IFRS IC Meeting Februar 2022 Überblick

Das IFRS Interpretations Committee (IFRS IC) hat in seinem ersten Meeting in 2022 zwei Themen, welche erstmalig in 2021 diskutiert wurden, wieder aufgenommen. Betroffen ist die bilanzielle Abbildung von Refinanzierungsgeschäften (sog. TLTRO III) der Europäischen Zentralbank sowie die Bilanzierung von Defiziten bei sog. energy credits für produzierte/importierte PKWs.

Das IFRS IC hat in seiner ersten Sitzung in 2022 (Februar-Sitzung 2022)

  • Rückmeldungen zur vorläufigen Agenda Decision im Juni 2021 in Bezug auf die bilanzielle Abbildung von sog. TLTRO-III Programmen der EZB diskutiert und eine (finale) Agenda Decision beschlossen; sowie
  • nach einer intensiven Diskussion im vorangegangenen Meeting im November 2021 eine überarbeitete vorläufige Agendaentscheidung zu IAS 37 zum Fall sog. energy credits für produzierte/importierte PKWs besprochen.

Weiterhin gab es zur Vorbereitung einer neuen Fragestellung zu IFRS 17 erste Diskussionen.

TLTRO III Transactions (IFRS 9 and IAS 20)

Das IFRS IC nahm Stellung zur Frage, ob ein TLTRO III (Targeted Longer-Term Refinancing Operations) Darlehen zwischen einem Kreditinstitut und der EZB ein Darlehen zu unter dem Marktzinssatz liegenden Konditionen darstellt und, sofern ja, ob das Kreditinstitut IAS 20 oder IFRS 9 für den Zinsvorteil anzuwenden hat. Weiterführende Fragen zur Berechnung des Effektivzinssatzes sowie zur Folgebewertung der Verbindlichkeit wurden ausgeklammert. Diese sind Teil eines umfassenderen Sachverhalts, der nicht isoliert behandelt und im Rahmen des Post Implementation Review zu IFRS 9 behandelt werden soll. 

Die bisherige (vorläufige) Entscheidung aus September 2021 wurde nach redaktioneller Anpassung in der Aussage trotz der Analyse der Stellungnahmen beibehalten. TLTRO-III-Tranchen können einen Vorteil in Form eines Darlehens zu einem unter dem Marktzins liegenden Zinssatz beinhalten, der als Zuschuss der öffentlichen Hand zu bilanzieren ist, wenn (kumulativ)

  • die EZB die Definition eines government gem. IAS 20 erfüllt; und
  • der auf die TLTRO III-Tranchen erhobene Zinssatz ein unter dem Marktniveau liegender Zinssatz ist.

Das noch vorgesehene dritte Kriterium – Unterscheidbarkeit der TLTRO-III-Transaktionen mit der EZB von den normalen Handelsgeschäften der kreditnehmenden Bank – wurde nicht in die Agendaentscheidung übernommen. Das IFRS IC betonte jedoch, dass die Beurteilung von specific facts and circumstances abhängt und es daher nicht in der Lage ist, zu entscheiden, ob seitens der EZB gewährte TLTRO-III-Tranchen eine Zuwendung der öffentlichen Hand gem. IAS 20 sind.

Wird die Anwendbarkeit von IAS 20 bejaht, ist hinsichtlich der bilanziellen Abbildung auf die Vorgaben für grants abzustellen. Hinsichtlich der Anhangangaben wurde auf die Vorgaben von IAS 20.39, die Erläuterungen zu wesentlichen Bilanzierungs- und Bewertungsmethoden sowie der Annahmen und Ermessensentscheidungen (IAS 1.117, .122 und .125 sowie IFRS 7.21) sowie zu Risiken aus Finanzinstrumenten (IFRS 7.31) verwiesen.

Die Agenda Decision wurde dem IASB zur Entscheidung vorgelegt.

Negative Low Emission Vehicle Credits (IAS 37)

Betrachtet werden in einer aktuellen Anfrage an das IFRS IC staatliche Maßnahmen zur Emissionsreduktion, die für Unternehmen gelten, die Personenkraftwagen (PKWs) zum Verkauf auf einem bestimmten Markt herstellen oder importieren. Unternehmen erhalten positive Energiegutschriften (energy credits), wenn Zielvorgaben für die Herstellung oder den Import von emissionsarmen Fahrzeugen überschritten werden und negative Gutschriften, wenn Ziele nicht erreicht werden. Gegenstand der eingereichten Frage war, ob eine Defizitposition am Ende des Kalenderjahres zu einer nach IAS 37 zu passivierenden Schuld führt.

Nach Ansicht des IFRS IC hat ein Unternehmen, das PKWs produziert oder importiert, deren durchschnittlichen Kraftstoffemissionen über dem staatlichen Zielwert liegen, eine rechtliche Verpflichtung (legal obligation), die der Definition einer Verbindlichkeit in IAS 37 entspricht. Es sei denn, die Annahme von Sanktionen (z.B. Marktzugangsbeschränkung) ist eine realistische Alternative zur Beseitigung negativer Gutschriften für dieses Unternehmen. In diesem Fall könnte das Unternehmen jedoch eine faktische Verpflichtung (constructive obligation) haben. Eine solche würde bestehen, wenn es eine Maßnahme ergriffen hat (z.B. eine öffentliche Erklärung), die bei anderen Parteien berechtigte Erwartungen geweckt haben, seine negativen Kredite zu beseitigen. Hierzu hat das IFRS IC jedoch keine weitere Würdigung abgegeben, da dies nicht Bestandteil der eingereichten Frage war. Ebenso hat das IFRS IC im Appendix zur überarbeiteten vorläufigen Entscheidung noch die Abgrenzung – auf Basis des Sachverhalts – zu IFRIC 6 dargestellt. Die Kommentierungsfrist zur (überarbeiteten) vorläufigen Entscheidung läuft bis zum 12.4.2022.

Erste Diskussionen zu IFRS 17 - Profit recognition for annuity contracts

Angefragt wurde, wie nicht realisierte Gewinne erfasst werden. Ein Unternehmen berücksichtigt noch nicht realisierte Gewinne in der Bewertung von Versicherungsverträgen (hier: Rentenverträge; annuity contracts) und erfasst Umsatzerlöse, wenn das Unternehmen Dienstleistungen an die Versicherungsnehmer erbringt. Das Staff Paper enthielt noch keine (vorläufige) Würdigung, hingegen eine Übersicht der Anforderungen von IFRS 17.

Praxistipp: IFRS IC Agenda Decisions auf Anwendbarkeit prüfen

IFRS IC Agenda Decisions haben verbindlichen Charakter, daher sind diese vom bilanzierenden Unternehmen zu beachten und – in angemessener („sufficient“) Zeit – umzusetzen. Die beiden branchenspezifischen Fälle zu IAS 37 und zu TLTRO-III sind daher von betroffenen Unternehmen genau auf Anwendbarkeit zu prüfen.


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Schlagworte zum Thema:  IFRS, IAS, Internationale Rechnungslegung