3 Fragen an Eric Giese

Bestand auf Zeitreise


Energieeffizienz durch Gebäudedaten – 3 Fragen an Eric Giese

Gebäude, die wissen, was kommt und länger leben: Ein Blick in die digitale Zukunft steigert die Wirtschaftlichkeit von Bestandsgebäuden. Wie das geht? 3 Fragen an Eric Giese, Geschäftsführer des Immobiliensoftware-Entwicklers Meteoviva.

Herr Giese, können Sie kurz skizzieren, wie Ihre Lösung die Energieeffizienz in Bestandsimmobilien verbessert?

Eric Giese: Wir verstehen Gebäude grundsätzlich als thermisches System – im Gegensatz zu BIM, das vor allem die Geometrie und Bauteile eines Gebäudes beschreibt. Wir erfassen also nicht nur Wände, Inventar, Fassade und Glasflächen, sondern deren thermische Eigenschaften als Speichermassen. Daraus erstellen wir ein Abbild der Gebäudestruktur für unsere Simulationsplattform. Diesen digitalen Zwilling füttern wir mit Daten zu internen Lasten, dem Nutzungsverhalten und Wetterprognosen, um das zukünftige Verhalten des Gebäudes zu simulieren.

Die komplette L'Immo-Folge mit Eric Giese und Jörg Seifert                                                                                                                          

Das thermische Modell ist vergleichbar mit einem Akku: Es zeigt, wie Energie gezielt gespeichert und eingespart werden kann. In den USA nutzen wir es beispielsweise für Demand-Management, also um Gebäude netzdienlich ins Stromnetz einzubinden und Energielasten zu steuern. In Zukunft wird diese Anwendung auch in Deutschland an Bedeutung gewinnen.

Im Bestand finden Sie sicherlich auch Herausforderungen. Wie kommt man zu einem thermischen Modell, wenn man oft nicht einmal weiß, welche Materialien verbaut sind?

Wir kommen aktuell um einen Vor-Ort-Termin für eine Bestandsanalyse nicht herum. Um den Prozess zu optimieren, nutzen wir eine eigens entwickelte App zur schnellen Erfassung relevanter Daten – sowohl für das thermische Modell als auch für die Gebäudetechnik. So erhalten wir alle notwendigen Informationen, um Steuerdaten an die Gebäudeautomations-systeme zu übergeben und das Gebäude präzise abzubilden.

Bestand: Präzise Daten für präzise digitale Zwillinge

Dokumentation fließt ein, sofern sie vorhanden und korrekt ist. Mit Hilfe von KI übertragen wir die Informationen in das digitale Gebäudemodell. Dieses Modell ist auch für den Betrieb sehr wichtig: Der Kunde kann jederzeit prüfen, wie sich das Gebäude verhält und in welchem Zustand es sich befindet. Die Erstaufnahme liefert somit einen unmittelbaren Mehrwert und ein dauerhaft nutzbares Abbild des Gebäudes.

Kann man mit dem Modell den Zeitpunkt der Wirtschaftlichkeit eines Gebäudes nach hinten verschieben – oder gar vermeiden? Stichwort: Stranded Asset.

Ja, das gelingt sehr gut. In einem aktuellen Beispiel konnten wir in einem großen Gebäude den Punkt um 17 Jahre verschieben – dank unseres Systems und der optimierten Steuerung der Gebäudetechnik. Durch diese Maßnahmen spart das Gebäude pro Jahr rund eine halbe Million Euro an Energiekosten und 1.000 Tonnen CO2.

Stranded Assets: Wirtschaftlichkeit von Gebäuden verlängern

CO2-Neutralität erreicht man damit allerdings nicht automatisch. Wenn Heizung und Systeme fossile Brennstoffe nutzen, wird das Gebäude kein Net-Zero-Objekt. Für langfristige Klimaziele müssen diese Systeme angepasst werden. Unsere Steuerung bleibt dabei sinnvoll, weil sie Energie und Kosten spart – unabhängig davon, mit welcher Energie das Gebäude betrieben wird.

Das ist ein redaktionell bearbeiteter Auszug aus dem L'Immo-Podcast mit Eric Giese. 


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