BFH-Kommentierung

Ausübung des Vorsteuerabzugs


BFH: Zur Ausübung des Vorsteuerabzugs

Mit Entscheidung vom 25.6.2025 (XI R 17/22) hat der BFH zur Frage der Ausübung des Vorsteuerabzugs geurteilt.

Der Sachverhalt weist einige Besonderheiten auf, die zentrale Frage ist aber von allgemeiner Bedeutung. In einem Jahr wurde eine Lieferung im Inland erbracht, es lag aber keine Rechnung vor, die zum Vorsteuerabzug berechtigte. Im nächsten Jahr lag die Rechnung vor, es gab aber keine inländischen Umsätze, so dass „eigentlich“ nur ein Vorsteuervergütungsverfahren in Betracht kommt. Der BFH löste dieses Dilemma dadurch auf, dass er ausnahmsweise auch für das Jahr, in dem die Rechnung vorlag, aber keine Umsätze erzielt wurden, das allgemeine Besteuerungsverfahren für anwendbar erklärte.

Aber Vorsicht, dies ist ein Sonderfall, der nicht verallgemeinert werden kann. Vermutlich für die Masse der Steuerpflichtigen ist die Bestätigung der Rechtsprechung, dass eine rückwirkende Rechnungsberichtigung nicht in Betracht kommt, wenn die ursprüngliche Rechnung nicht die erforderlichen Mindestangaben aufgewiesen hat, von größerer Bedeutung. Entgegen einer recht häufig anzutreffenden Ansicht ist also nicht stets eine rückwirkende Rechnungsberichtigung zulässig.

Sachverhalt: Kein Vorsteuerabzug im allgemeinen Besteuerungsverfahren bei fehlender Rechnung im Leistungsjahr

Klägerin war eine im Drittland ansässige Limited. Diese war überwiegend in Asien aktiv, tätigte aber im Jahr 2018 in Deutschland ein steuerbares Geschäft. Gas wurde an einen Kunden in Deutschland über eine Gesellschaft in Großbritannien geliefert. Für diese Lieferung stellte die britische Gesellschaft der Klägerin deutsche Umsatzsteuer in Rechnung. Weitere Inlandsumsätze hatte die Klägerin weder in 2018 noch in den Folgejahren.

Ende 2018 beantragte die Klägerin in Deutschland beim zuständigen Finanzamt die Registrierung als umsatzsteuerliche Unternehmerin und erklärte, sie wolle die Vorsteuer geltend machen, ihr liege aber noch keine Rechnung vor. Diese wurde im Januar 2019 als korrigierte Rechnung erstellt – eine erste, fehlerhafte Rechnung hatte keine Umsatzsteuer ausgewiesen. Mit Übermittlung der Umsatzsteuerjahreserklärung 2018 beantragte die Klägerin eine Erstattung von 912 TEUR als Vorsteuer. Mit der eingereichten Umsatzsteuer-Voranmeldung Januar 2019 beantragte die Klägerin ebenfalls eine Vorsteuererstattung 912 TEUR. Das Finanzamt lehnte die Bearbeitung der Voranmeldung 2019 ab, da das allgemeine Besteuerungsverfahren nur für 2018 gelte. Für 2019 sei ein Vergütungsverfahren durchzuführen. Einspruchs- und Klageverfahren hatten keinen Erfolge, so dass sich die Klägerin im Wege der Revision an den BFH wandte.

Entscheidungsgründe

Der BFH gab der Revision statt und hob die Entscheidung des FG Berlin-Brandenburg auf. Nach Ansicht des BFH steht der Klägerin für das Jahr 2019 ein Vorsteuerabzug zu. 2018 scheitert der Anspruch auf Vorsteuererstattung daran, dass keine Rechnung mit Umsatzsteuer vorlag. Dies ist erst 2019 der Fall gewesen.

Eine Rechnungsberichtigung kam deshalb nicht in Betracht, weil die erste – falsche – Rechnung nicht die erforderlichen Mindestangaben aufgewiesen hat. Es fehlt nämlich in dieser ursprünglichen Rechnung ein Steuerbetrag. In einem solchen Fall scheidet eine rückwirkende Rechnungsberichtigung aus. Aufgrund dieser Umstände kommt ausnahmsweise aber ein allgemeines Besteuerungsverfahren auch im Jahr 2019 zur Anwendung, so dass die Klägerin ein Recht auf Vorsteuererstattung im Januar 2019 hat.

Das Urteil zum Nachlesen:  BFH, Urteil v. 25.6.2025, IX R 14/24


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