Immobilienwirtschaft: Kooperationen mit PropTechs

PropTechs sind in der Theorie die idealen Partner für die Immobilienwirtschaft. Sie bieten Technologie und Software, um Gebäude und ganze Portfolios effizienter, kostengünstiger und nachhaltiger zu managen. Doch die Praxis sieht anders aus.

Ein verwaltetes Vermögen von 78,3 Milliarden Euro, ein gemanagtes Portfolio von 500 Liegenschaften, ein Kundenstamm mit mehr als 270 institutionellen Investoren – der Asset Manager HIH Real Estate ist einer der großen Akteure an den europäischen Immobilienmärkten. Und wäre damit ein idealer Partner für PropTech-Unternehmen, die mit ihren Software-Lösungen die digitale Transformation der Backsteinbranche vorantreiben wollen.

Immobilienunternehmen: Lieber eigene Lösung als ein PropTech

Doch die IT-Firmen können bislang nicht liefern, was der Hamburger Anlageverwalter benötigt. "Wir sind deshalb dazu übergegangen, viele der benötigten Lösungen mit einer eigenen IT-Gesellschaft intern zu entwickeln", sagt Carolin Dose, Managing Director of Asset Management bei HIH Real Estate. "So stellen wir sicher, dass die Tools wirklich zu unseren Prozessen passen, und bleiben langfristig unabhängig."

PropTech – das Kofferwort steht für Property Technology (Immobilien-Technologie). Bezeichnet werden damit Unternehmen, die Datenverarbeitungs-, Informations- und Kommunikationstechnologien speziell für Immobilieninvestoren, -bestandshalter und -verwalter entwickeln. Damit sollen diese ihre internen Abläufe und Geschäftsmodelle optimieren und günstiger gestalten können. Diese Software-Produkte und Dienstleistungen benötige die Immobilienwirtschaft dringend für "eine Digitalisierungsoffensive, um die Bestände effizienter und auch nachhaltiger managen zu können", so Michael Voigtländer, Leiter Finanz- und Immobilienmärkte beim Institut der deutschen Wirtschaft (IW) in Köln.

Spannungsfeld: Gebäudetechnik, Nachhaltigkeit, Regulatorik

PropTechs könnten "die digitale Brücke bauen zwischen Gebäudetechnik, Nachhaltigkeitsstrategie und regulatorischer Pflicht". Doch bislang fällt es vielen der innovativen Technologieanbieter schwer, genügend Kunden für ihre digitalen Dienstleistungen in der Immobilienbranche zu gewinnen.

Das zeigt die PropTech Germany Studie 2025 der Technischen Hochschule Aschaffenburg und von Blackprint, einem Innovationshub für den Bau- und Immobiliensektor. Danach erwirtschafteten nur 15 von 145 vor dem Jahr 2022 gegründeten PropTech-Unternehmen in Deutschland einen Umsatz von mindestens fünf Millionen Euro im vergangenen Jahr.

36 Prozent der mindestens drei Jahre am Markt aktiven Digital-Firmen rissen beim Absatz zumindest die Marke von einer Million Euro. 54 Prozent, und damit mehr als jedes zweite schon länger am Markt aktive PropTech, blieb unter diesem Schwellenwert. Zwei Drittel der seit 2022 gegründeten 41 Branchen-Start-ups kam im vergangenen Jahr beim Umsatz nicht einmal über einen Betrag von 50.000 Euro.

"Viele PropTechs entwickeln an der Praxis vorbei"

Dass Immobilieneigentümer – von Asset Managern über Fonds bis hin zu Family Offices –, Verwalter und Makler zurückhaltend mit der Beauftragung von PropTech-Unternehmen sind, überrascht Marktakteure nicht. Sie sehen in den beiden Branchen in der Theorie zwar zwei ideale Partner. Doch denen gelingt es bislang allzu häufig nicht, zueinander zu finden. "Viele PropTechs entwickeln an der Praxis vorbei", meint Maximilian Meran, Gründer und Co-Geschäftsführer des auf die Dekarbonisierung von Immobilien spezialisierten PropTech-Unternehmens re-green in Frankfurt am Main.

So fehle bei propTechs häufig das Verständnis für die knappen Ressourcen kleinerer Immobilienunternehmen. "Eine Software mag in der Theorie stark sein", sagt Meran. "Wenn sie aber mehr Schulung erfordert, als sich die Teams potenzieller Kunden leisten können, wird sie nicht gekauft werden." Dieses Problem sieht auch Stefan Kucera, Partner bei der auf Immobilienwirtschaftsrecht spezialisierten Frankfurter Kanzlei Kucera Rechtsanwälte.

PropTechs: Was potenzielle Kunden verschreckt

"Klassische Maklerbüros und mittelständische Verwalter fühlen sich mit der Komplexität, den Schnittstellenproblemen und den Kosten der PropTech-Dienstleistungen schnell überfordert." Ignoriert würde von vielen Digital-Anbietern eine große Zahl von Marktakteuren – Wohnungseigentümergemeinschaften und Besitzer kleinerer Immobilienbestände. Für die in diesem Segment aktiven Verwalter müssten PropTechs "niedrigschwellige und vor allem ganzheitliche Lösungen bereitstellen", meint der Rechtsanwalt. Tatsächlich würden jedoch viele PropTechs aus der Logik einer Start-up-Firma heraus denken. "Diese Anbieter suchen schnelles Wachstum und nehmen wenig Rücksicht auf bestehende Prozesse", sagt Kucera.

Das verschrecke potenzielle Kunden. Traditionelle Akteure seien skeptisch, wenn sie das Gefühl hätten, als Beta-Tester benutzt zu werden. Gleichzeitig vermissen die großen Immobilienunternehmen für sie passende, umfassende und breit adaptierbare Lösungen seitens der Digital-Firmen. "Viele PropTech-Angebote sind sehr spezialisiert und haben Grenzen in ihrer individuellen Anpassbarkeit", sagt HIH-Geschäftsführerin Dose. "Anspruch und Praxis klaffen dort auseinander, wo Individualisierung und Flexibilität gefragt sind, die PropTechs aber nicht in der Tiefe leisten können."

Zu viele Einzellösungen auf dem PropTech-Markt?

Halter großer Immobilienbestände benötigten digitale Lösungen, "die die komplette Wertschöpfungskette eines Immobilienmanagers abdecken – von der Objektverwaltung über das Reporting bis hin zum Asset Management", so Dose. "In der Realität bestehen die Angebote jedoch meist aus Einzellösungen, die jeweils für sich funktionieren, aber keine durchgängige Integration bieten."

Jörg Müller, Head of Transformation bei der Frankfurter IC Immobilien Gruppe, einem Full-Service-Dienstleister für gewerbliche Immobilien in Deutschland mit 26 Milliarden Euro Assets under Management, macht zudem eine Ermüdung auf Seiten der potenziellen Kunden aus: "Die Immobilienbranche hat viele PropTechs gesehen, die nicht funktioniert haben."  Nun sei der Hype – zumindest vorübergehend – abgeebbt. Diese Atempause sei jedoch für eine Marktbereinigung nötig, sagt Müller. "So können sich am Ende die PropTechs durchsetzen, deren Produkte und Dienstleistungen auch wirklich sinnhaft sind."

Das ist ein Auszug aus dem Schwerpunkt der aktuellen Ausgabe 05/25 "Immobilienwirtschaft". Im vollständigen Text lesen Sie, wie Vertreter der PropTech-Branche ihre Sicht erläutern und wie Immobilienunternehmen dem Fortschritt selbst im Weg stehen.


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