Sustainable-Finance-Beirat empfiehlt Ausweitung der Pflicht zur nichtfinanziellen Berichterstattung
Die Bundesregierung hat den Sustainable-Finance-Beirat beauftragt, bei der Erarbeitung einer nationalen Sustainable-Finance-Strategie zu beraten und konkrete Handlungsempfehlungen zu entwickeln, um den Finanz- und Wirtschaftsstandort Deutschland langfristig zu stärken. Dieser hat nun seinen Bericht „ Shifting the Trillions – Ein nachhaltiges Finanzsystem für die Große Transformation“ veröffentlicht.
Sustainable Finance als Schlüssel für die Große Transformation
Die Strategie der EU-Kommission, den Klimaschutz für Unternehmen über Berichterstattungspflichten und Pflichten im Rahmen der Finanzierung durchzusetzen, nimmt auch national erheblich Fahrt auf. So stellt der Beirat der Bundesregierung fest, dass Deutschland führend in Sustainable Finance werden soll. Mit ihrem ambitionierten Ziel will die Bundesregierung alle Akteure im Finanzmarkt mobilisieren, die Transformation zu einem nachhaltigen Wirtschafts- und Finanzsystem zu finanzieren und an ihrem Erfolg teilzuhaben.
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Nichtfinanzielle Berichterstattung für Unternehmen ab 250 Beschäftigten
Konkret wird nun der Bundesregierung empfohlen, auf EU-Ebene eine Ausweitung der Regelungen für die Berichterstattung auf alle Unternehmen ab 250 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern unabhängig von der Finanzierungsform zu unterstützen. Da zunächst die europäische Vorgabe geändert werden muss, was allerdings bereits in den nächsten Wochen zu erwarten ist, und dann noch die nationale Umsetzung zu erfolgen hat, dürfte diese Pflicht nicht vor 2023 bestehen. Zudem empfiehlt der Beirat der Bundesregierung auf die Einbeziehung für die nachhaltige Transformation relevanter – und im bilanzrechtlichen Sinne – kleiner und mittlerer Unternehmen im Rahmen der Überarbeitung der CSR-Richtline hinzuwirken. Ein Gesetzgebungsvorschlag zur Änderung des HGB sollte immerhin Unterstützungsstrukturen insbesondere für kleine und mittlere Unternehmen schaffen.
Nichtfinanzielle Berichterstattung bisher nur für eingeschränkten Kreis von Unternehmen Pflicht
Bislang haben nur kapitalmarktorientierte Unternehmen sowie Banken und Versicherungen, die sowohl als groß im Sinne des § 267 HGB eingestuft sind als auch mehr als 500 Beschäftigte aufweisen, nach § 289b HGB eine nichtfinanzielle Berichterstattung entweder als Bestandteil des Lageberichts oder ausgelagert in einem separaten Nachhaltigkeitsbericht jährlich zu erstellen. Zudem ist bisher auch eine Konzernberichterstattung notwendig für die konzernrechnungslegungspflichtigen Unternehmen, die die Kriterien des § 289b HGB erfüllen.
Inhalt der nichtfinanziellen Berichterstattung
Zu berichten ist in der nichtfinanziellen Berichterstattung nach § 289c Abs. 2 HGB zumindest über folgende Aspekte:
- Umweltbelange, wobei sich die Angaben beispielsweise auf Treibhausgasemissionen, den Wasserverbrauch, die Luftverschmutzung, die Nutzung von erneuerbaren und nicht erneuerbaren Energien oder den Schutz der biologischen Vielfalt beziehen können.
- Arbeitnehmerbelange, wobei sich die Angaben beispielsweise auf die Maßnahmen, die zur Gewährleistung der Geschlechtergleichstellung ergriffen wurden, die Arbeitsbedingungen, die Umsetzung der grundlegenden Übereinkommen der Internationalen Arbeitsorganisation, die Achtung der Rechte der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, informiert und konsultiert zu werden, den sozialen Dialog, die Achtung der Rechte der Gewerkschaften, den Gesundheitsschutz oder die Sicherheit am Arbeitsplatz beziehen können.
- Sozialbelange, wobei sich die Angaben beispielsweise auf den Dialog auf kommunaler oder regionaler Ebene oder auf die zur Sicherstellung des Schutzes und der Entwicklung lokaler Gemeinschaften ergriffenen Maßnahmen beziehen können.
- Die Achtung der Menschenrechte, wobei sich die Angaben beispielsweise auf die Vermeidung von Menschenrechtsverletzungen beziehen können.
- Die Bekämpfung von Korruption und Bestechung, wobei sich die Angaben beispielsweise auf die bestehenden Instrumente zur Bekämpfung von Korruption und Bestechung beziehen können.
Ausgestaltung der Berichtspflicht: weitere Empfehlungen
Hinsichtlich der Ausgestaltung der Berichtspflicht wird empfohlen, eine einheitliche Verpflichtung zur Berichterstattung über wesentliche Nachhaltigkeitsdaten innerhalb des Lageberichts anzustreben.
Allerdings fordert der Beirat die Umsetzung verbindlicher zukunftsorientierter Berichtspflichten mit Bezug zum Klima nach dem Rahmenwerk der Task Force on Climate-related Financial Disclosures (TCFD) bereits ab dem Geschäftsjahr 2022 für Unternehmen mit mehr als 250 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern nach dem Comply-or-Explain-Prinzip, d.h. eine Abweichung müsste begründet werden.
Zudem wird eine Konkretisierung der verbindlichen Berichterstattung gemäß der TCFD hinsichtlich Szenarioanalysen ebenso empfohlen wie die Umsetzung einer standardisierten Risikoberichterstattung, die Berücksichtigung der doppelten Wesentlichkeit und die Weiterentwicklung von Szenarien, die auf den weiteren Zielen des European Green Deal (d. h. zu Kreislaufwirtschaft und Biodiversität) beruhen, und entsprechende Erweiterungen der Berichtspflichten.
Es sollte eine schrittweise Einführung einer Pflicht zur Prüfung nichtfinanzieller Informationen im Lagebericht erfolgen und dafür internationale Prüfungsstandards entwickelt werden.
Inhaltlich soll eine Neufassung des Wesentlichkeitsbegriffs in der CSR-Richtlinie im Sinne einer Oder-Verknüpfung erfolgen und in der überarbeiteten CSR-Richtlinie Kongruenz zwischen den bedeutsamsten bislang nichtfinanziellen Leistungsindikatoren und den technischen Bewertungskriterien der EU-Taxonomie hergestellt werden. Auch wird empfohlen den Begriff der wesentlichen Risiken (§ 289 c Abs. 3 Satz 3 HGB) vor dem Hintergrund unterschiedlicher Perspektiven (Outside-in bzw. Inside-out) zu aktualisieren und zu präzisieren. In der Darstellung der wesentlichen Risiken sollten die Art der Risiken, die vom Unternehmen zu ihrer Eindämmung beschlossenen und getroffenen Maßnahmen und die Zielerreichung bei der Anwendung dieser Maßnahmen im Vordergrund stehen.
Empfehlungen zur Dateninfrastruktur: Erweiterung von ESEF
Die Berichterstattung sollte durch die umgehende Erweiterung des European Single Electronic Format (ESEF) auf nichtfinanzielle Informationen auch die Möglichkeiten der IT nutzen. Dies gilt als Voraussetzung für einen effizienteren Datenzugriff und den Aufbau einer europäischen Environmental, Social, Governance (ESG)-Rohdatenbank. Diese soll eine zentrale, öffentliche und kostenlos zur Verfügung gestellte digitale Datenbank für standardisierte ESG-Rohdaten in einem für Menschen und Maschinen lesbaren Format sein.
Schließlich empfiehlt der Beirat auch großen realwirtschaftlichen Unternehmen und Eigentümern von Gebäuden mit Fremdfinanzierung aufzuerlegen, ihren Umgang mit einem standardisierten Politikszenario offenzulegen. Die Unternehmen sollen darüber berichten, welchen Einfluss die Politikvorgabe, Klimaneutralität bereits 2035 zu erreichen, auf wirtschaftliche Kernindikatoren hätte und mit welchen Strategien die Unternehmen antworten würden.
Der Bericht des Beirats zeigt, welch große Schritte nötig sind, um die notwendigen Maßnahmen zur Bekämpfung des Klimawandels anzugehen. Insgesamt erscheinen diese sehr zielführend. Es bleibt abzuwarten, inwieweit diese auch von politischer Seite umgesetzt werden.
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