BGH: Modernisierungsmieterhöhung nach Austausch alter Bauteile

Nach einer modernisierenden Erneuerung alter Bauteile ist bei einer Modernisierungsmieterhöhung auch dann ein Anteil für Instandhaltung herauszurechnen, wenn die Bauteile noch funktionsfähig und die Instandhaltungsmaßnahmen noch nicht "fällig" waren.

Hintergrund: Vermieter legt Kosten für Austausch alter Bauteile komplett um

Die Vermieter einer Wohnung hatten nach vorheriger Ankündigung verschiedene Baumaßnahmen im Haus durchführen lassen. Unter anderem wurden die etwa 60 Jahre alte Wohnungstür, die ebenso alten Treppenhausfenster und Haustüren sowie die alte Briefkastenanlage gegen neue Teile ersetzt. Bis zum Austausch waren alle Bauteile funktionsfähig und wiesen keine Mängel auf.

Nach Abschluss der Arbeiten erklärten die Vermieter eine Modernisierungsmieterhöhung nach § 559 Abs. 1 BGB. Bei der Berechnung der Mieterhöhung setzten sie die für die Erneuerung der genannten Teile angefallenen Kosten in voller Höhe an, ohne Abzug anteiliger ersparter Instandhaltungskosten.

Die Mieterin ist mit der Mieterhöhung nicht einverstanden und klagt auf Feststellung, dass die Mieterhöhung unberechtigt ist. Während das Amtsgericht der Klage stattgegeben hat, war das Landgericht der Meinung, die Mieterhöhung sei hinsichtlich der genannten Arbeiten nicht zu beanstanden.

Entscheidung: Erhaltungsanteil ist aus Mieterhöhung rauszurechnen

Der BGH hebt das Urteil des Landgerichts auf und verweist den Rechtsstreit dorthin zurück. Die Vermieter hätten die Kosten für die Erneuerung der 60 Jahre alten Bauteile bei der Berechnung der Modernisierungsmieterhöhung nicht in voller Höhe ansetzen dürfen.

Nach bestimmten Modernisierungsmaßnahmen kann ein Vermieter die jährliche Miete um 11 Prozent (bis 2018) beziehungsweise 8 Prozent (seit 2019) der für die Wohnung aufgewendeten Kosten erhöhen. Das ergibt sich aus § 559 Abs. 1 BGB. Dabei gehören Kosten, die für Erhaltungsmaßnahmen erforderlich gewesen wären, nicht zu den aufgewendeten Kosten, so § 559 Abs. 2 BGB.

Nach einer weit verbreiteten Auffassung sind Erhaltungsmaßnahmen an älteren Bauteilen, deren durchschnittliche Lebensdauer zu einem erheblichen Teil abgelaufen ist, nicht erforderlich im obigen Sinne, wenn die Bauteile noch funktionsfähig sind und keinen Mangel aufweisen. Daraus folgern die Vertreter dieser Auffassung, dass die umlagefähigen Modernisierungskosten in einem solchen Fall nicht um einen Instandhaltungsanteil zu kürzen sind.

Abzug für Instandhaltung auch ohne fälligen Instandsetzungsbedarf

Der BGH sieht das anders: Bei einer modernisierenden Erneuerung von Bauteilen oder Einrichtungen kann der Vermieter die dafür aufgewendeten Kosten auch dann nicht vollständig auf den Mieter umlegen, wenn zum Zeitpunkt der Modernisierung zwar noch kein "fälliger" Instandsetzungsbedarf bestand, aber bereits ein nicht unerheblicher Teil ihrer Nutzungsdauer verstrichen war. In diesem Fall ist ein Abzug anteiliger ersparter Instandhaltungskosten geboten. 

Sinn der Modernisierungsvorschriften ist es nicht, dem Vermieter (teilweise) auch die Umlage von Instandhaltungskosten auf den Mieter zu ermöglichen. Vielmehr sollen Verbesserungen der Mietsache (Energieeinsparung, nachhaltige Erhöhung des Gebrauchswerts, Verbesserung der allgemeinen Wohnverhältnisse) gefördert werden, indem Vermieter die darauf entfallenden Kosten auf den Mieter umlegen können. Die Interessen des Mieters werden dadurch gewahrt, dass er spiegelbildlich von einer Erhöhung des Gebrauchswerts profitiert.

Hierbei entscheidend darauf abzustellen, ob Erhaltungsmaßnahmen schon oder noch nicht fällig sind, würde häufig zu zufälligen Ergebnissen führen. Der Gesetzgeber wollte dem Vermieter auch nicht ermöglichen, künftig anfallende – grundsätzlich vom Vermieter zu tragende – Kosten für Erhaltungsmaßnahmen durch geschicktes Vorgehen, namentlich durch Vornahme der Modernisierung kurz vor "Fälligkeit" der Erhaltungsmaßnahmen, auf den Mieter abzuwälzen.

Instandhaltungsanteil wird geschätzt

Der Anteil der Kosten, der auf die Modernisierung entfällt und umlagefähig ist und der nicht umlagefähige Instandhaltungsanteil werden durch Schätzung ermittelt. Diese orientiert sich an der üblichen Lebensdauer der erneuerten Einrichtung und dem bereits eingetretenen Abnutzungsgrad.

(BGH, Urteil v. 17.6.2020, VIII ZR 81/19)

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