Rz. 32

Bei Fotovoltaikanlagen mit einer installierten Bruttoleistung von mehr als 30 kW (peak) kann der Nullsteuersatz nur angewendet werden, wenn die Anlage entweder auf oder aber in der Nähe von begünstigten Wohnungen, Privatwohnungen (Rz. 27f.) oder Gebäuden (Rz. 29f.) installiert wird (§ 12 Abs. 3 Nr. 1 S. 1 UStG). "Auf" begünstigten Gebäuden werden sowohl sog. Auf-Dach-Anlagen (Solarmodule werden mittels einer Unterkonstruktion auf dem Dach befestigt) als auch dachintegrierte Anlagen (Solarmodule dienen gleichzeitig als Dachabdeckung) installiert. Bei beiden Fallvarianten bestehen für den Lieferer keine Schwierigkeiten, die Belegenheitsvoraussetzung "auf" nachzuweisen.

 

Rz. 33

Die Belegenheitsvoraussetzung "in der Nähe von" hat der deutsche Gesetzgeber wörtlich aus dem Unionsrecht (Anhang III Nr. 10 Buchst. c MwStSystRL i. d. F. der EU-Richtlinie v. 5.4.2022) übernommen (Rz. 8). Allerdings wird der Begriff "in der Nähe von" weder im Unionsrecht noch im deutschen USt-Recht definiert. In der Literatur ist gefragt worden, was wohl unter diesem Begriff zu verstehen sei.[1] Nach der Verwaltungsauffassung befindet sich eine Fotovoltaikanlage insbesondere dann in der Nähe der genannten Wohnungen/Gebäude, wenn sie auf dem Grundstück installiert ist, auf dem sich auch die betreffende Wohnung bzw. das betreffende Gebäude befindet (z. B. Garage, Gartenschuppen, Zaun). Von einer Nähe sei daher auch auszugehen, wenn zwischen dem Grundstück und der Fotovoltaikanlage ein räumlicher und funktionaler Nutzungszusammenhang bestehe (z. B. einheitlicher Gebäudekomplex oder einheitliches Areal). Die Vereinfachungsregelung des § 12 Abs. 3 Nr. 1 S. 2 UStG (Rz. 17ff.) bleibe davon unberührt.[2]

 

Rz. 34

Die Verwaltung hat sich nicht dazu geäußert, ob es ein Vorrangverhältnis zwischen "auf" und "in der Nähe von" gibt. Diese Frage stellt sich z. B. bei einem landwirtschaftlich genutzten Grundstück mit einem Wohnhaus und einem Stallgebäude. Wird "auf" dem – nicht begünstigten – Stallgebäude eine Fotovoltaikanlage mit einer Bruttoleistung von mehr als 30 kW (peak) installiert, wäre der Nullsteuersatz eigentlich nicht anwendbar. Allerdings wird die Anlage "in der Nähe von" einem begünstigten Wohnhaus errichtet. In einem solchen Fall sollte m. E. der Nullsteuersatz anwendbar sein, da sich die Fotovoltaikanlage auf demselben Areal wie das Wohnhaus befindet und damit "in der Nähe von" einem Wohnhaus.[3]

[1] Vgl. z. B. Prätzler, StuB 2023, 119.
[3] So auch Fietz/Mayer, NWB 10/2023, 706, 718.

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