Photovoltaikanlagen: Änderungen durch Jahressteuergesetz 2022

Die Anschaffung von Photovoltaikanlagen wird in den Artikel 1 und 16 des Jahressteuergesetzes 2022 sowohl ertragsteuerlich als auch umsatzsteuerlich neu geregelt. Die ertragsteuerliche Befreiung soll bereits ab 2022 gelten und der Null-Steuersatz bei der Umsatzsteuer ab 2023. 

Für kleinere Photovoltaikanlagen wird eine Befreiung bei der Ertragsteuer eingeführt. Die Steuerbefreiung gilt für Einnahmen und Entnahmen, die nach dem 31.12.2021 erzielt oder getätigt werden.

Ertragsteuer: Kleine Photovoltaikanlagen sind steuerfrei ab 2022

Die Steuerbefreiung gilt im Zusammenhang mit dem Betrieb von Photovoltaikanlagen, die sich

  • auf, an oder in Einfamilienhäusern (einschließlich Dächern von Garagen und Carports und anderweitiger Nebengebäude) oder nicht Wohnzwecken dienenden Gebäuden befinden, wenn die Photovoltaikanlage laut Marktstammdatenregister mit einer installierten Bruttoleistung von bis zu 30 kW (peak) ausgestattet ist und
  • auf, an oder in sonstigen Gebäuden befinden, wenn die Photovoltaikanlage laut Marktstammdatenregister mit einer installierten Bruttoleistung von bis zu 15 kW (peak) je Wohn- oder Gewerbeeinheit ausgestattet ist.

Die Summe ist auf insgesamt höchstens 100 kW (peak) pro Steuerpflichtigen (natürliche Person oder Kapitalgesellschaft) oder Mitunternehmerschaft begrenzt.

Sind die aus dieser Tätigkeit erzielten Einnahmen insgesamt steuerfrei, ist kein Gewinn zu ermitteln. Bei vermögensverwaltenden Personengesellschaften (z.B. Vermietungs-GbR) führt der Betrieb von Photovoltaikanlagen, die die begünstigten Anlagengrößen nicht überschreiten, nicht zu einer gewerblichen Infektion der Vermietungseinkünfte. Damit können auch vermögensverwaltende Personengesellschaften künftig auf ihren Mietobjekten Photovoltaikanlagen von bis zu 15 kW (peak) je Wohn- und Gewerbeeinheit (max. 100 kW (peak)) installieren und ihre Mieter mit selbst produziertem Strom versorgen, ohne steuerliche Nachteile befürchten zu müssen.

Hinweis zum Marktstammdatenregister (MaStR), das von der Bundesnetzagentur geführt wird: Alle Akteure des Strom- und Gasmarktes müssen sich selbst mit ihren Anlagen registrieren lassen. Das heißt, dass jedem Beteiligten bekannt sein muss, wie hoch die Bruttoleistung tatsächlich ist.

Photovoltaikanlagen: Null-Steuersatz bei der Umsatzsteuer ab 2023

Voraussetzung für die Anwendung des Nullsteuersatzes ab 2023 ist, dass die Photovoltaikanlage auf und in der Nähe von

  • Privatwohnungen,
  • Wohnungen sowie
  • öffentlichen oder anderen Gebäuden, die für dem Gemeinwohl dienende Tätigkeiten genutzt werden,

installiert wird. Der Null-Steuersatz ist mit EU-Recht vereinbar (Artikel 98 Abs. 2 in Verbindung mit Anhang III Nr. 10c der Richtlinie 2006/112/EG). Die Richtlinienregelung wurde übernommen, sodass der maximale Spielraum genutzt wird, den das EU-Recht bei der Anwendung eines Null-Steuersatzes für Photovoltaikanlagen den Mitgliedstaaten zugesteht. Die installierte Bruttoleistung der Photovoltaikanlage laut Marktstammdatenregister darf nicht mehr als 30 kW (peak) betragen.

Konsequenz für den Lieferanten: Wenn es nicht offensichtlich ist, muss sich der leistende Unternehmer beim Erwerber über die Nutzungsart des Gebäudes informieren. Allein aufgrund der Registrierung im Marktstammdatenregister ist dem leistenden Unternehmer bekannt, welche Leistung die von ihm gelieferte Photovoltaikanlage hat. Dem Null-Steuersatz unterliegt die Lieferungen von Solarmodulen an den Betreiber einer Photovoltaikanlage, einschließlich der für den Betrieb einer Photovoltaikanlage wesentlichen Komponenten und der Speicher, die dazu dienen, den mit Solarmodulen erzeugten Strom zu speichern.

Photovoltaikanlagen umsatz- und ertragsteuerlich unterschiedlich zu behandeln

Ergebnis: Bei der Umsatzsteuer und der Ertragsteuer besteht keine Übereinstimmung hinsichtlich der begünstigten Photovoltaikanlagen, weil

  • der Null-Steuersatz bei der Umsatzsteuer nur angewendet werden kann bei Installationen auf, an oder in Privatwohnungen, Wohnungen sowie öffentlichen oder anderen Gebäuden, die für dem Gemeinwohl dienende Tätigkeiten genutzt werden, während
  • die Ertragssteuerbefreiung auch für Anlagen auf, an oder in sonstigen Gebäuden bzw. Gebäuden gilt, die nicht Wohnzwecken dienen.

Erleichterungen für Privatpersonen: keine Umsatzsteuerpflicht mehr

Privatpersonen, z.B. Arbeitnehmer, die zusätzlich nur steuerfreie Einnahmen aus dem Betrieb von begünstigten Photovoltaikanlagen erzielen, brauchen hierfür keinen Gewinn mehr zu ermitteln und auch keine Anlage EÜR mehr abgegeben. Aufgrund des Null-Steuersatzes können diese Privatpersonen ohne finanzielle Nachteile die umsatzsteuerliche Kleinunternehmerregelung anwenden. Der Vorsteuerabzug als Grund für einen Verzicht auf die Kleinunternehmerregelung entfällt, weil die Lieferung von Photovoltaikanlagen nicht mehr mit Umsatzsteuer belastet ist.

Besonderheit bei Betrieb von Photovoltaikanlagen, die als Betriebsvermögen beurteilt werden

Anders sieht es bei natürlichen Personen, Kapitalgesellschaften oder Mitunternehmerschaften aus, die Photovoltaikanlagen im Rahmen ihres Unternehmens betreiben. Gehört die Photovoltaikanlage zum Betriebsvermögen, ist sie als Anlagevermögen auszuweisen und abzuschreiben. Wegen der Steuerbefreiung müssen aber außerhalb der Bilanz Gewinnkorrekturen vorgenommen werden. Da der Null-Steuersatz bei der Umsatzsteuer nur angewendet werden kann bei Installationen auf, an oder in Privatwohnungen und Wohnungen, wird der Lieferant bei anderen Immobilien in seiner Rechnung die Umsatzsteuer ausweisen müssen, die dann ggf. als Vorsteuer abziehbar ist.

FAQ des BMF: Unstimmigkeiten bzgl. der Maximalleistung

In seinen FAQ Umsatzsteuerliche Maßnahmen zur Förderung des Ausbaus von Photovoltaikanlagen bejaht das BMF die Frage, ob auch Photovoltaikanlagen vom Null-Steuersatz erfasst werden, deren Leistungswert über 30 kW (peak) liegt. Das BMF führt Folgendes aus: „Photovoltaikanlagen auf oder in der Nähe von Wohngebäuden sind stets begünstigt. Begünstigt sind daher auch Photovoltaikanlagen mit einer Leistung über 30 Kilowatt (peak), z. B. auf größeren Mietshäusern.“

Wenn auch Photovoltaikanlagen begünstigt sein sollen, die laut Marktstammdatenregister mehr als 30 Kilowatt (peak) betragen, ist die Gesetzesformulierung unlogisch. § 12 Abs. 3 Satz 1 UStG nennt 2 Voraussetzungen:

  1. dass es sich um die Lieferung von Solarmodulen usw. an den Betreiber einer Photovoltaikanlage handeln muss und
  2. dass die Photovoltaikanlage sich auf oder in der Nähe von Privatwohnungen, Wohnungen sowie öffentlichen und anderen Gebäuden, die für dem Gemeinwohl dienende Tätigkeiten genutzt werden, befinden muss.

Nach § 12 Abs. 3 Satz 2 UStG gelten diese Voraussetzungen als erfüllt, wenn die installierte Bruttoleistung der Photovoltaikanlage laut Martkstammdatenregister nicht mehr als 30 kW (peak) beträgt.

Dieser zweite Satz ist unlogisch,

  • wenn die Lieferungen von Photovoltaikanlagen unabhängig von der Größe begünstigt sein sollen, macht es keinen Sinn auf die installierte Bruttoleistung von nicht mehr als 30 Kilowatt (peak) abzustellen. Photovoltaikanlage ist schließlich Photovoltaikanlage. Wenn in Satz 2 auf die installierte Bruttoleistung von nicht mehr als 30 Kilowatt (peak) abgestellt wird, kann das nur also Einschränkung zu verstehen sein:
  • wenn die installierte Bruttoleistung von nicht mehr als 30 Kilowatt (peak) ein Indiz dafür sein soll, dass sich die Photovoltaikanlage auf oder in der Nähe von Privatwohnungen oder Wohnungen befinden soll, ist die Aussage unsinnig. Größe der Anlage und Ort der Installation sind zwei unterschiedliche Aspekte, die nicht zusammenpassen.

Fazit: Die Gesetzesformulierung in § 12 Abs. 3 Nr. 1 Satz 2 UStG ist unlogisch, wenn auch Photovoltaikanlagen begünstigt sein sollen, die laut Marktstammdatenregister mehr als 30 Kilowatt (peak) betragen. Die Lage der Photovoltaikanlage kann nicht über die installierte Bruttoleistung definiert werden. Das lässt den Schluss zu, dass der Null-Steuersatz nur für Anlagen gilt, die eine installierten Bruttoleistung von nicht mehr als 30 Kilowatt (peak) haben.

Problem: Auf der sicheren Seite ist der Lieferant einer Photovoltaikanlage nur, wenn die installierte Bruttoleistung nicht mehr als 30 Kilowatt (peak) beträgt. Die Gesetzesformulierung darf man wohl als missglückt bezeichnen. Die Wiedergabe der FAQ kann wohl eher nicht als fachlich fundierte „Interpretation“ der Finanzverwaltung angesehen werden. Der Lieferant der Photovoltaikanlage trägt das Risiko, wenn er die Umsatzsteuer unzutreffend ausweist. Berechnet er keine Umsatzsteuer für eine Anlage mit einer installierten Bruttoleistung von mehr als 30 Kilowatt (peak), kann er sich nicht sicher sein, dass keine Nachforderung auf ihn zukommt.

Schlagworte zum Thema:  Photovoltaik, Umsatzsteuer, Einkommensteuer