Good Bye, America – Trump vertreibt deutsche Investoren
Länder, Marktsegmente, Nutzungsarten – einmal pro Jahr fragt die Ratingagentur Scope Fondsmanager zu aktuellen Investmentzielen. Bei der diesjährigen Befragung fiel das Resultat in einem Punkt eindeutig aus: Kein einziger Anlageentscheider will derzeit Immobilien in den USA erwerben. Hingegen plant etwa jeder sechste Entscheider, Objekte in den Vereinigten Staaten abzustoßen.
US-Immobilien auf dem Abstellgleis
"Der US-Markt bietet aus Sicht der Immobilienfondsanbieter derzeit keine großen Chancen oder die Unsicherheiten sind zu hoch", sagt Sonja Knorr, Senior Analystin bei Scope. Für Büroimmobilien, das bevorzugte Segment der offenen Fonds mit einem Anteil von 63 Prozent am Gesamtportfolio, seien die Herausforderungen in den USA besonders stark gestiegen. "Die Leerstände haben an einigen Teilmärkten deutlich zugenommen."
Mit der skeptischen Haltung gegenüber Investments in den USA sind die Fondsmanager nicht allein. Europäische, kanadische und asiatische institutionelle Investoren haben sich von Aktien, Anleihen und Real Estate Investment Trusts (REITs) im Gesamtwert von mehr als hundert Milliarden US-Dollar getrennt, seit Donald Trump ins Weiße Haus zurückgekehrt ist. Allein im April 2025 reduzierten internationale Anleger den Bestand an Staatsanleihen um 50,6 Milliarden US-Dollar, meldete das Finanzministerium.
Veritas, die 4,83 Milliarden Euro schwere Altersvorsorgeeinrichtung der Selbstständigen in Finnland, hat in ihrem Equity-Portfolio seit Februar den Anteil von US-Aktien und REITs von 46,2 Prozent auf 24,1 Prozent reduziert – und plant weitere Verkäufe. Im Gegenzug ist der Anteil europäischer Aktien und börsennotierter Immobilienwerte von 19,8 Prozent auf 25,3 Prozent und den Anteil finnischer Werte und von 23 Prozent auf 32 Prozent erhöht worden.
Kapital aus dem "einst sicheren Hafen" USA abgezogen
"Die USA waren einst ein sicherer Hafen für Investoren", sagt Laura Wickström, Chief Investment Officer von Veritas. "Inzwischen ist dort nur noch eines sicher: Unsicherheit." Die von Trump gestarteten Handelskriege schwächten die US-Wirtschaft und drohten die Inflation anzuheizen, da die erhöhten Zölle importierte Waren teurer machten.
Im ersten Quartal 2025 sank das Bruttoinlandsprodukt in den Staaten nach der auf das Jahr hochgerechneten US-Berichtsfassung um 0,5 Prozent. Gleichzeitig schrumpft die Kaufkraft der Konsumenten, da Unternehmen Mitarbeiter entlassen. Die Realeinkommen fielen im Mai gegenüber April um 0,4 Prozent.
Pension Danmark hat sich sogar komplett aus den USA verabschiedet. Der dänische Pensionsfonds, der zu den 50 grössten Altersvorsorgeeinrichtungen in Europa zählt, hatte dort Ende 2024 noch zehn Prozent seines Anlagevermögens von 47,7 Milliarden Euro in angelegt. Heute ist nicht eine Öre mehr in US-Werten investiert. Das dort freigesetzte Kapital ist nun diesseits des Atlantiks angelegt.
Europas Immobilienaktien profitieren
Die Konsequenzen der milliardenschweren Umschichtungen spiegelt die Entwicklung an den Immobilienaktienmärkten wider. Im zweiten Quartal 2025 lieferten US-REITs einen Total Return von minus 1,7 Prozent, zeigt eine Auswertung des Analysehauses GPR Global Property Research. Die Kursverluste übertrafen die Dividendenausschüttungen. Im selben Zeitraum betrug die Performance europäischer Immobilienaktien im Schnitt 12,4 Prozent. Spitzenreiter waren deutsche Werte mit einem Plus von stattlichen 21,9 Prozent.
Die Abkehr von den US-REITs ist bemerkenswert. Sie zählen zur bevorzugten Anlageklasse unter den globalen börsennotierten Immobilienwerten bei den an stetigen Cashflows interessierten Pensionskassen und Versicherungen. Denn REITs müssen Gewinne nicht versteuern, sondern zu 90 Prozent an die Aktionäre ausschütten.
In welchem Umfang deutsche offene Fonds und internationale Investoren direkt gehaltene US-Immobilien veräußern und das freigesetzte Kapital in Objekte in Deutschland und anderen europäischen Staaten reinvestieren werden, sei frühestens Ende des Jahres absehbar, sagt Hela Hinrichs, Senior Director EMEA Research & Strategy bei der Beratungsgesellschaft JLL. "Es dauert Monate, bis Immobiliendeals unterschriftsreif sind."
Hohe Finanzierungskosten drohen
Aus Sorge vor einer Rückkehr der Teuerung hat die Federal Reserve Bank (Fed) den Leitzins von 5,5 Prozent in der Spitze 2023 bislang nur auf eine Spanne von 4,25 bis 4,5 Prozent reduziert. "Die Auswirkungen der Zölle auf die Inflation werden von ihrer endgültigen Höhe abhängen", sagt Fed-Präsident Jerome Powell. Die Zentralbank werde erst dann an der Zinsschraube in die eine oder andere Richtung drehen, wenn die US-Regierung die künftigen Importtarife verbindlich und dauerhaft festgelegt habe.
Nach der jüngsten Auswertung der Beratungsgesellschaft Colliers International beträgt der durchschnittliche Zinssatz für die Finanzierung von Büroimmobilien in den USA aktuell 7,5 Prozent, für Logistikobjekte 7,3 Prozent und für Shopping-Center 7,2 Prozent. Die Zinskosten sind damit etwa doppelt so hoch wie in Europa, wo die Europäische Zentralbank (EZB) den Leitzins auf zwei Prozent gesenkt hat.
US-Inflation als Warnsignal für die EZB
"Die hohen Zinsen treiben die Finanzierungskosten in die Höhe und drücken die Immobilienwerte in die Tiefe", sagt der Ökonom Günter Vornholz, Inhaber der Gesellschaft für Immobilienresearch. "Investments in US-Liegenschaften drängen sich zurzeit nicht auf."
Investoren könnten nicht davon ausgehen, dass die Fed den Leitzins definitiv in diesem Jahr senke. "Trump ist so sprunghaft, dass er möglicherweise schon morgen so hohe Zölle verhängt, dass die Inflation massiv befeuert wird und die Fed den Leitzins sogar anheben muss", so Vornholz weiter.
Im EZB-Direktorium gibt es Befürchtungen, dass die Teuerung in den USA wieder anziehen und auf die Eurozone überschwappen könnte. Angesichts der allgegenwärtigen Unsicherheit bestünden Risiken von Inflationsschocks in beide Richtungen, heißt es in einem Protokoll der jüngsten Sitzung im Juni 2025. Ökonomen werten das als Hinweis, dass es vorerst keine weitere Leitzinssenkung in der Eurozone geben wird.
Unberechenbare Zölle, berechenbare Folgen
Trump hatte in den vergangenen Monaten immer wieder neue Zölle verkündet – und diese bald darauf verändert. Zeitweise sollten Importe aus China mit Einfuhrabgaben von bis zu 145 Prozent belegt werden. Peking konterte mit Gegenzöllen von 125 Prozent auf US-Waren und einem Exportverbot von Seltenen Erden. Daraufhin senkte Trump den Importtarif auf chinesische Produkte vorübergehend auf 30 Prozent.
Derzeit verhandeln die USA mit China, Kanada und der EU gleichzeitig über eine Einigung im Zollstreit. Ausgang: ungewiss. Sicher scheint nur: Bis zum 9. Juli muss eine Übereinkunft gefunden werden. Sonst will der US-Präsident Importtarife von 50 Prozent auf Exporte in die Vereinigten Staaten verhängen.
Trump lenkt bei Investorensteuer ein
Egal, wie die Einigungen am Ende aussehen, die Teuerung dürfte zulegen. "Das generelle Zollniveau auf US-amerikanische Importe wird letztlich mindestens dreimal so hoch sein wie vor dem Amtsantritt Trumps", sagt Axel Angermann, Chef-Volkswirt des Investmentmanagers und -beraters Feri. "Die absehbare Folge sind steigende Importpreise und wieder anziehende Inflationsraten."
Einen Lichtblick gibt es: Aus dem neuen Haushaltsgesetz, von Trump als "Big Beautiful Bill" angepriesen, wurde der umstrittene Abschnitt 899 gestrichen. Die als "Rachesteuer" bezeichnete Regel hätte dem US-Präsidenten die Macht verliehen, die Steuern auf Gewinne, Dividenden und Mieterträge ausschließlich für ausländische Investoren um bis zu 20 Prozent anzuheben. Im Gegenzug hatten die übrigen Staaten der Industrieländer-Gruppe G7 Washington zugesagt, US-Unternehmen von der globalen Mindeststeuer von 15 Prozent auf multinationale Konzerne auszunehmen.
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