BMF: Nullsteuersatz bei Photovoltaikanlagen ab 2023

Ein neues BMF-Schreiben nimmt ausführlich Stellung dazu, wie Photovoltaikanlagen umsatzsteuerlich richtig eingestuft werden, wie der 0 % Steuersatz in der Praxis angewendet wird und wer davon profitiert. Nachfolgend hat Herr Krudewig die wichtigsten Punkte des Schreibens für Sie zusammengefasst.

Durch Artikel 1 und 16 des Jahressteuergesetzes 2022 ist die Behandlung von Photovoltaikanlagen sowohl ertragsteuerlich als auch umsatzsteuerlich verändert worden. Für kleinere Photovoltaikanlagen wird eine Befreiung bei der Ertragsteuer eingeführt. Die Steuerbefreiung gilt für die Einnahmen und Entnahmen, die nach dem 31.12.2021 erzielt oder getätigt werden.

Photovoltaikanlagen: Nullsteuersatz ab 2023 – was Sie beachten müssen

Seit dem 1.1.2023 ermäßigt sich die Umsatzsteuer auf 0 % (= Nullsteuersatz gem. § 12 Abs. 3 UStG). Zur Anwendung des Nullsteuersatzes hat das BMF im entsprechenden Schreiben ( BMF, Schreiben v. 27.2.2023, III C 2) umfassend Stellung genommen und den UStAE entsprechend ergänzt. Danach gilt im Wesentlichen Folgendes:

Der Nullsteuersatz gilt für die Lieferung von Solarmodulen an den Betreiber einer Photovoltaikanlage, einschließlich der für den Betrieb einer Photovoltaikanlage wesentlichen Komponenten und der Speicher, die dazu dienen, den mit Solarmodulen erzeugten Strom zu speichern, wenn die Photovoltaikanlage auf und in der Nähe von

  • Privatwohnungen,
  • Wohnungen sowie
  • öffentlichen oder anderen Gebäuden, die für dem Gemeinwohl dienende Tätigkeiten genutzt werden,

installiert wird.

Auch die Einfuhr, der innergemeinschaftliche Erwerb und die Installation unterliegt dem Nullsteuersatz, wenn es sich um begünstigte Solarmodule, Speicher oder wesentliche Komponenten i. S. d. § 12 Abs. 3 Nr. 1 UStG handelt.

Voraussetzungen für die Anwendung des 0 % Umsatzsteuersatzes 

Die Voraussetzungen für die Anwendung des Nullsteuersatzes gelten als erfüllt, wenn die installierte Bruttoleistung der Photovoltaikanlage laut Marktstammdatenregister nicht mehr als 30 kW (peak) beträgt.

Fazit: Keine Prüfung bei Leistung  bis 30 kw

Bei einer Bruttoleistung von nicht mehr als 30 kW (peak) muss nicht geprüft werden, ob die Photovoltaikanlageauf oder in der Nähe von Privatwohnungen, Wohnungen sowie öffentlichen und anderen Gebäuden, die für dem Gemeinwohl dienende Tätigkeiten genutzt wird.

Damit wird die Lage der Photovoltaikanlage per Gesetz über die installierte Bruttoleistung definiert. Das bedeutet, dass auch Photovoltaikanlagen einer Bruttoleistung von mehr als 30 kW (peak) begünstigt sein können, wenn nachgewiesen wird, dass sie auf oder in der Nähe von Privatwohnungen, Wohnungen sowie öffentlichen und anderen Gebäuden, die für dem Gemeinwohl dienende Tätigkeiten genutzt wird.

Unentgeltliche Wertabgabe – wie der privat verbrauchte Strom und eine Entnahme aus dem Betriebsvermögen umsatzsteuerlich behandelt wird 

Der Nullsteuersatz ist für Photovoltaikanlagen anzuwenden, die nach dem 31.12.2022 angeschafft wurden.

Photovoltaikanlagen, die vor dem 1.1.2023 installiert wurden, konnten in vollem Umfang dem umsatzsteuerlichen Unternehmen zugeordnet werden, wenn der Unternehmer auf die Anwendung der Kleinunternehmerregelung nach § 19 UStG verzichtet hat. Er war zum vollen Vorsteuerabzug aus der Anschaffung berechtigt. Der privat verbrauchte Strom unterliegt dann der Wertabgabenbesteuerung (§ 3 Abs. 1b UstG). Dadurch wird der rechtlich zunächst zulässige Vorsteuerabzug systemgerecht nachgelagert ausgeglichen. Auch nach dem 31.12.2022 ist in diesen Fällen wie bisher weiterhin eine unentgeltliche Wertabgabe zu besteuern.

Erwirbt ein Unternehmer ab dem 1.1.2023 eine Photovoltaikanlage unter Anwendung des Nullsteuersatzes, ist mangels ausgewiesener Umsatzsteuer kein Vorsteuerabzug möglich. Anders als in den Altfällen ist daher kein Ausgleich eines Vorsteuerabzuges erforderlich.

Konsequenz ist, dass anders als bisher keine Versteuerung einer unentgeltlichen Wertabgabe stattfindet. Auch die Entnahme oder unentgeltliche Zuwendung einer Photovoltaikanlage, die ab dem 1.1.2023 unter Anwendung des Nullsteuersatzes erworben wurde, stellt keine unentgeltliche Wertabgabe dar.

Entnahme aus dem umsatzsteuerlichen Unternehmen: Die Entnahme oder unentgeltliche Zuwendung einer Photovoltaikanlage, die vor dem 1.1.2023 erworben wurde und die zum vollen oder teilweisen Vorsteuerabzug berechtigt hat, unterliegt als unentgeltliche Wertabgabe der Umsatzsteuer. Eine Entnahme ist nur möglich, wenn mindestens 90 % des erzeugten Stroms für nichtunternehmerische Zwecke verwendet werden. Aus Vereinfachungsgründen kann von einer mindestens 90%igen Verwendung des erzeugten Stroms für nichtunternehmerische Zwecke insbesondere dann ausgegangen werden, wenn ein Teil des Stroms z. B. in einer Batterie gespeichert wird. Ausreichend ist auch, wenn eine Rentabilitätsrechnung eine Nutzung für unternehmensfremde Zwecke von über 90 % nahelegt.

Was bei Verkauf einer Photovoltaikanlage beachtet werden muss

Verkauft ein Unternehmer, der kein Kleinunternehmer ist und dessen Unternehmen (unter anderem) im Betrieb einer Photovoltaikanlage besteht, die Photovoltaikanlage oder übereignet er sie unentgeltlich an einen Dritten, handelt es sich hierbei (wenn die übrigen Voraussetzungen vorliegen) um eine nichtsteuerbare Geschäftsveräußerung im Ganzen. Der Erwerber tritt dabei an die Stelle des Veräußerers. Dies stellt keine Änderung der Verhältnisse dar, die zu einer Vorsteuerkorrektur führen würde. Ist der Erwerber Kleinunternehmer, führt der Wechsel der Besteuerungsart bei diesem zu einer Berichtigung des Vorsteuerabzugs (§ 15a Abs. 7 UStG).

Für welche Komponenten der Photovoltaikanlage der Nullsteuersatz angewendet werden darf

Der Nullsteuersatz gilt nur für die Lieferung einer Photovoltaikanlage: Neben den Solarmodulen und dem Batteriespeicher (auch nachträglich eingebaute Speicher) unterliegen die wesentlichen Komponenten dem Nullsteuersatz. Wesentliche Komponenten sind die Gegenstände, die speziell im Betrieb oder der Installation von Photovoltaikanlagen verwendet werden oder die zur Erfüllung technischer Normen notwendig sind. Hierzu gehören Komponenten, die geliefert und installiert werden, um Photovoltaikanlagen zu errichten und zu betreiben, insbesondere die photovoltaikanlagenspezifischen Komponenten wie z. B.

  • Wechselrichter,
  • Dachhalterung,
  • Energiemanagement-System
  • Solarkabel,
  • Einspeisesteckdose (sog. Wieland-Steckdose),
  • Funk-Rundsteuerungsempfänger
  • Backup Box und der Notstromversorgung dienende Einrichtungen.

Auch die (nachträgliche) Lieferung einzelner wesentlicher Komponenten und deren Ersatzteile, sowie deren Installation unterliegen dem Nullsteuersatz, wenn diese Teil einer Anlage sind, sodass die Voraussetzungen des § 12 Abs. 3 Nr. 1 UStG erfüllt sind.

Lieferungen und sonstige Leistungen, die dazu dienen, die Lieferung der Photovoltaikanlage unter optimalen Bedingungen in Anspruch zu nehmen, sind als Nebenleistungen zur Hauptleistung einheitlich mit dem Nullsteuersatz zu besteuern. Zu den Nebenleistungen zählen u. a.

  • die Übernahme der Anmeldung in das MaStR,
  • die Bereitstellung von Software zur Steuerung und Überwachung der Anlage,
  • die Montage der Solarmodule,
  • die Kabelinstallationen,
  • die Lieferung und der Anschluss des Wechselrichters oder des Zweirichtungszählers,
  • die Lieferung von Schrauben und Stromkabeln, die Herstellung des AC-Anschlusses,
  • die Bereitstellung von Gerüsten,
  • die Lieferung von Befestigungsmaterial,
  • die Erneuerung des Zählerschranks, wenn diese vom Netzbetreiber verlangt wird bzw. auf Grund technischer Normen für den Betrieb der Photovoltaikanlage erforderlich ist.

Beispiel

Ein Unternehmer erwirbt im Baumarkt Schrauben und Kabel, um eine Photovoltaikanlage in Eigenleistung auf seinem Privathaus zu errichten. Die Lieferung der Schrauben und Kabel unterliegt dem Regelsteuersatz in Höhe von 19 %, da es sich nicht um wesentliche Komponenten im Sinne des § 12 Abs. 3 UStG handelt.

Beauftragt der Unternehmer aber ein Solarunternehmen im Rahmen einer sog. "Paketlösung" eine Photovoltaikanlage auf seinem Privathaus zu installieren, gehören die Materialkosten für Kabel und Schrauben zur Photovoltaikanlage. Sie sind Teil einer einheitlichen Leistung (= Lieferung einer Photovoltaikanlage), sodass auch für die nicht wesentlichen Komponenten der Nullsteuersatz gilt.

Dem Nullsteuersatz unterliegen grundsätzlich auch die Lieferungen von sog. Aufdachphotovoltaikanlagen durch Bauträger. Dies gilt auch, wenn der Bauträger neben der Aufdachphotovoltaikanlage auch das Gebäude liefert, da die Lieferung der Aufdachphotovoltaikanlage hierzu eine eigenständige Leistung und keine unselbstständige Nebenleistung darstellt.

Was bei der Vermietung von Photovoltaikanlagen gilt

Die Vermietung von Photovoltaikanlagen stellt keine Lieferung von Photovoltaikanlagen dar und unterliegt daher dem Regelsteuersatz. Dagegen können Leasing- oder Mietkaufverträge je nach konkreter Ausgestaltung umsatzsteuerrechtlich als Lieferung oder als sonstige Leistung einzustufen sein. Maßgeblich für die Abgrenzung sind die vertraglichen Vereinbarungen zwischen den Vertragsparteien (vgl. Abschnitt 3.5 Abs. 5 UStAE). Dabei sind Laufzeit, Zahlungsbedingungen und mögliche Kombinationen mit anderen Leistungselementen zu berücksichtigen. Der Nullsteuersatz findet keine Anwendung auf den Teil des Entgelts, der auf eigenständige Serviceleistungen entfällt wie z. B.

  • Wartungsarbeiten,
  • die Einholung von behördlichen Genehmigungen oder
  • die Versicherung der Photovoltaikanlage mit einer Haftpflicht- und Vermögensschadens-Versicherung.

Ein einheitlicher Mietbetrag ist nach der einfachsten möglichen Methode aufzuteilen.

Unterschiede beim Zeitpunkt der Anwendung

Die Steuerbefreiung für Photovoltaikanlagen bei der Einkommensteuer gilt für Einnahmen und Entnahmen, die nach dem 31.12.2021 erzielt bzw. getätigt wurden bzw. werden (§ 3 Nr. 72 EStG u. § 52 Abs. 4 EStG). Es wird also nur darauf abgestellt, wann Einnahmen zufließen bzw. die Entnahmen erfolgt sind. Es kommt somit nicht darauf an, in welchem Jahr die Anlage ursprünglich in Betrieb genommen wurde.

Hat der Steuerpflichtige bei einer Photovoltaikanlage, die bereits vor längerer Zeit, z. B. im Jahr 2011, installiert wurde, zur Umsatzsteuer optiert und die Vorsteuerbeträge vom Finanzamt erstattet bekommen, kann er jetzt (falls noch nicht geschehen) beantragen, als Kleinunternehmer behandelt zu werden. Sobald der Korrekturzeitraum abgelaufen ist, findet eine Vorsteuerkorrektur nicht mehr statt, sodass dann für die Einnahmen bzw. Entnahmen bei der Photovoltaikanlagen auch keine Umsatzsteuer mehr anfällt.

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Schlagworte zum Thema:  Umsatzsteuer, Photovoltaik