgenehmigung für den Flughafen Berlin-Tegel, insoweit mit Wirkung ab Inbetriebnahme der beiden Start- und Landebahnen des erweiterten Flughafens Berlin-Schönefeld. Die dagegen gerichteten Klagen hat das Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg mit – noch nicht rechtskräftigem – Urteil vom 24. November 2005 – OVG 12 A 3.05 – abgewiesen.
Am 13. August 2004 erließ der Beklagte den von den Klägern angegriffenen Planfeststellungsbeschluss (PFB). Gegenstand der Planfeststellung sind neben der antragsgemäßen Erweiterung des Flughafens Berlin-Schönefeld (PFB, Teil A I 1 und 2, S. 57 ff.) und den Maßnahmen zur Verkehrsanbindung (PFB, Teil A I 3 und 4, S. 59 ff.) im Wesentlichen die Entwässerung des Flughafens einschließlich der Regelungsbereiche Gewässerausbauplanung, -neuordnung und Grundwasserabsenkung (PFB, Teil A I 5, S. 74 ff.), ferner die Anlage von Ver- und Entsorgungsleitungen einschließlich der Flugbetriebsstoffversorgung (PFB, Teil A I 6, S. 82 ff.), des Weiteren ein landschaftspflegerischer Begleitplan (Teil A I 12, S. 93 ff.), ein Rodeplan (Teil A I 13, S. 95 f.) sowie eine Vielzahl von Grunderwerbsplänen (Teil A I 9, S. 86 ff.). Der Beklagte legte seiner Zulassungsentscheidung im Kern folgende Erwägungen zugrunde:
Die mit dem Vorhaben verfolgten Planziele einer Ausweitung der Luftverkehrskapazitäten in der Region Berlin-Brandenburg auf 30 Mio. Passagiere pro Jahr und der Ersetzung des Flughafensystems durch einen einzigen, verkehrsgünstig gelegenen internationalen Verkehrsflughafen würden erreicht. Weder öffentliche noch private Belange würden in einer solchen Art und Weise beeinträchtigt, dass das Interesse an der Umsetzung des beantragten Vorhabens insgesamt zurücktreten müsse. Insgesamt komme den mit dem Ausbauvorhaben verfolgten Zielen gegenüber den entgegenstehenden übrigen öffentlichen und privaten Belangen das größere Gewicht zu. Mit der Konzentration auf einen Verkehrsflughafen reduzierten sich das bestehende Ausmaß der Immissionsbelastung für die Bevölkerung und die Zahl der dem externen Risiko des Luftverkehrs ausgesetzten Personen in der Gesamtheit erheblich. Durch die Einbindung in ein leistungsfähiges Straßen- und Schienennetz werde das Hauptaufkommensgebiet schnell und auf möglichst kurzem Wege erreichbar sein. Die planfestgestellte Erweiterung des Flughafens Berlin-Schönefeld sei daher vorzugswürdig. Es biete sich keine Alternative an, mit der die Planziele unter geringerer Inanspruchnahme entgegenstehender öffentlicher bzw. privater Belange erreicht werden könnten (vgl. die abschließende Gesamtbetrachtung in Teil D des Planfeststellungsbeschlusses, S. 1163 ff.).
Der Planfeststellungsbeschluss sieht in seinem verfügenden Teil zahlreiche Auflagen u.a. zum Lärmschutz vor. Danach ist der Flugbetrieb auf dem ausgebauten Flughafen in der Nacht (22:00 bis 6:00 Uhr) insofern beschränkt, als nur besonders lärmarme Strahlflugzeuge starten oder landen dürfen (PFB, Teil A II 5.1.1 Nr. 1, S. 104). Ein generelles Nachtflugverbot ist nicht vorgesehen. Zur Begründung verweist der Planfeststellungsbeschluss darauf, die Zulassung von Nachtflugbetrieb sei erforderlich, um dem verkehrlichen Bedarf gerecht zu werden und Anreize für die Ansiedlung von Luftverkehrsunternehmen am Flughafen und von weiteren potentiellen gewerblichen Kunden in der gesamten Region zu geben (PFB, Teil C II 10.1.8.2.2, S. 640 ff.). Passiver Lärmschutz wird durch eine Kombination von Dauerschallpegeln und Maximalpegeln gewährt, die nicht überschritten werden dürfen. Schutzziel für den Tagzeitraum (6:00 bis 22:00 Uhr) ist die Verhinderung höherer Einzelpegel als 55 dB(A) im Rauminneren bei geschlossenen Fenstern. Daneben ist ein Tagschutzgebiet auf der Grundlage eines für die Tagstunden der sechs verkehrsreichsten Monate ermittelten energieäquivalenten Dauerschallpegels von 60 dB(A) außen festgelegt (PFB, Teil A II 5.1.2, S. 105 f.). Für die Nachtstunden formuliert der Planfeststellungsbeschluss als Schutzziel die Verhinderung höherer Einzelpegel als 55 dB(A) sowie eines höheren Dauerschallpegels von 35 dB(A) im Rauminneren bei geschlossenen Fenstern und ausreichender Belüftung. Die Festlegung eines Nachtschutzgebietes erfolgt auf der Grundlage eines Dauerschallpegels von 50 dB(A) außen bzw. von “sechs Lärmereignissen pro Nacht (22:00 bis 6:00 Uhr) mit einem A-bewerteten Maximalpegel von 70 dB(A) außen” (PFB, Teil A II 5.1.3, Nr. 2, S. 106). Des Weiteren ist auf der Basis eines Dauerschallpegels tags von 70 dB(A) außen ein Entschädigungsgebiet “Übernahmeanspruch” festgesetzt (PFB, Teil A II 5.1.6, S. 108). Schließlich verpflichtet der Planfeststellungsbeschluss die Beigeladenen, Entschädigung für die Beeinträchtigung der Nutzung von Außenwohnbereichen zu leisten, soweit dort ein Dauerschallpegel von 65 dB(A) erreicht wird. Auf der Grundlage dieses Grenzwertes weist der Planfeststellungsbeschluss ein Entschädigungsgebiet aus (PFB, Teil A II 5.1.5. Nr. 2, S. 107). Überschreiten die Kosten für Schallschutzeinrichtungen 30 % des Verkehrswertes von Grundstück und Gebäude(n), hat der Betroffene einen Anspruch auf Entschädigung in Höhe von 30 % des Verkehrswertes (PFB, Teil A II 5.1.7 Nr. 2, S. 108). Nachträgliche Auflagen zum Lärmschutz bleiben vorbehalten (PFB, Teil A II 5.1.9, S. 110).
Darüber hinaus enthält der Planfeststellungsbeschluss in seinem verfügenden Teil zahlreiche wasserrechtliche Regelungen. Unter anderem werden Gewässerausbaumaßnahmen im Bereich des Selchower Flutgrabens und des Glasowbachs zugelassen (PFB, Teil A II 12.1, S. 132 ff.) sowie die Erlaubnis für die zentrale und dezentrale Versickerung von Niederschlagswasser in das Grundwasser (PFB, Teil A II 12.3.1 und 12.3.2, S. 139 ff.), für die Einleitung von Niederschlagswasser in den Selchower Flutgraben und den Glasowbach (PFB, Teil A II 12.3.3, S. 143 ff.), für die Anhebung des Grundwasserspiegels im Naturschutzgebiet “Waltersdorfer Flutgrabenaue” (PFB, Teil A II 12.3.4, S. 151) und für Bauwasserhaltungsmaßnahmen (PFB Teil A II 12.6, S. 154 ff.) erteilt. Die Regelungen zur Bauwasserhaltung betreffen u.a. Grundwasserabsenkungsmaßnahmen und die Einleitung geförderten Grundwassers in den Selchower Flutgraben sowie den Glasowbach. Zugleich verpflichtet der Planfeststellungsbeschluss die Beigeladenen zur Durchführung eines bau- und betriebsbegleitenden Wassermonitorings (PFB, Teil A II 12.7, S. 170) einschließlich eines Grundwassermonitoring-Programmes (PFB, Teil A II 12.6.2.3, S. 164). Bezüglich der Vorfluter Glasowbach und Selchower Flutgraben enthält der Planfeststellungsbeschluss die Auflage, dass rechtzeitig vor Inbetriebnahme des Flughafens der Nachweis über die Durchführung der erforderlichen Grundräumung zu erbringen ist (PFB, Teil A II 12.3.3.2 Nr. 4, S. 147; 12.3.3.3 Nr. 8, S. 148), die ihrerseits nicht Gegenstand der Planfeststellung ist (vgl. PFB, Teil C 14.2.1.1, S. 760).
Daneben sieht der Planfeststellungsbeschluss Auflagen im Hinblick auf Altlasten bzw. Altlastenverdachtsflächen vor. Im Kern ist danach ein altlastenbezogenes Grundwassermonitoring durchzuführen (PFB, Teil A II 15.2, S. 190). Zum Teil werden auch Boden- und Sanierungsuntersuchungen oder ähnliche Maßnahmen angeordnet, hinsichtlich derer – wie auch für etwaige Folgemaßnahmen – die Abstimmung mit der zuständigen Bodenschutzbehörde zu suchen ist. In Einzelfällen enthalten die Auflagen auch konkrete Sanierungs- bzw. Entsorgungsanordnungen (vgl. z.B. PFB, Teil A II 15.1 Nr. 15, 26, 27, S. 181 ff.).
Weitere Regelungen trifft der Planfeststellungsbeschluss u.a. für den Bereich Naturschutz und Landschaftspflege. Danach werden die in den Maßnahmenplänen und -blättern zum landschaftspflegerischen Begleitplan festgestellten Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen zu rechtsverbindlichen Bestandteilen der Planfeststellung erklärt (PFB, Teil A II 9.1, S. 113). Für die nicht kompensierbare Versiegelung von ca. 447 ha Böden haben die Beigeladenen eine Ausgleichsabgabe von rund 34 Mio. € zu leisten (PFB, Teil A II 9.1.6, S. 115). Zur Überwachung der potentiellen Auswirkungen durch baubedingte Grundwasserabsenkungsmaßnahmen sowie als Instrument zur Überwachung der Effektivität der in diesem Zusammenhang angeordneten Vermeidungs- und Verminderungsmaßnahmen ist von den Beigeladenen neben dem Grundwassermonitoring ein Biotopmonitoring durchzuführen (PFB, Teil A II 9.1.13.2, S. 116 ff.). Im Umfang eines Kompensationsbedarfes von ca. 527 ha und knapp 12 000 Einzelbäumen enthält der Planfeststellungsbeschluss einen Vorbehalt zugunsten einer späteren grundstücksscharfen Festschreibung der Ersatzmaßnahmen in der Zülowniederung (PFB, Teil A II 9.1.23, S. 122). Ferner werden Ausnahmegenehmigungen bzw. Befreiungen nach Maßgabe des Brandenburgischen Naturschutzgesetzes erteilt (PFB, Teil A II 9.2, S. 123 ff.).
Mit Änderungsbescheid vom 27. Januar 2006 ergänzte der Beklagte den Planfeststellungsbeschluss um eine artenschutzrechtliche Befreiung nach § 62 des Bundesnaturschutzgesetzes (BNatSchG). Zuletzt ist der Planfeststellungsbeschluss im Rahmen der mündlichen Verhandlung mit Erklärung des Beklagten vom 21. Februar 2006 insoweit geändert worden, als zugunsten des Lärmschutzes für besondere Einrichtungen die Nebenbestimmung in Teil A II 5.1.4 (PFB S. 106 f.) modifiziert worden ist.
3. Nach Auslegung des Planfeststellungsbeschlusses in der Zeit vom 6. bis zum 20. September 2004 haben die Kläger am 18. Oktober 2004 Klage erhoben, mit der sie in der Hauptsache die Aufhebung des Planfeststellungsbeschlusses begehren und hilfsweise Planergänzungsansprüche verfolgen.
Die Kläger sind überwiegend (Mit-)Eigentümer von zu Wohn- bzw. Erholungszwecken genutzten Grundstücken in der Umgebung des planfestgestellten Flughafengeländes (Kläger zu 2 bis 11, 15 bis 24, 27 bis 29, 32 bis 39). Zum Teil werden die Grundstücke auch gewerblich genutzt. Die Kläger zu 30 und 31 haben ein Nutzungsrecht an einem in der Nachbarschaft des überplanten Bereichs gelegenen Grundstück, das sie zu Wohnzwecken und gewerblich nutzen. Der Kläger zu 1 ist Eigentümer mehrerer Grundstücke im Bereich des planfestgestellten Flughafenareals, die zum Teil Wohn- und gewerblichen Zwecken dienen. Gegenüber den Klägern zu 1, 6, 7 sowie 10 und 11 hat der Planfeststellungsbeschluss enteignungsrechtliche Vorwirkung. Sie sind Eigentümer von Grundstücken, die für das Planvorhaben (Flughafengelände, Verlegung von Wegen und Leitungen, naturschutzrechtliche Kompensationsmaßnahmen) vollständig oder teilweise in Anspruch genommen werden.
Zur Begründung ihrer Klagen machen die Kläger zusammengefasst im Wesentlichen geltend:
Angesichts des Verzichts auf einen Erörterungstermin zur nachgereichten Planunterlage “Standortalternativen” sowie auf eine ergänzende Anhörung zur Altlasten- und Grundwasserproblematik fehle es an einem ordnungsgemäßen Anhörungsverfahren. Verfahrensfehlerhaft sei auch, dass es der Beklagte unterlassen habe, die Schließung der Verkehrsflughäfen Berlin-Tempelhof und Berlin-Tegel in das Planfeststellungsverfahren einzubeziehen. Dem Vorhaben mangele es zudem an der Planreife, nachdem die Planfeststellung für die Ostanbindung des Flughafens an die Görlitzer Bahn abgetrennt worden sei.
Das für das Flughafenprojekt in Aussicht genommene Gelände stelle sich als ungeeignet dar. Sicherheitsbelange sprächen gegen eine Zulassung des Vorhabens am gewählten Standort. Dies gelte insbesondere im Hinblick auf eine bestehende Kampfmittel- und Altlastenproblematik sowie Fragen der Luftsicherheit.
Die mit dem Planfeststellungsbeschluss erteilten wasserrechtlichen Erlaubnisse seien rechtswidrig. Durch die mit der Grundwasserabsenkungsmaßnahme verbundene Gefahr der Mobilisierung von Schadstoffen sei im Sinne von § 6 Abs. 1 des Wasserhaushaltsgesetzes (WHG) eine Beeinträchtigung des Wohls der Allgemeinheit zu erwarten. Ferner sei eine irreversible Versalzung sowohl der Förderbrunnen des Wasserwerks Eichwalde als auch privater Brunnen zu befürchten. Des Weiteren sei zu besorgen, dass der Nordteil des FFH-Gebietes “Glasowbachniederung” austrocknen und es ebenso im Bereich des FFH-Vorschlaggebietes “Brunnluch” zu Beeinträchtigungen kommen werde. Zudem könnten sowohl die Grundwasserabsenkung als auch das Wiedereinleiten/Versickern des gehobenen Grundwassers bauwerksschädigende Setzungen hervorrufen. Schließlich sei die Erlaubnis zur Einleitung von Niederschlagswasser in den Glasowbach und den Selchower Flutgraben rechtswidrig, da trotz aller Ausbaumaßnahmen von einer hohen Überschwemmungswahrscheinlichkeit auszugehen sei. Es fehle ferner an der erforderlichen wasserrechtlichen Planfeststellung für die Grundräumung des Glasowbachs. Im Übrigen sei die Grundräumung aus naturschutzrechtlichen Gründen materiell unzulässig.
Die Kläger halten das Vorhaben mit Blick auf die Auswirkungen des Fluglärms für nicht verträglich mit den Erhaltungszielen des FFH-Gebietes “Glasowbachniederung”. Sie machen geltend, dass der Flugbetrieb mit hinreichender Wahrscheinlichkeit zur Verschlechterung des Erhaltungszustandes gebietstypischer Vogelpopulationen führe und die Fortpflanzung des Fischotters beeinträchtige. Auch die übrigen mit dem Ausbauvorhaben verbundenen Eingriffe in Natur und Landschaft beeinträchtigten den Lebensraum zahlreicher besonders bzw. streng geschützter Tierarten, darunter eine Vielzahl von Vogelarten. Es bedürfe insofern einer artenschutzrechtlichen Befreiung nach § 62 BNatSchG, deren materielle Voraussetzungen indes nicht gegeben seien. Abgesehen davon, dass überwiegende Gründe des Gemeinwohls im Sinne von § 62 Abs. 1 Nr. 2 BNatSchG nicht ersichtlich seien, stünden einer Befreiung auch Art. 12, 13 und 16 der Richtlinie 92/43/EWG (FFH-Richtlinie) bzw. Art. 5 bis 7 sowie 9 der Richtlinie 79/409/EWG (Vogelschutzrichtlinie) entgegen.
Die im Planfeststellungsbeschluss vorgesehenen Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen für die mit dem Vorhaben verbundenen Eingriffe in Natur und Landschaft seien unzureichend und fehlerhaft. Die Planunterlagen ermöglichten schon keine sachgerechte Überprüfung der Eingriffs-Kompensations-Bilanz. Ferner sei das Ausgleichspotential nicht ausgeschöpft und es könnten die Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen zum Teil fachlich nicht anerkannt werden. Da die aufgeführten Ausgleichsmaßnahmen unzureichend seien, sei der Ausgleich mit falscher Gewichtung in die im Rahmen der Eingriffsregelung gebotene naturschutzspezifische Abwägungsentscheidung eingestellt worden und diese mithin fehlerhaft. Zusätzlicher Kompensationsbedarf im Umfang von mindestens 400 ha bestehe im Hinblick auf bislang nicht berücksichtigte Eingriffe in den Lebensraum zahlreicher streng geschützter Vogelarten. Dazu komme ein Bedarf von weiteren rund 330 ha für sonstige Kompensationsmaßnahmen. In dem Entscheidungsvorbehalt zugunsten von Ersatzmaßnahmen in der Zülowniederung liege ein Verstoß gegen das Gebot planerischer Problembewältigung.
Die Kläger wenden weiter ein, es fehle an der Planrechtfertigung. Die “Null-Variante” sei vorzugswürdig. Das bestehende Flughafensystem sei bestens geeignet, das prognostizierte Verkehrsaufkommen zu bewältigen. Hinzu komme, dass das genehmigte Vorhaben im Hinblick auf die Kapazitäten der Start- und Landebahnen, der Vorfeldfläche sowie des Terminals deutlich überdimensioniert sei. Es handele sich um eine unzulässige Vorratsplanung. Darüber hinaus mangele es an der Realisierbarkeit und am Realisierungswillen. Die Finanzierung des Flughafenausbaus sei ungeklärt. Die Deutsche Bahn AG stelle die Verwirklichung der Anbindung sowohl an die Görlitzer Bahn als auch an die Dresdener Bahn in Frage.
Schließlich rügen die Kläger unter mehreren Gesichtspunkten eine fehlerhafte fachplanerische Abwägungsentscheidung. Der Beklagte habe diverse Verstöße gegen naturschutzrechtliche Vorschriften im Rahmen der Abwägung nicht berücksichtigt und wasserrechtliche Belange nicht mit dem ihnen zukommenden Gewicht in die Abwägung eingestellt. Letzteres gelte insbesondere mit Rücksicht auf die Altlastenproblematik. Fehlerhaft sei auch die Beurteilung der durch das Vorhaben hervorgerufenen Luftverunreinigungen, die unzureichend ermittelt und gewichtet worden seien. Zugrunde zu legen seien nicht die von den Beigeladenen prognostizierten ca. 360 000 Flugbewegungen im Jahr, sondern entsprechend der tatsächlichen Kapazität des Flughafenprojekts ein jährliches Aufkommen von rund 550 000 Flugbewegungen. Aber auch auf der Basis von 360 000 Flugbewegungen sei die Bewertung der Schadstoffbelastung durch Ruß, Benzol und polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe unzutreffend. Es seien Werte zu erwarten, die zu einem gesundheitlichen Risiko führten. Auch die Beurteilung der Schadstoffbelastung durch feinen Schwebstaub und Partikel (PM(10)) sowie Stickstoffoxide sei nicht sachgerecht.
Darüber hinaus sehen die Kläger zahlreiche Mängel im Hinblick auf den Abwägungsfaktor Lärm. Insbesondere machen sie geltend, dass der zu erwartende Fluglärm sie in ihrem Grundeigentum und ihrem körperlichen Wohlbefinden unzumutbar beeinträchtige. Wegen Unzulänglichkeit des angeordneten Lärmschutzkonzepts sei der Planfeststellungsbeschluss aufzuheben. Für den nahezu schrankenlos genehmigten nächtlichen Flugbetrieb gebe es keinen Bedarf. Die festgesetzten Schutzziele genügten nicht, um Schlaf- und Kommunikationsstörungen im Innenraum sowie erhebliche Belästigungen im Außenbereich hinreichend sicher zu vermeiden. Auch sei die Erholungsfunktion des Außenwohnbereichs nicht angemessen berücksichtigt worden. Zudem erweise sich die Berechnung der Lärmkonturen als fehlerhaft. Dem auf der “Anleitung zur Berechnung von Lärmschutzbereichen an zivilen und militärischen Flugplätzen nach dem Gesetz zum Schutz gegen Fluglärm – AzB” beruhenden Fluglärmberechnungsverfahren sei die Verwendung eines Simulationsverfahrens vorzuziehen. Im Übrigen sei die von dem Vorhaben ausgehende Lärmbelastung nicht auf der Grundlage der prognostizierten Flugbewegungen, sondern auf der Basis der technisch möglichen Kapazität zu messen.
Mit Blick auf eine störungsfreie Kommunikation im Innenwohnbereich und die Erholungsfunktion eines ungestörten Schlafs bestünde jedenfalls ein Anspruch auf Verbesserung des passiven Lärmschutzkonzepts. Die zulässigen Maximal- und Dauerschallpegelwerte seien zugunsten der Anwohner niedriger festzulegen. Dies gelte nicht nur für die Auflagen zum Tag- und Nachtschutz, sondern auch bezüglich der Entschädigungsregelungen zum Außenwohnbereich und zum Übernahmeanspruch. Als Stichtag für die Verkehrswertermittlung sei entgegen der Vorgabe des Planfeststellungsbeschlusses nicht der Zeitpunkt der Geltendmachung des Entschädigungsanspruches, sondern der Beginn der Offenlegung der Planfeststellungsunterlagen anzusehen. Auch sei die Festsetzung der Entschädigung für Beeinträchtigungen des Außenwohnbereiches mit 2 % des Verkehrswertes zu niedrig angesetzt. Der tatsächliche Grundstückswertverlust werde damit nicht adäquat erfasst.
Das Vorhaben erweise sich darüber hinaus wegen fehlerhafter Beurteilung der Raumverträglichkeit und Standorteignung als rechtswidrig. Es fehle bereits an einer raumordnerischen Grundlage. Insbesondere sei das Ziel Z 1 im Landesentwicklungsplan Flughafenstandortentwicklung (LEP FS) nichtig. Der LEP FS stütze sich auf eine unzutreffende Prognose des Passagieraufkommens und gehe zu Unrecht davon aus, dass das bestehende Flughafensystem im Vergleich zu einem “Single”-Airport eine ungünstigere Umweltbilanz aufweise. Bei einer bilanzierenden Standortbeurteilung für einen “Single”-Airport sei der Standort Sperenberg vorzugswürdig, worauf bereits die landesplanerische Beurteilung vom November 1994 hingewiesen habe. Die dem LEP FS zugrunde liegende Abwägung lasse unberücksichtigt, dass bei einer Standortentscheidung für Schönefeld im Vergleich zu Sperenberg eine dreizehnfach größere und im Vergleich zu Jüterbog-Ost eine fünfundzwanzigfach größere Zahl von Anwohnern fluglärmbetroffen sei und dass bei der Konzentration des Flugverkehrs auf einen Standort ohne gleichzeitige Regelung eines Nachtflugverbots die Lärmbelastung nicht nur quantitativ, sondern auch qualitativ steige. Ferner werde zugunsten des Standortes Schönefeld das Kriterium “enge räumliche Beziehung zum Hauptaufkommensgebiet” überbewertet. Nichtig sei auch § 19 Abs. 11 LEPro 2003. Die Regelung sei unbestimmt und darüber hinaus ebenfalls wegen unzureichender Berücksichtigung von Umweltbelangen und Standortfragen abwägungsfehlerhaft. Im Übrigen seien sowohl das Ziel Z 1 des LEP FS als auch die Festlegungen in § 19 Abs. 11 LEPro 2003 wegen Widerspruchs zu § 3 Abs. 1 Ziff. 11 Satz 8 des Landesplanungsgesetzes und Vorschaltgesetzes zum Landesentwicklungsprogramm für das Land Brandenburg (BbgLPlG) in der Fassung vom 12. Dezember 2002 (GVBl Bbg 2003 I S. 9) nichtig.
Unterstellt, dass sowohl der LEP FS als auch § 19 Abs. 11 LEPro 2003 wirksam seien, wäre der Planfeststellungsbeschluss aufgrund seiner abwägungsfehlerhaften eigenen Standortentscheidung rechtswidrig. Die defizitäre Ermittlung abwägungserheblicher Belange durch den Beklagten schließe eine ordnungsgemäße Abwägung in der Standortfrage ebenso aus wie seine lediglich formale, die Begründung zum LEP FS nachvollziehende Herangehensweise. Bei richtiger Gewichtung insbesondere von Verkehrs- und Umweltbelangen drängten sich sowohl die Beibehaltung des Flughafensystems als auch der Standort Sperenberg als Alternativen auf. Der Planfeststellungsbeschluss verweise zu Unrecht darauf, dass die Standortfläche in Sperenberg zu 90 % aus Wald bestehe, der vollständig zu roden wäre, und dass auf 13 % der Fläche in wertvolle Biotope eingegriffen werden müsste. Denn ein bedarfsgerechter Ausbau in Sperenberg würde entgegen der Annahme des Beklagten nicht etwa 1 900 ha, sondern lediglich 1 000 ha Fläche erfordern, davon überwiegend auf dem Gelände des ehemaligen Militärflugplatzes. Es käme auch nicht zu erheblichen Beeinträchtigungen des Grund- und Oberflächenwassers, da anders als in Schönefeld kein Bedarf für eine unterirdische Verlegung der Schienenanbindung bestehe. Fehl gehe auch die Auffassung, eine adäquate verkehrliche Einbindung des Standortes Sperenberg könne nicht gewährleistet werden.
Die Kläger beantragen,
1. den Planfeststellungsbeschluss des Beklagten vom 13. August 2004 i.d.F. vom 21. Februar 2006 einschließlich der wasserrechtlichen Erlaubnisse zur Bauwasserhaltung (PFB, Teil A II 12.6), für die zentrale Versickerung von Niederschlagswasser (PFB, Teil A II 12.3.1), für die dezentrale Versickerung von Niederschlagswasser (PFB, Teil A II 12.3.2), zur Einleitung von Niederschlagswasser in den Selchower Flutgraben und in den Glasowbach (PFB, Teil A II 12.3.3), zur Anhebung des Grundwasserspiegels im Naturschutzgebiet “Waltersdorfer Flutgrabenaue” (PFB, Teil A II 12.3.4), zum Eintauchen von Bauwerken in das Grundwasser (PFB, Teil A II 12.3.5), für die Straßenentwässerung (PFB, Teil A II 12.4) und für die Schienenentwässerung (PFB, Teil A II 12.5) aufzuheben,
hilfsweise festzustellen, dass der Planfeststellungsbeschluss rechtswidrig und nicht vollziehbar ist,
2. hilfsweise
2.1. den Beklagten zu verpflichten, im Wege der Planergänzung durch Festsetzung geeigneter Maßnahmen des aktiven und passiven Lärmschutzes sicherzustellen, dass der durch den Betrieb des Verkehrsflughafens verursachte Fluglärm tagsüber in den Innenräumen A-bewertete Maximalpegel von 45 dB(A) sowie einen A-bewerteten Dauerschallpegel von 40 dB(A) nicht übersteigt,
hilfsweise hierzu den Beklagten zu verpflichten, im Wege der Planergänzung durch Festsetzung geeigneter Maßnahmen des aktiven und passiven Lärmschutzes sicherzustellen, dass der durch den Betrieb des Verkehrsflughafens verursachte Fluglärm tagsüber in den Innenräumen A-bewertete Maximalpegel von 55 dB(A) und den Zeitraum, in dem fluglärmbedingte Maximalpegel über 45 dB(A) auftreten, von 48 Minuten pro Tag nicht übersteigt,
2.2. den Beklagten zu verpflichten, die Auflage 5.1.2 “Allgemeiner Lärmschutz” Nr. 1 nach dem letzten Satz dahin zu ergänzen, dass innerhalb eines Gebietes, das von der Grenzlinie eines für die Tagstunden (6:00 bis 22:00 Uhr) der sechs verkehrsreichsten Monate – gerechnet 100:100 – ermittelten energieäquivalenten Dauerschallpegels von 55 dB(A) außen umschlossen wird, die Kosten für den Nachweis und die Einzelfalluntersuchung in jedem Fall von den Trägern des Vorhabens getragen werden,
2.3. den Beklagten zu verpflichten, die Auflage 5.1.2 Nr. 2 wie folgt zu ändern:
“Das Tagschutzgebiet umfasst das Gebiet, das von der Grenzlinie eines für die Tagstunden (6:00 bis 22:00 Uhr) der sechs verkehrsreichsten Monate – gerechnet 100:100 – ermittelten energieäquivalenten Dauerschallpegels von 55 dB(A) außen umschlossen wird.”,
2.4. den Beklagten zu verpflichten, im Wege der Planergänzung ein Nachtflugverbot für die Zeit von 22:00 bis 6:00 Uhr mit Ausnahme für Hilfs- und Rettungsflüge sowie eine zahlenmäßige Beschränkung der Flugbewegungen mit Ausnahme für Notfälle innerhalb einer nächtlichen Kernruhezeit von mindestens sechs Stunden Dauer festzusetzen,
hilfsweise hierzu den Beklagten zu verpflichten, im Wege der Planergänzung durch Festsetzung geeigneter Maßnahmen des aktiven und passiven Lärmschutzes für die Nachtzeit die Erholung im Schlaf durch Vermeidung eines regelmäßigen nächtlichen Erwachens zu sichern, indem die Aufweckwahrscheinlichkeit durch alle nächtlichen Flüge, die nach dem Verfahren gemäß dem Entwurf zur VDI-Richtlinie 3 722 vom 1. Oktober 2004 errechnet wurde, den Wert von 100 % nicht überschreitet,
hilfsweise hierzu den Beklagten zu verpflichten, im Wege der Planergänzung durch Festsetzung geeigneter Maßnahmen des aktiven und passiven Lärmschutzes für die Nacht sicherzustellen, dass der durch den Betrieb des Verkehrsflughafens verursachte Fluglärm in zum Schlafen geeigneten Innenräumen Schallpegel von 6 × 52 dB(A) bei einem energieäquivalenten Dauerschallpegel von 30 dB(A) nicht übersteigt,
2.5. den Beklagten zu verpflichten, die Auflage 5.1.3 “Nachtschutz” Nr. 1 dahin zu ergänzen, dass innerhalb der Gebiete, die von der Grenzlinie eines für die Nachtstunden (22:00 bis 6:00 Uhr) der sechs verkehrsreichsten Monate – gerechnet 100:100 – ermittelten energieäquivalenten Dauerschallpegels von 45 dB(A) außen oder von den Grenzlinien, die sechs Lärmereignissen pro Nacht (22:00 bis 6:00 Uhr) mit einem A-bewerteten Maximalpegel von 65 dB(A) außen entsprechen, umschlossen werden, die Kosten für den Nachweis und die Einzelfalluntersuchung in jedem Fall von den Trägern des Vorhabens zu tragen sind,
2.6. den Beklagten zu verpflichten, die Auflage 5.1.3 Nr. 2 wie folgt zu ändern:
“Das Nachtschutzgebiet umfasst die Gebiete, die von der Grenzlinie eines für die Nachtstunden (22:00 bis 6:00 Uhr) der sechs verkehrsreichsten Monate – gerechnet 100:100 – ermittelten energieäquivalenten Dauerschallpegels von 45 dB(A) außen oder von den Grenzlinien, die sechs Lärmereignissen pro Nacht (22:00 bis 6:00 Uhr) mit einem A-bewerteten Maximalpegel von 65 dB(A) außen für jeweils eine Nacht mit Flugbetrieb in Richtung Westen bzw. Osten entsprechen, umschlossen werden.”,
2.7. festzustellen, dass der Berechnung der Dauerschallpegel für die Auflage 5.1.2 ein Flugbetrieb mit 550 000 Flugbewegungen pro Jahr zugrunde zu legen ist, solange in dem Planfeststellungsbeschluss die höchstzulässige Zahl jährlicher Flugbewegungen nicht auf 370 000 beschränkt wird,
2.8. festzustellen, dass der Berechnung der Dauerschallpegel und der Zahl der Spitzenschallpegel in Auflage 5.1.3 die Zahl von 550 Flugbewegungen pro Nacht in der Zeit von 22:00 bis 6:00 Uhr zugrunde zu legen ist, solange nicht in einer weiteren Auflage eine zahlenmäßige Beschränkung der zulässigen Flugbewegungen in diesen Nachtstunden angeordnet worden ist,
2.9. hilfsweise zu den Anträgen zu 2.1 bis 2.6 den Beklagten zu verpflichten, über Schutzauflagen zum Lärmschutz auf der Grundlage der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu entscheiden,
2.10. den Beklagten zu verpflichten, die Auflage 5.1.5 “Entschädigungen für Außenwohnbereiche” wie folgt – hilfsweise unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts – zu ändern:
“1) Das Entschädigungsgebiet Außenwohnbereich umfasst das Gebiet, welches von der Grenzlinie eines für die Tagstunden (6:00 bis 22:00 Uhr) der sechs verkehrsreichsten Monate – gerechnet 100:100 bei 550 000 Flugbewegungen jährlich – ermittelten energieäquivalenten Dauerschallpegels von 55 dB(A) außen umschlossen wird.
2) Die Höhe der Entschädigung beträgt mindestens 5 000 € pro Einfamilienhaus; bei Zwei- oder Mehrfamilienhäusern erhöht sich dieser Betrag um jeweils 2 500 € pro abgeschlossene Wohnung. Für Eigentumswohnungen beträgt die Entschädigung 3 500 € pro Wohnung. Die Entschädigung hat die Minderung des Verkehrswertes des jeweiligen Grundstückes auszugleichen, wenn der Eigentümer im Einzelfall nachweisen kann, dass diese die in seinem Fall anzuwendende Pauschale übersteigt. Der Verkehrswert des Grundstückes ist zum Qualitäts-Stichtag des Konsensbeschlusses vom 28. Mai 1996, hilfsweise der Stellung des Planfeststellungsantrages – 17. Dezember 1999 – zu ermitteln. Die Kosten der Verkehrswertermittlung sind innerhalb des Entschädigungsgebietes von den Trägern des Vorhabens zu tragen.”,
2.11. den Beklagten zu verpflichten, die Auflage 5.1.6 “Entschädigungen aus Übernahmeanspruch” wie folgt – hilfsweise unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts – zu ändern:
“Das Entschädigungsgebiet Übernahmeanspruch umfasst das Gebiet, welches von der Grenzlinie eines für die Tagstunden (6:00 bis 22:00 Uhr) der sechs verkehrsreichsten Monate ermittelten energieäquivalenten Dauerschallpegels von 65 dB(A) außen umschlossen wird und darüber hinaus folgende Grundstücke in der Gemarkung Waltersdorf, Flur …: B… C…see …, Flurstück …; E…weg …, Flurstück …; A… B… …, Flurstück …; A… B… …, Flurstück …; A… B… …, Flurstück …; A… B… …, Flurstück …; B… C…see …, Flurstück …; E…weg o. Nr., Flurstück ….”,
2.12. die Auflage 5.1.7 “Anspruchsvoraussetzungen für Schallschutzeinrichtungen/Entschädigungsleistungen” in Nr. 2 – Beschränkung des Anspruches auf 30 % des Verkehrswertes – und in Nr. 3 – Beschränkung der Geltendmachung auf fünf Jahre – aufzuheben,
2.13. den Beklagten zu verpflichten, die Auflage 5.1.9 “Vorbehalt nachträglicher Anordnungen” dahin zu ändern, dass er verpflichtet ist, über eine Änderung der Auflagen zum aktiven und passiven Schallschutz neu zu entscheiden, sobald die Zahl der jährlichen Flugbewegungen von 360 000 überschritten wird,
2.14. den Beklagten zu verpflichten, den Planfeststellungsbeschluss so zu ergänzen, dass bei Änderung von An- und Abflugverfahren oder von Flugrouten sowie der Steigerung der Bewegungszahl auf Flugrouten neue aktive oder passive Schutzmaßnahmen festzusetzen sind,
3. ferner hilfsweise hinsichtlich der Kläger zu 1, 23 und 24 sowie 32
3.1. den Beklagten zu verpflichten, als Auflage in den Planfeststellungsbeschluss aufzunehmen, dass erforderliche Sanierungen nach dem Bundes-Bodenschutzgesetz (BBodSchG) und der Bundes-Bodenschutz- und Altlastenverordnung (BBodSchV) zu erfolgen haben, also – soweit erforderlich – orientierende Untersuchungen, Detailuntersuchungen, Sickerwasserprognosen und Sanierungsuntersuchungen durchzuführen sind, sowie ein Sanierungsplan, welcher dem Bundesbodenschutzgesetz i.V.m. der Bundesbodenschutzverordnung und deren Anhang 3 entspricht, aufzustellen sowie gemäß § 13 Abs. 6 BBodSchG für verbindlich zu erklären ist und die Sanierung der Altlasten und Altlastenverdachtsflächen vor Inbetriebnahme der Grundwasserhaltung entsprechend dem Sanierungsplan durchzuführen ist,
3.2. hilfsweise hierzu den Beklagten zu verpflichten, sowohl die in Teil A II 12.6 des Planfeststellungsbeschlusses erteilte wasserrechtliche Erlaubnis zur Bauwasserhaltung (Grundwasserabsenkung und Grundwassererhöhung) als auch die im Rahmen der Ausführungsplanung zu erteilende Baugenehmigung unter die aufschiebende Bedingung zu stellen, sämtliche Rüstungsaltlasten und Kampfmittel zu beseitigen und sämtliche im Folgenden genannten Altlasten und Altlastenverdachtsflächen (ALVF) vor Beginn der Grundwasserhaltung zu sanieren, es sei denn, der Altlastenverdacht und insbesondere die Gefahr für das Grundwasser und den Boden sowie für die öffentliche Sicherheit und Ordnung kann aufgrund der durchgeführten Untersuchungen mit Sicherheit ausgeschlossen werden:
ALVF A 20, ISAL-Nr.: 329 610 633: Halle West/Ost Luftfahrterprobung Diepensee Werk I;
ALVF N 8, ISAL-Nr.: 329 610 643: Hangar, Vorfläche, Waschbenzintankstelle und Gebäude der Flugtechnik (unterirdische Tanks vor Y 18);
ALVF N 12, ISAL-Nr.: 329 610 647: Giftlager und Chemikalienlager;
ALVF N 13, ISAL-Nr.: 329 610 648: alter Kfz-Hof;
ALVF N 14, ISAL-Nr.: 329 610 649: Hangar, Vorfläche, Waschbenzintankstelle und Gebäude der Flugtechnik (unterirdischer Waschbenzintank);
ALVF A 16, ISAL-Nr.: 329 610 629: Teich an der Henschelstraße;
ALVF A 18, ISAL-Nr.: 329 610 631: drei Schießstände der Wehrmacht;
ALVF N 1, ISAL-Nr.: 329 610 635: Bodengeräteinstandsetzung BGI und Tankstelle;
ALVF N 3, ISAL-Nr.: 329 610 637: Tanklager Nord;
ALVF N 4, ISAL-Nr.: 329 610 638: Startdienstleistung mit Tankstelle Nord;
ALVF N 5, ISAL-Nr.: 329 610 639: Flughafendeponie;
ALVF N 5a, ISAL-Nr.: 329 610 640: zeitweilige Bauschuttdeponie;
ALVF N 9, ISAL-Nr.: 329 610 644: Tankstelle Süd mit Altölsammelstelle;
ALVF N 16, ISAL-Nr.: 329 610 651: Tanklager Süd (Minol);
ALVF E 1, ISAL-Nr.: 329 610 066: Altablagerung “Flutgraben” südlich Diepensee an der Verbindungsstraße Diepensee-Rotberg;
ALVF E 2, ISAL-Nr.: 329 610 067: nordwestlich Kläranlage Diepensee, Versickerungstümpel;
ALVF E 3, ISAL-Nr.: 329 610 069: Gülleverkippung;
ALVF E 4, ISAL-Nr.: 329 610 070: südlich Diepensee an der Verbindungsstraße Diepensee-Rotberg;
ALVF E 6, ISAL-Nr.: 329 610 072: südlich Diepensee an der Rotberger Straße;
ALVF E 8, ISAL-Nr.: 329 610 074: Gutshof-Teich und Deponie im Ortskern von Diepensee;
ALVF E 12, ISAL-Nr.: 329 610 718, 329 610 750, 329 610 751;
ALVF E 15 (N 19), ISAL-Nr.: 329 610 078: Hubschrauberlandeplatz mit Werkstatt und Tankstelle;
ALVF, ISAL-Nr.: 329 610 365: Güllebecken Stadtgut Diepensee;
ALVF, ISAL-Nr.: 329 610 381: Altablagerung am Westufer des Bauernsees und Sedimente Bauernsee;
ALVF, ISAL-Nr.: 329 610 382: Fäkalienverkippung und Sedimente Bauernsee;
ALVF, ISAL-Nr.: 329 610 383: Altablagerung am Seewegpfuhl;
ALVF, ISAL-Nr.: 329 610 418: Rieselfelder;
ALVF, ISAL-Nr.: 329 610 473: Altablagerung am Galgenberg/Gut Kienberg;
ALVF, ISAL-Nr.: 034 887 200 43: Groß Machnower See;
ALVF, ISAL-Nr.: 034 887 201 09: Groß Machnower See, ehemalige Deponie “Pramsdorfer Berg”,
3.3. hilfsweise hierzu den Beklagten zu verpflichten, als Auflage in den Planfeststellungsbeschluss aufzunehmen, dass vor Beginn der Grundwasserhaltung in das Wassermonitoring noch weitere oberstromige Kontrollmessstellen (Referenzmessstellen) für alle Altlasten/Altlastenverdachtsflächen sowie für die Rüstungsaltlasten aufzunehmen sind, wobei die für das Grundwassermonitoring genutzten Grundwassermessstellen mit einem nur 10 m bis 20 m umfassenden Abstand zu den betreffenden Altlasten/Altlastenverdachtsflächen sowohl für den Grundwasserleiter 1 als auch in hydraulisch getrennter Form zu errichten sind,
3.4. hilfsweise hierzu den Beklagten zu verpflichten, bezüglich der umfassenden Untersuchung und Sanierung der Rüstungsaltlasten, der Altlasten/Altlastenverdachtsflächen sowie der Beseitigung der Kampfmittel im Ermessen des Gerichts stehende Nebenbestimmungen und Maßnahmen in den Planfeststellungsbeschluss aufzunehmen, die sicherstellen, dass keine Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung und keine Gefahr einer Kontaminierung des Bodens und des Grundwassers besteht.
Das beklagte Ministerium und die Beigeladenen beantragen jeweils,
die Klagen abzuweisen.
Sie treten dem Vorbringen der Kläger entgegen und verteidigen den angefochtenen Planfeststellungsbeschluss. Im Kern machen sie geltend:
Der Verzicht auf einen zweiten Erörterungstermin sei auf der Grundlage einer analogen Anwendung von § 10 Abs. 2 Nr. 5 des Luftverkehrsgesetzes (LuftVG) rechtsfehlerfrei. Selbst wenn ein Verfahrensfehler vorläge, wäre er gemäß § 46 des Verwaltungsverfahrensgesetzes für das Land Brandenburg (VwVfGBbg) unerheblich. Dies gelte auch, soweit die Kläger das Fehlen eines ergänzenden Anhörungsverfahrens zur Altlasten- und Grundwasserproblematik rügen.
Hinsichtlich der Anfechtung der wasserrechtlichen Erlaubnisse fehle den Klägern ungeachtet einer Enteignungsbetroffenheit die Rügebefugnis. Sie könnten sich lediglich auf das Gebot der Rücksichtnahme berufen, das ihnen nach Lage ihrer Grundstücke keinen Drittschutz gegenüber der beabsichtigten Benutzung von Gewässern vermittle. In der Sache sei den sich aus § 6 Abs. 1 WHG ergebenden Anforderungen genügt, wenn eine Schadstoffmobilisierung durch die Grundwasserhaltung ausgeschlossen sei. Dazu reiche es aus, die notwendigen Maßnahmen baubegleitend durchzuführen. Soweit Altlasten vorhanden seien, gelte für deren Erkundung und etwaige Sanierung, für die Frage der Verantwortlichkeit und der Behördenzuständigkeit das Bundes-Bodenschutzgesetz. Die Trinkwasserversorgung durch das Wasserwerk Eichwalde werde nicht beeinträchtigt. Soweit der Grundwasserspiegel im Randbereich des Einzugsgebietes um 10 cm bis 25 cm sinken werde, halte sich dies im Bereich des natürlichen Schwankungsverhaltens und werde dadurch ausgeglichen, dass sich der Anteil der Fördermenge aus dem von der Grundwasserabsenkung nicht beeinträchtigten Uferfiltrat der Dahme-Gewässer erhöhe. Es bestehe auch keine Versalzungsgefahr. Angesichts einer Fließzeit von der 10-cm-Absenkungslinie bis zum Wasserwerk von über 100 Jahren verbleibe ausreichend Zeit für etwaige Abwehrmaßnahmen. Ein Austrocknen des Glasowbachs sei nicht zu befürchten, da das zum Ausgleich der Grundwasserabsenkung eingeleitete Wasser sicher zur Verfügung stehen werde. Das Wassermonitoring stelle ein geeignetes Instrument dar, um relevante Veränderungen des Grundwasserspiegels rechtzeitig erkennen und gegebenenfalls reagieren zu können. Die Grundräumung des Glasowbachs bedürfe keiner Planfeststellung nach § 31 Abs. 2 WHG. Da es darum gehe, die ursprüngliche Entwässerungsfunktion des Glasowbachs zu wahren, handele es sich um eine Gewässerunterhaltungsmaßnahme im Sinne von § 28 WHG, § 78 Abs. 1 Satz 3 Nr. 3 des Brandenburgischen Wassergesetzes (BbgWG). Das Gebot planerischer Konfliktbewältigung sei nicht verletzt, da der Grundräumung keine rechtlichen Hindernisse entgegenstünden. Im Übrigen könnten die Kläger die Nichteinbeziehung der Grundräumung in die Planfeststellung auch deshalb nicht mit Erfolg als Mangel rügen, weil es jedenfalls an dessen erforderlicher Kausalität für die Inanspruchnahme ihres Eigentums fehlen würde.
Ein Verstoß gegen § 42 Abs. 1 BNatSchG liege nicht vor. Die Verbotsregelung habe schon keine eigenständige rechtliche Bedeutung, da die artenschutzrechtliche Problematik ohnehin im Rahmen der Eingriffsregelung vollständig abzuarbeiten sei. Im Übrigen sei § 43 Abs. 4 BNatSchG einschlägig. Jedenfalls seien die Verbotstatbestände überwindbar, da die Befreiungsvoraussetzungen des § 62 BNatSchG vorlägen. Ein entsprechender Befreiungsbescheid sei mittlerweile erlassen worden.
Bei der Bewertung der Eingriffs- und der Kompensationswirkung von Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen komme der Planfeststellungsbehörde eine naturschutzfachliche Einschätzungsprärogative zu. Eine verbal-argumentative Darstellung der Maßnahmen genüge, sofern sie rational nachvollziehbar sei und eine gerichtliche Kontrolle auf Einhaltung der Grenzen des Einschätzungsspielraumes erlaube. Diesen Anforderungen werde der Planfeststellungsbeschluss gerecht. Die Ermittlung der Eingriffe sei methodisch fachgerecht erfolgt. Ebenso wenig lasse sich ein fachliches Defizit der naturschutzrechtlichen Kompensationsregelungen feststellen. Die Vorbehaltsentscheidung bezüglich der Ersatzmaßnahmen in der Zülowniederung unterliege mit Blick auf § 74 Abs. 3 VwVfGBbg keinen Bedenken. Es bestehe die Gewissheit, dass die erforderlichen Maßnahmen innerhalb des vorgesehenen Suchraumes quantitativ und qualitativ verwirklicht werden könnten. Selbst wenn die Kompensationsregelungen defizitär wären, könnten die Kläger sich darauf nicht mit Erfolg berufen, da ihnen insoweit keine eigenen Rechtspositionen eingeräumt seien. Auch bei enteignungsrechtlich Betroffenen sei die Beeinträchtigung eines öffentlichen Belangs für den Eigentumsschutz nur erheblich, wenn die Beachtung dieses Belangs zu einem Absehen von dem Vorhaben insgesamt oder zu einer Veränderung des Vorhabens im Bereich der Grundstücksflächen der enteignungsrechtlich Betroffenen führte. Im Übrigen könnten etwaige Mängel im Zusammenhang mit der naturschutzrechtlichen Eingriffsregelung mit Blick auf die Fehlerfolgenregelung in § 10 Abs. 8 Satz 2 LuftVG nicht zur Aufhebung des Planfeststellungsbeschlusses führen. Es komme allenfalls eine Planergänzung in Betracht, auf die jedoch auch enteignend Betroffene keinen Anspruch hätten.
Soweit die Kläger die Dimensionierung des Vorhabens rügten, sei dies keine Frage der Planrechtfertigung, sondern der fachplanerischen Abwägung. Aus dem prognostizierten Verkehrsbedarf ergebe sich zwingend die Notwendigkeit eines unabhängigen Parallelbahnsystems. Ebenso wenig seien die Vorfeld- und Terminalflächen überdimensioniert. Der Mehrbedarf pro Standplatz gegenüber anderen Flughäfen folge daraus, dass ein restriktionsfreier Betrieb mit Flugzeugen auch der Kategorie F… wie etwa dem Airbus A 380 ermöglicht werden solle. Die Terminalkapazität sei auf den erwarteten Bedarf von 30 Mio. Passagieren pro Jahr zugeschnitten und unter Berücksichtigung der zusätzlichen Nutzungen im Non-Aviation-Bereich mit anderen internationalen Verkehrsflughäfen vergleichbar.
Die Bewältigung der Lärmproblematik lasse einen Abwägungsfehler nicht erkennen. Selbst wenn ein solcher bestünde, führte er allenfalls auf einen Planergänzungsanspruch. Soweit es die Frage des Nachtflugbetriebes betreffe, sei zugrunde zu legen, dass es einen Anspruch auf ein Nachtflugverbot nicht gebe. § 29b Abs. 1 Satz 2 LuftVG gebiete (nur) eine besondere Rücksichtnahme auf das Ruhebedürfnis der Anwohner in der Nacht. Angesichts des prognostizierten Verkehrsbedarfs für die Nachtstunden habe der Beklagte der Notwendigkeit eines zahlenmäßig unbegrenzten nächtlichen Flugbetriebs den Vorrang einräumen dürfen. Im Hinblick auf den Frachtverkehr sei eine international wettbewerbsfähige luftverkehrliche Anbindung an globale Absatz- und Beschaffungsmärkte unverzichtbar. Die Annahme einer Drehkreuzfunktion des ausgebauten Flughafens Berlin-Schönefeld als Sekundär-Hub mit Schwerpunkt Osteuropa erweise sich nicht als prognosefehlerhaft. Zu berücksichtigen sei ferner das hohe Innovationspotential der sog. KEP-Dienste (Kurier-, Express- und Paketdienste). Im Touristikverkehr seien die Charter-Airlines angesichts des Preiswettbewerbs mehr denn je darauf angewiesen, hohe Nutzungszeiten ihrer Flugzeuge zu erreichen. Die Konkurrenzsituation mache einen Nachtflugbetrieb für den Erhalt der Angebotsstruktur im Shuttle-Verkehr zwingend notwendig. Auch im Bereich des kontinentalen Kurz- und Mittelstreckenverkehrs ergebe sich mit Rücksicht auf eine Optimierung der Flugzeugnutzung und eine optimale Anschlussverknüpfung die Notwendigkeit, nächtliche Zeitscheiben zu nutzen. Insgesamt sei für die Zeit von 22:00 bis 5:59 Uhr ein Bedarf von 92 bis 100 Flugbewegungen zu prognostizieren. Der Nachtflugbetrieb sei zum Schutz der Anwohner an die Auflage geknüpft worden, während der gesamten Nachtzeit nur besonders lärmarme Strahlflugzeuge zuzulassen, was eine deutliche Entlastung von hohen Maximalpegeln bewirke.
Das Lärmschutzkonzept wahre die fachplanungsrechtliche Zumutbarkeitsgrenze des § 9 Abs. 2 LuftVG. Insbesondere stehe das Schutzziel der Vermeidung eines Maximalpegels von 55 dB(A) im Rauminnern mit der Lärmwirkungsforschung und dem Stand der Rechtsprechung im Einklang. Die Lärmgrenzwerte stellten auch sicher, dass es durch nächtliche Fluglärmereignisse nicht zu zusätzlichen erinnerbaren Aufweckreaktionen komme. Im Hinblick auf Kommunikationsstörungen im Außenwohnbereich bestehe keine Verpflichtung, einen Dauerschallpegel von 59 dB(A) als Grenze festzulegen, da es sich dabei lediglich um einen Vorsorgewert handele. Soweit der Grenzwert für die abwägungsrelevante Erholungsstörung bei einem Dauerschallpegel von 62 dB(A) außen anzusetzen sei, sei dies für die Festsetzung von Entschädigungsansprüchen unmaßgeblich. Schutzziel sei die Vermeidung von Kommunikationsstörungen, was die Festlegung eines Grenzwertes von 65 dB(A) gewährleiste. Aus Gründen der Verwaltungsvereinfachung sei es zulässig, einen einheitlichen Entschädigungsanspruch bezogen auf alle Grundstücke zuzubilligen, die von einer Lärmbelastung in Höhe von 65 dB(A) und mehr betroffen seien, ohne dabei hinsichtlich der Entschädigungshöhe weiter zu differenzieren. Schließlich seien nach § 74 Abs. 2 Satz 3 VwVfGBbg nicht alle flughafenbedingten Wertminderungen zu entschädigen, sondern nur solche, die durch Lärmimmissionen einträten, welche die Zumutbarkeitsgrenze überschritten. Dieser Nachteil könne nur auf der Grundlage des Verkehrswertes im Zeitpunkt der Geltendmachung des Anspruches bemessen werden. Die im Planfeststellungsbeschluss vorgesehene Entschädigungshöhe sei angemessen. Sie gehe von der Wertminderung i.S.d. § 82 Bewertungsgesetz (BewG) aus.
Der Planfeststellungsbeschluss stehe auch mit den Grundsätzen und Zielen der Landesplanung im Einklang. Dies gelte selbst für den Fall, dass der Landesentwicklungsplan Flughafenstandortentwicklung (LEP FS) unwirksam sein sollte. Auch dann stehe § 3 Abs. 1 Nr. 11 Satz 8 BbgLPlG dem Vorhaben jedenfalls deshalb nicht entgegen, weil § 19 Abs. 11 LEPro 2003 als der zeitlich nachfolgenden Regelung Vorrang zukomme. Im Übrigen sei den Anforderungen des § 16 Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 LPlVertrag, wonach unter bestimmten Voraussetzungen von einem Raumordnungsverfahren abgesehen werden könne, im Hinblick darauf Genüge getan, dass die gemeinsame Landesplanungsabteilung im Planfeststellungsverfahren beteiligt worden sei und der Planfeststellungsbeschluss eine eigenständige Standortauswahl und -entscheidung unter Beachtung raumordnungsrechtlicher Kriterien getroffen habe. Dass der Beklagte die Standortanforderungen in Anlehnung an die Begründung des LEP FS formuliert habe, halte sich im Rahmen planerischer Gestaltungsfreiheit. Entgegen der Auffassung der Kläger reduziere sich mit der Konzentration auf einen Flughafenstandort und der Schließung der beiden innerstädtischen Flughäfen Tegel und Tempelhof das externe Luftverkehrsrisiko. Die Standortwahl sei auch nicht deshalb rechtswidrig, weil im Einwirkungsbereich des geplanten “Single”-Airports der Kreis der vom Fluglärm Betroffenen sowohl zur Tages- als auch zur Nachtzeit zunehmen werde. Dies sei gesehen und in der planerischen Abwägung der Lärmminderung in Tegel und Tempelhof gegenübergestellt worden. Wegen der Vielfalt der verkehrlichen Anbindungen besitze Schönefeld einen Vorteil, den keiner der Alternativstandorte habe. Wesentliches Argument gegen den Standort Sperenberg sei dessen stadtferne Lage zur Metropole Berlin. Die Standortauswahl werde nicht maßgebend auf den Kostengesichtspunkt gestützt. Selbst wenn ein Flughafenausbau am Standort Sperenberg kostengünstiger wäre, würde dies durch die anderweitigen Vorteile des Standortes Schönefeld mehr als aufgewogen.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten, insbesondere auch mit Blick auf die zahlreich eingereichten gutachterlichen Äußerungen, wird auf den Inhalt der Gerichtsakte dieses Verfahrens und des Verfahrens BVerwG 4 CN 1.05 (BVerwG 4 BN 28.05) sowie auf den Inhalt der in beiden Verfahren vorgelegten Verwaltungsvorgänge des Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
II
|
Gliederung Urteilsgründe |
|
|
A. |
Verfahrensfehler |
B. |
Standortentscheidung im Landesentwicklungsplan (LEP FS 2003) |
1. |
Bindung der Planfeststellungsbehörde an landesplanerische Zielvorgaben |
1.1 |
Landesplanerische Rechtsgrundlagen |
1.2 |
Zielförmige Standortvorgaben als Mittel der Landesplanung |
1.3 |
Raumordnerische Standortvorgaben in der Bauleitplanung |
1.4 |
Raumordnerische Standortvorgaben in der luftverkehrsrechtlichen Fachplanung |
1.5 |
Entscheidungsspielraum der Planfeststellungsbehörde |
1.6 |
Rechtsschutz durch Inzidentkontrolle des Landesentwicklungsplans FS |
2. |
Inhaltliche Tragweite des Ziels Z 1 des Landesentwicklungsplans |
3. |
Verkehrsprognose der Landesplanung |
4. |
“Null-Variante” oder “Single”-Flughafen innerhalb des Berliner Flughafensystems |
4.1 |
Abwägungsgrundsätze |
4.2 |
Planbegründung |
4.3 |
Begrenzte Entwicklungsmöglichkeiten in Tempelhof und Tegel |
4.4 |
Innerstädtische Lärmentlastung durch Ausbau des Standorts Schönefeld |
5. |
Standortalternativen außerhalb des Berliner Flughafensystems |
5.1 |
Landesplanerische Kriterien |
5.1.1 |
Räumliche Nähe zu Berlin |
5.1.2 |
Verkehrsgünstige Anbindung |
5.1.3 |
Wirtschaftliche Impulse |
5.2 |
Vergleich Schönefeld – Sperenberg |
5.2.1 |
Raumordnungsverfahren 1994 |
5.2.2 |
Dezentrale Konzentration |
5.2.3 |
Belastung durch Fluglärm |
5.3 |
Sicherung des Freiraums (§ 6 Abs. 3 LEPro) |
6. |
Standortvergleich der Planfeststellungsbehörde |
C. |
Planrechtfertigung |
1. |
Grundsätze |
2. |
Zielkonformität |
3. |
Schließung der Flughäfen Tegel und Tempelhof |
4. |
Finanzielle Realisierbarkeit |
5. |
Schienen- und Straßenanbindung |
D. |
Planaufhebung wegen Abwägungsfehlern |
1. |
Inanspruchnahme von Grundeigentum |
1.1 |
Straßen-, Schienen- und Leitungsbau |
1.2 |
Dimensionierung der Betriebsflächen |
1.2.1 |
Unabhängiges Parallelbahnsystem |
1.2.2 |
Vorfeldflächen |
1.2.3 |
Terminal und Airport-Center |
2. |
Lärmbelastung |
3. |
Unfallrisiko |
E. |
Planergänzung beim Lärmschutz |
1. |
Grundsätze |
2. |
Nachtlärmschutz |
2.1 |
Aktiver Lärmschutz |
2.1.1 |
Konfiguration |
2.1.2 |
Lärmarme Flugzeuge |
2.1.3 |
Nächtliche Betriebsbeschränkungen |
2.1.4 |
Planergänzungsverfahren |
2.2 |
Passiver Lärmschutz |
2.2.1 |
Nachtschutz durch Maximalpegel |
2.2.2 |
Nachtschutz durch Dauerschallpegel |
3. |
Taglärmschutz |
3.1 |
Kommunikationsbeeinträchtigungen |
3.2 |
Schallschutz nach Einzelfallprüfung |
3.3 |
Ermittlung des Fluglärms |
3.3.1 |
Realverteilung |
3.3.2 |
Pegelunterschied gekipptes Fenster |
3.3.3 |
Berechnungsverfahren AzB |
3.3.4 |
Kapazität des Flughafens |
4. |
Entschädigung |
4.1 |
Außenwohnbereich |
4.2 |
Übernahmeanspruch |
4.3 |
Nicht durch Fluggeräusche hervorgerufener Lärm |
4.3.1 |
Triebwerksprobeläufe |
4.3.2 |
Straßen- und Schienenlärm |
4.4 |
Entschädigungshöhe Beeinträchtigung Außenwohnbereich |
4.5 |
Minderung der Grundstücksverkehrswerte |
4.6 |
Zeitpunkt für die Ermittlung des Verkehrswerts |
4.7 |
Fünf-Jahres-Frist |
4.8 |
Geldausgleich bei teuren Schallschutzmaßnahmen |
F. |
Luftverunreinigungen |
G. |
Wasserrechtliche Gestattungen |
1. |
Auswirkungen des Vorhabens |
2. |
Verunreinigungen durch Altlasten |
2.1 |
Rechtliche Grundlagen |
2.1.1 |
Verhältnis Planfeststellung – Wasserrecht |
2.1.2 |
Drittschutz |
2.1.3 |
Verhältnis zum Bodenschutzrecht |
2.2 |
Schädliche Bodenveränderungen |
2.3 |
Vorherige Sanierung der Altlasten |
2.4 |
Verunreinigung von Brunnen und Grundstücken |
2.5 |
Verunreinigung von Trinkwasser |
3. |
Sonstige Schäden |
4. |
Naturschutzrechtliche Auswirkungen |
H. |
Naturschutzrecht |
1. |
Eingriffsregelung |
1.1 |
Rechtsgrundlagen |
1.2 |
Drittschutz |
1.3 |
Naturschutzrechtliche Abwägung |
1.4 |
Enteignungsbetroffene |
2. |
Europäisches Naturschutzrecht |
2.1 |
FFH-Recht |
2.2 |
Artenschutzrecht |
Die Klagen sind zulässig, aber nur teilweise begründet. Die Kläger haben keinen Anspruch auf die – mit ihrem Hauptantrag begehrte – Aufhebung des Planfeststellungsbeschlusses vom 13. August 2004. Die auf Planergänzung gerichteten Hilfsanträge haben nur zum Teil Erfolg. Die Klage des Klägers zu 1 ist in vollem Umfang abzuweisen.
Die Anfechtungsklagen bleiben erfolglos. Der angefochtene Planfeststellungsbeschluss leidet nicht an durchgreifenden Verfahrensfehlern (A…). Die Entscheidung der Planfeststellungsbehörde, das Ausbauvorhaben am Standort Berlin-Schönefeld zuzulassen, beruht auf rechtswirksamen und verbindlichen Zielvorgaben der Landesentwicklungsplanung (B…) und rechtfertigt sich aus den Zielsetzungen des Luftverkehrsgesetzes (C…). Ebenso wenig führen Abwägungsfehler (D…) oder Mängel der immissionsschutzrechtlichen, wasserrechtlichen und naturschutzrechtlichen Regelungen (F…, G… und H…) zu einem Anspruch der Kläger auf Aufhebung des Planfeststellungsbeschlusses. Von den hilfsweise geltend gemachten Ansprüchen auf Planergänzung haben die Anträge auf Anordnung verbesserten Lärmschutzes teilweise Erfolg (E…); im Übrigen sind keine zur Planergänzung führenden Abwägungsfehler gegeben.
Die in der mündlichen Verhandlung gestellten Beweisanträge waren aus den in der Sitzungsniederschrift aufgeführten Gründen abzulehnen.
A. Verfahrensfehler
Der Planfeststellungsbeschluss leidet nicht an einem Verfahrensfehler, der zur Aufhebung nötigt.
Die Kläger gehen zu Unrecht davon aus, dass ihre Einwendungen gegen die nachträglich ausgelegte Unterlage über das Ergebnis der Standortalternativenprüfung vom 17. April 2003 hätten mündlich erörtert werden müssen. Richtig ist, dass sich in dem Planfeststellungsantrag keine Angaben zu Standortalternativen fanden. Die Vorhabenträger vertraten den Standpunkt, dass sich vor dem Hintergrund der Standortfestlegungen im Landesentwicklungsplan die Standortfrage nicht mehr stelle. Die Standortproblematik wurde gleichwohl im Rahmen des Anhörungsverfahrens in der Zeit vom 14. bis zum 22. Juni 2001 erörtert. Als Reaktion auf das Urteil vom 24. August 2001 – OVG 3 D 4/99.NE –, in dem das Oberverwaltungsgericht für das Land Brandenburg die landesplanerische Festlegung auf den Standort Schönefeld für nichtig erklärte, und auf eine Stellungnahme der EU-Kommission, die darauf drängte, eine Übersicht über anderweitige Lösungsmöglichkeiten vorzulegen, reichte die Flughafen Berlin-Schönefeld GmbH unter dem 17. März 2003 eine Standortalternativenuntersuchung nach. Beschränkt auf diese Planunterlage wurde die Öffentlichkeit erneut beteiligt. Von einer förmlichen Erörterung sah die Anhörungsbehörde jedoch ab. Diese Vorgehensweise begegnet keinen rechtlichen Bedenken.
Die Planfeststellungsbehörde (PFB S. 289) wertet die nachgereichte Übersicht über Standortalternativen zutreffend als Unterlage im Sinne des § 6 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 UVPG i.d.F. vom 12. Februar 1990 (BGBl I S. 205). Dahinstehen kann, ob die Anhörungsbehörde nach § 9 Abs. 1 Satz 3 UVPG a.F. berechtigt gewesen wäre, von einer erneuten Anhörung der Öffentlichkeit gänzlich abzusehen. Jedenfalls war es ihr nicht verwehrt, auf eine förmliche Erörterung i.S.d. § 73 Abs. 6 VwVfGBbg und des § 9 Abs. 1 Satz 2 UVPG a.F. zu verzichten. Diese Möglichkeit eröffnete ihr § 10 Abs. 2 Satz 1 Nr. 5 LuftVG. Danach kann bei der Änderung eines Flughafens von einer förmlichen Erörterung abgesehen werden. Der Begriff der Änderung umfasst auch die Erweiterung eines Flughafens. Der Regelung liegt die gesetzgeberische Erwägung zugrunde, dass sich eine förmliche Erörterung erübrigt, wenn absehbar ist, dass mündlich keine weiteren der Verwaltung nicht bereits bekannten Tatsachen und Auffassungen übermittelt werden (vgl. Gegenäußerung der Bundesregierung zur Stellungnahme des Bundesrats zum Entwurf des PlVereinfG, BTDrucks 12/4328 S. 40; Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Verkehr zum Entwurf des PlVereinfG, BTDrucks 12/5284 S. 38). § 10 Abs. 2 Satz 1 Nr. 5 LuftVG ist zwar tatbestandlich nicht unmittelbar auf den Fall zugeschnitten, dass in einem laufenden Verwaltungsverfahren dadurch eine Änderung eintritt, dass weitere Unterlagen ausgelegt werden. Die Planfeststellungsbehörde geht jedoch zu Recht davon aus, dass diese Vorschrift analog anwendbar ist (PFB S. 292). Bei einer auf Standortalternativen beschränkten nachträglichen Anhörung ist der Themenkreis ähnlich wie bei einem Änderungsverfahren von vornherein begrenzt. Eine erneute Erörterungsverhandlung wäre in dieser Situation nur dann geboten gewesen, wenn sich als Ertrag der zusätzlich ins Verfahren eingeführten Unterlage Erkenntnisgewinne abgezeichnet hätten, die den Vorhabenträgern hätten Anlass geben müssen, die Plankonzeption zu überdenken. Die Einwendungen waren indes schon deshalb nicht geeignet, gänzlich neue Perspektiven zu eröffnen, weil die Standortalternativenproblematik ausweislich der Protokolle bereits in der vorausgegangenen Erörterung breiten Raum eingenommen hatte. Es wurden keine Gesichtspunkte vorgebracht, die im Kern nicht schon zuvor Gegenstand ausgiebiger Diskussion gewesen waren. Ergab sich aus den Einwendungen kein nennenswerter Informationsmehrwert, so konnte die Anhörungsbehörde von einer weiteren förmlichen Erörterung absehen. Sie durfte es allerdings nicht damit bewenden lassen, das Vorbringen der Kläger zur Kenntnis zu nehmen und in Erwägung zu ziehen. Macht die Anhörungsbehörde von dem ihr gesetzlich eingeräumten Ermessen in der Weise ordnungsgemäßen Gebrauch, dass sie von einer förmlichen Erörterung absieht, so ist den Einwendern nach § 10 Abs. 2 Satz 1 Nr. 5 LuftVG vor dem Abschluss des Planfeststellungsverfahrens Gelegenheit zur – schriftlichen – Äußerung zu geben. Dies ist unterblieben. Der Mangel, der dem Verfahren insoweit anhaftet, ist indes nach § 46 VwVfGBbg, der nach § 10 Abs. 8 Satz 2 LuftVG auch im luftrechtlichen Planfeststellungsverfahren anwendbar ist, unschädlich. Es ist im Sinne dieser Vorschrift offensichtlich, dass die Verletzung die Entscheidung in der Sache nicht beeinflusst hat. Es ist weder vorgetragen worden noch sonst aus den Umständen ersichtlich, welcher für das Entscheidungsergebnis maßgebliche Gesichtspunkt noch hätte aufgezeigt werden können, wenn die Kläger bei fehlerfreier Anwendung des § 10 Abs. 2 Satz 1 Nr. 5 LuftVG Gelegenheit zur Äußerung erhalten hätten.
B. Standortentscheidung im Landesentwicklungsplan (LEP FS 2003)
Die Wahl des Flughafenstandorts Berlin-Schönefeld ist eine raumordnerische Entscheidung, die auf der Ebene der Landesentwicklungsplanung gefallen ist. Die Planfeststellungsbehörde ist an das Ergebnis des landesplanerischen Standortvergleichs gebunden; sie trifft jedoch keine Realisierungspflicht. Aus Gründen des Individualrechtsschutzes unterliegen die standortbezogenen Zielvorgaben des LEP FS der gerichtlichen Inzidentkontrolle (1.). Die landesplanerische Standortwahl hält der rechtlichen Überprüfung stand. Die Standortvorgaben des LEP FS überschreiten die kompetenziellen Grenzen der Raumordnung nicht (2.). Die zugrunde liegenden Luftverkehrsprognosen sind nicht zu beanstanden (3.). Die Entscheidung gegen eine Weiterentwicklung des gegenwärtigen Berliner Flughafensystems, das aus den Flughäfen Berlin-Tegel, Berlin-Tempelhof und Berlin-Schönefeld besteht, verletzt das raumordnungsrechtliche Abwägungsgebot nicht (4.). Die Ablehnung stadtferner Standortoptionen wie Sperenberg und Jüterbog-Ost ist ebenfalls frei von Abwägungsfehlern (5.). Eine gerichtliche Überprüfung des raumordnerischen Standortvergleichs, den der Planfeststellungsbeschluss anstellt (PFB S. 380 bis 404), erübrigt sich (6.).
1. Bindung der Planfeststellungsbehörde an landesplanerische Zielvorgaben
Der Ausbau des Flughafens Berlin-Schönefeld ist eine raumbedeutsame Maßnahme i.S.v. § 3 Nr. 6 ROG, deren Zulassung gemäß § 8 Abs. 1 Satz 1 LuftVG der Planfeststellung bedarf. Zielförmige Standortentscheidungen der Raumordnung (Landesplanung) sind nach § 4 Abs. 1 Satz 1 ROG von öffentlichen Stellen bei ihren raumbedeutsamen Planungen zu beachten. Dies gilt auch für Planfeststellungen über die Zulässigkeit raumbedeutsamer Maßnahmen von Personen des Privatrechts (§ 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 ROG), wie sie hier vorliegen. Träger des Vorhabens “Ausbau des Flughafens Berlin-Schönefeld” sind die Flughafen Berlin-Schönefeld GmbH (mit den Gesellschaftern Land Berlin, Land Brandenburg und Bundesregierung Deutschland) sowie die DB Netz AG und die DB Station & Service AG. Für den privatrechtlich organisierten Träger eines Flughafenvorhabens verweist § 4 Abs. 3 ROG auf die in § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 ROG normierte Beachtenspflicht.
1.1 Landesplanerische Rechtsgrundlagen
Bei Erlass des angefochtenen Planfeststellungsbeschlusses bestanden die folgenden landesplanerischen Rechtsgrundlagen:
§ 3 Abs. 1 Nr. 11 Sätze 7 und 8 des Brandenburgischen Landesplanungsgesetzes (BbgLPlG) in der Neufassung vom 12. Dezember 2002 (GVBl I 2003, 10) enthält unter der Überschrift “Ziele der Raumordnung” die Aussagen: “Der wachsenden Bedeutung des Luftverkehrs ist Rechnung zu tragen. In der Region südlich von Berlin ist ein neuer Verkehrsflughafen vorzusehen”. Nach der Öffnungsklausel in § 3 Abs. 2 Satz 1 BbgLPlG 2002 gelten die in Abs. 1 enthaltenen Ziele nur solange fort, bis sie durch Wirksamwerden entsprechender oder widersprechender Ziele in den gemeinsamen Landesentwicklungsplänen ersetzt werden. Die Entscheidung des Beklagten, den künftigen Luftverkehrsbedarf der Länder Berlin und Brandenburg durch Konzentration auf einen einzigen Flughafenstandort zu decken und zu diesem Zweck den Flughafen Berlin-Schönefeld als “Single”-Flughafen auszubauen, findet ihre raumordnungsrechtliche Grundlage in § 19 Abs. 11 des Landesentwicklungsprogramms i.d.F. vom 1. November 2003 (LEPro 2003) und in den Aussagen Z 1 und 2 des Landesentwicklungsplans Flughafenstandortentwicklung (LEP FS) vom 28. Oktober 2003. Die Vorschriften lauten:
§ 19 Abs. 11 LEPro 2003: “Der im Gesamtraum Berlin-Brandenburg zu erwartende Bedarf an Luftverkehrskapazitäten soll durch rechtzeitige Bereitstellung vornehmlich innerhalb des bestehenden internationalen Flughafensystems, insbesondere unter Verringerung der Lärmbetroffenheit, gedeckt werden. Dabei soll der nationale und internationale Luftverkehrsanschluss für Berlin und Brandenburg möglichst auf einen Flughafen konzentriert werden. Hierbei soll eine enge räumliche Beziehung des Flughafens zum Aufkommensschwerpunkt Berlin mit kurzen Zugangswegen und unter Einbindung in das vorhandene Verkehrssystem, insbesondere zum Schienennetz und zum öffentlichen Personennahverkehr, angestrebt werden. Die für den Flughafen sowie für seine Funktionsfähigkeit notwendigen Flächen sollen gesichert werden. …”
Z 1 LEP FS: “Zur Deckung des nationalen und internationalen Luftverkehrsbedarfes der Länder Berlin und Brandenburg ist der Flughafen Berlin-Schönefeld weiter zu entwickeln. Mit Inbetriebnahme der Kapazitätserweiterung am Standort Schönefeld sind die Flugplätze Berlin-Tegel und Berlin-Tempelhof zu schließen und ihre Flächen einer anderen Nutzung zuzuführen.”
Z 2 LEP FS: “Für die Entwicklung des Flughafens Berlin-Schönefeld ist die Flughafenfläche entsprechend der zeichnerischen Darstellung von entgegenstehenden Nutzungen freizuhalten.”
Angesichts dieser Rechtsgrundlagen erübrigte sich die Durchführung eines Raumordnungsverfahrens. Nach § 15 Abs. 2 ROG 1998 kann von einem Raumordnungsverfahren abgesehen werden, wenn die Beurteilung der Raumverträglichkeit der Planung oder Maßnahme bereits auf anderer raumordnerischer Grundlage hinreichend gewährleistet ist; dies gilt insbesondere, wenn die Planung oder Maßnahme Zielen der Raumordnung entspricht (§ 15 Abs. 2 Nr. 1 ROG 1998). Diese Rahmenvorschrift setzt Art. 16 Abs. 1 Nr. 1 und 2 LPlVertrag (i.d.F. des Gesetzes zum Zweiten Staatsvertrag über die Änderung des LPlVertrages vom 15. März 2001, GVBl Bbg I 2001, 42, 49) in Landesrecht um. Eine andere “raumordnerische Grundlage” i.S.d. Vorschriften ist die Zielaussage in Z 1 des LEP FS. Die von den Beteiligten erörterte Frage, ob auch die raumordnerische Standortalternativenprüfung in einem Planfeststellungsverfahren eine “raumordnerische Grundlage” darstellen kann, ist daher nicht entscheidungserheblich.
Zweifelhaft ist jedoch, ob die Planfeststellungsbehörde die Bindungskraft der landesplanerischen Standortentscheidung in der luftverkehrsrechtlichen Planfeststellung zutreffend erkannt hat. Die Planfeststellungsbehörde stützt die Zulassung des Ausbauvorhabens am Standort Berlin-Schönefeld auf zwei Pfeiler. Sie sieht in der Planaussage Z 1 ein Ziel der Raumordnung und führt aus (PFB S. 371 ff.), dass das planfestgestellte Vorhaben dieser Zielaussage entspreche. Die Ziele der Landesplanung seien von der Planfeststellungsbehörde im Sinne einer strikten Rechtsbindung zu beachten. Ihr stehe es nicht zu, Ziele der Raumordnung im Rahmen der fachplanerischen Abwägung zu überwinden oder ihre Verbindlichkeit einzuschränken. Die Planfeststellungsbehörde ist ferner der Ansicht, ungeachtet der Standortfestlegung durch die Ziele der Raumordnung (hier: im LEP FS) sei in der fachplanungsrechtlichen Abwägung zu prüfen, “ob das Vorhaben am vorgesehenen Standort unter Berücksichtigung aller betroffenen öffentlichen und privaten Belange im Rahmen der Abwägung zulassungsfähig ist” (PFB S. 373). Von diesem rechtlichen Ansatz aus nimmt der Planfeststellungsbeschluss einen eigenständigen Standortvergleich vor. Abgewogen werden in Betracht kommende Alternativen innerhalb und außerhalb des bestehenden Berliner Flughafensystems. Die Standortanforderungen, die der LEP FS aufgestellt hat, werden dabei zu Bestandteilen des fachplanerischen Abwägungsprogramms (vgl. PFB S. 381 f.). Am Ende steht das Ergebnis, dass sich gegenüber dem Flughafenausbau am Standort Schönefeld keine Standortalternative anbietet, die geeignet wäre, die mit der Ausbauplanung angestrebten Ziele insgesamt unter geringerer Inanspruchnahme entgegenstehender öffentlicher und privater Belange zu erreichen (PFB S. 403 f.).
Diese Erwägungen geben dem erkennenden Senat Anlass, zunächst die Bindungswirkungen der raumordnungsrechtlichen Standortentscheidung in der luftverkehrsrechtlichen Planfeststellung zu konkretisieren. Dabei ist von den Aufgaben und dem Kompetenzbereich der Raumordnung (Landesplanung) einerseits und der luftverkehrsrechtlichen Fachplanung andererseits auszugehen.
1.2 Zielförmige Standortvorgaben als Mittel der Landesplanung
Raumordnung ist auf die Ordnung und Entwicklung des größeren Raumes angelegt. Der Gesetzgeber hat der Raumordnung daher die Kompetenz zur überfachlichen und überörtlichen, zusammenfassenden (integrierenden) Gesamtplanung verliehen und dies mit einem Koordinierungs-, Ordnungs- und Entwicklungsauftrag verbunden (§ 1 Abs. 1 Satz 2 ROG; Art. 7 und 8 LPlVertrag). Dieser Auftrag zielt auf den Ausgleich konkurrierender Ansprüche an die Raumnutzung. Neben der Koordination verschiedener fachplanerischer Ansprüche an den Raum kann die Landesplanung im Rahmen ihres Entwicklungsauftrags auch Ziele und Grundsätze der Raumordnung nach eigener Kompetenz und eigener Abwägung aufstellen. Dabei ist sie jedoch auf den Kompetenzbereich der überfachlichen und überörtlichen Planung beschränkt. Sie darf (ohne spezielle gesetzliche Ermächtigung) nicht an die Stelle der Fachplanung treten und deren Aufgaben übernehmen. Den Fachplanungsträgern muss zur Erfüllung der ihnen eingeräumten Planungsbefugnis ein ausreichender Planungsspielraum verbleiben.
Es gehört zu den herkömmlichen Mitteln überörtlicher Koordination und Entwicklung, Raumfunktionen zu sichern, die an besondere Lagevorteile oder Standortbedingungen geknüpft sind. Die Träger der Landes- und Regionalplanung sind daher auch zu Standortausweisungen für raumbedeutsame Infrastrukturvorhaben ermächtigt (vgl. § 7 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 ROG – Standorte und Trassen für Infrastruktur; hierzu BVerwG, Urteil vom 15. Mai 2003 – BVerwG 4 CN 9.01 – BVerwGE 118, 181 – Messe und Flughafen Stuttgart). Auch zielförmige Standortausweisungen der Landesentwicklungs- oder Regionalplanung bleiben jedoch hinsichtlich des Umfangs ihrer rechtlichen Bindungskraft und ihrer Detailschärfe den Aufgaben und Leitvorstellungen einer nachhaltigen Raumentwicklung verpflichtet. Sie dienen dem Ausgleich sozialer, wirtschaftlicher und ökologischer Ansprüche an die Raumnutzung (vgl. § 1 Abs. 2 Satz 1 ROG). Sie enthalten für sich betrachtet und ohne die Anordnung weitergehender Wirkungen in Raumordnungsklauseln einzelner Fachgesetze (wie etwa § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB) keine den Inhalt und die Schranken des Eigentums unmittelbar bestimmenden Regelungen der Bodennutzung. Standortfestlegungen in einem Landesentwicklungs- oder Regionalplan müssen sich daher auf die Aussage beschränken, dass der ausgewählte Standort aus raumordnerischer Sicht geeignet und – nach einem raumordnerischen Alternativenvergleich – vorzugswürdig ist, um konkurrierende Raumnutzungen in einen dauerhaften, großräumig ausgewogenen Ausgleich zu bringen. Private Belange sind, soweit sie auf dieser Planungsebene erkennbar und von Bedeutung sind, in der Abwägung bereits zu berücksichtigen (§ 7 Abs. 7 Satz 2 ROG).
1.3 Raumordnerische Standortvorgaben in der Bauleitplanung
Die gesetzliche Konzeption eines vertikalen Über- und Unterordnungsverhältnisses, die den funktionalen Zusammenhang von Raumordnung und kommunaler Bauleitplanung kennzeichnet, ist auf das Verhältnis von Raumordnung und (luftverkehrsrechtlicher) Fachplanung nicht übertragbar.
Der Senat hat in seinem Beschluss vom 20. August 1992 – BVerwG 4 NB 20.91 – (BVerwGE 90, 329, 333 f.) dargelegt, dass das Raumplanungsrecht eine Abfolge von Planungsentscheidungen auf Bundes- und auf Landesebene mit fortschreitender Verdichtung bis hin zu konkreten Festlegungen auf Gemeindeebene umfasst. In dieses mehrstufige System räumlicher Gesamtplanung sei die gemeindliche Bauleitplanung als nachgeordnete unterste Ebene der Planungshierarchie eingebunden. In vertikaler Hinsicht werde dadurch sichergestellt, dass die jeweilige Planungsebene die auf der vorgelagerten Stufe ebenenspezifisch aggregierten Belange in ihre eigene Planung aufzunehmen habe. Hieraus folge, dass die Bindungswirkung, die § 5 Abs. 2 Satz 1 ROG a.F. (§ 4 Abs. 1 Satz 1 ROG 1998) den Zielen der Raumordnung in der Bauleitplanung zuweise, nicht im Abwägungsprogramm (§ 1 Abs. 6 BauGB i.d.F. vom 18. August 1997, § 1 Abs. 7 BauGB i.d.F. vom 23. September 2004 und 3. Mai 2005) zu suchen sei. Das Anpassungsgebot in § 1 Abs. 4 BauGB zeige, dass die raumordnungsrechtliche Zielbindung der gemeindlichen Abwägung “rechtlich vorgelagert” sei. Mit anderen Worten: Die Bindungen, die sich aus den Zielen der Raumordnung ergeben, sind “gleichsam vor die Klammer des Abwägungsprozesses gezogen” (vgl. Beschluss vom 20. August 1992 – BVerwG 4 NB 20.91 – a.a.O., S. 332). “Anpassen” i.S.v. § 1 Abs. 4 BauGB bedeutet, dass die Ziele der Raumordnung in der Bauleitplanung je nach dem Grad ihrer Aussageschärfe zwar konkretisierungsfähig sind, nicht aber im Wege der Abwägung überwunden werden können. Die relative Offenheit einer zielförmigen Vorgabe ändert nichts daran, dass die Gemeinde an die Zielvorgabe strikt gebunden ist. Aus § 1 Abs. 4 BauGB kann sogar eine Planungspflicht erwachsen (BVerwG, Urteil vom 17. September 2003 – BVerwG 4 C 14.01 – BVerwGE 119, 25).
Dieses Regelungsmuster vertikaler “Arbeitsteilung” kann auf das Verhältnis zwischen Raumordnung (Landesplanung) und luftverkehrsrechtlicher Fachplanung nicht übertragen werden, weil das Luftverkehrsrecht eine dem § 1 Abs. 4 BauGB vergleichbare Unterordnung der Fachplanung unter raumordnungsrechtlichen Zielvorgaben nicht kennt. Das Verhältnis zwischen Landesplanung und luftverkehrsrechtlicher Fachplanung ist nicht das einer vertikalen Planungshierarchie, sondern das einer arbeitsteiligen Aufgabenstruktur mehrerer Planungsträger, deren aufgabenspezifische Kompetenzen und Gestaltungsspielräume durch rechtliche Bindungen, Abstimmungsgebote und Beteiligungsverfahren miteinander verschränkt sind.
1.4 Raumordnerische Standortvorgaben in der luftverkehrsrechtlichen Fachplanung
Die Rechtswirkungen zielförmiger Standortausweisungen der Landesplanung in der luftverkehrsrechtlichen Planfeststellung sind aus § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 i.V.m. § 3 Nr. 2 ROG (und Art. 9 Abs. 2 LPlVertrag) sowie aus dem luftverkehrsrechtlichen Abwägungsgebot in § 8 Abs. 1 Satz 2 LuftVG (vgl. auch § 6 Abs. 2 Satz 1 LuftVG) abzuleiten. Normativer Dreh- und Angelpunkt ist dabei die Entscheidung des Bundesgesetzgebers, nur solchen raumordnerischen Planaussagen “verbindliche” Kraft beizulegen, welche “abschließend abgewogene” Festlegungen zur Entwicklung, Ordnung und Sicherung des Raums enthalten (§ 3 Nr. 2 ROG). Aus Wortlaut und Gesetzessystematik sowie aus dem Sinn und Zweck der vorgenannten Vorschriften ergibt sich sodann:
Beantragt der Vorhabenträger die Zulassung eines Flughafenvorhabens an dem von der Landesplanung festgelegten Standort, ist es weder Aufgabe der Planfeststellungsbehörde noch ist sie dazu befugt, die vorangegangene raumordnerische Abwägung durch eine eigene ergebnisoffene Abwägung der nach ihrer Auffassung maßgeblichen Standortanforderungen zu ersetzen, zu bestätigen oder zu korrigieren. Die Planfeststellungsbehörde hat das Ergebnis des landesplanerischen Standortvergleichs als solches hinzunehmen. Das ist gerechtfertigt, weil die Wahl eines Standorts für einen internationalen Verkehrsflughafen vorrangig eine raumordnerische Entscheidung darstellt. Die Standortwahl hat weiträumige Auswirkungen auf die Siedlungs- und Freiraumstrukturen des Planungsraums und schafft Nutzungskonflikte, die in der Regel bereits auf der übergeordneten Ebene der Landesplanung ein öffentliches Planungsbedürfnis auslösen. Dieser Planungsaufgabe kommt unter den gegenwärtigen Rahmenbedingungen, die dadurch gekennzeichnet sind, dass eine rechtsverbindliche Flughafennetz- und Bedarfsplanung auf der Grundlage einer luftverkehrspolitischen Gesamtkonzeption weder auf europäischer noch auf nationaler Ebene existiert, besondere Bedeutung zu. Hat ein Träger der Landesplanung seine Planungsbefugnisse in diesem Sinne wahrgenommen, wäre eine erneute ergebnisoffene Standortalternativenprüfung des Fachplanungsträgers mit dem gesamträumlichen Gestaltungsanspruch der Landesplanung nicht vereinbar. Sie würde auch dem vom Bundesgesetzgeber mit der verfahrensmäßigen Abschichtung raumbedeutsamer Standortfragen verfolgten Ziel zuwiderlaufen, die Komplexität räumlicher Planungen schrittweise zu reduzieren und die Planungsträger auf den nachfolgenden Planungsstufen zu entlasten.
Beantragt der Vorhabenträger, ein konkretes Vorhaben an dem von der Landesplanung zielförmig festgelegten Standort im Wege der Planfeststellung zuzulassen, hat die Planfeststellungsbehörde keinen Anlass, im Rahmen der fachplanerischen (luftverkehrsrechtlichen) Abwägung eigene vergleichende Untersuchungen zur Eignung von Alternativstandorten vorzunehmen oder entsprechende Gutachten einzuholen. Einfluss auf die Formulierung zielförmiger Standortvorgaben können Fachplanungsträger und private Vorhabenträger über die auf Landesebene vorzusehende Beteiligung bei der Aufstellung von Zielen der Raumordnung (§ 7 Abs. 5 ROG) sowie über das u.a. für die Planfeststellung nach dem Luftverkehrsgesetz vorgesehene Widerspruchsverfahren nach § 5 ROG ausüben. Sie können ferner ein Zielabweichungsverfahren nach § 11 ROG einleiten. Für eine fachplanerische Abwägung von Standortalternativen bleibt Raum, wenn und soweit der Träger der Landesplanung sich zurückhält und beispielsweise unter Verzicht auf eine gebietsscharfe zielförmige Standortvorgabe einen Teilraum festlegt, in dessen Grenzen verschiedene Standorte für ein bestimmtes Infrastrukturvorhaben in Betracht kommen.
Die Anforderungen an Ermittlungstiefe und Abwägungsdichte des landesplanerischen Standortvergleichs werden einerseits durch die Aufgabenstellung der Raumordnung und andererseits durch den Detaillierungsgrad der jeweils angestrebten Zielaussage bestimmt. Je konkreter die Festlegungen eines Landesentwicklungsplans sind, umso schärfer sind die Raumverhältnisse im Umfeld der zu vergleichenden Standorte in den Blick zu nehmen. Das gilt insbesondere für die gebietsscharfe Ausweisung von Infrastrukturvorhaben, die – wie ein internationaler Verkehrsflughafen – Lärmbelastungen, Luftverunreinigungen, eine Zunahme der Belastungen des bestehenden Verkehrsnetzes und Eingriffe in Natur und Landschaft befürchten lassen (vgl. BVerwG, Urteil vom 15. Mai 2003 – BVerwG 4 CN 9.01 – BVerwGE 118, 181, 194). In der Abwägung sind auch die Erhaltungsziele und die Schutzzwecke der Gebiete von gemeinschaftlicher Bedeutung (FFH-Gebiete) und der Europäischen Vogelschutzgebiete zu berücksichtigen (§ 7 Abs. 7 Satz 4 ROG). Für Raumordnungspläne, deren Aufstellung nach dem 20. Juli 2004 förmlich eingeleitet wurde, ist eine Umweltprüfung i.S.d. Richtlinie 2001/42/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 27. Juni 2001 über die Prüfung der Umweltauswirkungen bestimmter Pläne und Programme (ABl EG Nr. L 197 S. 30 – Plan-UP-Richtlinie) durchzuführen (vgl. § 7 Abs. 5, § 22, § 23 Abs. 3 ROG i.d.F. des EuroparechtsanpassungsG Bau vom 24. Juni 2004, BGBl I S. 1359). Dabei sind unter Berücksichtigung der allgemeinen landesplanerischen Zielsetzungen auch Planungsalternativen zu untersuchen (§ 7 Abs. 5 Satz 3 ROG). Auf die Anforderungen des landesplanerischen Abwägungsgebots ist bei der Frage, ob die Träger der Landesplanung die Lärmschutzbelange der betroffenen Anwohner im Vergleich des Standorts Schönefeld mit stadtfernen Standorten wie Sperenberg ausreichend berücksichtigt haben, zurückzukommen (vgl. unten Abschnitt B. 5.2.3).
1.5 Entscheidungsspielraum der Planfeststellungsbehörde
Die Planfeststellungsbehörde trifft hingegen keine (“positive”) Rechtspflicht zur Zulassung eines Flughafenvorhabens an dem von der Landesplanung zielförmig festgelegten Standort. Ziele der Raumordnung, die dem für das Luftverkehrsrecht zuständigen Fachplanungsträger eine bindende Realisierungsverpflichtung auferlegen, sind unzulässig, solange der Bundesgesetzgeber nichts Abweichendes geregelt hat. Eine derartige Sonderregelung enthält das Luftverkehrsrecht nicht. Nach geltendem Recht kann die Landesplanung zwar den Entscheidungsspielraum der Planfeststellungsbehörde durch eine abschließend abgewogene Standortentscheidung erheblich eingrenzen und festlegen, dass der festgelegte Flughafenstandort von anderen Raumnutzungen freizuhalten ist. Gleichwohl kann die Landesplanung nicht die für die fachplanerische Aufgabenstellung relevanten Fragen in der Weise an sich ziehen, dass sie dem Fachplanungsträger die Realisierung eines Flughafenvorhabens an einem bestimmten Standort rechtsverbindlich vorschreibt. Das ergibt sich aus den folgenden Erwägungen:
Nach § 8 Abs. 1 Satz 2 LuftVG sind bei der Planfeststellung alle von dem Vorhaben berührten öffentlichen, kommunalen und privaten Belange im Rahmen der Abwägung zu berücksichtigen. Dazu gehören Belange, die auf der Ebene der Landesplanung in dieser Ausprägung und Detailschärfe (noch) nicht erkennbar oder nicht von Bedeutung gewesen sind (vgl. § 7 Abs. 7 Satz 2 ROG). Es obliegt der Planfeststellungsbehörde, die Vorzüge, welche die Träger der Landesplanung mit ihrer Standortentscheidung verbinden, im Verhältnis zu den entgegenstehenden sonstigen öffentlichen oder privaten Belangen zu bewerten und zu gewichten, auf die sich das geplante Vorhaben nachteilig auswirken würde. Die schädlichen Immissionen eines Infrastrukturvorhabens können in der Regel erst abschließend ermittelt und eingeschätzt werden, wenn es im Planfeststellungsantrag des Vorhabenträgers konkretisiert worden ist. Die “raumordnungsexternen” Belange können für sich betrachtet oder in ihrer Gesamtheit so gewichtig sein, dass sich die landesplanerische Standortwahl in der fachplanerischen Abwägung nicht durchsetzt. Das kann insbesondere der Fall sein, wenn die Zulassung des konkreten Vorhabens an dem von der Landesplanung ausgewiesenen Standort in unverhältnismäßiger (unzumutbarer) Weise in private Schutzgüter wie Eigentum oder Gesundheit, in den Bereich der kommunalen Selbstverwaltung oder in allgemeine öffentliche Belange (Wasserhaushalt, Bodenschutz, Natur und Landschaft) eingreifen würde. Der Fachplanungsträger hat ferner zu prüfen, ob nach der Aufstellung des Raumordnungsziels Entwicklungen eingetreten oder zu erwarten sind, die eine Realisierung der Zielaussagen aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen auf unabsehbare Zeit unmöglich machen oder wesentlich erschweren würden.
Gelangt die Planfeststellungsbehörde bei ihrer Abwägung zu dem Ergebnis, dass unüberwindbare Hindernisse oder überwiegende öffentliche und/oder private Belange dem Vorhaben am landesplanerisch ausgewiesenen Standort entgegenstehen, muss sie den Antrag des Vorhabenträgers, das Vorhaben an diesem Standort zuzulassen, ablehnen. Damit greift sie nicht in die raumordnerische Abwägung (§ 7 Abs. 7 Sätze 1 und 2 ROG) ein. Sie verletzt auch nicht ihre Beachtenspflicht aus § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 ROG. Die Zielbindung erschöpft sich in der Pflicht der Planfeststellungsbehörde, die Zielaussage, der ausgewiesene Standort sei aus raumordnerischer Sicht geeignet und vorzugswürdig, als solche hinzunehmen. Die Beachtenspflicht verlangt nicht, eine auf Erfordernisse der Raumordnung gestützte Standortentscheidung umzusetzen, wenn sich bei der anschließenden Detailplanung zeigt, dass das Vorhaben an Ort und Stelle technisch oder rechtlich nicht realisierbar wäre, der vorgesehene Standort sich aus anderen Gründen als ungeeignet erweist oder mit unverhältnismäßigen Eingriffen in private, kommunale oder allgemeine öffentliche Belange verbunden wäre.
Das luftverkehrsrechtliche Abwägungsgebot (§ 8 Abs. 1 Satz 2 LuftVG) schließt die Ermächtigung ein, die raumordnerischen Gründe, welche die Standortentscheidung der Landesplanung tragen, zugunsten höher gewichteter gegenläufiger Belange zurückzustellen. In diesem Sinne können zielförmige Standortentscheidungen der Landesplanung in der luftverkehrsrechtlichen Planfeststellung aus spezifisch fachplanerischen Erwägungen “überwunden” werden. Darin liegt ein wesentlicher Unterschied zur Zielbindung der Bauleitplanung, die dem strikten Anpassungsgebot des § 1 Abs. 4 BauGB unterliegt. Eine Parallele besteht hingegen zur fernstraßenrechtlichen Rechtsprechung des Senats, nach der die gesetzgeberische Bedarfsentscheidung zwar als “feste Größe” in die Abwägung nach § 17 Abs. 1 Satz 2 FStrG hineinwirkt, in der Abwägung jedoch durch andere Belange überwunden werden kann (vgl. etwa Urteil vom 21. März 1996 – BVerwG 4 C 26.94 – BVerwGE 100, 388, 390).
1.6 Rechtsschutz durch Inzidentkontrolle des Landesentwicklungsplans FS
Die Planfeststellungsbehörde meint offenbar, sie sei zu einer umfassenden Abwägung der Standortalternativen berechtigt und verpflichtet, weil die Ziele der Raumordnung gegenüber Privatpersonen (Grundeigentümer, Lärmbetroffene) keine bindende Wirkung entfalteten und dieser Personenkreis deshalb auch hinsichtlich der Alternativenprüfung und der Standortwahl einen fachplanungsrechtlichen Anspruch auf gerechte Abwägung seiner privaten Belange und – bei enteignungsrechtlicher Betroffenheit – auch der gegen das Vorhaben sprechenden öffentlichen Belange besitze (vgl. etwa PFB S. 383, 402). Es trifft zwar zu, dass Ziele der Raumordnung (abgesehen von weitergehenden fachgesetzlichen Raumordnungsklauseln) nur öffentliche Planungsträger und solche Personen des Privatrechts binden, die raumbedeutsame Planungen in Wahrnehmung öffentlicher Aufgaben durchführen (§ 4 Abs. 1 und 3 ROG). Das rechtfertigt aber nicht die Schlussfolgerung, die Abwägung der Planfeststellungsbehörde erstrecke sich bei der Planung raumbedeutsamer Infrastrukturvorhaben – “ungeachtet” ihrer Bindung nach § 4 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 3 ROG an eine zielförmige Standortfestlegung der Landesplanung – auf einen eigenen ergebnisoffenen Standortvergleich. Anderenfalls hätte es die Planfeststellungsbehörde in der Hand, die in § 4 Abs. 1 Satz 2 ROG normierte Bindungswirkung der Fachplanungsträger zu unterlaufen. Der Bundesgesetzgeber hat die in § 4 Abs. 1 ROG statuierte Beachtenspflicht gerade nicht unter einen solchen “Fachplanungsvorbehalt” gestellt.
Erfordernisse des Individualrechtsschutzes rechtfertigen kein anderes Ergebnis. Im Planfeststellungsverfahren können die von der landesplanerischen Standortfestlegung betroffenen Anwohner ihre privaten Belange verteidigen und geltend machen, ihre Belange seien so gewichtig, dass der Antrag auf Zulassung des Vorhabens an dem landesplanerisch festgelegten Standort abzulehnen sei. Die Planfeststellungsbehörde muss diese Einwendungen zur Kenntnis nehmen und sich mit ihnen auseinandersetzen. Eine Vielzahl inhaltsgleicher (“paralleler”) Einwendungen Betroffener kann den privaten Belangen in ihrer Gesamtheit die Qualität eines öffentlichen Belangs Gewicht verleihen, den die Planfeststellungsbehörde in ihrer Abwägung gebührend zu berücksichtigen hat. Darauf ist bei der Überprüfung der Lärmschutzauflagen des Planfeststellungsbeschlusses zurückzukommen (vgl. unten Abschnitt E.).
Hinzu kommt, dass etwaige Abwägungsmängel bei der Zielfestlegung auf der Ebene der Landesplanung auf das nachfolgende Planfeststellungsverfahren “durchschlagen”. Eine ebenenspezifische Problemabschichtung ist einerseits nur effektiv, wenn sie Bindungen für die nachfolgende Entscheidungsebene erzeugen kann. Andererseits dürfen unter Rechtsschutzgesichtspunkten von vorgelagerten Planungsstufen, die dem Individualrechtsschutz nicht zugänglich sind, keine irreversiblen, nachteiligen Rechtswirkungen für den betroffenen Bürger ausgehen. Soweit erst die zur Außenverbindlichkeit führende Entscheidung auf der letzten Konkretisierungsstufe, der Zulassungsebene, den privaten Einzelnen in seinen Rechten verletzen kann, dürfen ihm Vorentscheidungen auf anderen Planungsebenen, die diese Rechtsverletzung vorbereiten, nicht als unangreifbar entgegengehalten werden (BVerwG, Urteil vom 19. Juli 2001 – BVerwG 4 C 4.00 – BVerwGE 115, 17, 30 m.w.N.). Soweit eine zielförmige landesplanerische Standortentscheidung, deren Zielbindung sich kraft der gesetzlichen Grundentscheidung in § 4 Abs. 1 und 3 ROG nicht auf private Betroffene erstreckt, inhaltlich in den Planfeststellungsbeschluss eingeht, muss sie daher aus Rechtsschutzgründen mit diesem zum Gegenstand der verwaltungsgerichtlichen Überprüfung (Inzidentkontrolle) gemacht werden können.
Vergleichbare Überlegungen zum Rechtsschutz gegenüber mehrstufigen Planungsprozessen hat der Senat bereits zur straßenrechtlichen Fachplanung entwickelt. Hinzuweisen ist zunächst auf die Rechtsprechung zur fernstraßenrechtlichen Linienbestimmung (§ 16 Abs. 1 FStrG), an welche die Planfeststellungsbehörde im Innenverhältnis zum Bundesverkehrsminister gebunden ist, für deren Rechtmäßigkeit “nach außen” sie jedoch einzustehen hat (vgl. BVerwG, Urteil vom 10. April 1997 – BVerwG 4 C 5.96 – BVerwGE 104, 236, 252). Der Senat hat ferner entschieden, dass der Einzelne mit der Anfechtungsklage gegen den Planfeststellungsbeschluss auch die gesetzgeberische Bedarfsfeststellung im Bedarfsplan für den Fernstraßenausbau angreifen kann. Er muss allerdings geltend machen, dass der Gesetzgeber seinen (weiten) Ermessensspielraum überschritten hat. Teilt das Gericht diese Ansicht, hat es die Bedarfsentscheidung des Gesetzgebers gemäß Art. 100 GG dem Bundesverfassungsgericht vorzulegen (BVerwG, Urteile vom 8. Juni 1995 – BVerwG 4 C 4.94 – BVerwGE 98, 339, 347 und vom 21. März 1996 – BVerwG 4 C 26.94 – BVerwGE 100, 388, 390).
2. Inhaltliche Tragweite des Ziels Z 1 des Landesentwicklungsplans FS
Die Aussagen in Z 1 des LEP FS erfüllen die inhaltlichen Anforderungen an ein Ziel der Raumordnung i.S.v. § 3 Nr. 2 ROG (ebenso OVG Brandenburg, Urteil vom 10. Februar 2005 – OVG 3 D 104/03.NE – UA S. 30). Sie sind räumlich und sachlich ausreichend bestimmt, beruhen auf einer abschließenden Abwägung landesplanerischer Standortanforderungen und formulieren verbindliche Vorgaben für die nachfolgende luftverkehrsrechtliche Planfeststellung. Die Planbegründung bestätigt das. Sie konkretisiert und rechtfertigt die Standortanforderungen aus landesplanerischer Sicht, wägt sie im Standortvergleich gegeneinander ab und fasst als Ergebnis zusammen, eine Entscheidung für Schönefeld als Ausbaustandort eines mittelgroßen Verkehrsflughafens sei “raumordnerisch vorzuziehen”, andere Lösungen hätten “so große Nachteile, dass sie in der raumordnerischen Gesamtbilanz zurückgestellt werden müssen” (Nr. 6 Buchst. c zu Z 1 des LEP FS).
Die Festlegungen in Z 1 überschreiten den Zuständigkeitsbereich der Landesplanung nicht. Nimmt man sie wörtlich, enthalten sie zwar die an den Fachplanungsträger gerichtete strikte Verpflichtung, den Flughafen Berlin-Schönefeld weiter zu entwickeln und die Flughäfen Tegel und Tempelhof zu schließen (“ist … zu entwickeln”, “sind … zu schließen”). Bei dieser Auslegung bliebe dem Fachplanungsträger kein Spielraum mehr, den Ausbau des Flughafens Berlin-Schönefeld zum “Single”-Flughafen der Region abzulehnen. Das wäre nach den vorstehenden Ausführungen ein unzulässiger Eingriff in die luftverkehrsrechtliche Fachplanung. Bei verständiger Lesart beanspruchen die Zielvorgaben in Z 1 jedoch keine derart weitgehende Bindung. Sie sind nicht im Sinne einer Realisierungspflicht zu verstehen. Die Wortwahl dient ersichtlich dazu, den Anspruch auf Verbindlichkeit auszudrücken, der die Ziele von den Grundsätzen der Raumordnung unterscheidet (vgl. § 3 Nr. 2 und 3 ROG). Die bilanzierende Standortbeurteilung macht außerdem deutlich, dass die Plangeber allein die raumordnerischen Standortanforderungen an die künftige Luftverkehrsanbindung der Region Berlin-Brandenburg definiert und im Standortvergleich geprüft haben. Die Planaussage Z 1 steht daher unter dem Vorbehalt, dass das konkrete Ausbauvorhaben am Standort Schönefeld aus der Sicht der Planfeststellungsbehörde nicht auf unüberwindbare tatsächliche oder rechtliche Hindernisse stößt und sich gegenüber fachplanungsrechtlich relevanten, widerstreitenden öffentlichen, kommunalen oder privaten Belangen durchsetzt.
3. Verkehrsprognose der Landesplanung
Der LEP FS rechtfertigt das Ausbauvorhaben und damit die Abkehr vom bisherigen Flughafensystem mit den steigenden Anforderungen an die nationale und internationale Luftverkehrsanbindung der Region Berlin-Brandenburg. Die Luftverkehrsprognose, die den erwarteten Bedarfssteigerungen zugrunde liegt, ist nicht zu beanstanden. Sie stützt die Annahme der Plangeber, dass ein landesplanerischer Handlungsbedarf bestand.
Die Träger der Landesplanung rechnen für die Region Berlin-Brandenburg einschließlich der Bundeshauptstadt Berlin etwa ab dem Jahr 2010 mit einem jährlichen Passagieraufkommen von ca. 20 Mio. und nach dem Jahr 2023 mit 30 Mio. Passagieren jährlich. Grundlage dieser Prognose ist das von den Vorhabenträgern mit dem Planfeststellungsantrag vom 17. Dezember 1999 vorgelegte, von A… verfasste Gutachten M 1 “Verkehrsprognose und Modellflugplan” vom 10. Februar 1999, das die Träger der Landesplanung im Zuge der Aufstellung des LEP FS durch In. (Gutachten vom 28. Juni 2002) auf seine Plausibilität überprüfen ließen. In. kommt zu dem Ergebnis, dass die von A 1999 erstellte Verkehrsprognose auch vor dem Hintergrund der neueren Entwicklung des Luftverkehrs das künftige Luftverkehrsaufkommen am Standort Schönefeld weitgehend zutreffend abbildet. Aus der Sicht von In. handelt es sich dabei eher um eine zurückhaltende, konservative Prognose. Das Aufkommen von 30 Mio. Passagieren pro Jahr werde bereits vor dem Prognosejahr 2023 erreicht werden. Das prognostizierte Luftfrachtaufkommen sei hingegen zu hoch. Mit diesen Einschränkungen halten auch die Träger der Landesplanung die Grundaussagen der Prognose im Gutachten M 1 für nachvollziehbar und plausibel.
Der erkennende Senat sieht – abgesehen von den genannten Einschränkungen – keinen Grund, an der Tragfähigkeit der Luftverkehrsprognose zu zweifeln. Anhaltspunkte dafür, dass die Prognose nicht sachgerecht erstellt worden ist, bestehen nicht. Eine Herabsetzung des Frachtaufkommens (vgl. dazu unten Abschnitt E. 2.1.3) ließe das prognostizierte Passagieraufkommen unberührt. Auch die Zahl der jährlichen Flugbewegungen änderte sich nicht wesentlich. Ausgehend von den Zahlen im Gutachten M 1 (ca. 325 000 bis 355 000 Flugbewegungen im Jahr 2023) erscheint die Annahme, spätestens im Prognosejahr 2023 sei ein Bewegungsaufkommen von mehr als 300 000 Flügen zu erwarten, nicht als überhöht. Die von A… für das Jahr 2023 erwarteten Frachtflugbewegungen liegen unter 20 000 (vgl. Gutachten M 1, Tabelle 5 – 1, S. 131). Die Prognose von mehr als 300 000 Flugbewegungen im Jahr 2023 wird auch nicht in Frage gestellt, wenn in die Verkehrsprognose Beschränkungen des Flugbetriebes im Zeitraum von 22:00 bis 6:00 Uhr mit einer weitgehend flugfreien Kernzeit zwischen 24:00 und 5:00 Uhr eingestellt werden. Nach dem von der Planfeststellungsbehörde eingeholten Gutachten der A…R…C… GmbH (ARC-Gutachten) vom 13. Juli 2004 besteht im Prognosejahr ein Nachtflugbedarf für den Touristikverkehr (Charter- und Billigflieger) von etwa 30 Flugbewegungen in der Nacht (vgl. Tabelle 7 – 1, S. 32 des Gutachtens). Diese Zahl bezieht sich auf die Nachtstunden von 22:00 bis 6:00 Uhr. Der Flugbewegungsanteil für die nächtliche Kernzeit (24:00 bis 5:00 Uhr) fällt daher noch geringer aus. Wird der erwartete Nachtfluganteil auf das Jahr hochgerechnet, wird das prognostizierte Gesamtflugaufkommen daher nicht wesentlich sinken.
Das Klagevorbringen ist nicht geeignet, den von der Verkehrsprognose gezogenen Rahmen zu erschüttern. Die Kläger kritisieren im Wesentlichen, dass die Plangeber den Einzugsbereich des künftigen Flughafens Schönefeld in der Region Berlin-Brandenburg und das Hauptaufkommensgebiet im Ballungsraum Berlin sehen. Sie machen geltend (Gutachten, Fachplanerische Überprüfung der Planrechtfertigung und Standortentscheidung im Planfeststellungsbeschluss für den Flughafen Berlin-Schönefeld, F… vom 12. Oktober 2004, S. 44), das prognostizierte Verkehrsaufkommen werde erst bei einem sehr viel größeren Einzugsbereich (Radius von 200 km) und 20 Mio. Einwohnern erreicht. Diese Kritik stellt die Verkehrsprognose des LEP FS nicht in Frage. Das Gutachten M 1 von A… geht in seinem methodischen Ansatz nicht von einem geographisch eingegrenzten Einzugsbereich und dessen Einwohnerzahl aus. Wie im Gutachten R… E… vom 25. Januar 2005 dargelegt, lässt sich der Einzugsbereich eines internationalen Verkehrsflughafens zudem nicht pauschal nach einem km-Radius bestimmen. Die Attraktivität eines Flughafens wird in erster Linie von seiner Erreichbarkeit und dem Umfang seines Flugangebots bestimmt. Das originäre Fluggastaufkommen (ohne Umsteigeranteil) hängt ferner von der Flugreisehäufigkeit der im Einzugsgebiet lebenden oder berufstätigen Passagiere ab. R… E… weist schließlich zutreffend darauf hin, dass die Region Berlin-Brandenburg für Gäste besonders attraktiv sei, das Passagieraufkommen deshalb zu einem beträchtlichen Teil von außerhalb generiert werde. Hinzu kommt die Bedeutung von Berlin und Potsdam als Bundes- bzw. Landeshauptstadt.
Im Übrigen beschränken die Kläger sich auf den Vorwurf, die Verkehrsprognose im Gutachten M 1 von A… baue auf einer ungeeigneten Datenbasis auf und komme zu nicht nachvollziehbaren Ergebnissen. Dazu verweisen sie auf das In.-Gutachten vom 28. Juni 2002, dessen Ergebnisse sich aber gerade nicht als Beleg dafür anführen lassen, dass das prognostizierte Aufkommen an Passagieren und Flugbewegungen insgesamt als wesentlich zu hoch veranschlagt worden ist. Eine weitere Überprüfung der Luftverkehrsprognose ist daher nicht veranlasst.
4. “Null-Variante” oder “Single”-Flughafen innerhalb des Berliner Flughafensystems
Die Träger der Landesplanung haben sich ohne Abwägungsfehler gegen luft- und landseitige Kapazitätserweiterungen auf allen drei bestehenden Standorten des Berliner Flughafensystems (sog. “Null-Variante”) und für die Konzentration des gesamten künftigen Luftverkehrs am Standort Schönefeld entschieden.
4.1 Abwägungsgrundsätze
Die gegenwärtige Luftverkehrsinfrastruktur von Berlin ist durch die Existenz von zwei im hochverdichteten innerstädtischen Gebiet liegenden Flughäfen gekennzeichnet. Diese Situation ist nicht das Ergebnis einer in der Vergangenheit getroffenen bewussten Planung für Berlin und Brandenburg, sondern die Folge der komplizierten politischen Situation Berlins im geteilten Deutschland seit dem Jahr 1945 bis hin zur Herstellung der deutschen Einheit in den Jahren 1989/1990. Ein bis zum 2. Oktober 1990 im Beitrittsgebiet angelegter Flugplatz, der am 1. März 1999 noch betrieben wird, gilt gemäß § 71 Abs. 1 Satz 1 LuftVG im Sinne von § 8 Abs. 1 und § 10 Abs. 1 LuftVG als im Plan festgestellt (Genehmigungsfiktion). Die Entscheidung der Träger der gemeinsamen Landesplanung, dieses historisch gewachsene, die Bevölkerung in besonderem Maße belastende Flughafensystem durch einen einzigen, am Rande des großstädtischen Ballungsraumes gelegenen Flughafen abzulösen, hält sich im Rahmen der planerischen Gestaltungsfreiheit. Der Umstand, dass auch der Ausbau und die Erweiterung des vorhandenen Systems eine – von den Klägern mit Nachdruck vorgeschlagene – (mit Einschränkungen) technisch realisierbare und rechtlich wohl auch vertretbare Lösung gewesen wäre, ändert nichts daran, dass die Träger der Landesplanung in Ausfüllung der ihnen übertragenen raumordnerischen Gestaltungsaufgabe den gewählten Weg ohne Rechtsverstoß gehen durften.
Nach den in der Rechtsprechung zum Abwägungsgebot entwickelten Grundsätzen müssen ernsthaft in Betracht kommende Standortalternativen ermittelt, bewertet und untereinander abgewogen werden (vgl. BVerwG, Urteil vom 5. Dezember 1986 – BVerwG 4 C 13.85 – BVerwGE 75, 214, 236 f.). Das gilt für die Landes- und Regionalplanung ebenso wie für die Fachplanung und erstreckt sich auch auf die Möglichkeit, an der gegenwärtigen Verkehrsinfrastruktur im Grundsatz festzuhalten. Die Standortauswahl ist nicht schon dann abwägungsfehlerhaft, wenn sich später herausstellt, dass eine zurückgestellte Alternative ebenfalls mit guten Gründen vertretbar gewesen wäre. Es ist nicht Aufgabe des Gerichts, durch eigene Ermittlungen und Wertungen ersatzweise zu planen und sich dabei von den Erwägungen einer “besseren” Planung leiten zu lassen. Ein Abwägungsfehler liegt also nicht schon dann vor, wenn für und gegen den einen wie den anderen Standort einleuchtende Gründe ins Feld geführt werden können. Die Standortwahl ist erst dann rechtswidrig, wenn sich die verworfene Alternative entweder als die eindeutig vorzugswürdige Lösung hätte aufdrängen müssen oder wenn der Planungsbehörde infolge einer fehlerhaften Ermittlung, Bewertung oder Gewichtung einzelner Belange ein rechtserheblicher Fehler unterlaufen ist. Die Bewertung der privaten und öffentlichen Belange und ihre Gewichtung im Verhältnis untereinander macht das Wesen der Planung als einer im Kern politischen Entscheidung aus, die gerichtlich nur auf die Einhaltung rechtlicher Schranken hin überprüfbar ist (vgl. BVerwG, Urteile vom 21. März 1996 – BVerwG 4 C 19.94 – BVerwGE 100, 370, 383 f., vom 8. Juni 1995 – BVerwG 4 C 4.94 – Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 102, S. 31 und vom 14. Februar 1975 – BVerwG 4 C 21.74 – BVerwGE 48, 56, 63 f.).
4.2 Planbegründung
Die Plangeber begründen ausführlich, dass parallele Kapazitätserweiterungen innerhalb des bestehenden Flughafensystems hinsichtlich “der Flugverkehrsabwicklung und Integration der Verkehrsträger, Lärmbelastungen und Raumverträglichkeit sowie der Nutzung wirtschaftlicher und raumstruktureller Entwicklungspotenziale als ungünstigste Lösung” zu beurteilen sei. Auf den vorhandenen Start- und Landebahnen sei kein dem Stand der Technik entsprechender unabhängiger Parallelbetrieb möglich. Das bestehende Flughafensystem mit sechs Start- und Landebahnen erreiche auch in der Summe nicht die Qualität eines modernen Zwei-Bahnen-Systems (Nr. 5.4.1 zu Z 1 des LEP FS). Die prognostizierte Steigerung der Flugbewegungen erfordere den Ausbau der Abfertigungskapazitäten im Terminalbereich. Das sei jedoch angesichts der hohen Zahl Lärmbetroffener weder in Tempelhof noch in Tegel vertretbar. Eine direkte Einbindung Tempelhofs in das Fernverkehrsnetz der Bahn sei nicht möglich; das Stadtstraßennetz könne die prognostizierte Zahl an Passagieren nicht bewältigen. Vergleichbare Standortnachteile bestünden für den Flughafen Tegel, der nur mangelhaft an Schiene und U-Bahn-Netz angebunden sei.
Die Vorteile einer Konzentration des Luftverkehrs auf den Flughafen Schönefeld sehen die Plangeber zunächst darin, dass nur an diesem Standort die Errichtung eines Zwei-Bahnen-Systems mit ausreichendem Achsabstand für einen unabhängigen Parallelbetrieb möglich sei, ferner in der hochwertigen Einbindung des Standortes in das örtliche, regionale und übergeordnete Schienen- und Straßennetz, in der Möglichkeit eines effektiven Flughafenbetriebes (auch für Umsteiger), wirtschaftlicher Betriebskonzepte und optimierter Betriebsabläufe (gebündelte An- und Abflugrouten, Vereinfachung der Navigationsverfahren, Reduzierung des Bedarfs an technischer Infrastruktur für die Flugsicherung und den Flughafenbetreiber) sowie in der zahlenmäßigen Verringerung der bisher im Umfeld von drei Standorten lärmbetroffenen Anwohner. Die Konzentration auf einen Flughafenstandort führe schließlich zu einem höheren Maß an Sicherheit des Flugbetriebes und des Flughafenbetriebes insgesamt (vgl. Nr. 4.2, 5.4.1 und 5.4.4.1 zu Z 1 des LEP FS).
Die Kläger sind der Ansicht, das Berliner Flughafensystem enthalte für den Planungsfall 20XX (Jahr 2023) ausreichende Kapazitäten. Der LEP FS lasse außerdem Systemalternativen außer Betracht, die sich nach Lage der Dinge angeboten oder gar aufgedrängt hätten. Das bestehende System könne durch die Flughäfen Finow und Neuhardenberg ergänzt werden. Flughafensysteme seien zeitgerecht. Ohne Ausbau des Flughafens Schönefeld, aber mit zusätzlichen Optimierungen in Berlin-Tempelhof könne die Gesamtfläche aller Berliner Flughäfen von derzeit 1 452 ha auf 1 202 ha begrenzt werden. Die Lärmbelastung am Standort Schönefeld sei fehlerhaft bewertet worden. Die Schließung der Nordbahn werde die Belastungen in Berlin-Bohnsdorf nicht spürbar reduzieren, da dort (mit Ausnahmen) praktisch kein Flugbetrieb mehr stattfinde. Damit ist kein Abwägungsfehler dargetan.
4.3 Begrenzte Entwicklungsmöglichkeiten in Tempelhof und Tegel
“Luftseitige” Kapazitätserweiterungen (Errichtung eines Zwei-Bahnen-Systems für den unabhängigen Parallelbetrieb, Erweiterung der Vorfeldflächen, Rollwege und Abstellpositionen) wären an den innerstädtischen Standorten Tegel und Tempelhof ohne komplexe infrastrukturelle Ausbaumaßnahmen nicht zu realisieren. Selbst wenn die technische Gesamtkapazität der vorhandenen sechs Start- und Landebahnen ausreichte, die prognostizierten über 300 000 jährlichen Flugbewegungen abzuwickeln, könnte auf den Ausbau der Passagierabfertigungskapazitäten im Terminalbereich nicht verzichtet werden. Mit dem Anstieg der Flugbewegungen würden sich die Fluglärmimmissionen in den dicht bebauten, an die Flughäfen Tempelhof und Tegel angrenzenden innerstädtischen Wohngebieten noch erheblich erhöhen. Die Plangeber weisen ferner zutreffend darauf hin, dass die verkehrsgerechte Einbindung der beiden Flughäfen in das innerstädtische Straßen- und Schienennetz angesichts des zusätzlichen flughafeninduzierten Ziel- und Quellverkehrs mangelhaft und ohne erhebliche Ausbaumaßnahmen nicht zu bewältigen wäre. Es sprechen daher gute Gründe dafür, dass die Träger der Landesplanung die Konzeption einer Weiterentwicklung aller drei Flughäfen des bestehenden Systems nicht weiter verfolgt haben.
Die Kläger stellen die begrenzten Entwicklungsmöglichkeiten der Flughäfen Tegel und Tempelhof auch nicht ernsthaft in Frage. Sie suchen diesen Nachteil auszugleichen, indem sie neue Konzepte der Verkehrsaufteilung entwickeln. Diese laufen u.a. darauf hinaus, den Flughafen Tegel nur für Kurz- und Mittelstreckenflüge bis 5 000 km und den Flughafen Tempelhof nur für Kurzstreckenverkehr bis 1 000 km zu nutzen; für den Flughafen Schönefeld solle es hingegen keine Streckenbeschränkungen geben. Ein anderes Modell sieht vor, die Flughäfen Tegel und Tempelhof nur für Flugzeuge bis zu einem Maximalgewicht von 40 t und 80 t bzw. 50 t MTOW (maximum take-off weight) zuzulassen, den Landeplatz Finow auch für Charterflüge und den Landeplatz Neuhardenberg auch für Low-cost-Flüge zu nutzen. Solche Verkehrsmodelle werden in der Begründung zum LEP FS nicht erörtert. Sie widersprechen der verkehrspolitischen Zielsetzung der Landesplanung, den Luftverkehr in der Region Berlin-Brandenburg auf einen einzigen ballungsraumnahen Standort zu konzentrieren, und wären nur dann abwägungsfehlerhaft ausgeklammert worden, wenn sie als verkehrspolitische Alternative aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen eindeutig den Vorzug verdienten. Das ist nicht der Fall. Der von den Beteiligten überdies erörterte Umstand, dass die Anreise mit öffentlichen und privaten Verkehrsmitteln von Berlin-Zentrum nach Finow bzw. Neuhardenberg, die über keinen Bahnhof verfügten, mehr als doppelt so lange dauern würde als nach Schönefeld, ist daher nicht entscheidungserheblich.
Es liegt ferner auf der Hand, dass ein internationaler Verkehrsflughafen, der alle Verkehrssegmente auf einen einzigen Standort konzentriert, im Hinblick auf den Umsteigerverkehr – die Plangeber gehen von einem Umsteigeanteil von 5 % bis 10 % aus (Nr. 2.3 zu Z 1 des LEP FS) – ungleich attraktiver und restriktionsfreier ist als ein Flughafensystem, dessen Standorte über den Stadtbereich und etwaige weitere Standorte im Umland verstreut liegen. Begründet ist nach Ansicht des Senats auch die Erwartung der Plangeber, dass der Ausbau Schönefeld zum “Single”-Flughafen erhebliche Synergieeffekte im Bereich der technischen Infrastruktur auslösen sowie wirtschaftlichere Betriebskonzepte und optimierte Betriebsabläufe erlauben wird. Es ist nicht fern liegend, dass die Belegung eines großstädtischen Ballungsraums mit An- und Abflugrouten für mehrere Flughäfen bezogen auf den gesamten Luftraum höhere Anforderungen an die Koordinierung und Überwachung des Luftverkehrs als ein “Single”-Flug-hafen stellt. Nicht in Abrede stellen lässt sich schließlich, dass unter Sicherheitsgesichtspunkten Wohnflächen in der dicht besiedelten Umgebung der beiden innerstädtischen Flughäfen durch An- und Abflüge in erheblich größerem Umfang als am Standort Schönefeld gefährdet sind, das Gruppenrisiko wegen der geringeren Siedlungsdichte am Flughafen Schönefeld also deutlich sinken wird.
Die Entscheidung der Landesplanung gegen ein Flughafensystem und für einen stadtnahen “Single”-Flughafen steht nicht im Widerspruch zur Verordnung (EWG) Nr. 2408/92 des Rates vom 23. Juli 1992 über den Zugang von Luftfahrtunternehmen der Gemeinschaft zu Strecken des innergemeinschaftlichen Flugverkehrs (Abl EG 1992, Nr. L 240, S. 8). Die Verordnung soll gewährleisten, dass die Ausübung von Verkehrsrechten mit den betrieblichen Bestimmungen über Sicherheit, Umweltschutz und Bedingungen für den Zugang zu Flughäfen in Einklang steht und so gehandhabt wird, dass es zu keiner Diskriminierung kommt (Erwägungsgrund 14). Die Verordnung “berührt nicht das Recht eines Mitgliedstaats, ohne Diskriminierung aus Gründen der Staatsangehörigkeit oder der Identität des Luftfahrtunternehmens die Aufteilung des Verkehrs auf die einzelnen Flughäfen eines Flughafensystems zu regeln” (Art. 8 Abs. 1 VO). Ob diese Richtlinie i.V.m. der Betriebsbeschränkungsrichtlinie 2002/30/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. März 2002 (ABl EG, Nr. L 85, S. 40) dazu ermächtigt, den Verkehr auf einzelne Flughäfen eines Flughafensystems aufzuteilen (dazu Heitsch, EurUP 2005, 75), kann hier dahinstehen. Eine Rechtspflicht der Mitgliedstaaten, in lärmbelasteten städtischen Ballungsräumen ein Flughafensystem einzurichten oder ein bestehendes System zu modifizieren, folgt aus diesen Richtlinien jedenfalls nicht. Insoweit steht den Mitgliedstaaten ein weiter Gestaltungsspielraum zu.
4.4 Innerstädtische Lärmentlastung durch Ausbau des Standorts Schönefeld
Die Verfasser des LEP FS haben den Standort Schönefeld nicht in Hinblick auf die künftigen Lärmentlastungen an den Standorten Tegel und Tempelhof fehlerhaft bewertet. Sie stellen in Rechnung, dass mit der Standort- und Kapazitätserweiterung in Teilbereichen des Flughafenumfeldes von Schönefeld neue Lärmbetroffenheiten entstehen, und bewerten die erhöhte Zahl lärmbetroffener Anwohner dort als einen “wichtigen” Abwägungsfaktor. Dem stellen sie jedoch die genannten Vorteile eines stadtnahen “Single”-Flughafens und die Lärmentlastung gegenüber, die durch die Aufgabe der Standorte Tegel und Tempelhof sowie der nördlichen Start- und Landebahn in Schönefeld entstehen würde. Der Nachteil neuer Lärmbelastungen im Umfeld des Standorts Schönefeld müsse daher im Ergebnis in Kauf genommen werden (Nr. 6 Buchst. c zu Z 1 des LEP FS). Im Gesamtraum werde die Lärmbetroffenheit “gemessen an der Anzahl der Anwohner” deutlich verringert. Das Ausbauvorhaben führe zu einer Reduzierung der Fluglärmbetroffenen “auf weniger als 30 % gegenüber der gegenwärtigen Situation” (Nr. 5.4.4.3 zu Z 1 des LEP FS). Das entspreche einer Verringerung um ca. 100 000 Lärmbetroffene (Nr. 6 Buchst. a zu Z 1 des LEP FS). Nach der beigefügten tabellarischen Übersicht verringert sich die Gesamtzahl der Lärmbetroffenen im bestehenden Flughafensystem durch die Konzentration auf den Standort Schönefeld innerhalb der 62 dB(A)-Kontur von 136 000 auf 31 000.
Für die Entlastungsfunktion des Standortes Schönefeld ist die Größenordnung, die dieser Zahlenvergleich ausdrückt, hinreichend aussagekräftig. Die Angaben sind auf der Grundlage eines energieäquivalenten Dauerschallpegels L(eq) 4 nach dem Gesetz zum Schutz gegen Fluglärm (FluglärmG) i.d.F. der Bekanntmachung vom 30. März 1971 (BGBl I S. 282 mit späteren Änderungen) und der “Anleitung zur Berechnung (AzB) von Lärmschutzbereichen an zivilen und militärischen Flughäfen” (Stand Februar 1984) ermittelt worden. Das gilt jedoch für die Lärmbelastungen an allen drei Berliner Flughäfen gleichermaßen. Es könnten daher keine landesplanerisch relevanten Verzerrungen auftreten, wenn sich die Zahl der Betroffenen unter Berücksichtigung neuerer Erkenntnisse der Lärmwirkungsforschung und geänderter Berechnungsverfahren jeweils deutlich erhöhen würde. Eine solche Berechnung ließe die Entlastungsfunktion des “Single”-Standorts Schönefeld nur noch deutlicher hervortreten, weil die Zahl der Lärmbetroffenen in der Umgebung der Flughäfen Tegel und Tempelhof aufgrund der dortigen hohen Siedlungsdichte dann stärker ansteigen würde als am Standort Schönefeld. Dies hebt auch die im Aufstellungsverfahren von den Trägern der Landesplanung eingeholte “Plausibilitätsuntersuchung zur Darstellung der Lärmbetroffenheit im Landesentwicklungsplan Flughafenstandortsicherung LEP FS” der Ingenieurgesellschaft für Immissionsschutz, Schalltechnik und Umweltberatung mbH vom 24. April 2003 (S. 55) zutreffend hervor.
Die Träger der Landesplanung haben bei ihrer Lärmbilanz nicht zu Unrecht berücksichtigt, dass die Lärmbelastungen in Berlin-Bohnsdorf durch die geplante Schließung der alten Nordbahn des Flughafens Schönefeld deutlich reduziert werden. Sie heben hervor, dass sich die Lärmbelastungen durch den Bau einer zweiten Start- und Landebahn nach Süden in einen Bereich verlagerten, in dem die An- und Abflugschneisen deutlich geringer besiedelt seien (Nr. 5.4.4.3 Abs. 1 zu Z 1 des LEP FS). Dabei lassen sie zwar unerwähnt, dass die alte Nordbahn von der bereits planfestgestellten und im Bau befindlichen Trasse der BAB 113n (Verbindung des Berliner Stadtrings BAB 100 mit dem Berliner Außenring BAB 10 am Kreuz Schönefeld) gequert wird und schon aus diesem Grund geschlossen und aufgegeben werden muss. In der zeichnerischen Darstellung des LEP FS wird die Trasse der BAB 113n daher (nur) informatorisch dargestellt. Die BAB 113n dient jedoch auch der Einbindung des künftigen “Single”-Flughafens Schönefeld in das Autobahnnetz und steht deshalb in einem raumplanerischen Zusammenhang mit der Entscheidung für den Ausbau des Flughafens Schönefeld. Es ist daher vertretbar, dass die Träger der Landesplanung die Aufgabe der nördlichen Start- und Landebahn als Entlastungsfaktor mitberücksichtigt haben.
Ob sich die Fluglärmbelastung in Berlin-Bohnsdorf durch Schließung der alten Nordbahn deutlich verringern lässt, kann hier dahinstehen. Die Aussagekraft der landesplanerischen Lärmbilanz zum Flughafensystem von Berlin hängt davon nicht entscheidend ab. Für die Plangeber ausschlaggebend für die Verringerung der Lärmbetroffenheiten im gesamten Berliner Raum ist die Aufgabe der Flughäfen Tegel und Tempelhof (Nr. 5.4.4.3 Abs. 2 zu Z 1 des LEP FS). Die Lärmentlastung nach Schließung der Nordbahn fällt demgegenüber nicht entscheidend ins Gewicht. Die Kläger stellen nicht in Abrede, dass die Nordbahn im Wesentlichen nur noch bei Instandsetzungsarbeiten der (alten) Südbahn und während der Internationalen Luftfahrtausstellung intensiv genutzt worden ist. Nach den Angaben im Planfeststellungsbeschluss (PFB S. 217, 624) bestanden für die alte Nordbahn bereits seit 1993 weitreichende Nachtflugbeschränkungen für den Zeitraum von 22:00 bis 6:00 Uhr.
5. Standortalternativen außerhalb des Berliner Flughafensystems
Der LEP FS leidet auch nicht an einer fehlerhaften Abwägung von Standortalternativen außerhalb des bestehenden Berliner Flughafensystems. Die Träger der Landesplanung haben insbesondere die potenziellen Flughafenstandorte Sperenberg und Jüterbog-Ost ohne Abwägungsfehler ausgeschlossen.
5.1 Landesplanerische Kriterien
Der LEP FS hebt in seiner bilanzierenden Standortbeurteilung hervor, dass der Standort Schönefeld als “stadtnaher Standort aus verkehrlicher und wirtschaftlicher Sicht bezüglich Lagegunst und Erreichbarkeit erheblich günstiger zu bewerten (ist) als ein stadtferner” (Nr. 5.1 Abs. 5 des LEP FS). Maßgebend dafür sind die enge räumliche Beziehung zum Hauptaufkommensgebiet, die gute verkehrliche Einbindung dieses Standorts, das wirtschaftliche Entwicklungspotenzial der Hauptstadtregion und die Funktionen Berlins als Bundeshauptstadt (Nr. 5.1 Abs. 1 und 5, Nr. 6 Buchst. b des LEP FS). Der LEP FS nimmt damit die Aussagen in § 19 Abs. 1 LEPro 2003 auf, die als Grundsätze der Raumordnung (§ 3 Nr. 2 ROG) Abwägungsdirektiven für den Inhalt der gemeinsamen Landesentwicklungspläne enthalten, jedoch nicht die Bindungskraft zielförmiger Vorgaben der Raumordnung (§ 3 Nr. 2 ROG, Art. 9 Abs. 1 und 2 LPlVertrag) erreichen (vgl. Verfassungsgericht des Landes Brandenburg, Beschluss vom 7. Oktober 2005 – VfGBbg 217/03 –).
Die hohe Gewichtung dieser Kriterien im LEP FS ist Ausdruck landesplanerischer Gestaltungsfreiheit und beruht auf der Ermittlung und Bewertung tatsächlicher Gegebenheiten und wirtschaftlicher Zusammenhänge, die den Anforderungen des raumordnerischen Abwägungsgebots gerecht werden. Die Annahme der Kläger, stadtferne Standorte wie Sperenberg oder Jüterbog-Ost hätten sich den Trägern der Landesplanung als eindeutig vorzugswürdig aufdrängen müssen, trifft nicht zu. Wenn auch einzelne Gründe dafür sprechen mögen, dass ein stadtferner Standort wie Sperenberg für einen “Single”-Flughafen ebenso geeignet sein könnte wie Schönefeld, bewegt sich die Entscheidung der Landesplanung für den Standort Schönefeld doch im Rahmen ihres raumordnerischen Gestaltungsfreiraums. Eine Planungsentscheidung leidet an einem Abwägungsmangel nicht schon deshalb, weil die Gewichtung der Belange auch anders hätte ausfallen können. Von einer Fehlgewichtung kann nur die Rede sein, wenn die getroffene Entscheidung unter Berücksichtigung der objektiven Gegebenheiten nicht vertretbar erscheint (BVerwG, Urteil vom 27. Oktober 2000 – BVerwG 4 A 18.99 – BVerwGE 112, 140, 159). Das setzt eine völlige Verfehlung der objektiven Gewichtigkeit eines Belangs voraus (BVerwG, Urteil vom 29. September 1978 – BVerwG 4 C 30.76 – BVerwGE 56, 283, 290). Dafür ist nichts ersichtlich.
5.1.1 Räumliche Nähe zu Berlin
Das Kriterium der räumlichen Nähe zum Hauptaufkommensgebiet lässt sich auf die raumordnerischen Grundsätze zurückführen, Infrastrukturmaßnahmen an der Siedlungsstruktur auszurichten und verdichtete Räume als Dienstleistungsschwerpunkte zu sichern (vgl. § 2 Abs. 2 Nr. 4 und 5 ROG). Kurze Wege zwischen Hauptaufkommensgebiet und Flughafen dienen überdies der Verkehrsreduzierung und der schnellen Erreichbarkeit des Hauptaufkommensgebiets (vgl. § 2 Abs. 2 Nr. 12 ROG).
Der LEP FS rechtfertigt das Standortkriterium der Nähe zu Berlin mit der Erwägung, dass der Schwerpunkt der künftigen Nachfrage nach Luftverkehrsleistungen im Großraum Berlin liegen werde. Nach der Planbegründung kommt dem Bevölkerungs- und Wirtschaftspotenzial von Berlin bei der räumlichen Verteilung des Flugverkehrsaufkommens ein besonderes Gewicht zu. Hierzu wird auf die räumliche Konzentration der Bevölkerung (72,2 % im engeren Verflechtungsraum mit Berlin in der Mitte, vgl. Nr. 5.1 Abs. 1 des LEP FS) sowie darauf verwiesen, dass etwa 80 % des prognostizierten Fluggastaufkommens vom großstädtischen Ballungsraum Berlin generiert werde (Nr. 4.1 Abs. 3 des LEP FS). Die Plangeber heben ferner hervor, dass Berlin nach § 5 Abs. 1 Satz 1 LEPro Metropolenfunktion zu erfüllen hat und als Wirtschafts- und Wissenschaftsstandort mit seinen Kultur-, Bildungs-, Sporteinrichtungen sowie als Handels-, Messe- und Regierungszentrum zu stärken ist (Nr. 4.1 Abs. 1, Nr. 5.1 Abs. 4 zu Z 1 des LEP FS). Potsdam ist in seiner Funktion als Landeshauptstadt zu entwickeln und zu stärken (§ 6 Abs. 2 LEPro). Danach steht außer Frage, dass das Hauptaufkommensgebiet des künftigen “Single”-Flughafens aus dem dicht bebauten großstädtischen Ballungsraum Berlin und dem angrenzenden engeren Verflechtungsraum Brandenburg besteht.
5.1.2 Verkehrsgünstige Anbindung
Für die Lagegunst des Standorts Schönefeld führt der LEP FS die verkehrsgünstige Anbindung an das Hauptaufkommensgebiet an. Die schnelle Erreichbarkeit werde durch “die vorhandene Netzstruktur, insbesondere die Lage direkt am Bahn- oder Autobahnring mit Einbindung in das übergeordnete Eisenbahn- und Straßennetz” gewährleistet (Nr. 6 Buchst. b zu Z 1 des LEP FS). Der Standort ermögliche außerdem die aus verkehrs- und umweltpolitischen Gründen angestrebte teilweise Verkehrsverlagerung auf den Schienenverkehr (Nr. 4.3 zu Z 1 des LEP FS). Unter weitgehender Nutzung vorhandener Verkehrsinfrastrukturen seien lediglich am Flughafenstandort selbst und in der unmittelbaren Nähe ergänzende Verkehrsausbauten erforderlich (Nr. 6 Buchst. b zu Z 1 des LEP FS).
Die bestehende Verkehrsinfrastruktur rechtfertigt diese Sicht der Dinge. Das gilt für die Schiene (Flughafen Express vom Berliner Hauptbahnhof, S-Bahn, Fern- und Regionalverkehr) ebenso wie für das bestehende bzw. im Ausbau befindliche Netz der Autobahnen und Bundesstraßen (BAB 113, 113n, BAB 10 – Berliner Ring, B 96 und B 96a). Nach der Zielaussage Z 6 im LEP FS sind außerdem Trassen für die Dresdener Bahn bis zum südlichen Berliner Außenring der Bahn, die Verlängerung der U-Bahn-Linie 7 (Rudow – Flughafen Schönefeld) sowie die östliche Anbindung an die Görlitzer Bahn für den bedarfsgerechten Ausbau freizuhalten und bis zur Inbetriebnahme des ausgebauten Flughafens fertigzustellen. Damit erfüllt der LEP FS die Abwägungsdirektive in § 19 Abs. 11 Satz 3 LEPro 2003, der Flughafenanschluss für Berlin und Brandenburg solle möglichst in das Schienennetz und den öffentlichen Personennahverkehr des Aufkommensschwerpunkts Berlin eingebunden werden.
Die Kritik der Kläger an dieser landesplanerischen Verkehrskonzeption der “kurzen Wege” zwischen Hauptaufkommensgebiet und Flughafen überzeugt nicht. Die Kläger befürchten, dass die Autobahnzubringer BAB 113 und BAB 113n in den Morgen- und Abendstunden, in denen der berufsbedingte Pendlerverkehr mit den Spitzen des Flugverkehrs zusammenfalle, nicht in der Lage sein würden, den zusätzlichen flughafeninduzierten Straßenverkehr aufzunehmen. Sie sehen den Anteil des Schienenverkehrs, den der LEP FS anstrebt, als zu hoch an. Die Plangeber streben einen Modal-Split von 50:50 im Verhältnis MIV (Motorisierter Individualverkehr) : ÖV (Öffentlicher Verkehr) an (vgl. Nr. 4.3 zu Z 1 des LEP FS). Diese Planungsprämisse ist nicht unrealistisch. Im Gutachten über die Auswirkungen des vom Flughafen induzierten Verkehrs auf das übergeordnete Verkehrsnetz (Gutachten M 16, S. 32 f.), der dem Antrag auf Planfeststellung beigefügt ist, wurde der Modal-Split-Zielwert für die Unterteilung von Straßen- und Schienenverkehr näher untersucht und aufgrund empirischer Untersuchungen festgestellt, dass ein Verhältnis von 50:50 zwischen MIV und ÖPNV dem gegenwärtigen Durchschnittswert der drei Berliner Flughäfen entspricht.
Die verkehrliche Erschließung eines stadtfernen Standorts wie Sperenberg bewerten die Plangeber auf der Grundlage des In.-Gutachtens vom 13. Februar 2003 (“Bewertung der verkehrlichen Erschließung des Flughafenstandortes Schönefeld im Vergleich zu stadtfernen Standortalternativen”) als erheblich ungünstiger. Die dagegen vorgebrachten Einwände der Kläger lassen auch insoweit keinen Abwägungsfehler erkennen. Der Standort Sperenberg besitzt keinen Anschluss an das Autobahn- und Schienennetz. Die BAB 9 ist westlich in ca. 29 km, die BAB 13 ist östlich in ca. 40 km erreichbar (vgl. PFB S. 392). Nach dem vorgenannten In.-Gutachten liegt die Reiseentfernung (Straße) von Berlin-Zentrum (Alexanderplatz, Regierungsviertel, City-West, Messe/ICC) nach Schönefeld bei 27 km bis 36 km und nach Sperenberg bei 63 km bis 66 km (a.a.O., S. 19). Die entsprechenden Reisezeiten (MIV) betragen von Berlin-Zentrum nach Schönefeld 33 bis 41 Minuten und nach Sperenberg 64 bis 67 Minuten (a.a.O., S. 18). Diese Angaben verdeutlichen, dass der Standort Sperenberg die Kriterien der verkehrsmäßigen Einbindung in die vorhandene bzw. entstehende Netzstruktur und der schnellen Erreichbarkeit vom Hauptaufkommensgebiet in einem deutlich geringerem Umfang als der Standort Schönefeld erfüllt.
Die Kläger wenden ein, Sperenberg könne ohne weiteres an die bestehende ICE-Trasse Berlin-Leipzig/Halle und durch einen neuen direkten Schienenweg zum Zentrum Berlins (Hauptbahnhof/Lehrter Bahnhof) angebunden werden. Hierzu berufen sie sich auf ein Gutachten der fdc Airport Consulting (F…, Fachplanerische Überprüfung der Planrechtfertigung und Standortentscheidung im Planfeststellungsbeschluss für den Flughafen Berlin Schönefeld, 12. Oktober 2004). Ein solches Verkehrskonzept musste sich den Plangebern nicht aufdrängen. Es widerspricht zunächst der Vorgabe in § 19 Abs. 4 Satz 1 LEPro, das anzustrebende Verkehrssystem im gemeinsamen Planungsraum unter weitgehender Nutzung bestehender verkehrlicher Infrastrukturen zu entwickeln. Im Übrigen mögen die Einbindung Sperenbergs in das Hochgeschwindigkeitsnetz der Bahn oder ein direkter Schienenweg in das Zentrum Berlins die Aussicht auf Punkt-zu-Punkt-Verbindungen (etwa über die zentralen Verkehrsknoten Hauptbahnhof/Lehrter Bahnhof oder Papestraße/Südkreuz) zum Standort Sperenberg mit einer Fahrzeit von ca. 30 Minuten eröffnen. Damit könnten Fahrzeiten erreicht werden, wie sie für den Standort Schönefeld ermittelt wurden. Das In.-Gutachten vom 13. Februar 2003 legt jedoch nachvollziehbar dar, dass eine Erschließung Sperenbergs über einige zentrale Punkte große Umwege, Umsteigebedarf und Reisezeitverluste insbesondere für die südlichen und östlichen Teile Berlins und das östliche Umland mit sich bringen würde. Eine schnelle Punkt-zu-Punkt-Verbindung könne die Vorteile einer Einbindung in das Fernreise-, Regional- und Nahverkehrsnetz, wie sie die Planung am Standort Schönefeld ermögliche, nicht ausgleichen (a.a.O., S. 10). Vor diesem Hintergrund mussten die Verfasser des LEP FS der Frage, ob und mit welchem Kostenaufwand die von den Klägern favorisierte Schienenanbindung Sperenbergs technisch und rechtlich realisierbar sein könnte, nicht weiter nachgehen.
Im In.-Gutachten vom 13. Februar 2003 wird ferner ausgeführt, dass die ausreichende Erschließung des Standorts Sperenberg über das Straßennetz nur durch zusätzliche Neu- und Ausbauten hergestellt werden könne (S. 26). Die südlich des Berliner Außenrings vorgesehenen oder bereits realisierten Ausbaumaßnahmen (zweispuriger Ausbau der B 101, Ortsumgehungen Luckenwalde, Jüterbog, Zossen) seien nicht ausreichend. Aus dieser Sicht ist nicht zu beanstanden, dass der LEP FS flughafenbedingten Straßenbauvorhaben im Einklang mit § 19 Abs. 4 LEPro eine Absage erteilt und dem ergänzenden Ausbau des Straßennetzes am Standort Schönefeld den Vorrang eingeräumt hat. Die Plangeber stellen schließlich ohne Abwägungsfehler darauf ab, dass die allgemeine Akzeptanz eines Flughafenstandorts für den motorisierten Individualverkehr (Fluggäste, Beschäftigte, Besucher) mit seiner Entfernung vom Hauptaufkommensgebiet sinke, weil die Fahrzeit und die finanziellen Belastungen der PKW-Nutzung steige (vgl. Nr. 4.3 und 6 Abs. 2 zu Z 1 des LEP FS).
5.1.3 Wirtschaftliche Impulse
Die wirtschaftlichen Vorteile eines stadtnahen Flughafens im Vergleich zu einem stadtfernen sieht der LEP FS in höheren Wirtschaftsimpulsen und stärkeren Multiplikationseffekten. Von einem stadtnahen Standort erwarten die Plangeber bis zu einem Drittel mehr Arbeitsplätze. Grund dafür sei auch der Einfluss des Flughafens auf die Standortgunst: Ein stadtnaher internationaler Verkehrsflughafen werde die drei wichtigsten Standortfaktoren (Nähe der Märkte, Verkehrs- und Infrastruktur, Arbeitskräftepotential) und die Anziehungskraft Berlins stärken. Dies sei im Standortwettbewerb der Regionen für die Ansiedlung insbesondere von Unternehmen im Dienstleistungsbereich von hervorragender Bedeutung (Nr. 4.5 zu Z 1 des LEP FS). Die Kläger sehen hierin nur “vage Vermutungen und Hoffnungen ohne entsprechende Belege oder Angabe nachvollziehbarer Untersuchungen”. Der Vorwurf ist nicht berechtigt. Die Plangeber sind keiner Fehleinschätzung der wirtschaftlichen Bedeutung eines stadtnahen Flughafenstandorts erlegen.
Im Aufstellungsverfahren des LEP FS hat die Gemeinsame Landesplanungsabteilung eine gutachterliche Stellungnahme der P… C… GmbH Essen und der Brandenburgischen Technischen Universität Cottbus (Expertise zur “Einschätzung wirtschaftlicher Impulse im Vergleich von stadtnahen und -fernen Flughafenstandorten”, Februar 2003) eingeholt. Die Expertise wertet zahlreiche Untersuchungen zu deutschen und ausländischen Verkehrsflughäfen aus, die sich aus volks- und betriebswirtschaftlicher Sicht mit der gegenseitigen Verflechtung stadtnaher Flughäfen und der Wirtschaftsstruktur ihres Umfeldes befassen. Ihre Ergebnisse stützen die Annahme der Plangeber, dass von einem Flughafen in Stadtnähe im Vergleich zu einem stadtferneren Standort – unter Berücksichtigung der Wirtschaftsstruktur und der Wirtschaftskraft Berlins – ein “höherer Wirtschaftsimpuls” und ein “stärkerer Multiplikationseffekt” ausgehen würde (a.a.O., S. 15). Im Einzelnen vermittelt die Expertise nach Auswertung von 14 Untersuchungen das folgende Bild:
Einem stadtnahen Standort wird infolge seiner Lagegunst (Nähe zum Wirtschafts- und Dienstleistungspotential des großstädtischen Ballungsraumes und der Hauptstadtregion) eine höhere flughafeninduzierte Arbeitsplatzwirksamkeit bescheinigt, die nach gutachtlichen Erkenntnissen bis zu einem Drittel betragen kann (Summe der direkt und indirekt durch einen Flughafen generierten Arbeitsplätze). Dabei wird berücksichtigt, dass Flughäfen nicht nur bedeutende regionale Arbeitgeber sind, die ein Umfeld mit einem Arbeitsmarkt bevorzugen, aus dem der Bedarf an speziell qualifizierten Arbeitskräften gedeckt werden kann. Ein zweiter Wirkungsfaktor liegt in der Nachfrage, die vom Flughafen im weitesten Sinne ausgeht und sich auf Güter und Dienstleistungen von bereits im Flughafenumfeld angesiedelten Unternehmen richtet. Nach vorliegenden Berechnungen geht bei einem stadtnahen Standort über die Hälfte des Auftragsvolumens in das Umfeld des Flughafens, während sich dieses Auftragsvolumen bei einem stadtfernen Standort deutlich reduziert. Diese unterschiedlichen Wachstumseffekte werden auf die Vernetzung eines stadtnahen Standorts mit den nahe gelegenen Absatz- und Beschaffungsmärkten sowie auf die Nähe zu bereits ansässigen Unternehmen im großstädtischen Ballungsraum zurückgeführt (vgl. hierzu zusammenfassend: Expertise 2003, S. 3 bis 7, 15).
Die von der Expertise ausgewerteten Untersuchungen (a.a.O., S. 15) konnten den Plangebern auch als Beleg dafür dienen, dass ein leistungsfähiger internationaler Verkehrsflughafen ein wichtiger Standortfaktor für die Unternehmensansiedlung ist. Insbesondere für international agierende Unternehmen, Unternehmenszentralen und Dienstleister sind nicht nur die Erreichbarkeit eines stadtnahen Flughafens von großer Bedeutung, sondern auch die Attraktivität und das Prestige des Flughafenumfeldes in der nationalen und internationalen Wahrnehmung. Die Begründung des LEP FS hebt deshalb zutreffend hervor, dass Ansiedlungsentscheidungen vielfach durch die Kombination sog. weicher Standortfaktoren wie das Kultur-, Freizeit- und Wohnangebot, sowie ganz allgemein durch das Image des Standortes in der öffentlichen Wahrnehmung geprägt werde. Es ist nachvollziehbar, dass diese standortprägenden Einflüsse mit zunehmender Stadtentfernung deutlich an Wirkung verlieren (zur Bewertung von Standorteffekten eines Flughafens vgl. insbesondere: ARGE BBI-RegioPlan, BBI – Regiokonzept – Konzeption zur Entwicklung des Flughafenumfeldes Berlin Brandenburg International (BBI) Schönefeld, Berlin 2000, S. 12 ff., 91 ff.; Hänsch/Niethammer/Oeser ≪Hrsg.≫, Mediation Flughafen Frankfurt/Main, Bericht vom 2. Februar 2000, S. 69 ff., 79 ff.).
5.2 Vergleich Schönefeld – Sperenberg
Die Entscheidung der Plangeber, den bezeichneten Vorteilen eines ballungsraumnahen Standorts im Vergleich mit einem stadtfernen Standort wie Sperenberg (oder Jüterbog-Ost) ausschlaggebende Bedeutung beizumessen, verletzt das landesplanerische Abwägungsgebot (§ 7 Abs. 7 Satz 1 ROG, Art. 7 Abs. 4 Satz 1 LPlVertrag) ebenfalls nicht. Die von den Klägern gegen dieses Abwägungsergebnis angeführten raumplanerischen Erfordernisse, Grundsätze und öffentlichen Belange stellt der LEP FS ohne Abwägungsfehler zurück.
5.2.1 Raumordnungsverfahren 1994
Besonderen Nachdruck legen die Kläger auf den Einwand, die Träger der Landesplanung hätten sich nicht sachgerecht mit den Ergebnissen des Raumordnungsverfahrens 1994 auseinander gesetzt und nicht hinreichend berücksichtigt, dass nach der landesplanerischen Beurteilung vom 16. November 1994 die Standorte Sperenberg und Jüterbog-Ost aus der Sicht der Raumordnung grundsätzlich geeignet seien, der Standort Schönefeld-Süd hingegen nicht. Dieser Vorwurf ist aus formalen und inhaltlichen Gründen unberechtigt.
Landesplanerische Beurteilungen, die das Ergebnis eines Raumordnungsverfahrens (§ 15 ROG) sind, ersetzen Planfeststellungen, Genehmigungen oder sonstige Zulassungsentscheidungen, die nach anderen Rechtsvorschriften erforderlich sind, nicht. § 3 Nr. 4 ROG zählt sie zu den sonstigen Erfordernissen der Raumordnung. Sie sind bei der Aufstellung von Landesentwicklungsplänen im Rahmen der Abwägung zu berücksichtigen (§ 3 Nr. 6 und 7, § 4 Abs. 2 ROG), enthalten jedoch – anders als Ziele der Raumordnung – keine verbindlichen Vorgaben, die von den Trägern der Fachplanung gemäß § 4 Abs. 1 ROG zu beachten sind. Sie entfalten auch keine unmittelbaren Rechtswirkungen gegenüber dem Einzelnen.
Die förmliche Pflicht zur Berücksichtigung der landesplanerischen Beurteilung von 1994 war auf vier Jahre begrenzt (vgl. die abschließenden Hinweise in der Beurteilung, S. 252); diese Frist war zu Beginn der Aufstellung des LEP FS im Jahr 2002 abgelaufen. Die Landesentwicklungsplanung war zwar aus Rechtsgründen nicht gehindert, die Ergebnisse der landesplanerischen Beurteilung ungeachtet des Fristablaufs ihrer Standortentscheidung zugrunde zu legen. Sie war dazu aber nicht verpflichtet und durfte nach einer erneuten Abwägung der Standortalternativen zu einem abweichenden Ergebnis kommen. Ein solches Ergebnis unterliegt zwar einer besonderen Begründungslast, der die Verfasser des LEP FS jedoch nicht ausgewichen sind. In der Planbegründung wird ausgeführt, dass sich die tatsächlichen und rechtlichen Grundlagen der Landesplanung seit der landesplanerischen Beurteilung von 1994 wesentlich geändert haben (Nr. 5.2 zu Z 1 des LEP FS). Das trifft zu.
Gegenstand des Raumordnungsverfahrens 1994 war das in den Antragsunterlagen der Vorhabenträgerin beschriebene Vorhaben eines Flughafens, der nach Inbetriebnahme der ersten Ausbaustufe (2004) über zwei Start- und Landebahnen und im Endausbau (2030) über vier Start- und Landebahnen für 60 Mio. Passagiere pro Jahr verfügen sollte. Das zeigt die Unterscheidung zwischen erster Ausbaustufe und Endausbau, die den Standortvergleich wie ein roter Faden durchzieht (vgl. etwa S. 32 ff., 133, 168 ff., 173 ff., 181 ff., 224 ff.). Dieses Großvorhaben ist Gegenstand der abschließenden Abwägung gewesen (S. 250). Der LEP FS dient demgegenüber der Standortentwicklung für einen “mittelgroßen Verkehrsflughafen” (Nr. 6 Buchst. c zu Z 1 des LEP FS) mit einem “modernen Zwei-Bahnen-System” (Nr. 5.4.1 Abs. 3 zu Z 1 des LEP FS). Es ist offensichtlich, dass sich dieser Größenunterschied unmittelbar auf raumordnerische Abwägungsfaktoren wie die Verkehrsanbindung, den Flächenverbrauch und Eingriffe in Natur und Landschaft, Anzahl und Größe der von Umsiedlung betroffenen Ortschaften und die Größe des von Fluglärm betroffenen Anwohnerkreises auswirkt. Den Klägern ist zwar einzuräumen, dass die landesplanerische Beurteilung vom 16. November 1994 lediglich den Bedarf für einen Flughafen mit einer Kapazität von 30 Mio. Passagieren pro Jahr und zwei Start- und Landebahnen bejaht (a.a.O., S. 27 f.) und damit die Bedarfsprognose, die dem LEP FS zugrunde liegt, vorweggenommen hat. Gegenstand der abschließenden raumordnerischen Beurteilung von 1994 ist gleichwohl das seinerzeit geplante Großvorhaben geblieben.
Der Landesplanungsvertrag vom 6. April 1995 stellt Aufgaben und Trägerschaft der Landesplanung in den Ländern Berlin und Brandenburg nicht nur auf neue institutionell-organisatorische, sondern auch auf neue inhaltliche Grundlagen. An die Stelle der bisherigen obersten Landesplanungsbehörden der beiden Länder tritt eine gemeinsame Landesplanungsabteilung, die nunmehr die Aufgaben und Befugnisse der zuvor zuständigen obersten Landesbehörden wahrnimmt (vgl. Art. 1 Abs. 1, Art. 2 Abs. 1 LPlVertrag). Gemeinsamer Planungsraum ist jetzt das Gesamtgebiet beider Länder. Der gemeinsamen Landesplanung steht es frei, in der Standortfrage Beurteilungskriterien zu entwickeln, die sich von denen der obersten Landesplanungsbehörde in Brandenburg, die das Raumordnungsverfahren 1994 durchgeführt hat, abweichen und den Erfordernissen einer auf Dauer angelegten Raumordnung und Landesplanung in dem erweiterten Planungsraum gerecht werden. Der LEP FS schöpft den neu eröffneten Planungsfreiraum aus. Er verzichtet jedoch nicht auf eine kritische Auseinandersetzung mit dem Ergebnis des Raumordnungsverfahrens von 1994 und macht vorab deutlich, aus welchen Gründen er das Leitbild der dezentralen Konzentration und die Lärmbetroffenheit im Vergleich zwischen stadtfernen und stadtnahen Standortalternativen anders bewertet und gewichtet als die landesplanerische Beurteilung von 1994 (vgl. Nr. 5.2 zu Z 1 des LEP FS). Weitergehende Anforderungen stellt das raumordnerische Abwägungsgebot nicht.
5.2.2 Dezentrale Konzentration
Die Verfasser des LEP FS haben das raumordnerische Leitbild der dezentralen Konzentration weder verkannt noch fehlgewichtet.
Nach § 3 Abs. 1 Satz 1 LEPro ist in dem gemeinsamen Planungsraum der Länder Berlin und Brandenburg “eine polyzentrische Landesentwicklung auf der Grundlage des raumordnerischen Leitbildes der dezentralen Konzentration” zu betreiben. Absatz 4 der Vorschrift erhebt dieses Leitbild zur Grundlage der Landesentwicklungsplanung, der Regionalplanung und der Fachplanungen (Satz 1). Er bestimmt ferner, dass Standortentscheidungen für öffentliche Einrichtungen unter Beachtung des raumordnerischen Leitbildes zu treffen sind, soweit sie nicht sachnotwendig an die Bundes- oder Landeshauptstadt gebunden sind und nichts anderes bestimmt ist (Satz 3). Mit dem Oberverwaltungsgericht für das Land Brandenburg (Urteil vom 10. Februar 2005 – OVG 3 D 104/03.NE – UA S. 42) ist davon auszugehen, dass dieses “Leitbild” kein Ziel, sondern einen Grundsatz der Raumordnung i.S.d. bundesrechtlichen Vorgaben darstellt. Das Leitbild erfüllt nicht die Anforderungen an die räumliche und sachliche Bestimmtheit von Zielen der Raumordnung i.S.v. § 5 Abs. 4 Satz 1 ROG a.F. (i.d.F. der Bekanntmachung vom 28. April 1993, BGBl I S. 630), an dem das Landesentwicklungsprogramm insoweit noch zu messen ist (§ 23 Abs. 1 ROG 1998).
Das Leitbild der dezentralen Konzentration erstreckt sich auch auf Standortentscheidungen für öffentliche Einrichtungen, weist jedoch nicht bestimmte Infrastrukturvorhaben einem konkreten Standort innerhalb des gemeinsamen Planungsraums zu. Diese planerische Zurückhaltung erklärt sich aus der raumordnerischen Funktion des Leitbildes, das einen Interessenausgleich zwischen Berlin, dem Brandenburger Teil des engeren Verflechtungsraumes sowie dem äußeren Entwicklungsraum schaffen soll (vgl. § 3 Abs. 1 Satz 2 LEPro). In der Begründung zu § 3 LEPro heißt es, raumordnerische Leitbilder stellten “einen grundsätzlichen Orientierungs- und Handlungsrahmen mit langfristigem Zeithorizont” dar, die der “Gefahr eines verkürzten konzeptionellen Ansatzes” entgegenwirken sollten. Der gemeinsamen Landesentwicklungsplanung wird damit ein gesamträumlicher Interessenausgleich zwischen den verschiedenen Teilräumen und ihren Funktionen (vgl. § 4 LEPro) aufgegeben. Nicht ein einzelnes Infrastrukturvorhaben, sondern die Gesamtheit aller raumordnungsrechtlich bedeutsamen Planungen soll das Leitbild verwirklichen. Dieser Ansatz würde verfehlt, wenn das Leitbild als rechtsverbindlicher Beurteilungsmaßstab für die Standortbestimmung eines einzelnen Infrastrukturvorhabens herangezogen würde.
Das Leitbild der dezentralen Konzentration erfährt im Übrigen selbst eine gewisse Relativierung durch weitere Leitbilder und Grundsätze der Landesentwicklungsplanung. Der äußere Entwicklungsraum, in dem Sperenberg liegt, soll auch hinsichtlich seiner naturräumlichen Potentiale erhalten und verbessert werden (§ 7 Abs. 1 LEPro). Nach den Leitvorstellungen der Landesplanung sollen Infrastrukturvorhaben nicht beliebig an zentrenfernen Standorten realisiert werden. § 10 LEPro sieht auch für den äußeren Entwicklungsraum Zentren der dezentralen Konzentration vor. § 12 LEPro nennt industriell-gewerbliche Entwicklungsstandorte im äußeren Entwicklungsraum, zu denen insbesondere der Standort Sperenberg nicht gehört. Der Beklagte weist daher zutreffend darauf hin, dass es der angestrebten polyzentrischen Landesentwicklung nicht ohne weiteres entsprechen dürfte, ein großräumig bedeutsames Infrastrukturvorhaben wie einen internationalen Verkehrsflughafen abseits von Zentren der dezentralen Konzentration zu errichten.
Nach § 3 Abs. 4 Satz 3 LEPro erfasst das Leitbild nicht die Infrastruktureinrichtungen, die “sachnotwendig an die Bundes- oder Landeshauptstadt gebunden sind”. “Sachnotwendig” dürfte hier i.S.v. “vernünftigerweise geboten” zu verstehen sein. Das eröffnet der Landesplanung die Möglichkeit, je nach Größe und Funktion der Infrastruktureinrichtung auch die Nähe zum großstädtischen Ballungsraum und zur Metropole Berlin angemessen zu berücksichtigen. Hinsichtlich der Luftverkehrsplanung konkretisiert das Landesentwicklungsprogramm diese “Berlin-Klausel”. § 19 Abs. 11 LEPro 1998 bestimmte zunächst, dass zur Deckung des Luftverkehrsbedarfs in Brandenburg und Berlin der Ausbau des Flughafens Schönefeld als “Single”-Standort vordringlich zu betreiben sei. Diese Zielaussage wurde 2003 durch die weichere Formulierung ersetzt, eine enge räumliche Beziehung des Flughafens zum Aufkommensschwerpunkt Berlin mit kurzen Zugangswegen und unter Einbindung in das vorhandene Verkehrssystem solle angestrebt werden. In beiden Fassungen verdeutlicht § 19 Abs. 11 LEPro, dass das Leitbild der dezentralen Konzentration im planerischen Gesamtgefüge des Landesentwicklungsprogramms keine absolute, ausnahmslose Geltung beanspruchen will.
Die Träger der gemeinsamen Landesplanung haben die Steuerungsfunktion des Leitbildes der dezentralen Konzentration angemessen berücksichtigt. Sie sind zu Recht davon ausgegangen, dass der Grundgedanke dieses Leitbildes, einen Interessenausgleich zwischen Berlin, dem Brandenburger Teil des engeren Verflechtungsraumes sowie dem äußeren Entwicklungsraum zu schaffen (§ 3 Abs. 1 Satz 2 LEPro), der Wahl eines stadtnahen Standortes für einen internationalen Verkehrsflughafen nicht entgegensteht, wenn die Abwägung ergibt, dass dieser Standort aus landesplanerischen Gründen gegenüber stadtfernen Standortoptionen eindeutig vorzugswürdig ist. Zu diesem Ergebnis sind die Plangeber in ihrer abschließenden Gesamtbetrachtung (Nr. 6 Abs. 1 zu Z 1 des LEP FS) gelangt. Dabei nehmen sie weitere Grundsätze des Landesentwicklungsprogramms auf, die ein Gegengewicht zum Leitbild der dezentralen Konzentration bilden (vgl. § 3 Abs. 4 Satz 3 LEPro: “Sachnotwendige” Bindung an die Bundes- oder Landeshauptstadt; § 5 Abs. 1 LEPro: Stärkung der Metropolenfunktion von Berlin; § 6 Abs. 2 LEPro: Stärkung Potsdams in seiner Funktion als Landeshauptstadt; § 19 Abs. 11 LEPro: “enge räumliche Beziehung des Flughafens zum Aufkommensschwerpunkt Berlin mit kurzen Zugangswegen und unter Einbindung in das vorhandene Verkehrssystem”). Aus dieser Sicht ist es nachvollziehbar und folgerichtig, dass sich der LEP FS der positiven Beurteilung der Standorte Sperenberg und Jüterbog-Ost im Raumordnungsverfahren von 1994 nicht angeschlossen hat.
5.2.3 Belastung durch Fluglärm
Die Träger der gemeinsamen Landesplanung haben bei ihrer Entscheidung zugunsten des Standortes Schönefeld auch hinreichend berücksichtigt, dass bei der Wahl eines stadtfernen Standorts die Anzahl der vom Fluglärm Betroffenen wesentlich geringer ist als am Standort Schönefeld.
Nach Ansicht der Kläger stellt der LEP FS einseitig darauf ab, dass sich die Zahl der gegenwärtig vom Fluglärm betroffenen Anwohner im Flughafensystem von Berlin infolge der Konzentration auf den Standort Schönefeld und nach Schließung der Flughäfen Tegel und Tempelhof um etwa rund 100 000 verringere. Ausgeblendet werde bei diesem Zahlenvergleich, dass bei der Standortentscheidung für Schönefeld “im Vergleich zu Sperenberg eine 13fach größere bzw. im Vergleich zu Jüterbog-Ost eine 25fache Zahl von Anwohnern durch Lärm betroffen wäre”. Dazu verweisen die Kläger auf die landesplanerische Beurteilung vom 16. November 1994 (vgl. dort S. 179, 240). Der LEP FS leide daher an einem durchgreifenden landesplanerischen Ermittlungsdefizit und einem inneren Wertungswiderspruch (Abwägungsfehler der Disproportionalität). Die Kläger berufen sich nunmehr auch auf das (nicht rechtskräftige) Urteil des Oberverwaltungsgerichts für das Land Brandenburg vom 10. Februar 2005 – OVG 3 D 104/03.NE –, das die Zielaussage Z 1 des LEP FS (und damit den gesamten Landesentwicklungsplan) u.a. deshalb für unwirksam erklärt hat, weil die Plangeber die Zahl der tatsächlich und künftig lärmbetroffenen Anwohner an den Standorten Schönefeld und Sperenberg unzureichend bzw. unzutreffend ermittelt hätten (UA S. 63 ff.).
Diese Kritik vermag im Ergebnis ebenso wenig zu überzeugen wie das vorgenannte Urteil des Oberverwaltungsgerichts vom 10. Februar 2005, dessen tragende Gründe die Kläger sich zu Eigen gemacht haben. Die Standortfestlegung in Z 1 des LEP FS wird auch insoweit den Anforderungen des Abwägungsgebots gerecht. Einer Umweltprüfung, wie sie nunmehr § 7 Abs. 5 ROG in Umsetzung der Plan-UP-Richtlinie 2001/42/EG fordert, unterlag die Standortfestlegung in Z 1 des LEP FS noch nicht. Dieses Erfordernis gilt nur für Raumordnungspläne, deren Aufstellung nach dem 20. Juli 2004 förmlich eingeleitet wurde. Mit der Neuregelung aufgeworfene Fragen nach Inhalt und Umfang der Umweltprüfung in der Raumordnung stellen sich hier daher nicht. Der vorliegende Streitfall gibt dem Senat jedoch Anlass, seine grundsätzlichen Ausführungen zum Verhältnis zwischen Raumordnung und luftverkehrsrechtlicher Fachplanung (vgl. oben Abschnitt B. 1.3 bis B. 1.5) im Hinblick auf die Bewältigung von Lärmschutzkonflikten bei zielförmigen Standortentscheidungen der Landesplanung wie folgt zu konkretisieren:
5.2.3.1 § 2 Abs. 2 Nr. 8 Satz 8 ROG formuliert als Grundsatz der Raumordnung, dass der Schutz der Allgemeinheit vor Lärm sicherzustellen ist. Nach § 33 Abs. 3 LEPro sind Nutzungen zur Vorsorge gegen Immissionen einander so zuzuordnen, dass schädliche Umwelteinwirkungen und Beeinträchtigungen auf schutzbedürftige Gebiete soweit wie möglich vermieden werden. Das gilt insbesondere bei der Standortfestlegung für raumbedeutsame Infrastruktureinrichtungen i.S.v. § 7 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 ROG. Das Gewicht dieser raumordnerischen Grundsätze steigt mit der Größe und der Einwohnerdichte der jeweils vom Fluglärm betroffenen Gebiete. Bei der Prüfung von Standortalternativen müssen die Träger der Landesplanung sich daher zumindest Klarheit über die flächen- und zahlenmäßige Größenordnung der Lärmbetroffenheiten an den in die Vergleichsbetrachtung einbezogenen Standorten verschaffen. Bereits auf der Grundlage einer Grobanalyse der Siedlungsstrukturen ins Auge fallende, gravierende Unterschiede im Ausmaß der Lärmbetroffenheit müssen in die Abwägung eingestellt werden.
Der Träger der Landesplanung darf jedoch von einer genauen numerisch-präzisen Ermittlung der Anzahl der jeweils von Fluglärm voraussichtlich betroffenen Anwohner absehen, wenn offenkundige Disparitäten im Ausmaß der Lärmbelastung nach seiner planerischen Konzeption in der Abwägung kein ausschlaggebendes Gewicht besitzen. Auch auf der Ebene der Raumordnung sind die künftigen Lärmemissionen der Standortalternativen nur dann näher zu untersuchen, wenn und soweit sie grundsätzlich geeignet sind, die planerischen Zielvorstellungen zu verwirklichen. Die Lärmauswirkungen einer bestimmten Standortalternative bedürfen deshalb keiner Detailprüfung mehr, wenn sich im Verlauf des Planungsprozesses abzeichnet, dass der Plangeber seine vorrangig verfolgten planerischen Ziele an diesem Standort nicht wird verwirklichen können. Das entspricht der Rechtsprechung des Senats, nach der es dem Planungsträger bei der Alternativenprüfung nicht verwehrt ist, die Umweltverträglichkeitsprüfung auf diejenige Variante zu beschränken, die nach dem aktuellen Planungsstand und gemessen an seinen Planungszielen noch ernstlich in Betracht kommt (vgl. zusammenfassend BVerwG, Urteil vom 25. Januar 1996 – BVerwG 4 C 5.95 – BVerwGE 100, 238 – zur Straßenfachplanung).
Der zahlen- und flächenmäßige Umfang der privaten Lärmbetroffenheiten kann bei einem ballungsraumnahen Standort aus der überörtlichen und überfachlichen Sicht der Landesplanung so bedeutsam sein, dass Lärmschutzbelange die raumordnerischen Gründe, die für einen stadtnahen Standort sprechen, in Frage stellen. In einem solchen Fall muss sich der Träger der Landesplanung mit der Frage auseinandersetzen, ob die Umsetzung seiner Standortentscheidung in einem nachfolgenden Planfeststellungsverfahren aus Gründen des Lärmschutzes auf unüberwindbare tatsächliche oder rechtliche Hindernisse stoßen oder den Vorhabenträger mit unverhältnismäßigen Kosten belasten würde. Ein Landesentwicklungsplan, dessen Verwirklichung im Zeitpunkt seines In-Kraft-Tretens dauerhafte Hindernisse tatsächlicher oder rechtlicher Art entgegenstehen, ist unwirksam. Eine solche Planung würde ihren gestaltenden Auftrag verfehlen. Insoweit gilt für raumordnerische Zielaussagen nichts anderes als für die kommunale Bauleit- oder die Fachplanung (vgl. hierzu BVerwG, Urteil vom 21. März 2002 – BVerwG 4 CN 14.00 – BVerwGE 116, 144, 147 m.w.N.).
Die Landesentwicklungsplanung kann zur Bewältigung voraussehbarer Lärmkonflikte an einem Standort nur die Mittel einsetzen, die ihr das Raumordnungsrecht zur Verfügung stellt. Diese Mittel beschränken sich im Wesentlichen auf die Festlegung der Siedlungs- und Freiraumstruktur und deren Konkretisierung in Gestalt von Planungszonen zur Siedlungsbeschränkung. Die Prüfung örtlicher Einzelheiten und die Erfüllung spezifisch fachgesetzlicher Anforderungen an ein wirksames und finanziell tragbares Lärmschutzkonzept bleibt der Entscheidung über die Zulässigkeit des Vorhabens in der Planfeststellung vorbehalten, in der dem Vorhabenträger auch die erforderlichen technischen oder betrieblichen Schutzvorkehrungen aufzuerlegen sind (vgl. BVerwG, Urteil vom 15. Mai 2003 – BVerwG 4 CN 9.01 – a.a.O., S. 194 f.). Die Landesplanung muss jedoch bereits auf ihrer Planungsebene vorausschauend prüfen, ob die Lärmschutzprobleme, die ihre Standortentscheidung auslösen wird, auf der Fachplanungsebene in diesem Sinne beherrschbar sein werden. Ist das nicht der Fall, obliegt es der Landesplanung, einen anderen Standort zu suchen.
5.2.3.2 Diesen Anforderungen wird der LEP FS gerecht. Die Planbegründung (Nr. 5.2 Abs. 4 zu Z 1 des LEP FS) hebt ausdrücklich hervor, dass ein Neubaustandort wie Sperenberg aufgrund der geringen Besiedlungsdichte des äußeren Entwicklungsraumes in Brandenburg “zu einer deutlich geringeren Anzahl der von Fluglärm betroffenen Anwohner” führen würde als ein Standort im dichter besiedelten engeren Verflechtungsraum. In der abschließenden Gesamtbetrachtung (Nr. 6 Abs. 2 zu Z 1 des LEP FS) wird erneut herausgestellt, dass an Flughafenstandorten außerhalb des engeren Verflechtungsraumes “eine wesentlich geringere Zahl Anwohner durch Fluglärm betroffen wäre”. Dem halten die Plangeber entgegen, dass ein stadtferner Standort die hoch zu gewichtenden Kriterien der Nähe zum Hauptaufkommensgebiet, der Verkehrsanbindung und der Schaffung wirtschaftlicher Entwicklungspotenziale in deutlich geringerem Maße erfüllen könne als ein stadtnaher Standort wie Schönefeld. Dabei haben sie nicht aus dem Blick verloren, dass ihre Standortwahl erhebliche Lärmkonflikte auslösen wird. Sie weisen darauf hin, dass diese Konflikte durch Siedlungsbeschränkungszonen, Umsiedlungen, Lärmschutz, Kompensationen und Umweltplanung “auf ein hinnehmbares Maß” zu reduzieren seien. Lärmauswirkungen, die nicht durch Optimierung der Bahngeometrie, luftfahrttechnische Maßnahmen wie lärmarme An- und Abflugverfahren sowie mit Betriebsbeschränkungen zu vermeiden seien, könnten durch Ausgleichs- oder sonstige Kompensationsmaßnahmen zu Lasten des Vorhabenträgers in ihrer Wirkung auf die betroffenen Anwohner gemildert werden. Lärm, der durch technische Maßnahmen nicht mehr verringert werden könne, sei durch sozialverträgliche Umsiedlungen (vgl. hierzu die Planaussagen Z 12 und G 13) sowie durch Entschädigungen und Kompensationen auszugleichen (vgl. Nr. 5.4.4.3 Abs. 5 zu Z 1 des LEP FS). Entsprechende Formulierungen finden sich in dem Bericht vom 13. Mai 2003 über das Erarbeitungsverfahren zum Planentwurf LEP FS (vgl. Teil II, Bl. 17443, 17445, 17447, 17460, 17521).
Zweifel an der landesplanerischen Einschätzung, die am Standort Schönefeld auftretenden Lärmkonflikte könnten mit dem herkömmlichen Instrumentarium der luftverkehrsrechtlichen Fachplanung angemessen bewältigt werden, sind von den Klägern nicht vorgetragen. Sie wären auch nicht berechtigt. Die Plangeber sind sich des beschränkten Handlungsspielraums auf der Ebene der Landesplanung bewusst. Die Planbegründung lässt nicht erkennen, dass sie die Möglichkeiten der fachplanerischen Konfliktbewältigung am Standort Schönefeld überschätzt haben könnten. Das gilt auch für die – im LEP FS nicht ausdrücklich angesprochene – potenzielle Anordnung von Nachtflugbeschränkungen. Der Verwendungszweck eines ausgebauten Flughafens am Standort Schönefeld steht Nachtflugbeschränkungen nicht von vornherein im Wege. Ziel des Ausbauvorhabens ist die Deckung des nationalen und internationalen Luftverkehrsbedarfs der Länder Berlin und Brandenburg (Z 1 des LEP FS). Gegenstand der Landesplanung ist nicht (mehr) ein internationaler Großflughafen mit vier Start- und Landebahnen für 60 Mio. Passagiere, sondern ein “mittelgroßer Verkehrsflughafen” mit einem “modernen Zwei-Bahnen-System” (Nr. 5.4.1 Abs. 3, Nr. 6 Buchst. c zu Z 1 des LEP FS).
5.2.3.3 Der Standpunkt des Oberverwaltungsgerichts für das Land Brandenburg in seinem Urteil vom 10. Februar 2005 (OVG 3 D 104/03.NE), das Ziel Z 1 des LEP FS leide an einem Ermittlungsdefizit hinsichtlich der Lärmauswirkungen an den Standorten Schönefeld und Sperenberg, ist mit Bundesrecht nicht vereinbar.
Die Träger der Landesplanung sind an das raumordnerische Abwägungsgebot in Art. 7 Abs. 4 Satz 1 und 2 LPlVertrag (i.d.F. des Gesetzes vom 15. März 2001, GVBl Bbg I, S. 42) gebunden. Das Oberverwaltungsgericht hat sich bei der Auslegung und Anwendung dieser Vorschrift von den Grundsätzen leiten lassen, die das Bundesverwaltungsgericht zur Abwägung von Belangen als Bestandteil jeder rechtsstaatlichen Planung (vgl. BVerwG, Urteil vom 20. Oktober 1972 – BVerwG 4 C 14.71 – BVerwGE 41, 67, 68; Urteil vom 14. Februar 1975 – BVerwG 4 C 21.74 – BVerwGE 48, 56, 63) entwickelt und auf das raumordnerische Abwägungsgebot der rahmenrechtlichen Vorschrift in § 7 Abs. 7 Satz 1 ROG übertragen hat (vgl. BVerwG, Urteil vom 15. Mai 2003 – BVerwG 4 CN 9.01 – BVerwGE 118, 181, 193 ff.). Dabei hat das Oberverwaltungsgericht die bundesrechtlichen Anforderungen, die es auf die landesplanerische Abwägung im Sinne von Art. 7 Abs. 4 Satz 1 LPlVertrag überträgt, überspannt.
Das Oberverwaltungsgericht ist der Ansicht (UA S. 63 bis 71): Die Plangeber hätten bei der Gewichtung der Fluglärmbelastungen jedenfalls “in gröberer Annäherung” die Zahl der von Fluglärm voraussichtlich betroffenen Anwohner “auf der Grundlage aktueller, wissenschaftlich anerkannter Erkenntnisse und Berechnungsverfahren” ermitteln müssen. Das sei nicht geschehen. In der von der gemeinsamen Landesplanungsabteilung eingeholten Plausibilitätsuntersuchung vom April 2003 zur Darstellung der Lärmbetroffenheit im LEP FS werde festgestellt, dass die berechneten Lärmkonturen aus fachlicher Sicht schon länger als überholt angesehen werden könnten, da sie sich ausschließlich an den Vorgaben des Fluglärmgesetzes von 1971 orientierten und neuere Erkenntnisse der Lärmwirkungsforschung unberücksichtigt ließen. Das gelte insbesondere für die Berechnung des äquivalenten Dauerschallpegels und den in der Nacht einwirkenden Maximalpegel, aber auch für die fehlende Unterscheidung nach Mittelungspegeln am Tag und in der Nacht. Die Zahl der nach neueren wissenschaftlich anerkannten Erkenntnissen tatsächlich von Fluglärm betroffenen Anwohner am Standort Schönefeld liege danach weitaus höher als im LEP FS angegeben. Da die Zahl der Lärmbetroffenen bei zutreffender Berechnung in einem dicht besiedelten Gebiet “um viel größere absolute Zahlen wächst als in einem dünn besiedelten Gebiet”, hätten die Plangeber berücksichtigen müssen, “dass sich in absoluten Zahlen die Schere zwischen dem Standort Schönefeld und einem stadtfernen Standort viel weiter öffnet” (UA S. 71).
Den Klägern ist einzuräumen, dass die Begründung zu Z 1 des LEP FS keine numerisch-präzisen Angaben zur Anzahl der potenziellen Lärmbetroffenen am Standort Sperenberg enthält. Es kann auch unterstellt werden, dass die Zahl der Lärmbetroffenen am Standort Schönefeld stärker ansteigen würde als am gering besiedelten Standort Sperenberg, wenn die Lärmimmissionen des prognostizierten Flugbetriebs im Anschluss an neuere Untersuchungen der Lärmwirkungsforschung auf der Grundlage eines äquivalenten Dauerschallpegels mit einem Halbierungsparameter von 3 (statt 4) berechnet würden, wie dies das Oberverwaltungsgericht fordert. Ein differenziertes Bild der Lärmbetroffenheiten ließe sich zweifellos durch die Berücksichtigung zu erwartender Maximalpegel und die Unterscheidung von Tag- und Nachtwerten gewinnen. Die Träger der Landesplanung waren jedoch nicht verpflichtet, diese spezifisch fachplanungsrechtlichen Maßstäbe anzulegen. Sie brauchten die Alternativenprüfung nicht bis zuletzt offen zu halten und alle zunächst erwogenen Alternativen gleichermaßen detailliert und umfassend zu untersuchen. Sie waren auch nicht genötigt, ihren raumordnerischen Standortvergleich auf Datengrundlagen zu stellen, deren Differenzierungsgrad und zahlenförmige Genauigkeit erst für die Regelung aktiver und passiver Lärmschutzmaßnahmen auf der Fachplanungsebene unerlässlich sind. Bei der vergleichenden Betrachtung von Standortalternativen braucht der Plangeber den Sachverhalt nur soweit aufzuklären, wie dies nach seinen Zielvorstellungen für eine sachgerechte Entscheidung und eine zweckmäßige Gestaltung des Planungsverfahrens erforderlich ist. Die Begründung des LEP FS lässt keine Zweifel daran aufkommen, dass die Plangeber eine stadtnahe Lösung der Standortfrage aus den genannten Gründen favorisieren. Von ihrer planerischen Konzeption aus durften sie es daher im Standortvergleich bei der Feststellung belassen, dass aufgrund der geringen Besiedlungsdichte des äußeren Entwicklungsraumes (Sperenberg und Jüterbog-Ost) ein Neubaustandort zu einer deutlich (“wesentlich”) geringeren Anzahl der vom Fluglärm betroffenen Anwohner führen würde als ein Standort im dichter besiedelten engeren Verflechtungsraum (Nr. 5.2 Abs. 4, Nr. 6 Abs. 2 zu Z 1 des LEP FS).
5.2.3.4 Die Kläger rügen im Anschluss an das Urteil des Oberverwaltungsgerichts für das Land Brandenburg vom 10. Februar 2005, die Träger der Landesplanung hätten die Planaussage des § 33 Abs. 3 LEPro zu gering gewichtet. Sie enthalte einen Grundsatz (kein Ziel) der Raumordnung und orientiere sich inhaltlich an dem immissionsschutzrechtlichen Trennungsgrundsatz des § 50 Satz 1 BImSchG, der bestimme, dass bei raumbedeutsamen Planungen die für bestimmte Nutzungen vorgesehenen Flächen einander so zuzuordnen seien, dass schädliche Umwelteinwirkungen so weit wie möglich vermieden werden. Das Bundesverwaltungsgericht (Urteil vom 28. Januar 1999 – BVerwG 4 CN 5.98 – BVerwGE 108, 248, 253) habe geklärt, dass § 50 BImSchG die Funktion einer Abwägungsdirektive zukomme. Eine Zurückstellung immissionsschutzrechtlicher Belange sei danach nicht von vornherein ausgeschlossen, setze jedoch voraus, dass die Planung “durch entgegenstehende Belange mit hohem Gewicht zwingend geboten ist” (OVG-Urteil, UA S. 62). Das sei den Plangebern offenbar nicht bewusst gewesen. In der Begründung zur Planaussage Z 1 des LEP FS seien weder § 33 Abs. 3 LEPro noch § 50 BImSchG erwähnt worden.
Dieser Vorwurf ist – abgesehen davon, dass § 50 BImSchG für Flugplätze nicht gilt (vgl. § 2 Abs. 2 Satz 1 BImSchG) – unbegründet. Das Oberverwaltungsgericht stellt selbst nicht in Abrede, dass die Plangeber einen stadtnahen Standort aus verkehrlicher und wirtschaftlicher Sicht landesplanerisch für vorzugswürdig halten. Es führt hierzu aus, “eine Fehlgewichtung dürfte … nicht darin zu sehen sein, dass die für den Standort des Flughafens sprechenden Belange als solche zu hoch gewichtet worden wären” (UA S. 72), schon die gute Erreichbarkeit dürfte die hohe Gewichtung der Nähe zum Aufkommensgebiet rechtfertigen (UA S. 74). Von diesem Standpunkt aus war eine eingehendere Auseinandersetzung mit den Anforderungen des Trennungsgebotes nicht erforderlich.
Der Rechtsprechung zu § 50 BImSchG ist nicht zu entnehmen, dass eine Zurückstellung immissionsschutzrechtlicher Belange nur dann abwägungsfehlerfrei ist, wenn die Planung durch entgegenstehende Belange “mit hohem Gewicht zwingend” geboten ist. Ob sich eine Abwägungsdirektive wie der Grundsatz der Trennung unverträglicher Raumnutzungen in der Abwägung durchsetzt, entscheidet sich erst in einer Bewertung der konkreten Einzelfallumstände vor dem Hintergrund der jeweiligen landesplanerischen Konzeption. Der Trennungsgrundsatz kann daher durch Belange von hohem Gewicht überwunden werden. Das gilt selbst dann, wenn man den Trennungsgrundsatz im Sinne einer früheren Rechtsprechung als “Optimierungsgebot” (BVerwG, Urteil vom 22. März 1985 – BVerwG 4 C 73.82 – BVerwGE 71, 163) bezeichnet, das eine möglichst weitgehende Berücksichtigung von Belangen des Umweltschutzes in der Planung verlangt. Auch ein derart qualifiziertes Berücksichtigungsgebot ist im Wege der Abwägung überwindbar (vgl. BVerwG, Beschluss vom 12. Juni 1990 – BVerwG 7 B 72.90 – DVBl 1990, 1185). “Optimierungsgebote” sind im Rahmen der Abwägung nicht “konkurrenzlos”, sondern können zumindest teilweise gegenüber Belangen der Wirtschaft zurücktreten (BVerwG, Beschluss vom 7. Juli 2004 – BVerwG 4 BN 16.04 – ZfBR 2005, 71). In einem solchen Fall trifft den Plangeber zwar eine gesteigerte Begründungslast, der sich die Träger der gemeinsamen Landesplanung jedoch nicht entzogen haben. Dürfte der Trennungsgrundsatz erst überwunden werden, wenn er auf “zwingende” Gegenbelange stößt, wäre er praktisch wie ein gesetzlicher Planungsleitsatz dem strikten Recht zuzuordnen. Soweit ist der erkennende Senat in seiner Rechtsprechung zu § 50 BImSchG nicht gegangen.
5.2.3.5 Unberechtigt ist auch der vom Oberverwaltungsgericht in seinem Urteil vom 10. Februar 2005 erhobene, von den Klägern übernommene Vorwurf, die Verfasser des LEP FS hätten die Lärmschutzbelange nicht aufgrund einer konkreten Einzelfallabwägung aller betroffenen Belange, sondern “systematisch” und “generell” im Sinne eines “absoluten Vorrangs” den verkehrlichen und wirtschaftlichen Vorteilen eines stadtnahen Standortes von vornherein untergeordnet. Die Abwägung der Lärmschutzbelange im LEP FS leidet ferner nicht an dem gerügten inneren Wertungswiderspruch.
Die Plangeber haben die Lärmschutzbelange der betroffenen Anwohner der potenziellen Flughafenstandorte in ihrer Gesamtheit als einen raumordnerischen Belang von Gewicht bewertet und die Wahl des Standorts Schönefeld u.a. auf die Erwartung gestützt, die Lärmschutzkonflikte seien im Planfeststellungsverfahren angemessen zu bewältigen. Die Kritik an dieser Einschätzung ist wie ausgeführt unbegründet. Eine “systematische Abwertung” der Lärmschutzbelange ist in der veröffentlichten (amtlichen) Planbegründung nicht erkennbar. Diktion und Argumentation des oberverwaltungsgerichtlichen Urteils erwecken eher den Eindruck, das Oberverwaltungsgericht gewichte die Lärmschutzbelange der Anwohner am Standort Schönefeld höher als die Verfasser des LEP FS. Es ist jedoch nicht Aufgabe der Verwaltungsgerichte, das Abwägungsergebnis des zuständigen Planungsträgers durch die eigene Bewertung und Gewichtung widerstreitender öffentlicher Belange zu korrigieren.
Das Oberverwaltungsgericht und mit ihm die Kläger sehen schließlich einen “Wertungswiderspruch” darin, dass die Plangeber ihre Entscheidung für den Standort Schönefeld einerseits darauf stützten, bei gleichzeitiger Schließung der Flughäfen Tegel und Tempelhof werde die Anzahl der durch Fluglärm betroffenen Anwohner auf weniger als 30 % gegenüber der gegenwärtigen Situation reduziert, andererseits den Gesichtspunkt der Reduzierung der Lärmbetroffenheit jedoch “raumordnerisch unberücksichtigt” ließen, “wenn es um die Wahl zwischen zwei Standorten gehe, von denen bei einem Standort die Lärmbetroffenheit deutlich höher als an dem anderen Standort sei” (UA S. 81). Ein solcher Wertungswiderspruch ist nicht erkennbar. Die Plangeber haben die Lärmbetroffenheiten am Standort Schönefeld nicht zu Lasten eines stadtfernen Standorts unberücksichtigt gelassen. Das ergibt sich schon wie aufgeführt aus der Begründung des LEP FS zur Zielvorgabe Z 1 (vgl. Nr. 5.2 Abs. 4 und unter Nr. 5.4.4.3) sowie aus der Prognose einer ausreichenden Konfliktbewältigung im nachfolgenden Planfeststellungsverfahren. Die Entscheidung der Plangeber, die Anzahl der Lärmbetroffenen innerhalb des Flughafensystems von Berlin durch Konzentration auf einen Standort am Rand des städtischen Ballungsraums deutlich zu reduzieren, von einer weitergehenden Verringerung der Lärmbetroffenheit durch Wahl eines stadtfernen Flughafenstandorts jedoch aus höher bewerteten landesplanerischen Gründen Abstand zu nehmen, ist nicht widersprüchlich, sondern Ausdruck einer Planungskonzeption, die sich im Rahmen planerischer Gestaltungsfreiheit bewegt.
5.3 Sicherung des Freiraums (§ 6 Abs. 3 LEPro)
Die Plangeber haben schließlich auch der Sicherung des Freiraums i.S.v. § 6 Abs. 3 LEPro bei der Abwägung zwischen stadtnahen und stadtfernen Standortoptionen kein zu geringes Gewicht beigemessen. Die Gegenansicht des Oberverwaltungsgerichts überzeugt nicht. Es überspannt auch hier die bundesrechtlichen Anforderungen an die raumordnerische Abwägung und das Erfordernis, das Abwägungsergebnis zu begründen.
Nach § 6 Abs. 3 Satz 1 und 2 LEPro ist der Sicherung des Freiraumes zur langfristigen Erhaltung der natürlichen Ressourcen und zur Wahrung der Lebensqualität im engeren Verflechtungsraum Brandenburg-Berlin, in dem Schönefeld liegt, Priorität einzuräumen. In diesem Raum hat die Planung durch nachhaltige Freiraumsicherung den hier besonders drohenden Gefahren der Zersiedlung der Landschaft, des großräumigen Verlustes an land- und forstwirtschaftlich genutzten Böden, der Verunstaltung des Landschaftsbildes und der Beeinträchtigung durch Immissionen Einhalt zu gebieten.
Das Oberverwaltungsgericht sieht in § 6 Abs. 3 LEPro einen Grundsatz (kein Ziel) der Raumordnung (§ 3 Nr. 3 ROG). Das ist bundesrechtlich nicht zu beanstanden. § 6 Abs. 3 LEPro ist nicht isoliert, sondern in einer Gesamtschau des Landesentwicklungsprogramms auszulegen, das gegenläufige Programmsätze einbezieht und den Grundsatz der Freiraumsicherung relativiert. Nach § 6 Abs. 1 Satz 1 und 2 LEPro hat der Brandenburger Teil des engeren Verflechtungsraumes vorrangig Ergänzungs- und Entlastungsfunktionen für Berlin, aber auch Entwicklungsaufgaben für das Land Brandenburg wahrzunehmen. § 14 Abs. 2 Satz 3 LEPro besagt, dass bei allen raumbedeutsamen Planungen und Maßnahmen für die sparsame und schonende Inanspruchnahme der Naturgüter und eine möglichst geringe zusätzliche Versiegelung des Bodens zu sorgen ist. § 15 Abs. 2 und 3 LEPro schreibt für den gesamten Bereich des Landes Brandenburg einen angemessenen Freiraumschutz vor; § 13 LEPro bekräftigt dies für die ländlichen Räume. Nach § 19 Abs. 4 Satz 1 LEPro ist die Nutzung bestehender Infrastrukturen anzustreben. § 19 Abs. 11 Satz 1 LEPro 2003 sieht vor, dass der Bedarf an Luftverkehrskapazitäten im Gesamtraum Berlin-Brandenburg vornehmlich innerhalb des bestehenden internationalen Flughafensystems gedeckt werden soll. Der Freiraumschutz im engeren Verflechtungsraum bildet also einen gewichtigen Abwägungsbelang, der jedoch in der konkreten Planungssituation durch andere raumordnerische Belange, die ebenfalls Niederschlag im Landesentwicklungsprogramm gefunden haben, überwunden werden darf.
Das Oberverwaltungsgericht berücksichtigt nicht hinreichend, dass der Standort Schönefeld mehreren Vorgaben des LEPro, insbesondere der Einbindung in das bestehende Straßen- und Schienennetz des großstädtischen Ballungsraumes, gerecht wird. Dass die Vorschrift des § 6 Abs. 3 LEPro in den Abschnitten 5.2 und 6 der Planbegründung zu Z 1 nicht mehr erwähnt wird, ist kein Begründungsmangel, der eine Fehlgewichtung (Disproportionalität) indiziert. Ein Blick auf die Planbegründung zeigt, dass die Plangeber die Belange des Freiraumschutzes und der Erhaltung natürlicher Ressourcen keineswegs übersehen haben: Sie führen aus, dass (abgesehen von Schönefeld) ein neuer Flughafenstandort im Brandenburger Teil des engeren Verflechtungsraumes der planerischen Grundkonzeption des § 6 Abs. 3 LEPro widerspreche, weil völlig neue Freiflächen zu erschließen seien, während am Standort Schönefeld vorhandene Flughafenflächen weiter genutzt werden könnten und der begrenzte zusätzliche Raumbedarf sich auf “nicht besonders bewertete Freiflächen” erstrecke (Nr. 5.3 Abs. 6 und 7 zu Z 1 des LEP FS). Die Plangeber berufen sich ferner ausdrücklich auf die Entwicklungsaufgaben des engeren Verflechtungsraumes (§ 6 Abs. 1 Satz 2 LEPro). An anderer Stelle tragen sie dem Freiraumschutz der Sache nach Rechnung. So führen sie gegen die Standorte Sperenberg und Jüterbog-Ost die dort “inzwischen erreichte höhere naturräumliche Wertigkeit” ins Feld, die sich in der Ausweisung von Natur- und Landschaftsschutzgebieten und eines FFH-Gebietes zeige (Nr. 5.2 Abs. 7 zu Z 1 des LEP FS).
6. Standortvergleich der Planfeststellungsbehörde
Der erkennende Senat hat keinen Anlass, den Standortvergleich, den die Planfeststellungsbehörde angestellt hat (PFB S. 380 bis 404), einer gesonderten Prüfung zu unterziehen.
Die Planfeststellungsbehörde hat zwar “ungeachtet der Standortfestlegung durch die Ziele der Raumordnung” und “ungeachtet § 4 Abs. 1 ROG” eine “eigene umfassende Standortprüfung und Standortabwägung unter Einbeziehung aller im Verfahren vorgebrachten Einwendungen und Stellungnahmen” vorgenommen (PFB S. 373, 383) und vermittelt damit den Eindruck, sie beanspruche die Befugnis, den Planfeststellungsantrag abzuweisen, falls sie zu dem Ergebnis gelangen sollte, dass angesichts der in die Abwägung einzustellenden Belange einem anderen als dem zur Planfeststellung beantragten Standort der Vorzug zu geben wäre (PFB S. 383). Aus ihrer rechtlichen Sicht entheben die landesplanerischen Vorentscheidungen sie nicht von einer eigenen Abwägung der Vor- und Nachteile der einzelnen in Betracht kommenden Standorte, dies insbesondere im Hinblick auf die von der Standortentscheidung betroffenen Privatpersonen; sie habe daher die abschließende Standortentscheidung zu treffen (PFB S. 402).
Dieser Ansatz wird jedoch der rechtlichen Bindungskraft der Zielaussagen in Z 1 des LEP FS nicht gerecht. Das verdeutlicht ein Blick auf die Kriterien, die der Planfeststellungsbeschluss zum Maßstab seines Standortvergleichs innerhalb und außerhalb des bestehenden Berliner Flughafensystems macht (PFB S. 382); er stellt die folgenden Anforderungen auf:
“enge räumliche Beziehungen zum Hauptaufkommensgebiet mit dem Schwerpunkt in Berlin als Metropole und weiter zu entwickelndem Zentrum von Politik, Wirtschaft, Wissenschaft, Kultur und Sport, mit möglichst kurzen Wegen und schnellen Verbindungen auch zu den übrigen Teilräumen des gemeinsamen Planungsraumes Berlin-Brandenburg;
Konzentration des Luftverkehrs auf einen Standort und damit gegenüber einem Mehr-Standorte-Betrieb Optimierung der Schienen- und Straßenanbindung, Erhöhung der Sicherheit beim Start- und Landeanflug, Verminderung von Immissionsbelastungen im Umfeld, Verbesserung der Wirtschaftlichkeit und Benutzerfreundlichkeit;
verkehrliche Einbindung in das übrige Verkehrsnetz, vor allem das Schienenverkehrsnetz;
Vermeidung oder Verminderung von räumlichen Nutzungskonflikten (vgl. § 50 BImSchG) und Verbesserung der Umweltbilanz;
Nutzung vorhandener Verkehrsinfrastrukturen (Grundsatz ‘Ausbau geht vor Neubau’) und günstige Verknüpfung mit anderen geplanten Verkehrsprojekten;
Nutzung wirtschaftlicher Entwicklungspotentiale und Schaffung entsprechender Impulse.”
Auf dieser Grundlage kommt die Planfeststellungsbehörde zu dem Ergebnis, dass es zum Standort Schönefeld keine vorzugswürdige Alternative gebe (PFB S. 403). Die genannten Kriterien sind – mit einigen sprachlichen Abweichungen – identisch mit den Standortanforderungen 4.1 bis 4.5 in der Begründung der Zielaussagen Z 1 des LEP FS. Diese Kriterien sind raumordnerischer (landesplanerischer) Natur. Der Planfeststellungsbeschluss weist selbst darauf hin, dass sich die Kriterien an die Begründung des LEP FS “anlehnen”. Eine Planungskompetenz bei der Standortwahl steht der Planfeststellungsbehörde jedoch seit dem Erlass des LEP FS durch Verordnung vom 28. Oktober 2003 nicht mehr zu. Einer raumordnerischen Abwägung der verschiedenen Standortalternativen bedurfte es auf der Ebene des Fachplanungsrechts angesichts der Zielaussagen in Z 1 des LEP FS nicht (mehr). An die raumordnerischen Zielaussagen ist die Planfeststellungsbehörde gemäß § 3 Nr. 2, § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 ROG gebunden (hierzu oben Abschnitt B. 1.4). Hinsichtlich des Standortvergleichs bewegt sich die Behörde also in einem Bereich, den ihr die Landesplanung verschlossen hat.
Das bleibt jedoch ohne rechtliche Folgen. Vordergründig beruht dies darauf, dass die Planfeststellungsbehörde im Wesentlichen mit denselben Erwägungen zu dem Ergebnis gelangt, das die gemeinsame Landesplanung vor Erlass des Planfeststellungsbeschlusses bereits in der Zielaussage Z 1 des LEP FS festgeschrieben hatte. Entscheidend ist jedoch, dass die Planfeststellungsbehörde mit diesen Ausführungen gleichzeitig ihrer Aufgabe gerecht geworden ist, die Vorzüge, welche die Träger der Landesplanung mit ihrer Standortentscheidung verbinden, im Verhältnis zu den entgegenstehenden sonstigen öffentlichen, privaten und kommunalen Belangen zu bewerten und zu gewichten. Sie beschränkt ihre Abwägung nicht auf die genannten raumordnerischen Erwägungen. Sie prüft die Alternativen auch “unter Berücksichtigung der mit dem Vorhaben am jeweiligen Standort ansonsten berührten öffentlichen und privaten Belange” und kommt “unter Abwägung aller unterschiedlichen, teilweise gegenläufigen öffentlichen und privaten Belange” zu dem Ergebnis, dass die Vorteile des Standorts Schönefeld, die für die Träger der Landesplanung ausschlaggebend waren, schwerer wiegen als die mit dieser Standortwahl verbundenen Beeinträchtigungen der privaten, kommunalen und sonstigen öffentlichen Belange.
C. Planrechtfertigung
Der angegriffene Planfeststellungsbeschluss erfüllt das fachplanungsrechtliche Erfordernis der Planrechtfertigung.
1. Grundsätze
Die Planrechtfertigung ist ein ungeschriebenes Erfordernis jeder Fachplanung und eine Ausprägung des Prinzips der Verhältnismäßigkeit staatlichen Handelns, das mit Eingriffen in private Rechte verbunden ist. Das Erfordernis ist erfüllt, wenn für das beabsichtigte Vorhaben gemessen an den Zielsetzungen des jeweiligen Fachplanungsgesetzes ein Bedarf besteht, die geplante Maßnahme unter diesem Blickwinkel also erforderlich ist. Das ist nicht erst bei Unausweichlichkeit des Vorhabens der Fall, sondern wenn es vernünftigerweise geboten ist (BVerwG, Urteile vom 7. Juli 1978 – BVerwG 4 C 79.76 u.a. – BVerwGE 56, 110, 118 f., vom 5. Dezember 1986 – BVerwG 4 C 13.85 – BVerwGE 75, 214, 232 f. und vom 8. Juli 1998 – BVerwG 11 A 53.97 – BVerwGE 107, 142, 145).
Damit verbinden sich im vorliegenden Streitfall zwei Voraussetzungen. Die erste ist erfüllt, wenn das Vorhaben den Zielen des Luftverkehrsgesetzes entspricht. Das ist das Erfordernis der fachplanerischen Zielkonformität. Die zweite Voraussetzung steht im Zusammenhang mit dem enteignenden Zugriff auf privates Grundeigentum, das für das Ausbauvorhaben am Standort Schönefeld benötigt wird. Der Planfeststellungsbeschluss entfaltet enteignungsrechtliche Vorwirkung. Nach § 28 Abs. 2 LuftVG ist der festgestellte Plan dem Enteignungsverfahren zugrunde zu legen und für die Enteignungsbehörde bindend. Die mit dem Vorhaben verfolgten öffentlichen Interessen müssen daher generell geeignet sein, entgegenstehende Eigentumsrechte zu überwinden. Das folgt aus Art. 14 Abs. 3 Satz 1 GG, der bestimmt, dass eine Enteignung nur zum Wohle der Allgemeinheit zulässig ist. Erfüllt das planfestgestellte Vorhaben dieses Gemeinwohlerfordernis, steht die Zulässigkeit der Enteignung privater Grundstücksflächen dem Grunde nach fest.
Ob das Wohl der Allgemeinheit den Zugriff auf das einzelne Grundstück letztlich erfordert, hängt von der weiteren planerischen Konkretisierung des Vorhabens in der Planfeststellung ab. Das private Eigentum darf gemäß Art. 14 Abs. 3 Satz 1 GG nur dann im Wege der Enteignung entzogen werden, wenn es im konkreten Fall benötigt wird, um besonders schwer wiegende und dringende öffentliche Interessen zu verwirklichen. Ob dies der Fall ist, entscheidet sich in der fachplanerischen Abwägung, in der das Vorhaben konkrete Gestalt annimmt. Dem Eigentum kommt in der Abwägung mit anderen öffentlichen und privaten Belangen ein besonderes Gewicht zu (vgl. BVerwG, Urteil vom 8. Juni 1995 – BVerwG 4 C 4.94 – BVerwGE 98, 339, 346 f.). Enteignungsbetroffene haben einen aus Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG folgenden verfassungsrechtlichen Anspruch auf effektive gerichtliche Prüfung, ob der konkrete Zugriff auf ihr Eigentum diesen Anforderungen genügt. Auf der Stufe der Planrechtfertigung wirft das die Fragen auf, ob das konkrete Flughafenvorhaben den Zielsetzungen des Luftverkehrsgesetzes genügt und öffentlichen Interessen dient, die dem Grunde nach geeignet sind, das Gemeinwohlerfordernis des Art. 14 Abs. 3 Satz 1 GG auszufüllen.
2. Zielkonformität
Nach Ansicht der Planfeststellungsbehörde ist das Ausbauvorhaben am Standort Schönefeld angesichts der prognostizierten Verkehrsentwicklung und im Hinblick auf die angestrebte Ersetzung der Flughäfen Tegel und Tempelhof vernünftigerweise geboten und damit fachplanerisch gerechtfertigt (PFB S. 327 f., 335 ff.). Das ist aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden.
Der Planfeststellungsbeschluss begründet die Abkehr vom gegenwärtigen Berliner Flughafensystem im Wesentlichen mit der Erwägung, dass das bisherige, aus der langjährigen Teilung Berlins und Deutschlands gewachsene System aus drei Gründen aufzugeben sei. Es könne das zu erwartende steigende Verkehrsaufkommen nicht funktionsgerecht bewältigen. Mit der Schließung der Flughäfen Tegel und Tempelhof könnten zugleich die zunehmenden Umweltbelastungen insbesondere durch den Fluglärm sowie das erhöhte Sicherheitsrisiko für die Bevölkerung an den beiden dicht besiedelten innerstädtischen Standorten deutlich verringert werden.
Alle drei Gesichtspunkte – und zwar auch jeder für sich allein – sind nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts geeignet, den Neu- oder Ausbau eines Flughafens zu rechtfertigen. Sie stehen in Einklang mit den Zielsetzungen des Luftverkehrsgesetzes (Zielkonformität). Zugleich stellen sie “Zwecke der Zivilluftfahrt” dar, für die § 28 Abs. 1 LuftVG die Enteignung zulässt (vgl. BVerwG, Urteile vom 7. Juli 1978 – BVerwG 4 C 79.76 u.a. – a.a.O., S. 120, vom 5. Dezember 1986 – BVerwG 4 C 13.85 – a.a.O., S. 232 f. und Urteil vom 11. Juli 2001 – BVerwG 11 C 14.00 – BVerwGE 114, 364, 375). Sie können daher grundsätzlich das Gemeinwohlerfordernis des Art. 14 Abs. 3 Satz 1 GG erfüllen. Die privatrechtliche Organisationsform des Flughafenbetreibers (hier der Beigeladenen zu 1) steht dem nicht entgegen. Genehmigte Verkehrsflughäfen dienen dem “allgemeinen Verkehr” (§ 6 Abs. 3 LuftVG, § 38 Abs. 2 Nr. 1 LuftVZO). Als Bestandteil der Verkehrsinfrastruktur erfüllen sie öffentliche Zwecke.
Mit ihrer Planrechtfertigung macht die Planfeststellungsbehörde sich die Luftverkehrsprognosen und die Gründe zu Eigen, welche die Träger der gemeinsamen Landesplanung ihrer Entscheidung (Z 1 des LEP FS) gegen die Beibehaltung des bisherigen Flughafensystems (“Null-Variante”) und für den Ausbau des Flughafens Schönefeld zum “Single”-Flughafen der Region zugrunde gelegt haben. Die Erwägungen, welche die Landesplanung zu dieser Entscheidung bewogen haben, halten – wie die Inzidentkontrolle der Zielvorgaben in Z 1 des LEP FS ergeben hat – der gerichtlichen Abwägungskontrolle stand und bedürfen deshalb an dieser Stelle keiner erneuten Überprüfung.
3. Schließung der Flughäfen Tegel und Tempelhof
Die Planrechtfertigung scheitert nicht daran, dass die geplante Schließung der Verkehrsflughäfen Tegel und Tempelhof und die Ersetzungsfunktion des Ausbauvorhabens in Schönefeld rechtlich unzureichend abgesichert sind.
Die Kläger tragen vor, der Ausbau des Flughafens Berlin-Schönefeld zum einzigen Flughafen der Region sei tragender Bestandteil der Planrechtfertigung. Die Ersetzungsfunktion müsse rechtlich unumkehrbar sichergestellt sein. Es fehle der für die Schließung der Flughäfen Tegel und Tempelhof erforderliche Planfeststellungsbeschluss. Der Widerruf der Betriebsgenehmigungen sei bei Erlass des Planfeststellungsbeschlusses nicht bestandskräftig gewesen. Außerdem seien die Widerrufsbescheide abwägungsfehlerhaft und rechtswidrig. Diese Einwendungen sind unbegründet.
Zuzustimmen ist den Klägern darin, dass der planfestgestellte Ausbau des Flughafens Schönefeld unter Beibehaltung der beiden innerstädtischen Flughäfen fachplanerisch nicht gerechtfertigt wäre. Das sieht die Planfeststellungsbehörde nicht anders (vgl. PFB S. 328, 335). Sie setzt die landesplanerische Standortentscheidung um, nach der das Ausbauvorhaben in Schönefeld und die Schließung der beiden Stadtflughäfen einander bedingen und untrennbar miteinander verbunden sind. Die Zielvorgaben in Z 1 des LEP FS bringen dies unmissverständlich zum Ausdruck. Sie sind von allen öffentlichen Stellen bei ihren raumbedeutsamen Planungen und Maßnahmen zu beachten (§ 4 Abs. 1 ROG). Adressat dieser Beachtenspflicht ist nicht nur die für die Luftverkehrsplanung zuständige Planfeststellungsbehörde des Landes Brandenburg, sondern auch die für den Widerruf der luftrechtlichen Genehmigungen für die Flughäfen Tegel und Tempelhof zuständige Behörde des Landes Berlin. Im Zusammenhang mit der Zulassung des Ausbauvorhabens am Standort Schönefeld gewinnt auch die Entscheidung, die Flughäfen Tegel und Tempelhof zu schließen, einen planungsrechtlichen Charakter. Insoweit stehen die Zielaussagen in Z 1 des LEP FS unter dem Vorbehalt einer länderübergreifenden einheitlichen Planung. Die beiden Regelungsgegenstände müssen deshalb so miteinander verknüpft werden, dass die Realisierung des Planungsziels gewährleistet ist. Ist es der Planfeststellungsbehörde wie hier verwehrt, das Planungsziel durch eine Entscheidung “aus einer Hand” zu verwirklichen, muss sie sich die Gewissheit verschaffen, dass die erforderlichen Schließungsverfügungen ergehen und umgesetzt werden.
Gemessen hieran ist die Planfeststellungsbehörde ohne Rechtsfehler zu dem Ergebnis gelangt, dass die Flughäfen Tegel und Tempelhof aller Voraussicht nach jedenfalls im zeitlichen Zusammenhang mit der Inbetriebnahme des planfestgestellten Ausbauvorhabens außer Betrieb gehen werden. Die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung hat als zuständige luftrechtliche Genehmigungsbehörde die Betriebsgenehmigungen für die beiden Stadtflughäfen mit Bescheiden vom 2. Juni 2004 (Tempelhof) und vom 29. Juli 2004 (Tegel) aufschiebend bedingt widerrufen (PFB S. 334 f.). Die Schließungsverfügungen lagen bei Erlass des Planfeststellungsbeschlusses vom 13. August 2004 vor. Die Planfeststellungsbehörde weist darauf hin, dass an der Rechtmäßigkeit des verfolgten Planungsziels und der Ernsthaftigkeit der beabsichtigten Schließungen nicht zu zweifeln ist (PFB S. 337). Ihre Einschätzung, es sei davon auszugehen, dass die Betriebsgenehmigung für den Flughafen Tegel spätestens sechs Monate nach der Aufnahme des Betriebs auf der neuen Südbahn aufgehoben sein werde (PFB S. 337), ist nicht zu beanstanden. Die Planfeststellungsbehörde teilt ferner die Ansicht der Widerrufsbehörde, die Sechs-Monats-Frist werde für den Umzug und eine kurze Zeit des Probebetriebs benötigt.
Ob der Flughafen Tempelhof – wie im Bescheid vom 2. Juni 2004 verfügt – “mit großer Wahrscheinlichkeit” (PFB S. 337) vorzeitig, nämlich mit Eintritt der Bestandskraft des hier angefochtenen Planfeststellungsbeschlusses, geschlossen wird, kann hier dahin stehen. Unter dem Gesichtspunkt der Planrechtfertigung ist auf den Zeitpunkt der Inbetriebnahme des planfestgestellten Vorhabens abzustellen. Insoweit bestehen nach Ansicht der Planfeststellungsbehörde keine ernstlichen Zweifel an der rechtzeitigen Schließung des Flughafens Tempelhof. Ein bis zum Eintritt der Bestandskraft der beiden Schließungsverfügungen nicht vollständig zu beseitigender Rest an Ungewissheit sei hinzunehmen, eine “endgültige Verhinderung der Schließung” beider Stadtflughäfen nicht zu erwarten. Das genügt den Anforderungen an die Planrechtfertigung und wird – für den Flughafen Tegel – durch das – noch nicht rechtskräftige – Urteil des Oberverwaltungsgerichts Berlin-Brandenburg vom 24. November 2005 (OVG 12 A 3.05) bestätigt, das die Klage mehrerer Fluggesellschaften gegen den Widerruf der luftrechtlichen Genehmigung für den Verkehrsflughafen Tegel abgewiesen hat.
Entgegen dem Klagevorbringen fehlt die Planrechtfertigung nicht etwa deshalb, weil die luftrechtlichen Genehmigungen isoliert und unabhängig vom Fortbestand der Planfeststellung widerrufen worden sind. Für die Planrechtfertigung genügt es, dass die geplante Ersetzungsfunktion des Flughafens Schönefeld verwirklicht werden kann. Das ist bereits mit dem Entzug der Betriebsgenehmigung der Fall, da damit die Nutzung als Verkehrsflughafen ausgeschlossen ist. Der Antrag auf Erlass einer neuen Betriebsgenehmigung bleibt zwar unbenommen. Die Neuerteilung stünde jedoch unter dem Vorbehalt des § 6 Abs. 3 LuftVG. Bei unveränderter Planungsgrundlage (Ausbau des Flughafens Berlin-Schönefeld zum “Single”-Flughafen) beeinträchtigte indes eine erneute Betriebsgenehmigung für die Flughäfen Tegel und/oder Tempelhof die öffentlichen Interessen in unangemessener Weise. Selbst wenn die Stilllegung eines planfestgestellten Verkehrsflughafens nur durch Aufhebung des Planfeststellungsbeschlusses erfolgen könnte, verletzte die Vorgehensweise der hier zuständigen Behörde die Kläger nicht in ihren Rechten. Private Dritte haben grundsätzlich keinen Anspruch auf Durchführung eines bestimmten Verwaltungsverfahrens (vgl. BVerwG, Urteil vom 26. September 2001 – BVerwG 9 A 3.01 – Buchholz 442.40 § 8 LuftVG Nr. 20).
4. Finanzielle Realisierbarkeit
Die Planrechtfertigung entfällt auch nicht deshalb, weil das Ausbauvorhaben aus finanziellen Gründen nicht realisiert werden könnte.
Die Kläger machen hierzu geltend, dass die veranschlagte Investitionssumme von 1,983 Mrd. € nicht ausreiche, die Finanzierungsplanung nicht zu halten sei und der planfestgestellte Flughafen über Jahrzehnte ein Zuschussgeschäft bleiben werde. Das Vorbringen bleibt erfolglos. Die Kläger unterscheiden nicht hinreichend zwischen der Finanzierbarkeit des Vorhabens einerseits und der Art und Weise seiner Finanzierung andererseits.
Für den Bereich des Fernstraßenbaus hat der erkennende Senat entschieden, dass die Art der Finanzierung nicht Gegenstand des Planfeststellungsbeschlusses ist (BVerwG, Urteil vom 20. Mai 1999 – BVerwG 4 A 12.98 – Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 154, S. 29, 30 ff. = NVwZ 2000, 555, 556). Den Mangel der Finanzierbarkeit des Vorhabens darf die Planfeststellungsbehörde hingegen nicht ignorieren. Eine Planung, die aus finanziellen Gründen nicht realisierbar ist, ist rechtswidrig und unzulässig. Ihr fehlt die Planrechtfertigung, weil sie nicht vernünftigerweise geboten ist. Die Planfeststellungsbehörde hat deshalb bei der Planaufstellung vorausschauend zu beurteilen, ob dem geplanten Bauvorhaben unüberwindbare finanzielle Schranken entgegenstehen würden (BVerwG, Urteile vom 20. Mai 1999 – BVerwG 4 A 12.98 – a.a.O. und vom 24. November 1989 – BVerwG 4 C 41.88 – BVerwGE 84, 123, 128). Das gilt auch für die luftverkehrsrechtliche Fachplanung.
Auf der Grundlage dieser Rechtsprechung weist die Planfeststellungsbehörde die Einwendungen der Kläger ohne Rechtsfehler zurück (PFB S. 338 f.). Zwar kann sie nicht auf eine gesetzgeberische Bedarfsfestlegung verweisen, die sich als Anhaltspunkt für eine gesicherte Finanzierung werten ließe (BVerwG, Urteil vom 22. Januar 2004 – BVerwG 4 A 32.02 – BVerwGE 120, 87, 100). Jedoch lassen sich Gesichtspunkte anführen, die in vergleichbarer Weise die Annahme rechtfertigen, dass der planfestgestellte Flughafenausbau nicht aus finanziellen Gründen scheitern werde. Der Planfeststellungsbeschluss verweist auf das Flughafenkonzept der Bundesregierung (Stand: 30. August 2000), in dem “die Kapazitätsbereitstellung für mindestens 30 Mio. Fluggäste p.a.” und damit die “Beseitigung des gegenwärtig in Berlin bestehenden Kapazitätsengpasses” als besonders dringlich eingestuft wird (Anl. 5, S. 67). Dass sich diese Einschätzung bis zum Erlass des Planfeststellungsbeschlusses geändert haben könnte, ist nicht ersichtlich. Die Beigeladene zu 1 hat während des Planfeststellungsverfahrens zur Frage der Finanzierbarkeit des Vorhabens Stellung genommen und u.a. ausgeführt, dass sich die Gesellschafter mit Beschluss vom 22. Mai 2003 erneut ausdrücklich zu den im sog. Konsensbeschluss vom 28. Mai 1996 benannten, aus dem Flughafenausbau resultierenden finanziellen Verpflichtungen bekannt haben und dass die Baukosten von ca. 2 Mrd. € finanziert werden können. Es begegnet daher keinen Bedenken, dass die Planfeststellungsbehörde vor diesem Hintergrund und mit Rücksicht auf die von den Vorhabenträgern bereits erbrachten Planungsleistungen weder Zweifel am Umsetzungswillen noch an der Finanzierbarkeit des Ausbauvorhabens hat (vgl. PFB S. 338 f.).
5. Schienen- und Straßenanbindung
Die Planfeststellungsbehörde geht ferner zu Recht davon aus, dass auch die Schienen- und Straßenanbindung, die gemäß § 78 Abs. 1 VwVfGBbg mit der Planfeststellung des Flughafenausbaus verbunden worden ist, planerisch gerechtfertigt ist. Die konzipierte Verkehrsanbindung steht in Einklang mit den Vorgaben in Ziel Z 6 des LEP FS, die in textlicher und zeichnerischer Darstellung die Trassen und Korridore im Umfeld des Flughafens festlegen. Es ist nicht erkennbar, dass die planfestgestellten Schienen- und Straßenverbindungen in Trassenführung, Netzverknüpfung und Dimensionierung am prognostizierten Bedarf vorbei geplant sind.
Die Schienenanbindung (zweigleisige Durchbindung der Trasse vom Berliner Außenring zum Flughafenbahnhof und zur Görlitzer Bahn) ist einschließlich des zentral unterhalb des Terminals geplanten Bahnhofs an dem Verkehrsaufkommen nach dem Endausbau des Flughafens ausgerichtet. Dabei wird ein Anteil des Schienenverkehrs von etwa 40 % bis 50 % des flughafenbedingten Verkehrsaufkommens zugrunde gelegt (PFB S. 340 f., 510, 514). Die Kläger zeigen nicht auf, dass diese Annahme sachwidrig ist. Die Erwägung der Planfeststellungsbehörde, die Attraktivität öffentlicher Verkehrsmittel durch eine direkte Umsteigebeziehung zwischen Schienenverkehr und Abfertigungsterminal zu steigern, ist ebenso sachgerecht wie das Planungsziel, das Terminal so in das Schienennetz einzufügen, dass es aus allen Richtungen erreicht werden kann (PFB S. 511). Mit der Anbindung in westlicher Richtung an den Berliner Außenring (Dresdener Bahn) fügt sich die Planung zugleich in das für den Eisenbahnknoten Berlin entwickelte “Pilzkonzept” ein (vgl. PFB S. 341 f.).
Die Abtrennung der Ostanbindung an die Görlitzer Bahn (ab Planungs-km 10,8+30) ist rechtmäßig. Sie verstößt nicht gegen § 78 VwVfGBbg. Es handelt sich um eine zulässige Abschnittsbildung. Darin liegt eine Modifizierung des ursprünglich eingereichten Planfeststellungsantrags. Grund hierfür ist die Erschütterungsempfindlichkeit der Anbindung im Bereich des Berliner Ortsteils Bohnsdorf. Der abgetrennte Abschnitt ist Gegenstand eines gesonderten Planfeststellungsverfahrens, das noch nicht abgeschlossen ist. Die Abtrennung widerspricht auch nicht dem Ziel Z 6 des LEP FS, nach dem die bedarfsgerechte Verkehrsanbindung des Flughafens über die zeichnerisch dargestellten Trassen und Korridore bis zur Inbetriebnahme des ausgebauten Flughafens herzustellen ist. Daraus folgt nicht, dass die Planfeststellung aller Schienenanbindungen in einem gebündelten Verfahren erfolgen müsste.
Entgegen dem Vorbringen der Kläger erscheint die zumindest zeitnahe Realisierung ebenso wie die Finanzierbarkeit der Schienenanbindungen als gesichert. Die Planfeststellungsbehörde geht davon aus, dass der Anschluss des Flughafens an die bestehende oder in der Planung befindliche Schieneninfrastruktur nicht aus finanziellen Gründen scheitern werde (PFB S. 342 f.). Diese Erwartung wird durch die nachträgliche Entwicklung bestätigt. Nach den vom Beklagten während des Klageverfahrens eingereichten Unterlagen haben der Bund und die Länder Berlin und Brandenburg am 31. August 2005 eine Vereinbarung zur Finanzierung der Schienenanbindung geschlossen. Danach können die Finanzierung des Flughafenbahnhofs und die Anbindung an den Fernverkehr als gesichert gelten. Die Anbindung des Bahnhofs aus Westen über die Dresdener Bahn wird bestätigt. Die Beteiligten kommen überein, alle Anstrengungen zu unternehmen, um die Dresdener Bahn zwischen Südkreuz und Berliner Außenring für die Flughafen-Expresszüge in zweigleisiger Form bis zur Eröffnung des ausgebauten Flughafens fertig zu stellen. Das Planfeststellungsverfahren betreffend den Wiederaufbau der Dresdener Bahn ist eingeleitet. Die genannte Vereinbarung erstreckt sich auch auf die Finanzierung des Bahnanschlusses an die Görlitzer Bahn.
Gegenstand des Planfeststellungsbeschlusses sind auch Baumaßnahmen zur straßenseitigen Erschließung des Flughafens. Dabei geht es in erster Linie um die sechs- bzw. vierstreifigen Anschlüsse an die Bundesautobahn 113 neu und die Bundesstraße 96a (östliches Flughafengelände) sowie die Erschließung der westlichen Flughafenbetriebsflächen über die neu zu bauende Landesstraße 75 (Ortsumgehung Selchow). Die Ausführungen der Planfeststellungsbehörde zum Straßenverkehrskonzept (PFB S. 487 ff.) machen deutlich, dass der Flughafen damit bedarfsgerecht in das vorhandene oder im Bau befindliche Straßennetz eingebunden wird. Das Klagevorbringen gibt dem Senat keinen Anlass zu einer weitergehenden Erörterung.
D. Planaufhebung wegen Abwägungsfehlern
Hinsichtlich der Inanspruchnahme privaten Grundeigentums für Flughafenflächen und Infrastrukturmaßnahmen, des Immissionsschutzes (Fluglärm) und der Abwehr luftfahrtbedingter Unfallgefahren leidet der angefochtene Planfeststellungsbeschluss nicht an Abwägungsfehlern, die zu seiner Aufhebung führen.
1. Inanspruchnahme von Grundeigentum
Die dauerhafte oder auf die Bauphase beschränkte Inanspruchnahme von Grundeigentum für die Betriebsflächen des ausgebauten Flughafens, Zwecke des Straßen- und Schienenbaus sowie die Verlegung von Wegen, Zufahrten und Leitungen ist in dem planfestgestellten Umfang mit Art. 14 Abs. 3 Satz 1 GG und § 28 Abs. 1 LuftVG bzw. § 18 Abs. 1, § 22 Abs. 1 AEG i.V.m. dem Enteignungsgesetz des Landes Brandenburg vom 19. Oktober 1992 (GVBl I S. 430 mit späteren Änderungen) vereinbar. Die Planfeststellungsbehörde ist insoweit ohne Abwägungsfehler zu dem Ergebnis gelangt, dass das öffentliche Interesse am Ausbau des Verkehrsflughafens Berlin-Schönefeld das individuelle Interesse der enteignungsbetroffenen Kläger an dem Erhalt und der unbeschränkten Nutzung ihres Grundeigentums überwiegt (vgl. PFB S. 970 bis 976).
1.1 Straßen-, Schienen- und Leitungsbau
Gegen die Inanspruchnahme für Zwecke des Straßen-, Schienen- und Leitungsbaus haben die Kläger mit ihrer Klage keine Einwendungen erhoben, die sich substantiiert und spezifisch gegen den Zugriff auf einzelne Grundstücke richten. Legt der Eigentümer über die Tatsache der bloßen Eigentumsbetroffenheit hinaus keine Beeinträchtigung konkreter Interessen dar, kann er nur eine entsprechend pauschale Auseinandersetzung mit seinen privaten Belangen erwarten. Die gerichtliche Abwägungskontrolle beschränkt sich dann auf die Frage, ob der Beklagte das Anliegen des Klägers, vom Zugriff auf sein Eigentum verschont zu bleiben, ohne Abwägungsfehler hinter die für das Vorhaben ins Feld geführten Belange zurückgesetzt hat (BVerwG, Urteil vom 23. August 1996 – BVerwG 4 A 30.95 – Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 122). Aus dieser Sicht enthält der Planfeststellungsbeschluss keine Mängel. Insoweit ist auf die vorstehenden Ausführungen zur Planrechtfertigung zu verweisen. Der Planfeststellungsbeschluss verfährt ebenso (PFB S. 970 ff.). Das ist nicht zu beanstanden (vgl. BVerwG, Urteil vom 23. August 1996 – BVerwG 4 A 30.95 – a.a.O.). Die von mehreren Klägern substantiiert gerügte Inanspruchnahme von Grundeigentum für Maßnahmen des Wasserbaus und naturschutzrechtliche Ausgleichsmaßnahmen ist ebenfalls rechtsfehlerfrei (vgl. unten Abschnitt H. 1.4).
1.2 Dimensionierung der Betriebsflächen
Soweit die Kläger zu 1, 10 und 11 gegen die Inanspruchnahme ihrer Grundstücke innerhalb der planfestgestellten Flugbetriebsflächen vorbringen, das Ausbauvorhaben sei hinsichtlich des Start- und Landebahnsystems, des Vorfeldes mit Zu- und Abrollwegen, der Terminalflächen und des Airport-Centers überdimensioniert, bei einem geringeren Flächenumgriff würde ihr Grundeigentum nicht benötigt, muss ihre Klage erfolglos bleiben.
1.2.1 Unabhängiges Parallelbahnsystem
Ohne Erfolg wenden die Kläger sich zunächst gegen die Entscheidung, den Flugbetrieb auf zwei parallel angeordneten, unabhängig voneinander nutzbaren Start- und Landebahnen in den Betriebsrichtungen 07/25 abzuwickeln.
Nach Gutachtenlage besitzt das unabhängige Parallelbahnsystem des ausgebauten Flughafens eine luftseitige technische Kapazität von 90 Flugbewegungen (Fbw) pro Stunde (Gutachten In. vom 28. Juni 2002, S. 11; F… vom 21. November 2004, S. 6 und vom 8. April 2005, S. 32 f.). Die Planfeststellungsbehörde prognostiziert auf der Grundlage des Gutachtens A… vom 10. Februar 1999 (Gutachten M 1, S. 116, 134) für die (typische) Spitzenstunde ca. 83 Fbw/h im Jahr 2023 (ohne Berücksichtigung von Kapazitätsbeschränkungen an überlasteten Zielflughäfen). Nach den Angaben im Planfeststellungsantrag entspricht es den Erfahrungen mit internationalen Verkehrsflughäfen, dass die Flugbewegungen in einer absoluten Spitzenstunde noch deutlich (um 30 % bis 40 %) höher liegen können (Unterlagen zum PFA, Bd. A II, S. 18; Bd. 1, S. 126).
Diese Einschätzungen werden durch das Klagevorbringen nicht erschüttert. Die Kläger errechnen zwar ein Flugbewegungsaufkommen von 68 Fbw/h bis 72 Fbw/h. Dabei legen sie bei einem Sitzladefaktor von 100 bis 110 Passagieren pro Flug und 30 Mio. Passagieren pro Jahr ein maximales Flugbewegungsaufkommen von 280 000 bis 300 000 im Jahr zugrunde. Das liegt deutlich unter der gutachtlich abgesicherten Verkehrsprognose der Planfeststellungsbehörde, die bei 30 Mio. Passagieren pro Jahr von 325 650 bis 355 050 Flugbewegungen im Jahr 2023 ausgeht (PFB S. 358). Daraus errechnet sich ein durchschnittlicher Sitzladefaktor von 85 bis 92 Passagieren pro Flug. Bleiben die prognostizierten jährlichen Flugbewegungen des Fracht- und Hubschrauberverkehrs unberücksichtigt, erreicht der Sitzladefaktor (bei 300 000 Fbw/Jahr bis 325 000 Fbw/Jahr) einen Wert von 92 bis 100 Passagieren pro Flug. Vor diesem Hintergrund lässt sich nicht feststellen, dass der Planfeststellungsbeschluss die Zahl von 83 Fbw/h für das Prognosejahr 2023 zu hoch angesetzt hat.
Der Einwand der Kläger, eine T-Konfiguration oder ein abhängiges Parallelbahnsystem reichten aus, um ein Flugbewegungsaufkommen von ca. 83 Fbw/h zu bewältigen, greift ebenfalls nicht durch. Ob ein T-System ausreichen würde, um diese Verkehrsmenge reibungslos abzuwickeln, ist zweifelhaft, kann hier aber dahinstehen. Die Planfeststellungsbehörde stellt nicht in Abrede, dass flugbetriebliche Erfordernisse ein Parallelbahnsystem nicht zwingend erfordern. Sie rechtfertigt das planfestgestellte Start- und Landebahnsystem aus technischen und flugbetrieblichen Gründen (PFB S. 409). Eine etwaige Nord-Süd-Bahn läge quer zur Hauptwindrichtung. Auf ihr wären nur Starts möglich. Landeanflüge über das dicht besiedelte südliche Stadtgebiet Berlins seien aus Sicherheitsgründen auszuschließen. Diese Erwägungen sind sachgerecht. Es leuchtet ferner ein, dass ein Parallelbahnsystem in der Verkehrsabwicklung leistungsfähiger als ein T-System ist und dazu beiträgt, das Kollisionsrisiko durch “Kreuzungsverkehr” am Boden zu verringern. Vorhabenträger und Planfeststellungsbehörde durften daher einem Parallelbahnsystem gegenüber etwaigen widerstreitenden Eigentumsbelangen der Kläger den Vorzug geben.
Auch die Entscheidung gegen einen abhängigen und für einen unabhängigen Parallelflugbetrieb ist nicht abwägungsfehlerhaft. Ein abhängiges Parallelbahnsystem könnte zwar mit einem deutlich geringeren Achsabstand zwischen den beiden Bahnen auskommen. Die Anforderungen der ICAO sehen für einen unabhängigen Parallelflugbetrieb einen Mindestabstand von 1 035 m vor. Die planfestgestellte Konfiguration mit einem Achsabstand von 1 900 m erweist sich jedoch unter Kapazitäts- und Lärmgesichtspunkten als vorzugswürdige Lösung. Dafür spricht zunächst das planerische Anliegen, die Kapazität am prognostizierten Spitzenbedarf auszurichten. Es liegt auf der Hand, dass sich auf einem abhängigen Bahnsystem weniger Flugbewegungen abwickeln lassen als auf einem unabhängigen. Die Kläger zeigen nicht auf, dass ein abhängiges Bahnsystem den prognostizierten Flugverkehr in der Spitzenstunde bewältigen könnte. Für die Wahl eines unabhängigen Bahnsystems sprechen ferner deshalb gute Gründe, weil sich der größere Achsabstand zwischen der Nordbahn und der künftigen Südbahn unter Lärmgesichtspunkten bestmöglich in die vorhandene Siedlungsstruktur einfügt. Die Planfeststellungsbehörde ist, gestützt auf eine gutachtliche Analyse von insgesamt 41 Planungsalternativen (Gutachten M 12) der Frage nachgegangen, welche Konfiguration unter Lärmschutzaspekten die schonendste Variante darstellt. Auf der Grundlage ihrer vergleichenden Betrachtung hat sie einen Achsabstand von 1 900 m bei einem Bahnversatz von 1 250 m in Richtung Westen gewählt (PFB S. 640). Schließlich erweist sich die Wahl eines unabhängigen Bahnsystems angesichts der örtlichen Gegebenheiten auch deshalb als sinnvoll, weil der größere Achsabstand die Unterbringung eines großen Teils der weiteren Flugbetriebsflächen sowie der Passagierabfertigungsanlagen zwischen den beiden Start- und Landebahnen ermöglicht und damit ebenfalls kreuzenden Verkehr vermeidet (vgl. hierzu PFB S. 448 ff.).
1.2.2 Vorfeldflächen
Die planfestgestellten Vorfeldflächen, die das Hauptfeld (ca. 1 708 700 m(2)), das Frachtvorfeld (ca. 167 300 m(2)) sowie die Vorfelder Nord und Süd (ca. 223 400 m(2)) mit den Luftfahrzeugstandflächen (Abstellpositionen) einschließlich der Zu- und Abrollwege umfassen, überschreiten den planerischen Gestaltungsfreiraum ebenfalls nicht. Das gilt insbesondere für das Passagevorfeld, das 110 Abstellpositionen umfasst.
Zwischen den Beteiligten besteht Einigkeit darüber, dass sich die erforderliche Kapazität des Vorfeldes im Wesentlichen über die Anzahl an Abstellpositionen bestimmt, die verfügbar sein müssen, um eine reibungslose Abwicklung des Flugverkehrs zu gewährleisten. Die Beteiligten stimmen ferner darin überein, dass sich der Bedarf an Abstellpositionen anhand einer von der ICAO entwickelten Formel ermitteln lässt, die das für die Spitzenstunde prognostizierte Flugbewegungsaufkommen an Landungen sowie den erwarteten Flugzeugmix berücksichtigt. Auch der Planfeststellungsantrag legt diese Formel zugrunde. Der Streit entzündet sich an der Frage, welche Zahlenwerte in die Formel einzusetzen sind.
Den planfestgestellten 110 Abstellpositionen liegen die Berechnungen im Planfeststellungsantrag zugrunde, die – ausgehend von der Verkehrsprognose im Gutachten M 1 (ca. 83 Flugbewegungen in der typischen Spitzenstunde) – die absolute Spitzenstunde mit ca. 100 Flugbewegungen ansetzen. Die darin liegende Erhöhung der Bewegungen um etwa 20 % liegt noch innerhalb des Erwartungshorizontes einer sehr hohen Auslastung. Der Planfeststellungsantrag geht ferner davon aus, dass in der abendlichen Spitzenstunde der Anteil der Landungen am Bewegungsaufkommen ca. 70 % beträgt. Dieser Ausgangswert entspricht Angaben der ICAO (vgl. R… E…, Stellungnahme vom 11. Februar 2005, S. 5). Hinsichtlich des Flugzeugmix greifen die Beteiligten auf die Angaben in der Verkehrsprognose des Gutachtens M 1 von A… zurück. Rechnet man die Angaben zur prozentualen Aufteilung der Flugzeugkategorien auf die Anzahl der Flugbewegungen in der absoluten Spitzenstunde hoch, führt dies bei einem Sicherheitszuschlag von 20 % zu dem Ergebnis von ca. 105 Abstellpositionen. Die Differenz zu den von F… errechneten Werten (Stellungnahme vom 21. November 2004, S. 9 ff.), die bei 92 Abstellpositionen bei einem Sicherheitszuschlag von 25 % liegen, beruht im Wesentlichen darauf, dass nur 90 Flugbewegungen pro Stunde in der absoluten Spitzenstunde und ein etwas geringerer Ausgangswert für die Landungen in dieser Stunde eingesetzt werden. Daraus ergeben sich jedoch keine Anhaltspunkte für einen methodischen Fehler in der Berechnung der planfestgestellten Abstellpositionen.
Nach den Unterlagen zum Planfeststellungsantrag sind bei den vorgesehenen 110 Abstellpositionen 5 Positionen für die Langzeitabstellung von Flugzeugen berücksichtigt, die im Wartungsbereich (Wartungsvorfeld) angesiedelt werden. Hinzu kommen 9 Abstellpositionen, die funktional dem Wartungsbereich zugeordnet sind. Es unterliegt keinen Bedenken, dass sich die Planfeststellungsbehörde insoweit die Erwägungen der Vorhabenträger zu Eigen gemacht hat (PFB S. 445). Entsprechendes gilt für die Vorfeldfläche im Bereich der Frachtabfertigung, die auf 10 Abstellpositionen ausgelegt ist.
Die Standplätze der Flugzeuge einschließlich Rollgassen und Betriebsstraßen für Servicefahrzeuge sind so dimensioniert, dass an jedem Abstellplatz grundsätzlich jede Flugzeugkategorie des prognostizierten Mix positioniert werden kann. Dahinter steht das planerische Anliegen, auch in Zeiten der höchsten Auslastung eine restriktionsfreie Abfertigung der Flugzeuge zu ermöglichen (PFB S. 420, 444). Das ist – auch unter Sicherheitsgesichtspunkten – nicht zu beanstanden. Die freien Vorfeldflächen am westlichen Vorfeldrand sind als Durchroll-Positionen angelegt, um den Flugbetrieb zu vereinfachen. Das Vorfeld ist ferner so bemessen, dass es auch über ausreichende Flächen für die Bereitstellung von Gerät verfügt. Der Planfeststellungsantrag weist für einen Standplatz, der für die ICAO-Flugzeugkategorien E… und F… (mehr als 350 Sitzplätze) geeignet ist, einschließlich Betriebs- und Vorfeldstraßen einen Flächenbedarf von rund 11 400 m(2) und für die Rollgassen je eine Breite von ca. 200 m über eine Länge von ca. 1 000 m nach. Auch insoweit lässt sich gemessen am Bedarf und dem Ziel möglichst sicherer Betriebsabläufe eine verfehlte Dimensionierung nicht feststellen. Der von den Klägern ins Feld geführte Vergleich mit den Flughäfen Frankfurt/Main und München, der ohnehin unter dem Vorbehalt örtlicher Gegebenheiten steht und deshalb nur als grobe Richtschnur dienen kann, gibt dem Senat keinen Anlass zu einer abweichenden Beurteilung.
1.2.3 Terminal und Airport-Center
Die Terminalflächen und das Airport-Center sind ebenfalls nicht unter Verletzung von Eigentumsrechten der Kläger (zu 1, 10 und 11) abwägungsfehlerhaft dimensioniert. Es ist bereits zweifelhaft, ob und inwieweit die Größenordnung der Gebäude Eigentumsbelange der Kläger verletzen könnte. Die Gebäudeflächen sind jedenfalls nicht so großzügig bemessen, dass sie zu Lasten der Kläger als überdimensioniert zu bezeichnen wären.
Der Planfeststellungsbeschluss führt hierzu aus, die Passagierabfertigungsanlagen seien so konzipiert, dass der zu erwartende Bedarf unter Berücksichtigung geltender Standards und im Rückgriff auf Erfahrungswerte anderer Flughäfen sachgerecht befriedigt werden könne (PFB S. 421, 461). Veranschlagt sind 167 000 m(2) Gebäudegrundfläche und 390 000 m(2) Bruttogeschossfläche für den Terminalbereich (bestehend aus dem landseitigen Terminalanteil sowie den luftseitigen Abfertigungsanlagen mit Pier und 2 Satelliten) sowie eine Grundfläche von 22 500 m(2) bzw. eine Bruttogeschossfläche von 175 000 m(2) für das Airport-Center (PFB S. 460 f., 468). Darin eingeschlossen sind Funktionsflächen, denen zwar keine unmittelbare luftfahrtspezifische Bedeutung zukommt, die aber in einem weiteren Sinne der Abwicklung des Flugverkehrs dienen und üblicherweise an einem internationalen Verkehrsflughafen vorgehalten werden (PFB S. 453 f.). Danach bilden das Hauptterminalgebäude und das Airport-Center ein integriertes System, das auch wirtschaftlichen Erfordernissen Rechnung tragen soll. Als Komponenten des Airport-Centers sind neben Verkaufsflächen und Gastronomie auch Flächen für Büros, Hotel(s) mit Konferenzräumen, Lounges und ein Business-Center vorgesehen (PFB S. 468). Der Umfang der Terminalflächen ist an einem Aufkommen von 10 000 Passagieren in der typischen Spitzenstunde, den Standards des IATA-Handbuches und der Situation anderer internationaler Verkehrsflughäfen ausgerichtet (PFB S. 461).
Infolge der Einbettung der beanstandeten Gebäudeflächen in den Raum zwischen den geplanten Start- und Landebahnen ist schon nicht erkennbar, dass eine etwaige Überdimensionierung der Terminalgebäude die enteignungsrechtlich betroffenen Kläger in ihren Eigentumsrechten verletzen könnte. Selbst wenn die Gebäudeflächen in einem geringeren Umfang ausgewiesen worden wären, hätte sich an dem räumlichen Umgriff des Flughafengeländes insgesamt nichts geändert, da dieser durch die (abwägungsfehlerfrei planfestgestellte) Konfiguration des unabhängigen Parallelbahnsystems weitgehend vorgezeichnet ist. Nichts anderes dürfte für das Airport-Center gelten. Zwar könnte insoweit eine andere Beurteilung geboten sein, wenn sich eine abweichende, zu einer verringerten Flächeninanspruchnahme führende Anordnung des östlichen Betriebsbereiches aufgedrängt hätte. Angesichts des Verlaufs des bestehenden Flughafenzauns und des geplanten neuen Grenzverlaufs im östlichen Betriebsbereich einerseits und der Lage der betroffenen klägerischen Grundstücksflächen im westlichen Betriebsbereich andererseits erscheint es aber ausgeschlossen, dass der Zugriff auf zur Enteignung vorgesehene Flächen der Kläger zu 1, 10 und 11 entbehrlich würde. Letztlich kann dies jedoch dahinstehen, da sich die von den Klägern geltend gemachte Überdimensionierung nicht feststellen lässt.
Die Planungsbehörde besitzt bei der Bemessung der Terminalflächen einen Gestaltungsfreiraum, der zwar hinsichtlich der Inanspruchnahme fremden Grundeigentums durch den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit begrenzt wird, jedoch eine relative Bandbreite unterschiedlicher planerischer Konzeptionen einschließt. In die Flächenbedarfsberechnung sind vielfältige Funktionsflächen einzustellen, die standortabhängig sind und keinem festen, allgemein gültigen Flächenmaß unterliegen.
Der Planfeststellungsbeschluss legt hinsichtlich des Flächenmaßes pro Passagier (m(2)/Pax) den nach den Qualitätsstandards der IATA im Regelfall (außerhalb der absoluten Spitzenstunde) einzuhaltenden Mindestlevel der Stufe B… (hohe Servicequalität) zugrunde (PFB S. 461). An diesem Standard orientieren sich auch die Kläger. Bei 10 000 Passagieren in der (typischen) Spitzenstunde und einer planfestgestellten Bruttogeschossfläche von 390 000 m(2) ergibt sich ein Wert von 39 m(2)/Pax. Die Zahl von 10 000 Passagieren basiert auf der Verkehrsprognose von A… (Gutachten M 1), die für die Spitzenstunde im Jahr 2023 ein Aufkommen von 9 625 Passagieren prognostiziert (a.a.O., S. 136).
Die Kläger gelangen zu einem Wert von 24 m(2)/Pax. Sie gehen davon aus, dass das Verhältnis von originär der Passagierabfertigung dienenden Bereichen (Check-in, Gepäckausgabe, Pass-, Sicherheits- und Zollkontrollen, Warteräume, Bewegungsflächen) zu sonstigen Nutzflächen (z.B. Verwaltung, Verkaufs- und Dienstleistungsflächen) etwa mit 1:2 anzusetzen sei. Unter Berücksichtigung eines Passagieraufkommens von 10 000 in der (typischen) Spitzenstunde errechnen sie einen Flächenbedarf von 240 000 m(2) (F… vom 21. November 2004, S. 14 ff.). Ihr Gutachter weist aber darauf hin, dass dies ein grober Richtwert sei und eine standortbezogene Betrachtung angezeigt sei (Stellungnahmen vom 8. April 2005, S. 39 und vom 21. November 2005, S. 15). Nach seinen Angaben stehen am Flughafen Frankfurt/Main mit den Terminals 1 und 2 rund 564 000 m(2) Bruttogeschossfläche, d.h. 32,8 m(2)/Pax zur Verfügung (Stellungnahme vom 21. November 2005, S. 20 f.). Für den Flughafen München ermittelt der Gutachter der Kläger bei einer Gesamtfläche der beiden Terminals von 458 000 m(2) einen Wert von 39 m(2)/Pax (Stellungnahme vom 8. April 2005, S. 25). Danach fällt die Dimensionierung der planfestgestellten Terminalflächen für den Flughafen Berlin-Schönefeld nicht aus dem Rahmen. Dieses Ergebnis wird durch die Vergleichswerte in der Stellungnahme von R… E… vom 19. August 2005 (S. 18) nicht in Frage gestellt, die für den Flughafen Hamburg 25 m(2)/Pax, den Flughafen München 34 m(2)/Pax, den künftigen Flughafen Berlin-Schönefeld 43 m(2)/Pax und für den Flughafen Dresden 52 m(2)/Pax ergeben.
Gegen das geplante Airport-Center bestehen dem Grunde und der Größe nach ebenfalls keine Bedenken. Der funktionale Zusammenhang mit den luftfahrtspezifischen Betriebsbereichen ist gewährleistet. Im Airport-Center sollen Service-Leistungen für Passagiere und Besucher sowie flughafenaffine Dienstleistungen erbracht werden (PFB S. 468 ff.). Das entspricht dem Standard internationaler Verkehrsflughäfen. Einrichtungen wie Hotels, Restaurants, Tagungs- und Büroräume etc. stellen mittlerweile und in zunehmendem Maße einen auch unter Wettbewerbsgesichtspunkten unverzichtbaren Bestandteil großer Flughäfen dar. Das bestreiten die Kläger auch nicht. Anhaltspunkte für eine Überdimensionierung, auf die sich die enteignungsrechtlich betroffenen Kläger berufen könnten, liegen angesichts einer Gebäudegrundfläche von 22 500 m(2) nicht vor. Der Einwand der Kläger, hinsichtlich der zulässigen Nutzungen fehle es an konkreten Regelungen, greift nicht durch. Bauplanungsrechtliche Fragen werden mit der Planfeststellung nur geregelt, soweit sie die Einordnung einzelner Nutzungsflächen in den betrieblichen Gesamtzusammenhang des Flughafens betreffen. Alle übrigen Sachregelungen bleiben dem nachfolgenden Baugenehmigungsverfahren vorbehalten (PFB S. 470 f.).
2. Lärmbelastung
Der angefochtene Planfeststellungsbeschluss leidet ferner nicht deshalb an einem zu seiner Aufhebung führenden Abwägungsmangel, weil er die Vorteile des Standorts Schönefeld höher gewichtet als die künftigen Lärmbetroffenheiten in dessen Umfeld.
Zur Abwehr von Lärmimmissionen eines planfestgestellten Vorhabens besteht grundsätzlich nur ein Anspruch auf Planergänzung, der im Wege einer Verpflichtungsklage durchzusetzen ist. Eine (teilweise) Aufhebung des Planfeststellungsbeschlusses kommt nur in Betracht, wenn das zum Schutz der Nachbarschaft entwickelte Lärmschutzkonzept des Planungsträgers Defizite aufweist, die so schwer wiegen, dass die Ausgewogenheit der Planung insgesamt in Frage gestellt erscheint (vgl. BVerwG, Urteile vom 7. Juli 1978 – BVerwG 4 C 79.76 u.a. – BVerwGE 56, 110, vom 20. Oktober 1989 – BVerwG 4 C 12.87 – BVerwGE 84, 31 und vom 18. April 1996 – BVerwG 11 A 86.95 – BVerwGE 101, 73). Das ist hier nicht der Fall.
Die Planfeststellungsbehörde räumt zwar ein, dass das Ausbauvorhaben den Fluglärm in der Umgebung verstärken werde, weist jedoch die dagegen erhobenen Einwendungen zurück, weil die Lärmproblematik durch Maßnahmen des aktiven und passiven Schallschutzes, durch Entschädigung, durch Einräumung von Übernahmeansprüchen sowie durch sozialverträgliche Umsiedlungen zu lösen sei (PFB S. 390 f.). Die standortbezogene Auseinandersetzung mit den Lärmschutzbelangen geht zwar inhaltlich nicht über das hinaus, was die Träger der Landesplanung bereits in der Begründung des LEP FS zur Bewältigung der Lärmproblematik am Standort Schönefeld ausgeführt haben (vgl. Nr. 5.4.4.3 zu Z 1 des LEP FS). Das ist jedoch angesichts der umfangreichen Lärmschutzauflagen des Planfeststellungsbeschlusses im Grundsatz nicht zu beanstanden. Mängel des Lärmschutzkonzepts, welche die Standortentscheidung der Planfeststellungsbehörde als solche zu Fall bringen könnten, sind nicht erkennbar. Insoweit kann auf die nachfolgende Überprüfung des planfestgestellten Lärmschutzkonzepts verwiesen werden. Die vom Senat festgestellten Mängel dieses Konzepts sind im Wege der Planergänzung zu beheben (vgl. unten Abschnitt E.).
Das gilt auch für den Verzicht der Planfeststellungsbehörde, weitergehende betriebliche Nachtflugbeschränkungen anzuordnen. Der Verzicht auf ein (partielles) Nachtflugverbot verletzt zwar den Anspruch der Kläger auf gerechte Abwägung ihrer Lärmschutzbelange. Auch insoweit scheidet jedoch ein Planaufhebungsanspruch aus. Dagegen wird vorgebracht: Die Beigeladene zu 1 habe in ihrem Planfeststellungsantrag einen uneingeschränkten Flugbetrieb in der Zeit zwischen 22:00 bis 6:00 Uhr als unverzichtbar bezeichnet. Der Planfeststellungsbehörde sei es daher verwehrt gewesen, das Ausbauvorhaben mit einem zahlenmäßig oder zeitlich begrenzten Nachtflugbetrieb zuzulassen. Denn die Zulassung eines solchen Vorhabens sei nicht beantragt worden. Die Planfeststellungsbehörde dürfe nicht ein anderes als das beantragte Vorhaben zulassen. Da das Vorhaben mit unbeschränktem Nachtflugbetrieb rechtswidrig sei und die Kläger in ihren Rechten verletze, hätte es nicht planfestgestellt werden dürfen. Dieser Abwägungsfehler müsse zwingend zur Planaufhebung führen. Das trifft nicht zu. Die Planfeststellungsbehörde hat auf den Antrag des Vorhabenträgers abwägend darüber zu befinden, ob sie selbst die durch das beabsichtigte Vorhaben ausgelösten Lärmkonflikte im Rahmen ihrer Gestaltungsmöglichkeiten durch Betriebsregelungen in Form allgemein gültiger Auflagen (§ 36 Abs. 2 Nr. 4 VwVfGBbg) angemessen bewältigen kann (vgl. BVerwG, Urteil vom 29. Januar 1991 – BVerwG 4 C 51.89 – BVerwGE 87, 332, 342 ff.). Löst sie diese Aufgabe in fehlerhafter Weise, müssen die Betroffenen sich in aller Regel – und so auch hier – auf einen Planergänzungsanspruch verweisen lassen, der das Fortbestehen des Planfeststellungsbeschlusses voraussetzt.
3. Unfallrisiko
Die Planfeststellungsbehörde geht auch auf die Befürchtung zahlreicher Kläger ein, mit einer Konzentration des Luftverkehrs am Standort Schönefeld würde sich das Unfallrisiko für die benachbarten Siedlungsgebiete erhöhen. Sie hat nicht verkannt, dass der Absturz eines Luftfahrzeugs über besiedeltem Gebiet zu erheblichen Schäden führen kann, und legt ausführlich dar, dass die planfestgestellte Flughafenanlage einen sicheren Flugbetrieb gewährleiste. Ihre Luftsicherheitsanalyse ist im Ergebnis nicht zu beanstanden.
Die Analyse der Sicherheitslage obliegt vorrangig der Planfeststellungsbehörde. Sie hat eigenverantwortlich zu bestimmen, welcher Sicherheitsstandard angemessen ist, um im Einzelfall Sicherheitsrisiken (möglichst) auszuschließen (vgl. auch BVerwG, Urteil vom 9. November 2000 – BVerwG 4 A 51.98 – Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 159 = DVBl 2001, 644: zu § 4 FStrG). Die Sicherheitsanalyse erfordert eine Einschätzung denkbarer Ereignisse und hierauf bezogener Ereigniswahrscheinlichkeiten. Die sachkundige Abschätzung eines luftverkehrlichen Sicherheitssystems umfasst ganz wesentlich auch Fragen der flugtechnischen Entwicklung. Ihre gerichtliche Kontrolle folgt den Grundsätzen, die für die Überprüfung fachplanerischer Prognosen gelten. Die Kontrolle ist eingeschränkt. Sie erstreckt sich darauf, ob die Prognose auf der Grundlage fachwissenschaftlicher Maßstäbe methodengerecht erstellt wurde. Die Prognose ist fehlerhaft, wenn sie auf willkürlichen Annahmen oder offensichtlichen Unsicherheiten beruht, in sich widersprüchlich oder aus sonstigen Gründen nicht nachvollziehbar ist (vgl. auch BVerwG, Beschluss vom 5. Oktober 1990 – BVerwG 4 CB 1.90 – Buchholz 442.40 § 8 LuftVG Nr. 10 = NVwZ-RR 1991, 129).
Der Planfeststellungsbeschluss (S. 423 bis 430) führt hierzu u.a. aus, dass die topographischen Gegebenheiten am Standort und die Bebauung in seiner Umgebung eine ausreichende Hindernisfreiheit gewährleisteten. Die Ausrichtung der Start- und Landebahnen folge der Hauptwindrichtung. Ihr Abstand zueinander ermögliche einen sicheren unabhängigen Flugbetrieb auf beiden Bahnen. Die Erfüllung der ICAO-Anforderungen sei (teilweise durch Auflagen im verfügenden Teil des Beschlusses) gesichert. Das bisherige Unfallgeschehen gebe keinen Anlass zu der Annahme eines gesteigerten Sicherheitsrisikos. Zur Ermittlung des Sicherheitsniveaus (level of safety), eine Messgröße zur Quantifizierung der Verkehrssicherheit, haben die Vorhabenträger ein Gutachten der Gesellschaft für Luftverkehrsforschung (GfL) eingeholt, dessen Ergebnisse die Planfeststellungsbehörde übernimmt. Die durchgeführten Berechnungen zeigen ihrer Ansicht nach, dass das externe Risiko, das vom ausgebauten Flughafen Berlin-Schönefeld für besiedeltes Gebiet in der Flughafenumgebung ausgehe, als gering einzustufen sei und in einer vergleichbaren Größenordnung mit anderen allgemein akzeptierten Gesellschaftsrisiken liege (PFB S. 423 bis 428). Es folgt eine substantiierte Auseinandersetzung mit den Einwendungen Betroffener (PFB S. 428, 430 bis 437).
Diese Ausführungen geben dem Senat keinen Anlass, daran zu zweifeln, dass die allgemein geltenden (§§ 12 ff. LuftVG) und die auf den Standort Schönefeld zugeschnittenen Sicherheitsstandards (Start- und Landebahnsystem, Sicherheitsflächen, Bauschutzbereiche usw.) den erhobenen privaten Einwendungen in der rechtlich gebotenen Weise Rechnung tragen.
E. Planergänzung beim Lärmschutz
Der angefochtene Planfeststellungsbeschluss wird den Anforderungen für den Lärmschutz, die sich aus dem Abwägungsgebot ableiten lassen, nicht in vollem Umfang gerecht. Insbesondere das Nachtlärmschutzkonzept erweist sich als unzulänglich. Soweit der Planfeststellungsbeschluss über die in Teil A II 5.1.1 (PFB S 104 f.) getroffene Regelung hinaus keine Nachtflugbeschränkungen enthält, weist er ein rechtlich relevantes Defizit auf (dazu Abschnitt E. 2.1.3). Soweit er in Teil A II 5.1.3 (PFB S. 106) für die Nachtzeit passiven Schallschutz gewährt, lässt er eine eindeutige Umschreibung des Schutzniveaus vermissen. In diesem Punkt leidet er an inneren Widersprüchen, die nicht im Wege der Auslegung auflösbar sind (dazu Abschnitt E. 2.2). Soweit der Planfeststellungsbeschluss im Teil A II 5.1.5 Ziff. 2 (PFB S. 107) einen Entschädigungsanspruch erst begründet, wenn ein äquivalenter Dauerschallpegel von 65 dB(A) außen überschritten ist, entspricht er nicht dem Schutzkonzept, das ihm zugrunde liegt (dazu Abschnitt E. 4.4). Im Übrigen ist das Lärmschutzkonzept nicht zu beanstanden.
Auf die aus diesen Abwägungsmängeln folgenden Planergänzungsansprüche können sich alle Kläger mit Ausnahme des Klägers zu 1 berufen. Dessen Klage ist in vollem Umfang abzuweisen. Denn seine Grundstücke (Wohngrundstück und gewerblich genutzte Grundstücke) werden von dem planfestgestellten Vorhaben ganz in Anspruch genommen, so dass der Anknüpfungspunkt für Ansprüche auf verbesserten Lärmschutz fehlt.
1. Grundsätze
Macht der Planungsträger von der ihm in § 8 Abs. 1 LuftVG erteilten Planungsermächtigung Gebrauch, so hat er im Rahmen der nach dieser Vorschrift gebotenen Abwägung auch die durch das Planvorhaben aufgeworfenen Lärmprobleme zu bewältigen. Denn zum Kreis der nach § 8 Abs. 1 Satz 2 LuftVG zu berücksichtigenden abwägungserheblichen Belange gehört auch das Interesse der Nachbarschaft, vor vermehrten Verkehrslärmimmissionen bewahrt zu bleiben. Die Planfeststellungsbehörde entscheidet im Rahmen ihrer planerischen Gestaltungsfreiheit darüber, auf welche Weise sie den Belangen des Lärmschutzes Rechnung tragen will. Sie ist berechtigt, das Lärmschutzinteresse der Betroffenen zurückzustellen, soweit gewichtigere gegenläufige Belange dies rechtfertigen. Ihre Gestaltungsfreiheit stößt aber, wie auch sonst im Planungsrecht, insofern an Grenzen, als sie sich über Fluglärm, der über das in der konkreten Planungssituation zumutbare Maß hinausgeht, nicht ohne Kompensationsmaßnahmen im Wege der Abwägung hinwegsetzen darf.
Der Beklagte hat nicht verkannt, dass der planerischen Gestaltungsfreiheit – auch unter Lärmschutzgesichtspunkten – äußerste Grenzen gesetzt sind, die unabhängig von den jeweiligen Gegebenheiten zu beachten sind. Nach § 9 Abs. 2 LuftVG sind dem Unternehmer im Planfeststellungsbeschluss die Errichtung und Unterhaltung der Anlagen aufzuerlegen, die zur Sicherung der Benutzung der benachbarten Grundstücke gegen Gefahren oder Nachteile notwendig sind. Das Nebeneinander von Gefahren und Nachteilen als je eigenständige Tatbestandsmerkmale macht deutlich, dass Schutzvorkehrungen nicht bloß zur Abwehr etwaiger Gesundheitsgefährdungen oder der Beeinträchtigung sonstiger verfassungsrechtlich geschützter Rechtsgüter geboten sind. Handlungsbedarf sieht der Gesetzgeber bereits auf einer der Gefahrenabwehr vorgelagerten Stufe. Der Begriff der Nachteile deutet in Übereinstimmung mit dem Begriff der nachteiligen Wirkungen in § 74 Abs. 2 Satz 2 VwVfGBbg (vgl. hierzu BVerwG, Urteile vom 9. Februar 1995 – BVerwG 4 C 26.93 – BVerwGE 97, 367 und vom 24. Mai 1996 – BVerwG 4 A 39.95 – Buchholz 316 § 74 VwVfG Nr. 39) auf eine zusätzliche Zumutbarkeitsschwelle hin. Insoweit deckt sich das Anforderungsprofil des § 9 Abs. 2 LuftVG mit dem immissionsschutzrechtlichen Schädlichkeitsbegriff, den der Gesetzgeber in § 3 Abs. 1 BImSchG mit der Begriffstrias Gefahren, erhebliche Nachteile und erhebliche Belästigungen definiert. Zwar ist das Bundes-Immissionsschutzgesetz, wie aus dessen § 2 Abs. 2 Satz 1 zu ersehen ist, auf Flugplätze weithin nicht anwendbar. Das Luftverkehrsgesetz knüpft aber seinerseits an die aus dem Immissionsschutzrecht geläufigen Begriffsbestimmungen an (vgl. § 29 Abs. 1 Satz 3 und § 29b Abs. 2 LuftVG; BVerwG, Urteil vom 24. Juni 2004 – BVerwG 4 C 11.03 – BVerwGE 121, 152).
Ebenso wie das Bundes-Immissionsschutzgesetz überlässt das Luftverkehrsgesetz die Konkretisierung der Begriffe des “Nachteils” und der “Erheblichkeit” untergesetzlicher Regelung. In § 32 Abs. 1 Satz 1 Nr. 15 LuftVG wird das Bundesministerium für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen ermächtigt, die zum “Schutz der Bevölkerung vor Fluglärm” notwendigen Rechtsverordnungen zu erlassen. Anders als im Bereich des Immissionsschutzrechts, in dem in Ausführung des Regelungsauftrags der §§ 23, 43 und 48 BImSchG die Verkehrslärmschutzverordnung (16. BImSchV), die Sportanlagenlärmschutzverordnung (18. BImSchV) und die TA-Lärm mit ihren Grenz- bzw. Richtwertbestimmungen geschaffen worden sind, steht ein entsprechendes Regelwerk, das zu Recht immer wieder angemahnt wird (vgl. etwa Berkemann, Fluglärm – Offene, aber zu lösende Rechtsfragen, ZUR 2002, 202, 203; Koch/Wieneke, Umweltprobleme des Luftverkehrs, NVwZ 2003, 1153, 1167; Storost, Umweltprobleme bei der Zulassung von Flughäfen – Materielle Schutzstandards, NVwZ 2004, 257, 264), im Luftrecht indes weiterhin aus.
§ 9 Abs. 2 LuftVG ist nicht zu entnehmen, wo beim Fluglärm die Schädlichkeitsgrenze verläuft, an der Lärmbelästigungen in “Nachteile” i.S.v. “erheblichen Belästigungen” für die Allgemeinheit oder die Nachbarschaft (§ 3 Abs. 1 BImSchG und § 29 Abs. 1 Satz 3 LuftVG) umschlagen. Als Gegenstand von Anordnungen bezeichnet er ganz allgemein die Errichtung und die Unterhaltung von “Anlagen”, ohne zwischen Vorkehrungen des aktiven und des passiven Schallschutzes zu unterscheiden. Erst recht lässt sich ihm im Gegensatz zu den §§ 41 ff. BImSchG nicht entnehmen, in welchem Rangverhältnis Maßnahmen des aktiven und des passiven Lärmschutzes zueinander stehen. Darüber hinaus weist er die Besonderheit auf, dass er nicht das gesamte Spektrum von Auflagen abdeckt, die zum Schutz vor unzumutbarem Fluglärm in Betracht kommen. Dem Vorhabenträger lassen sich auf der Grundlage des § 9 Abs. 2 LuftVG nur solche Schutzmaßnahmen aufgeben, die von ihm gegenüber den Flughafenbenutzern in rechtlich zulässiger Weise durchgesetzt werden können. Einschränkungen des Flugbetriebs zählen hierzu nicht ohne Weiteres. Dass sie gleichwohl zulässig sind und den Gegenstand von Auflagen bilden können, ist nicht aus § 9 Abs. 2 LuftVG abzuleiten, sondern eine Folge der nach § 8 Abs. 1 LuftVG gebotenen Problembewältigung, die ausweislich des § 8 Abs. 4 Satz 1 LuftVG auch betriebliche Regelungen einschließen kann (vgl. BVerwG, Urteil vom 29. Januar 1991 – BVerwG 4 C 51.89 – BVerwGE 87, 332, 343 ff.).
Mangels normativer Vorgaben müssen die Zulassungsbehörden und im Streitfall die Gerichte prüfen und entscheiden, welche Lärmschutzvorkehrungen zur Einhaltung der mit einer gerechten Abwägung nicht mehr überwindbaren Zumutbarkeitsgrenze notwendig sind. Die für andere Lärmquellen erlassenen Regelwerke scheiden hierbei als Orientierungshilfe von vornherein aus. Die bereichsspezifischen Regelungen der Verkehrslärmschutzverordnung, der Sportanlagenlärmschutzverordnung und der TA-Lärm lassen sich nicht auf den Fluglärm übertragen. In ihnen spiegelt sich die Verschiedenartigkeit der Immissionssituationen wider, auf die sie, jede auf ihre Weise, bezogen sind. Für die Beurteilung von Fluggeräuschen sind sie schon deshalb ungeeignet, weil sie ausschließlich oder doch schwergewichtig auf Dauerschallpegel abstellen. Maximalpegel spielen in ihnen, wenn überhaupt, nur eine untergeordnete Rolle. Der intermittierende Charakter des Fluglärms legt es dagegen nahe, neben der Betrachtung des Dauerschallpegels gerade auch dem Maximalpegelkriterium besondere Bedeutung beizumessen. Die im Fluglärmschutzgesetz vom 30. März 1971 (BGBl I S. 282) genannten Lärmwerte sind ebenfalls nicht hinreichend aussagekräftig. Sie bilden die Grundlage für Bauverbote und Baubeschränkungen, ohne Aufschluss darüber zu geben, unter welchen Voraussetzungen in einem luftrechtlichen Zulassungsverfahren unter Zumutbarkeitsgesichtspunkten Lärmschutzvorkehrungen geboten sind. Insoweit zeichnet sich allenfalls für die Zukunft eine Änderung ab (vgl. die durch Art. 2 Nr. 1 des Entwurfs eines Gesetzes zur Verbesserung des Schutzes vor Fluglärm in der Umgebung von Flugplätzen, BTDrucks 16/508, vorgesehene Ergänzung des § 8 Abs. 1 LuftVG).
2. Nachtlärmschutz
Der Beklagte misst zu Recht dem Nachtlärmschutz besondere Bedeutung zu. Die hierzu getroffenen Regelungen halten jedoch in mehrfacher Hinsicht einer rechtlichen Überprüfung nicht Stand.
Der Planfeststellungsbeschluss gibt dem Vorhabenträger auf, zum Schutz der Nachtruhe Maßnahmen des passiven Schallschutzes zu ergreifen, die nach seiner Einschätzung geeignet sind, die Nachbarschaft vor nachteiligen Lärmeinwirkungen im Sinne des § 9 Abs. 2 LuftVG zu bewahren. Daneben weist das Gesamtkonzept des Lärmschutzes auch Maßnahmen des aktiven Schallschutzes auf, die indessen ungenügend sind.
2.1 Aktiver Lärmschutz
2.1.1 Konfiguration
Der Beklagte misst der Konfiguration des geplanten Start- und Landebahnsystems nicht bloß unter betriebstechnischen, sondern auch unter Lärmschutzgesichtspunkten erhebliche Bedeutung bei. Die insoweit von den Klägern erhobenen Einwendungen bleiben ohne Erfolg.
Der Vorhabenträger verfolgt mit dem Ausbau das Ziel, die baulichen Voraussetzungen dafür zu schaffen, dass in Zukunft 360 000 Flugbewegungen pro Jahr abgewickelt werden können. Die Kläger, die von einem eher noch höheren Aufkommen ausgehen, stellen nicht in Abrede, dass die vorhandene 3 000 m lange Südbahn nicht ausreicht, um die prognostizierte Verkehrsmenge restriktionsfrei zu bewältigen. Sie wenden sich lediglich gegen die Vorgaben, nach denen das geplante Zweibahnsystem ausgestaltet werden soll. Ihre Angriffe gehen jedoch fehl. Der Planungsträger setzt mit seinen Konfigurationsüberlegungen bei der vorhandenen Südbahn an, die in Zukunft als Nordbahn erhalten bleiben soll. Wird diese Bahn in das zukünftige Start- und Landebahnsystem integriert, so ist es konsequent, das Plankonzept an ihrer Lage auszurichten. Der Achsrichtung dieser Bahn zu folgen, liegt überdies deshalb nahe, weil sich hierdurch auch für die neue Südbahn die Hauptwindrichtung nutzen lässt. Zwar erfordern auch nach Ansicht des Beklagten flugbetriebliche Gesichtspunkte nicht zwingend ein Parallelbahnsystem. Die von den Klägern ins Spiel gebrachte T-Konfiguration weist nach seiner Einschätzung indes gravierende betriebstechnische Nachteile auf (vgl. oben Abschnitt D. 1.2.1). Es begegnet daher keinen Bedenken, dass der Vorhabenträger einem Parallelbahnsystem den Vorzug gegeben hat.
Ohne Erfolg wenden sich die Kläger ferner aus Lärmschutzgesichtspunkten gegen die Entscheidung, den Flugbetrieb auf zwei parallel angeordneten, unabhängig voneinander nutzbaren Start- und Landebahnen in den Betriebsrichtungen 07/25 abzuwickeln. Für diese Lösung spricht das planerische Anliegen, die Kapazität an dem prognostizierten Spitzenbedarf auszurichten (vgl. oben Abschnitt D. 1.2.1). Die Planfeststellungsbehörde ist, gestützt auf eine gutachterliche Analyse von 41 Planungsalternativen (Gutachten M 12) der Frage nachgegangen, welche Konfiguration sich insbesondere unter Lärmschutzgesichtspunkten bestmöglich in die vorhandene Siedlungsstruktur einpasst. Sie hat geprüft, wie sich die Zahl der Fluglärmbetroffenen verändert, wenn die Bahnen unterschiedlich weit voneinander abgerückt und gegeneinander versetzt werden (vgl. PFB S. 634 ff.). Auf der Grundlage der von ihr angestellten vergleichenden Betrachtung ist sie zu dem Ergebnis gelangt, dass sich ein Achsabstand von 1 900 m und ein Bahnversatz von 1 250 m in Richtung Westen als unter Lärmschutzaspekten schonendste Variante erweist (PFB S. 640). Das Klagevorbringen bietet keine Anhaltspunkte dafür, dass die Planfeststellungsbehörde bei ihren Untersuchungen wesentliche Umstände außer Acht gelassen haben könnte. Die Planung krankt nach allem nicht daran, dass sie Fluglärmbelastungen hervorruft, die sich ohne Abstriche von den flugbetrieblichen Anforderungen hätten vermeiden lassen, wenn einer anderen Konfiguration des Start- und Landebahnsystems der Vorzug gegeben worden wäre.
2.1.2 Lärmarme Flugzeuge
Als weitere Maßnahme des aktiven Lärmschutzes wertet die Planfeststellungsbehörde die von ihr in Teil A II 5.1.1 Ziff. 1 (PFB S. 104) getroffene “Flugbetriebliche Regelung”, wonach zwischen 22:00 und 6:00 Uhr strahlgetriebene Flugzeuge mit einer maximal zulässigen Abflugmasse von mehr als 20 000 kg nur starten und landen dürfen, wenn der Nachweis erbracht wird, “dass ihre gemessenen Lärmzertifizierungswerte in der Summe mindestens 10 EPNdB (= effective perceived noise level; in Dezibel angegeben) unter der Summe der für sie geltenden Grenzwerte gemäß Band 1, Teil II, Kap. 3 des Anhangs 16 zum Abkommen über die internationale Zivilluftfahrt liegen”. Durch diese Nebenbestimmung soll bewirkt werden, “dass während der gesamten Nachtzeit Flugbewegungen nur mit besonders lärmarmen Strahlflugzeugen durchgeführt werden dürfen” (PFB S. 650).
Die Planfeststellungsbehörde relativiert die Tragweite dieser Aussage freilich selbst mit dem Hinweis, dass in Deutschland “bereits 90 von 100 Strahlflugzeugen” dem genannten Kriterium genügen (PFB S. 650). Auch wenn die Kläger aus dieser Angabe zu Unrecht folgern, dass die Auflage sich in einer zehnprozentigen Reduzierung erschöpfe, beschränkt sich die Wirkung der Nebenbestimmung darauf, vom Nachtflugverk