Entscheidungsstichwort (Thema)

Vorlagebeschluß vom 25.04.1990 - X R 38/86

 

Leitsatz (amtlich)

Der X.Senat legt dem Großen Senat des BFH gemäß § 11 Abs.3 und 4 FGO folgende Rechtsfragen zur Entscheidung vor:

a) Sind Altenteilsleistungen beim Verpflichteten als dauernde Last (§ 10 Abs.1 Nr.1 a Satz 1 EStG) abziehbar?

b) Für den Fall, daß die Rechtsfrage zu a) zu bejahen ist:

Sind bare Altenteilsleistungen auch dann in vollem Umfang als dauernde Last abziehbar, wenn die Vertragspartner keine besonderen Vereinbarungen über die Abänderbarkeit der Leistungen der Höhe nach --z.B. durch "Bezugnahme auf § 323 der Zivilprozeßordnung"-- getroffen haben?

 

Orientierungssatz

Regelt ein beschlossenes Gesetz eine rechtliche und politische Grundsatzfrage abweichend vom Regierungsentwurf, ist dies ein starkes Indiz dafür, daß "der Gesetzgeber selbst" diese Frage in einem dem Entwurf gegenteiligen Sinne entschieden hat (vgl. BFH-Urteil vom 16.9.1965 IV 67/61 S). Gesetzesmaterialien können ohnehin nur mit Vorsicht, unterstützend und insgesamt nur insofern herangezogen werden, als sie auf einen "objektiven Gesetzesinhalt" schließen lassen (vgl. BVerfG-Urteil vom 16.2.1983 2 BvE 1, 2, 3, 4/83).

 

Normenkette

EStG 1979 § 10 Abs. 1 Nr. 1a S. 1, § 12 Nrn. 1-2, § 22 Nr. 1 Sätze 1, 3 Buchst. a; BGB §§ 759-761; ZPO § 323; FGO § 11 Abs. 3-4; BGBEG Art. 96; BGBAG SH §§ 1-12

 

Verfahrensgang

BFH (Entscheidung vom 15.07.1991; Aktenzeichen GrS 1/90)

 

Nachgehend

BFH (Beschluss vom 15.07.1991; Aktenzeichen GrS 1/90)

 

Tatbestand

I. Sachverhalt

Der Kläger und Revisionsbeklagte (Kläger) betreibt in A ein Möbelgeschäft (Gewinne 1979 68 588 DM, 1980 68 950 DM, 1981 74 823 DM). Durch Vertrag vom 10.Oktober 1978 hatte ihm sein Vater mit Wirkung vom 1.Januar 1979 das Grundstück X-Straße in A und das auf diesem Grundstück betriebene Möbelgeschäft übertragen. Er verpflichtete sich, seinen Eltern als Gesamtberechtigten eine monatliche Rente in Höhe von 1 500 DM auf Lebenszeit zu zahlen (Geburtsjahr des Vaters 1900, Geburtsjahr der Mutter 1899). Diese Rente war durch eine an den Lebenshaltungskostenindex gekoppelte Wertsicherungsklausel gesichert und sollte als Reallast im Grundbuch eingetragen werden. Ferner räumte der Kläger seinen Eltern ein lebenslanges unentgeltliches Wohnrecht an der bisherigen Wohnung X-Straße in A und ein Mitbenutzungsrecht an einer Ferienwohnung ein und verpflichtete sich schließlich, die Krankenkassenbeiträge für seine Eltern in der jeweils sich ergebenden Höhe zu übernehmen. Den Wert seiner Leistungen hat der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt --FA--) wie folgt berechnet: Rente: 89 388 DM; Wohnrecht: 13 810 DM; Krankenversicherungsbeiträge: 8 938 DM; insgesamt 112 136 DM.

Für das Jahr 1980 erklärte der Kläger dauernde Lasten (§ 10 Abs.1 Nr.1 a Satz 1 des Einkommensteuergesetzes 1979 --EStG--) in Höhe von 20 354 DM. Das FA berücksichtigte die Barleistungen nur mit einem Ertragsanteil in Höhe von 9 v.H. Der hiergegen eingelegte Einspruch hatte insofern Erfolg, als das FA Nebenleistungen in Höhe von 2 354 DM als dauernde Last anerkannte.

Durch notariell beurkundeten Vertrag vom 28.Januar 1981 vereinbarte der Kläger mit seinen Eltern folgendes:

"Die Rentenvereinbarung ... wird wie folgt klargestellt bzw. ergänzt:

Die Möglichkeit einer Abänderung nach § 323 ZPO bleibt ausdrücklich vorbehalten."

In seiner Einkommensteuererklärung für das Streitjahr 1981 beantragte der Kläger, eine dauernde Last in Höhe von 18 638 DM zum Abzug als Sonderausgabe zuzulassen. Im Einkommensteuerbescheid für 1981 vom 21.März 1983 berücksichtigte das FA die Rente von 18 000 DM als Leibrente mit einem Ertragsanteil von 9 v.H. (*= 1 620 DM) und einen Betrag in Höhe von 638 DM als dauernde Last. Der hiergegen eingelegte Einspruch blieb ohne Erfolg.

Mit der Klage trug der Kläger vor: Bei Abschluß des Grundstücksüberlassungsvertrages vom 10.Oktober 1978 sei mündlich ausdrücklich vereinbart worden, daß die Zahlungen an den Vater "zwar fest vereinbart sein sollten, die Änderungsmöglichkeit nach der jeweiligen Geschäftslage des überlassenen Unternehmens jedoch ausdrücklich vorbehalten bleiben sollte". Die schriftliche Niederlegung sei nur versehentlich unterblieben und dann auf Veranlassung des FA mit Urkunde vom 28.Januar 1981 nachgeholt worden. Insoweit sei der Vertrag ausdrücklich nur "klargestellt" bzw. "ergänzt", die ursprüngliche Absicht der Vertragsparteien also lediglich schriftlich dokumentiert, nicht aber inhaltlich verändert worden.

Das Finanzgericht (FG) hat der Klage im wesentlichen stattgegeben. Nur bei der vor dem 28.Januar 1981 geleisteten Zahlung handle es sich um eine mit dem Ertragsanteil abzugsfähige Leibrente. Im übrigen seien die Zahlungen des Klägers als dauernde Last abziehbar. Dies folge aus dem ausdrücklichen Vorbehalt der Abänderbarkeit nach § 323 der Zivilprozeßordnung (ZPO) in dem Vertrag vom 28.Januar 1981. Es könne dahinstehen, ob der Kläger und seine Eltern bereits im Vertrag vom 10.Oktober 1978 eine Abänderbarkeit vereinbaren wollten. Sie hätten eine derartige Vereinbarung nicht getroffen, sondern diese erst am 28.Januar 1981 nachgeholt. Jedenfalls hätten die Vertragsparteien den ursprünglichen Vertragsinhalt i.S. des § 305 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) geändert. Diese Änderung sei auch --mit Wirkung für die Zukunft-- für die Besteuerung maßgebend. Sollte der Bundesfinanzhof (BFH) in seinen Entscheidungen vom 19.September 1980 VI R 161/77 (BFHE 131, 384, BStBl II 1981, 26) und vom 30.Oktober 1984 IX R 2/84 (BFHE 143, 317, BStBl II 1985, 610) die Auffassung vertreten haben, daß die Bezugnahme auf § 323 ZPO sich stets aus dem Übergabevertrag selbst ergeben müsse und eine nachträgliche Änderung des Vertrages --wie im Streitfall-- steuerrechtlich nicht möglich sei, könne dem nicht gefolgt werden. Der Wert des dem Kläger übertragenen Vermögens sei im Verhältnis zu den von ihm übernommenen Verpflichtungen nicht unverhältnismäßig gering.

Mit der Revision rügt das FA Verletzung des § 10 Abs.1 Nr.1 a Satz 1 EStG. Das FG sei von der Rechtsprechung des BFH abgewichen, nach welcher sich "die Bezugnahme auf § 323 ZPO" ausdrücklich und eindeutig aus dem Übergabevertrag selbst ergeben müsse. Denn nur so lasse sich in Fällen wie dem vorliegenden eine Unterscheidung zwischen Leibrente und dauernder Last treffen. Da mit dem Versorgungsvertrag nicht nur die wiederkehrenden Zahlungen, sondern auch die Gegenleistung bestimmt würden und Leistung und Gegenleistung in einem wenn auch nicht notwendig kongruenten Abhängigkeitsverhältnis zueinander stünden, könne nicht einem Teil der Leistungen nachträglich eine im Vertrag nicht zum Ausdruck gekommene Eigenschaft beigelegt werden, der die Ausgeglichenheit von Leistung und Gegenleistung verändere (Bezugnahme auf BFHE 131, 384, BStBl II 1981, 26).

Das FA beantragt, das angefochtene Urteil aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

 

Entscheidungsgründe

Der Senat möchte die Revision schon deswegen als unbegründet zurückweisen, weil nach seiner Auffassung Altenteilsleistungen vorliegen und diese (einschließlich sämtlicher Barleistungen) in vollem Umfang als dauernde Lasten gemäß § 10 Abs.1 Nr.1 a Satz 1 EStG abziehbar sind. Es kommt dann nicht darauf an, ob die Abziehbarkeit auch, worauf das FG abgestellt hat, aus einem Vorbehalt der Änderung nach § 323 ZPO hergeleitet werden kann. Der Senat sieht seine Auffassung berührt durch den Vorlagebeschluß des IX.Senats vom 7.März 1989 IX R 308/87 (BFHE 157, 345, BStBl II 1989, 772). Sollte die Verpflichtung zur Erbringung von Altenteilsleistungen --vergleichbar der Leibrentenverpflichtung im Fall des IX.Senats-- als Entgelt (Teilentgelt) für die Anschaffung des übertragenen Vermögens anzusehen sein, bliebe kein Raum für die Annahme dauernder Lasten. Hierauf bezieht sich die Vorlagefrage 1. Im übrigen sieht sich der Senat an der beabsichtigten Entscheidung, daß bare Altenteilsleistungen jeder Art voll abziehbar sind, durch die unter II.1. angegebene BFH-Rechtsprechung gehindert. Hierauf bezieht sich die Vorlagefrage 2.

II. Rechtsprechung und Verwaltungsauffassung zur einkommensteuerrechtlichen Behandlung von sog. privaten Versorgungsrenten

1. a) Die hier zu beurteilenden, anläßlich einer Übertragung von Vermögen im Wege der vorweggenommenen Erbfolge vereinbarten Versorgungsleistungen werden den privaten Versorgungsrenten zugerechnet. Rechtsgrundlage für deren Abziehbarkeit/Steuerbarkeit sind die --jeweils nur subsidiär anwendbaren-- § 10 Abs.1 Nr.1 a und § 22 Nr.1 EStG. Diese Vorschriften unterscheiden dauernde Lasten, Renten und Leibrenten (§ 10 Abs.1 Nr.1 a EStG) bzw. Einkünfte aus wiederkehrenden Bezügen und --als deren Unterfall-- Leibrenten (§ 22 Nr.1 Sätze 1 und 3 EStG).

"Renten" (§ 10 Abs.1 Nr.1 a Satz 1 EStG) sind wiederkehrende Zahlungen. Hauptanwendungsfall der ohne Verrechnung mit dem Wert einer Gegenleistung (im folgenden: Wertverrechnung, hierzu unten 3.a) abziehbaren "dauernden Last" sind die im Zusammenhang mit einer Hof- und Geschäftsübergabe vereinbarten wiederkehrenden Versorgungsleistungen. Im Vordergrund der rechtlichen Erörterung steht --wegen ihrer steuerlichen Berücksichtigung nur mit einem Ertragsanteil-- die "Leibrente".

b) Bei Leibrenten (§ 10 Abs.1 Nr.1 a Satz 2 EStG) kann nur der Ertragsanteil abgezogen werden, der sich --für ihre Steuerbarkeit als wiederkehrende Bezüge-- aus der in § 22 Nr.1 Satz 3 Buchst.a EStG aufgeführten (Ertragsanteils-)Tabelle ergibt (§ 10 Abs.1 Nr.1 a Satz 2 1.Halbsatz EStG). "Leibrenten" sind nach allgemeiner Auffassung Renten, die für die Dauer der Lebenszeit einer Bezugsperson gezahlt werden. Der BFH geht seit dem Urteil vom 29.März 1962 VI 105/61 U (BFHE 75, 96, BStBl III 1962, 304) in ständiger Rechtsprechung (z.B. BFH-Urteil vom 25.Mai 1973 VI R 375/69, BFHE 109, 446, BStBl II 1973, 680; zuletzt BFH-Urteil vom 18.Februar 1986 IX R 7/80, BFH/NV 1986, 654) davon aus, daß der steuerrechtliche Begriff der Leibrente derjenige des bürgerlichen Rechts (§§ 759 bis 761 BGB) ist. Dies folgert das Urteil in BFHE 75, 96, BStBl III 1962, 304 aus einem Grundsatz der Einheit der Rechtsordnung sowie daraus, daß bei schwankender Höhe von Rentenleistungen eine Grundlage für die Feststellung des Ertragswertes fehle (vgl. dazu Urteil des Senats vom 8.März 1989 X R 16/85, BFHE 156, 432, 438, BStBl II 1989, 551, unter 4. b, aa). Die Finanzverwaltung (Abschn.167 Abs.1 Satz 1 der Einkommensteuer- Richtlinien --EStR-- 1987) und die in der Literatur herrschende Auffassung haben sich der Rechtsprechung angeschlossen (z.B. Herrmann/Heuer/Raupach, Einkommensteuer- und Körperschaftsteuergesetz mit Nebengesetzen, Kommentar, § 10 EStG Anm.33 b, 35, § 22 EStG Anm.27 (1); Stephan in Littmann/Bitz/Meincke, Das Einkommensteuerrecht, 15.Aufl., § 10 Rdnr.30, § 22 Rdnr.50; Jansen/Wrede, Renten, Raten, dauernde Lasten, 9.Aufl., Rdnr.13).

Nach im Zivilrecht herrschender Meinung ist die "Leibrente i.S. der §§ 759 ff. BGB" ein "in sich geschlossenes einheitliches Recht, dem die Eigenschaft der Nutzbarkeit i.S. der §§ 99 Abs.2 und 100 BGB beiwohnt" (Urteil des Reichsgerichts --RG-- vom 12.Dezember 1907 IV 221/07, RGZ 67, 204, 210, m.w.N.). Nach der sog. Isolierungstheorie ist der Leibrentenvertrag "ein eigenartiger Vertrag, der dem Versprechensempfänger ein Grundrecht auf eine Rente verschafft, aus dem sich die Ansprüche auf die einzelnen Bezüge ableiten. Wesentlich ist hierbei, daß dieses Grundrecht lediglich nach Maßgabe des Vertrages unabhängig und losgelöst von den sonstigen Beziehungen und Verhältnissen der Parteien gewährt wird" (RG-Urteil vom 29.November 1918 III 277/18, RGZ 94, 157, 158; ausführlich hierzu Reinhart, Zum Begriff der Leibrente im bürgerlichen Recht, in: Festschrift für Eduard Wahl, 1973, S.261 ff.).

Die Leibrententheorien des RG, an welche die herrschende Meinung zum Steuerrecht anknüpft, haben insbesondere in jüngerer Zeit Kritik erfahren (z.B. Pecher in Münchener Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch --MünchKomm-- 2.Aufl. 1986, § 759 Rdnr.3 m.w.N.; Welter, Wiederkehrende Leistungen im Zivilrecht und im Steuerrecht, 1984, S.167 ff.; derselbe in Soergel, Bürgerliches Gesetzbuch, 11.Aufl. 1985, Vor § 759 Rdnr.5).

c) Aus dem Begriff des "Leibrentenstammrechts" wird --zum Teil generell für den Begriff der Rente (so Schmidt/Heinicke, Einkommensteuergesetz, 8.Aufl., § 22 Anm.8 b)-- gefolgert, daß "gleichbleibende Leistungen" vorliegen müßten, "die Früchte eines einheitlich nutzbaren Stammrechts sind" (Urteil in BFHE 75, 96, BStBl III 1962, 304). Zum steuerrechtlichen Erfordernis der "Gleichmäßigkeit" der Leibrente hat sich eine umfangreiche Judikatur entwickelt (Hinweis auf Herrmann/Heuer/Raupach, a.a.O., § 10 EStG Anm.35 a bis 35 c m.w.N.; Abschn.167 Abs.1 Sätze 7 bis 11 EStR). An der für die Annahme einer Leibrente erforderlichen Gleichmäßigkeit fehlt es nach herrschender Meinung jedenfalls dann, wenn dem Berechtigten ein Anspruch auf den notwendigen oder standesgemäßen Unterhalt eingeräumt wird oder wenn aus anderen Gründen die Höhe der wiederkehrenden Zahlungen/Bezüge vom Bedürfnis des Empfängers und/oder von der Leistungsfähigkeit des Verpflichteten abhängt.

d) Erfüllen die wiederkehrenden Zahlungen/Bezüge den vorstehend gekennzeichneten Begriff "Leibrente", sind sie (nur) mit ihrem Ertragsanteil, anderenfalls --vorbehaltlich einer Verrechnung mit dem Wert der Gegenleistung-- in voller Höhe abziehbar/steuerbar.

2. Bei der Anknüpfung des Leibrentenbegriffs an das bürgerliche Recht ist rechtlich von Bedeutung, wann "gleichbleibende" Leistungen vorliegen. Hierbei hat seit jeher der Vorbehalt der "Rechte aus § 323 ZPO" eine Rolle gespielt.

a) Der "Vorbehalt der Rechte aus § 323 ZPO" war in der älteren Rechtsprechung des BFH zunächst im Zusammenhang mit sog. Unterhaltsrenten gewürdigt worden. Unter Bezugnahme auf das RG-Urteil in RGZ 150, 385 führt das BFH-Urteil vom 16.Juli 1965 VI 286/64 U (BFHE 83, 225, BStBl III 1965, 582) aus, daß ein Unterhaltsversprechen eine Leibrente nur begründe, wenn es gleichzeitig den (ausdrücklichen) Verzicht auf die Rechte aus § 323 ZPO enthalte. Nach dem BFH-Urteil vom 7.Dezember 1966 VI 298/65 (BFHE 87, 610, BStBl III 1967, 245) enthalten anläßlich der Ehescheidung gegebene Unterhaltszusagen in der Regel den stillschweigenden Vorbehalt der gleichbleibenden Verhältnisse und begründen deshalb im allgemeinen keine Leibrente. In demselben Sinne hat das BFH-Urteil vom 27.September 1973 VIII R 77/69 (BFHE 111, 37, BStBl II 1974, 103) entschieden, daß bei echten Unterhaltsverpflichtungen, sofern ein ausdrücklicher Verzicht auf deren Abänderbarkeit fehle, der aus § 323 ZPO zu entnehmende allgemeine Rechtsgedanke, daß die Leistungen den veränderten Verhältnissen und Umständen angepaßt werden können, in der Regel zur Annahme einer dauernden Last führe. Diese Rechtsprechung, die in Abschn.167 Abs.1 Satz 12 Nr.1 EStR Niederschlag gefunden hat, ist seit der Erweiterung des § 12 Nr.2 EStG durch Art.1 Nr.32 des Einkommensteuerreformgesetzes vom 5.August 1974 (BGBl I 1974, 1769) --Nichtabziehbarkeit auch von Zuwendungen aufgrund einer freiwillig begründeten Rechtspflicht-- weitgehend gegenstandslos.

b) Im Zusammenhang mit landwirtschaftlichen Altenteilsleistungen geht das BFH-Urteil vom 16.September 1965 IV 67/61 S (BFHE 83, 568, BStBl III 1965, 706, unter 1.) davon aus, daß wegen der insoweit gebotenen Anknüpfung an das bürgerliche Recht auch bare Altenteilsleistungen, soweit diese regelmäßig wiederkehren, festbegrenzt und gleichmäßig geleistet werden, beim Verpflichteten nur mit einem Ertragsanteil abziehbar sind. Demgegenüber hat der BFH durch Urteil vom 2.Dezember 1966 VI 365/65 (BFHE 87, 563, BStBl III 1967, 243) zu Versorgungsleistungen anläßlich der Übergabe eines Gewerbebetriebes und von Wertpapiervermögen entschieden, daß insbesondere wegen des "eindeutigen Versorgungscharakters des Vertrages" die Geldleistungen als dauernde Last abziehbar seien, zumal eine Anpassung an Änderungen der wirtschaftlichen Verhältnisse nicht ausgeschlossen sei.

Das BFH-Urteil in BFHE 109, 446, BStBl II 1973, 680 hat sogar entschieden, die nach der Rechtsprechung des BFH zulässige Aufteilung von Leistungen aufgrund von Altenteilsverträgen in Leibrenten und dauernde Lasten werde von der davon abweichenden zivilrechtlichen Beurteilung nicht berührt. Zwar seien Altenteilsverträge bürgerlich-rechtlich keine Leibrentenverträge. Eine Bindung an das Zivilrecht sei "nur insoweit anzunehmen, als die Verpflichtung ... auf einem Rentenstammrecht" beruhe. In der nachfolgenden Begründung geht der VI.Senat offenbar vom Vorliegen eines "Leibrentenstammrechts" aus. Dieses war durch Prozeßvergleich bestellt worden, was die Anwendbarkeit des § 323 ZPO ausschließe; daher sei unerheblich, daß der Ausschluß der Abänderbarkeit im Vergleich nicht ausdrücklich vereinbart worden sei.

Unter Bezugnahme u.a. auf die Urteile in BFHE 83, 568, BStBl III 1965, 706, in BFHE 87, 563, BStBl III 1967, 243 und in BFHE 111, 37, BStBl II 1974, 103 führt das BFH-Urteil vom 1.August 1975 VI R 48/73 (BFHE 116, 501, BStBl II 1975, 881) aus, bei Betriebsübergaben sei --anders als bei reinen Unterhaltsverträgen-- eine Leibrente schon dann angenommen worden, wenn die Vereinbarungen eine Abänderbarkeit nicht eindeutig vorsähen. Diese Unterscheidung trage den jeweils unterschiedlichen Interessenlagen Rechnung und entspreche deshalb regelmäßig der Lebenserfahrung: "Denn wenn ein nicht unbedeutendes Vermögen übertragen worden ist, wird die Gegenleistung nicht allein von dem Gesichtspunkt der Unterhaltsleistung, sondern wesentlich von dem der Verschaffung eines Gegenwerts bestimmt. Es ist deshalb davon auszugehen, daß die Unabänderbarkeit auch der Gegenleistung dem Willen der Vertragsparteien entspricht, wenn sie nicht eindeutig Gegenteiliges vereinbart haben."

Diese Rechtsprechung ist in der Folgezeit fortgeführt worden (z.B. BFH-Urteile vom 22.September 1982 IV R 154/79, BFHE 136, 527, BStBl II 1983, 99, unter 2.; vom 30.Oktober 1984 IX R 2/84, BFHE 143, 317, BStBl II 1985, 610; vom 28.Januar 1986 IX R 12/80, BFHE 146, 68, BStBl II 1986, 348) und hat in Abschn.167 Abs.1 Satz 12 Nr.2 Buchst.a EStR Niederschlag gefunden.

c) Die ausdrückliche Bezugnahme auf den Rechtsgedanken des § 323 ZPO, die hiernach bei Übergabeverträgen zur Abziehbarkeit laufender Zahlungen als dauernde Last führt, muß sich nach dem BFH-Urteil in BFHE 131, 384, BStBl II 1981, 26 "aus dem Übergabevertrag selbst" ergeben (ebenso BFH-Urteil vom 28.Januar 1986 IX R 5/80, BFH/NV 1986, 526). Allerdings darf die Abänderungsklausel materiellrechtlich nicht lediglich einer Wertsicherungsklausel gleichzustellen sein (BFH-Urteile in BFHE 146, 68, BStBl II 1986, 348; vom 5.August 1986 IX R 9/82, BFH/NV 1987, 86). Im übrigen reicht eine "bloße Bezugnahme auf § 323 ZPO" aus, ist aber auch für die Annahme einer dauernden Last erforderlich, denn "trotz dieses formellen Abgrenzungsmerkmals" lasse sich in Fällen der hier vorliegenden Art nur mit Hilfe der Maßgeblichkeit einer Abänderungsklausel zwischen einer Leibrente und einer dauernden Last unterscheiden (Urteile in BFHE 131, 384, BStBl II 1981, 26; BFHE 143, 317, BStBl II 1985, 610). Ob dem Übergabevertrag, wie das FG im Vorlagefall angenommen hat, nachträglich mit steuerrechtlicher Wirkung zumindest ex nunc eine Abänderungsklausel hinzugefügt werden kann, ist umstritten (bejahend auch Niedersächsisches FG, Urteile vom 16.Oktober 1985 IX 8/83 und IX 470/85, Entscheidungen der Finanzgerichte --EFG-- 1986, 175, nicht rechtskräftig; FG Köln vom 17.September 1986 XI K 184/84, EFG 1987, 503, nicht rechtskräftig; ausführlich Lothar Fischer, Betriebs-Berater --BB-- 1988, 1294; verneinend FG Nürnberg, Urteil vom 15.April 1988 VII (IV) 499/84, EFG 1988, 559, nicht rechtskräftig).

d) Da als "Leibrente i.S. der §§ 759 ff. BGB" nur Geld oder vertretbare Sachen geschuldet sein können, ist nach herrschender Meinung bei verschiedenartigen Leistungsinhalten grundsätzlich für jede Leistung gesondert zu prüfen, ob die Voraussetzungen einer nur mit dem Ertragsanteil steuerbaren Leibrente gegeben sind (vgl. im einzelnen Abschn.167 Abs.1 Satz 12 Nr.2 Buchst.b EStR). Wird neben Naturalleistungen ein geringfügiges Taschengeld gezahlt, kommt eine einheitliche Beurteilung der Leistungen als dauernde Last in Betracht; als nicht geringfügig gilt seit dem Urteil in BFHE 83, 568, BStBl III 1965, 706 unverändert (BFH-Urteil vom 4.Februar 1986 IX R 4/80, BFH/NV 1986, 600) jedenfalls ein Betrag von 100 DM monatlich.

3. a) Auf besonderen Verpflichtungsgründen beruhende Renten und dauernde Lasten sind in vollem Umfang als Sonderausgaben abziehbar (§ 10 Abs.1 Nr.1 a Satz 1 EStG) und als wiederkehrende Bezüge steuerbar (§ 22 Nr.1 Satz 1 EStG). Dies gilt nach der Rechtsprechung auch insoweit, als sie auf die Dauer der Lebenszeit einer Bezugsperson gezahlt werden. Die Abziehbarkeit ist nach Auffassung des IX.Senats des BFH eingeschränkt bei allen Renten und dauernden Lasten aus "kauf- und darlehensähnlichen Vorgängen" (BFH-Urteil vom 13.August 1985 IX R 10/80, BFHE 144, 423, BStBl II 1985, 709) und --weitergehend-- Renten und dauernden Lasten "im Austausch mit einer Gegenleistung" (BFH-Urteil vom 3.Juni 1986 IX R 2/79, BFHE 146, 442, BStBl II 1986, 674). In diesen Fällen ist die dauernde Last (zunächst) mit dem Wert einer Gegenleistung zu verrechnen. Dem liegt die auch nach Auffassung des Senats zutreffende Erwägung zugrunde, daß jedenfalls vor Ausschöpfung des Verrechnungswerts wirtschaftlich keine als Sonderausgabe abziehbare "Last" vorliegt (vgl. auch Senatsurteile vom 4.April 1989 X R 14/85, BFHE 157, 88, BStBl II 1989, 779, unter 2.; vom 12.Juli 1989 X R 11/84, BFHE 158, 22, BStBl II 1990, 13). Nach dem Beschluß des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) vom 18.Februar 1988 1 BvR 930/86 (Steuerrechtsprechung in Karteiform --StRK--, Einkommensteuergesetz ab 1975, § 10 Abs.1 Nr.1 a, Rechtsspruch 10 a) ist es verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden, daß § 10 Abs.1 Nr.1 a EStG 1975 unter Berücksichtigung von Wortlaut, Sinn und Zweck dieser Bestimmung sowie der einkommensteuerrechtlichen Systematik in diesem Sinne einschränkend ausgelegt wird.

b) § 10 Abs.1 Nr.1 a Satz 1 EStG wird uneingeschränkt --d.h. ohne Wertverrechnung-- angewandt auf Versorgungsleistungen, die anläßlich von Vermögensübertragungen im Wege vorweggenommener Erbfolge (insbesondere: Hof- und Geschäftsübertragungen) vereinbart werden. Dies ist nach den vorstehenden Ausführungen zu II. 1. c), 2. d) für Leistungen in Geld und vertretbaren Sachen nur insoweit von Bedeutung, als sie mangels Gleichmäßigkeit keine "Leibrenten i.S. der §§ 759 ff. BGB" sind; eine Ausnahme gilt für die Zahlung von Taschengeld in geringer Höhe (zuletzt Urteil in BFH/NV 1986, 600).

Diese Rechtsprechung geht zurück auf die Grundsatzentscheidung des BFH in BFHE 83, 568, BStBl III 1965, 706 zur steuerrechtlichen Behandlung des landwirtschaftlichen Altenteils. Der IV.Senat des BFH begründet seine Auffassung mit der Entwicklung der wirtschaftlichen und sozialen Verhältnisse, die dazu geführt haben, daß Inhaber landwirtschaftlicher und gewerblicher Betriebe in allen wesentlichen Beziehungen einkommensteuerrechtlich gleichgestellt würden. Für die Beurteilung, inwieweit Unterhaltsleistungen an den Altenteiler als dauernde Last --oder beschränkt auf den Ertragsanteil-- als Leibrente abziehbar seien, komme es darauf an, ob nach den Grundsätzen des bürgerlichen Rechts eine Leibrente vorliege (Bezugnahme auf Urteil in BFHE 75, 96, BStBl III 1962, 304). Bei landwirtschaftlichen Altenteilsleistungen und "ähnlichen dauernden Lasten" komme eine Verrechnung mit dem Wert des übertragenen Vermögens nicht in Betracht. Bei der parlamentarischen Beratung des Gesetzes zur Neuordnung von Steuern (StNOG) vom 16.Dezember 1954 (BGBl I 1954, 373) sei die Abziehbarkeit von Altenteilslasten als Betriebsausgaben oder Sonderausgaben umstritten gewesen. Der Vorschlag des Regierungsentwurfs, insgesamt nur den Abzug mit einem Ertragsanteil zuzulassen (BTDrucks II/481 S.4, 81, 85 f., 88) sei jedoch nicht Gesetz geworden.

4. Die vorstehend umschriebenen Versorgungsleistungen, die den Kernbereich der privaten Versorgungsrente ausmachen, sind abzugrenzen gegen die nach § 12 Nr.1 und 2 EStG nichtabziehbare Unterhaltsrente einerseits und die --betriebliche oder private-- Veräußerungsrente andererseits.

a) Unterhaltsrenten sind wiederkehrende Leistungen/Bezüge, die aus dem Rechtsgrund des § 12 Nr.1 und 2 EStG nicht abziehbar sind. Der BFH hat mit Urteil vom 23.Januar 1964 IV 8/62 U (BFHE 79, 516, BStBl III 1964, 422) entschieden, es könne aus Gründen der Gleichmäßigkeit der Besteuerung nicht zugelassen werden, daß Rentenzahlungen an gesetzlich Unterhaltsberechtigte nur deshalb als Sonderausgabe abgezogen werden dürften, weil der Rentenverpflichtete einen Betrieb des Rentenberechtigten übernehme, ohne daß dessen Wert in einem beachtlichen Verhältnis zum Wert der Rentenverpflichtung stehe. Eine Unterhaltsrente liege dann vor, wenn unter Berücksichtigung der Gegenleistung der Unterhaltscharakter offensichtlich überwiege. Ein wesentlicher Anhaltspunkt für das Überwiegen könne im allgemeinen darin gesehen werden, daß der Wert der Gegenleistung (des übernommenen Betriebsvermögens usw.) bei überschlägiger und großzügiger Berechnung weniger als die Hälfte des Wertes der Rentenverpflichtung betrage. Die von der Rechtsprechung des BFH im Anschluß hieran entwickelten Grundsätze sind zusammengefaßt in Abschn.123 Abs.3 EStR. Nach in der Literatur herrschender Meinung ist gesetzliche Grundlage hierfür der Zuwendungsbegriff des § 12 Nr.2 EStG; bei nicht angemessener Gegenleistung soll das Tatbestandsmerkmal der Zuwendung erfüllt sein (z.B. Arndt in Kirchhof/Söhn, Einkommensteuergesetz, § 12 Rdnr.A 77). Die Vermögensübertragung und die Versorgungsleistung sind dann insgesamt ein "unentgeltliches" Rechtsgeschäft (z.B. BFH-Urteil vom 12.April 1967 I 129/64, BFHE 89, 412, BStBl III 1967, 668, m.w.N.).

b) Nach der Rechtsprechung des BFH liegt bei einer Vermögensübertragung gegen Leibrente ein entgeltlicher Erwerbsvorgang (Veräußerungsvorgang) vor, wenn die Beteiligten Leistung und Gegenleistung nach kaufmännischen Gesichtspunkten gegeneinander abgewogen haben. Insoweit wird Bezug genommen auf die Darstellung im Beschluß des IX.Senats des BFH in BFHE 157, 345, 347, BStBl II 1989, 772, unter II. 1. a, aa). Dort führt der IX.Senat des BFH zutreffend aus, daß diese Rechtsprechung bei einer Vermögensübertragung gegen Rente unter Angehörigen keinen Raum läßt für die Annahme eines im steuerrechtlichen Sinne teilentgeltlichen Rechtsgeschäfts. Der IX.Senat seinerseits will alle nicht voll unentgeltlichen Rechtsgeschäfte als Veräußerungs-/Anschaffungsgeschäfte behandeln. Seine Argumentation ist abgestellt auf jegliche Übernahme einer Rentenverpflichtung im Rahmen der Vermögensübertragung zur vorweggenommenen Erbregelung (a.a.O., unter II. 3.); sie deckt insofern auch den hier vorliegenden Fall der typischen Altenteilsleistungen ab. Sollte der Große Senat des BFH die Rechtssätze des IX.Senats uneingeschränkt bestätigen, entfiele das steuerrechtliche Rechtsinstitut des Altenteilsvertrages (s. aber Thürmer, Der Betrieb --DB-- 1989, 1838, 1844).

III. Rechtsauffassung des vorlegenden Senats

1. Zur Vorlagefrage 1

Der Senat bejaht die Vorlagefrage zu 1. Er ist der Auffassung, daß das überlieferte und durch das StNOG 1954 bestätigte Rechtsinstitut der Vermögensübergabe gegen Altenteilsleistungen aus dem Bereich der (teil-)entgeltlichen Rechtsgeschäfte auszugrenzen und dem Rechtsinstitut der dauernden Last zuzuordnen ist. Diese Zuordnungsentscheidung des Gesetzgebers setzt notwendigerweise die Rechtsnatur einer solchen Vermögensübergabe als im steuerrechtlichen Sinne "privat" und "unentgeltlich" voraus.

a) Die bürgerlich-rechtlichen und steuerrechtlichen Rechtsinstitute der "Hof- und Vermögensübergabe" (auch: "Überlassungsvertrag"; vgl. zu § 62 des Preußischen EStG 1906: Fuisting/Strutz, Die preußischen direkten Steuern, 8.Aufl., 1916, § 62 EStG Anm.7 g) haben --insbesondere als Instrumente der vorweggenommenen Erbregelung und typischerweise in Verbindung mit der Ausbedingung eines Altenteils-- eine lange Rechtstradition (vgl. RG-Urteile vom 11.Februar 1913 VII 296/12, RGZ 81, 311; vom 30.Oktober 1939 V 83/39, RGZ 162, 52, 54 ff.; Beschluß des Bundesgerichtshofs --BGH-- vom 19.Oktober 1954 V ZB 23/54, Recht der Landwirtschaft --RdL-- 1955, 29).

Die hier zu beurteilende Vermögensübergabe gegen Versorgungsleistungen ist bürgerlich-rechtlich ein Altenteilsvertrag (unten aa). Dieser ist ungeachtet der Frage, ob es sich bürgerlich-rechtlich um eine gemischte Schenkung oder eine Schenkung unter Auflage handelt, aus einkommensteuerrechtlichen Gründen kein (entgeltliches oder teilentgeltliches) Veräußerungs-/Anschaffungsgeschäft.

aa) Der vom Kläger des Ausgangsverfahrens geschlossene Vertrag vom 10.Oktober 1978 beurteilt sich nach der --durch Art.96 des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuch (EGBGB) vorbehaltenen-- landesrechtlichen Regelung des Ausführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuch für das Land Schleswig-Holstein --AGBGB SH-- vom 27.September 1974 (Gesetz- und Verordnungsblatt Schleswig-Holstein --GVBl SH-- 1974, 357).

Das bürgerlich-rechtliche Altenteil (auch: Leibgedinge) ist ein Inbegriff von Rechten verschiedener Art, die durch die gemeinsame Zweckbestimmung, den Berechtigten (ganz oder teilweise) zu versorgen, zu einer Einheit verbunden sind (RG in RGZ 162, 52, 57; BGH-Entscheidung vom 19.Juni 1964 V ZR 4/63, Lindenmaier/Möhring --LM--, Nachschlagewerk des Bundesgerichtshofs, Pr. AGBGB Art.15 Nr.6). Zwar ist der Altenteilsvertrag "eine aus dem bäuerlichen Wirtschaftsleben hervorgegangene und davon geprägte Art der Sonderrechtsnachfolge"; er kann aber auch die Überlassung städtischer Grundstücke beinhalten (RG-Urteil vom 21.August 1936 V 76/36, RGZ 152, 104, 107; BGH-Urteil vom 3.April 1981 V ZR 55/80, LM, Pr. AGBGB, Art.15 Nr.8 = Neue Juristische Wochenschrift --NJW-- 1981, 2568; zu § 5 AGBGB SH, Urteil des Landgerichts Kiel vom 25.Oktober 1985 9 O 311/84, Schleswig-Holsteinische Anzeigen 1986, 87). Die Übergabe eines Hofes oder auch nur eines Grundstücks ist bürgerlich-rechtlich keine begriffliche Voraussetzung (RG in RGZ 162, 52, 55 f.).

Das bürgerlich-rechtliche Rechtsinstitut Altenteil ist gekennzeichnet durch "das Nachrücken der folgenden Generation in eine die Existenz wenigstens teilweise begründende Wirtschaftseinheit unter Abwägung der Interessen des abziehenden Altenteilers und des nachrückenden Übernehmers der nächsten Generation", wobei "der Versorgungscharakter als Wesen des Leibgedingvertrages ... das sonst übliche synallagmatische Verhältnis von Leistung und Gegenleistung in den Hintergrund treten läßt" (BGH in LM, Pr. AGBGB, Art.15 Nr.8; vgl. auch Beschluß des Bayerischen Obersten Landesgerichts --BayObLG-- vom 25.März 1975 BReg 2 Z 8/75, Deutsche Notar-Zeitschrift --DNotZ-- 1975, 622, 625; Lüdtke-Handjery, Hofübergabe als vertragliche und erbrechtliche Nachfolge, DNotZ 1985, 332, 333 ff.). Kraft Nutzung des übertragenen Vermögens soll der Übernehmer "sich eine eigene Lebensgrundlage schaffen und gleichzeitig den dem Altenteiler geschuldeten Unterhalt gewinnen" (BGH-Urteil vom 31.Oktober 1969 V ZR 138/66, BGHZ 53, 41, 43 mit Nachweisen; vgl. ferner BGH-Urteil vom 7.April 1989 V ZR 252/87, NJW 1989, 2122, unter 3. b).

Ein Altenteilsvertrag ist kein Leibrentenvertrag i.S. der §§ 759 ff. BGB, vielmehr "nach der Verkehrsauffassung" sowie nach Art.96 EGBGB ein "selbständiges Rechtsgebilde" (RG-Urteil vom 5.April 1922 V 591/21, RGZ 104, 272, 273 f.). Die Zivilrechtsprechung hat wiederkehrende Leistungen in Geld oder vertretbaren Sachen, die als Versorgungsrenten geschuldet werden, nicht als Leibrenten behandelt (RG-Urteil vom 3.Februar 1922 VII 720/21, Warneyers Rechtsprechung --WarnRspr.-- 1922, 65).

bb) Bezüge aus einem "Altenteil" (auch: Leibgedinge, Leibzucht, Auszug) waren nach § 6 Nr.4 des Preußischen EStG 1906 als "Einkommen ... aus Rechten auf periodische Hebungen" steuerbar; der Verpflichtete konnte die Zahlungen als auf Privatrechtstiteln beruhende dauernde Last (§ 8 Abs.2 Nr.2 des Preußischen EStG 1906) von seinem Gesamteinkommen abziehen (vgl. Art.23, 24 der Anweisung des Finanzministers vom 25.Juli 1906, zitiert nach Fuisting/Strutz, a.a.O., S.1182 ff., 1222, 1225).

In § 11 Nr.1 EStG 1920/§ 40 Nr.2 EStG 1925 war das "Leibgedinge" als zu den "sonstigen Einnahmen" bzw. "anderen wiederkehrenden Bezügen" gehörend ausdrücklich erwähnt. Nach § 13 Nr.2 EStG 1920/§ 15 Abs.1 Nr.3 EStG 1925 waren Altenteilsleistungen als "auf besonderem privatrechtlichen Verpflichtungsgrund beruhende dauernde Lasten" bzw. "auf besonderen privatrechtlichen Gründen beruhende Lasten" abziehbar (Strutz, Kommentar zum Einkommensteuergesetz 1925, § 15 Anm.13). Dies gilt ungeachtet des Umstandes, daß § 15 Abs.1 Nr.3 Satz 2 EStG 1925 bestimmte: "Aufwendungen zur Erfüllung einer gesetzlichen Unterhaltspflicht gehören auch dann nicht hierzu, wenn sie aufgrund einer besonderen privatrechtlichen Verpflichtung erfolgen." Dieselbe Rechtslage ergab sich aus § 10 Abs.1 Nr.2/§ 22 Nr.1 Buchst.b EStG 1934.

b) Der Reichsfinanzhof (RFH) hat in seinem Urteil vom 1.Februar 1933 VI A 2056/32 (RStBl 1933, 583) zum Rechtsinstitut der Vermögensübergabe u.a. ausgeführt: Würden bei Gutsübergaben in der Landwirtschaft oder bei Geschäftsübergaben im Gewerbe von Eltern an Kinder Altenteilslasten vereinbart, so behielten sich, wirtschaftlich gesehen, die Eltern von ihrem Vermögen an Ertrag das zurück, was für ihre Lebenshaltung nötig sei. Bis zur Grenze der Umgehung des § 15 Abs.1 Nr.3 Satz 2 EStG 1925 (§ 12 Nr.2 EStG, s. oben unter a) könnten die belasteten Kinder die Versorgungslast gemäß § 15 Abs.1 Nr.3 Satz 1 EStG 1925 aus besonderer privatrechtlicher Verpflichtung abziehen. Ähnlich hat das BFH-Urteil vom 2.Februar 1956 IV 217/54 U (BFHE 62, 235, 239 f., BStBl III 1956, 88) den Übergabevertrag in der Weise beschrieben, daß sich die Notwendigkeit einer Versorgung der Eltern gerade aufgrund der Übertragung des Vermögens ergibt.

Nach Auffassung des Senats werden damit zum einen der Typus der Vermögensübergabe und zum anderen die innere Rechtfertigung für die Abziehbarkeit als dauernde Last sowie für die Steuerbarkeit als wiederkehrende Bezüge zutreffend charakterisiert. Die ratio legis des steuerrechtlichen Rechtsinstituts "Vermögensübergabe gegen dauernde Last" entspricht dem gesetzgeberischen Grund für die Privilegierung des bürgerlich-rechtlichen Rechtsinstituts "Altenteil" (oben 1.a).

Als Ergebnis dieser Rechtsentwicklung ist festzuhalten, daß angemessene Versorgungsleistungen im Zusammenhang mit der Übertragung von landwirtschaftlichem Vermögen und --wegen wirtschaftlicher Vergleichbarkeit-- eines gewerblichen Betriebes (im folgenden: Vermögensübergabe) grundsätzlich als dauernde Last abziehbar sind. Angemessene Versorgungsleistungen im vorgenannten Sinne sind solche Leistungen, die zwecks Sicherung des Unterhalts des Vermögensübergebers vereinbart werden und deren Höhe unter Berücksichtigung des Unterhaltsbedürfnisses des Berechtigten und der Ertragskraft des übertragenen Vermögens bemessen ist. Vorausgesetzt ist die Übergabe existenzsichernden ertragbringenden Vermögens; idealtypisch teilen sich Vermögensübergeber und -übernehmer den (Netto-) Ertrag dieses Vermögens.

c) Der Gesetzgeber des StNOG 1954 hatte die besondere Erwähnung des Altenteils (Leibgedinges) für entbehrlich gehalten (BTDrucks II/481 S.85); der bisherige Beispielkatalog des § 22 Nr.1 EStG 1934, der ausdrücklich auch das "Leibgedinge" erwähnte, ging in der Sammelbezeichnung "wiederkehrende Bezüge" auf. Im übrigen hat der Gesetzgeber die bis dahin bestehende Rechtslage --Abziehbarkeit von Altenteilsleistungen beim Verpflichteten und Steuerbarkeit beim Berechtigten jeweils mit dem vollen Betrage der Leistungen-- fortgeschrieben (vgl. BFHE 83, 568, 573, BStBl III 1965, 706). Ungeachtet der Vorstellungen des Regierungsentwurfs eines StNOG 1954 und der Reform des Rechts der Gegenleistungsrenten (unten 2.c) gibt der objektivierte Wille des Gesetzgebers keine Anhaltspunkte dafür, daß dieser den Anwendungsbereich der dauernden Last hätte novellieren wollen: Der --für Vermögensübergaben im gewerblichen Bereich bisher einschlägige-- Begriff der dauernden Last ist unverändert fortgeführt worden, ohne daß erkennbar geworden wäre, daß der Gesetzgeber --in Abkehr von einer langen Rechtstradition-- einen wesentlichen Teilaspekt der dauernden Last durch Zuordnung zum Tatbestandsmerkmal "Leibrente" neu geregelt hätte.

aa) Der Regierungsentwurf eines StNOG ging davon aus, daß "unentgeltliche Leibrenten" nur noch mit einem Ertragsanteil abziehbar sein sollten. Die Begründung zum Regierungsentwurf (BTDrucks II/481 S.88) bemerkt hierzu:

"Auch hier konnte der Verpflichtete bisher die vollen Zahlungen als Sonderausgaben absetzen; nach Art.1 Ziff.12 Buchst.a des Entwurfs (betreffend die Abziehbarkeit von "Leibrenten" nur mit dem Unterschiedsbetrag zwischen dem Jahresbetrag und dem Kapitalrückzahlungsanteil der Rente) kann er in Zukunft die Ausgaben nur insoweit abziehen, als sie nicht eine Tilgung des Kapitalwerts der Rente enthalten. Da der Verpflichtete in der Regel die Rentenlast im Zusammenhang mit einem Vermögensübergang unter Lebenden oder von Todes wegen übernimmt und da die Belastung mit einem Rentenstammrecht in der Vermögensebene liegt, muß er die Verschlechterung seiner Rechtsstellung in Kauf nehmen. Das gilt auch für die Fälle, in denen ein gewerbliches Betriebsvermögen gegen Übernahme einer Rentenverpflichtung unentgeltlich übertragen wird."

Als § 10 Abs.1 Nr.1 Satz 3 EStG sah der Regierungsentwurf (BTDrucks, a.a.O., S.4) folgende Bestimmung vor:

"Zu den Leibrenten gehören auch die bei dem unentgeltlichen Erwerb eines landwirtschaftlichen Betriebs übernommenen Altenteilsleistungen."

Die Begründung zum Regierungsentwurf (BTDrucks, a.a.O., S.88) bemerkt hierzu:

"Bei dem unentgeltlichen Übergang eines landwirtschaftlichen Betriebs sind nach dem Urteil des Reichsfinanzhofs IV 360/34 vom 12.September 1934 (RStBl 1934, 157) die Altenteilsleistungen in vollem Umfang Betriebsausgaben. Um zu vermeiden, daß diese Renten steuerlich anders behandelt werden als die im Fall des unentgeltlichen Übergangs eines gewerblichen Betriebs zu zahlenden Renten, mußte in § 10 Abs.1 Ziff.1 EStG ... vorgeschrieben werden, daß auch die Altenteilsleistungen bei dem unentgeltlichen Übergang eines landwirtschaftlichen Betriebs Sonderausgaben sind; sie können deshalb in Zukunft nur in dem für alle unentgeltlichen Leibrenten geltenden Umfang als Sonderausgaben abgezogen werden."

bb) Diese Vorschläge des Regierungsentwurfs sind --unabhängig von einer fehlenden Objektivierung-- nicht in den "Willen des Gesetzgebers" aufgenommen worden.

Ohnehin können Gesetzesmaterialien nur mit Vorsicht, unterstützend und insgesamt nur insofern herangezogen werden, als sie auf einen "objektiven Gesetzesinhalt schließen lassen" (so BVerfG-Urteil vom 16.Februar 1983 2 BvE 1, 2, 3, 4/83, BVerfGE 62, 1, 45). Die subjektiven Vorstellungen der am Gesetzgebungsverfahren beteiligten Organe oder eines ihrer Mitglieder können nicht mit dem objektiven Gesetzesinhalt gleichgesetzt werden. Als --objektivierungsbedürftiger-- "Wille des Gesetzgebers" kann man "die in Regelungsabsicht beschlossenen oder aus ihr folgenden Zwecke, Wertsetzungen und Grundentscheidungen bezeichnen, zu denen die am Gesetzgebungsakt Beteiligten in der Tat Stellung genommen haben" (so Larenz, Methodenlehre der Rechtswissenschaft, 5.Aufl. 1983, S.314).

Die Entstehungsgeschichte des Gesetzes legt vorliegend die Annahme nahe, daß der Gesetzgeber selbst jedenfalls hinsichtlich des agrar- und sozialpolitisch bedeutsamen Problems des landwirtschaftlichen Altenteils eine Grundentscheidung getroffen hat: Regelt wie vorliegend das beschlossene Gesetz eine rechtliche und politische Grundsatzfrage abweichend vom Regierungsentwurf, ist dies ein starkes Indiz dafür, daß "der Gesetzgeber selbst" diese Frage in einem dem Entwurf gegenteiligen Sinne entschieden hat (im Ergebnis ebenso BFH-Urteil in BFHE 83, 568, BStBl III 1965, 706; s. hierzu oben II.3.b; Flume, DNotZ 1955, 115, 127). Nach dem "Willen des Gesetzgebers" verbleibt es daher auch unter der Geltung des StNOG 1954 bei der vollen Abziehbarkeit/Steuerbarkeit von Altenteilsleistungen; ein etwaiger gegenteiliger Wille ist nicht objektiviert worden.

Das Urteil in BFHE 83, 568, BStBl III 1965, 706 führt zutreffend aus, die Entwicklung der wirtschaftlichen und sozialen Verhältnisse habe dazu geführt, daß Inhaber landwirtschaftlicher und gewerblicher Betriebe in allen wesentlichen Beziehungen einkommensteuerrechtlich gleichgestellt würden. Hiervon ging auch der Regierungsentwurf eines StNOG 1954 aus; er wollte diese steuerrechtliche Gleichbehandlung. Da die Reformvorstellungen des Entwurfs zum landwirtschaftlichen Altenteil nicht verwirklicht wurden, stützt dies die Annahme, daß auch für den gewerblichen Bereich der bisherige Rechtszustand fortgeschrieben wurde.

cc) Die Bedeutung der Reform durch das StNOG 1954 liegt darin, daß nunmehr mittels der Ertragswerttabelle alle entgeltlich/teilentgeltlich gezahlten wiederkehrenden Leistungen/Bezüge, die nicht dem Rechtsinstitut "dauernde Last" zuzuordnen sind, in eine nichtsteuerbare Vermögensumschichtung und einen steuerbaren Zinsanteil zerlegt werden. Gerade bezüglich dieser Gegenleistungsrenten hatte das BFH-Urteil vom 18.September 1952 IV 70/49 U (BFHE 56, 754, BStBl III 1952, 290) ein Tätigwerden des Gesetzgebers angeregt. Die Trennung von Vermögensumschichtung und steuerbarem Einkommen ist der offenkundige Sinn und Zweck des Ertragsanteils und des Begriffs "Leibrente".

d) Der Begriff "Leibrente" kann seine Zweckbestimmung nur erfüllen, wenn er vom bürgerlichen Recht losgelöst wird und als steuerrechtlicher Begriff alle von der Lebenszeit einer Bezugsperson abhängigen --entgeltlichen und teilentgeltlichen-- Vermögensumschichtungen erfaßt. Die Begründung für die Maßgeblichkeit des bürgerlich-rechtlichen Leibrentenbegriffs (oben II.1. b) überzeugt nicht mehr. Nach heutigem Verständnis ist die "Einheit der Rechtsordnung" keine Begriffseinheit, sondern eine Wertungseinheit (vgl. Hans Schneider, Gesetzgebung, 1984, Rz.54). Ein und derselbe Begriff kann für unterschiedlich normative Regelungsaufgaben verschiedene Inhalte haben: Jede Vorschrift ist aus sich heraus auszulegen: dabei ist von ihrem Wortsinn auszugehen, der sich aus dem Zusammenhang bestimmt, in dem die Vorschrift steht (so ausdrücklich Beschluß des Großen Senats des BFH vom 16.Januar 1984 GrS 5/82, BFHE 140, 408, BStBl II 1984, 439, unter 2.b, zum verfahrensrechtlichen Begriff des Beteiligten; Larenz, a.a.O., S.307). Eine Verengung des Begriffs "Leibrente" auf eine Bedeutung im Sinne der "Stammrechts- und Isolierungstheorie" (oben II.1.b) führt zu einer Ausdehnung des Begriffs "dauernde Last", der im Falle von Gegenleistungsrenten mit der Lehre von der Wertverrechnung begegnet werden muß. Diese Lehre hebt ihrerseits ab auf die Unterscheidung zwischen Hof- und Vermögensübergaben einerseits und wiederkehrende Leistungen/Bezüge im Zusammenhang mit Gegenleistungen andererseits. Sie bietet keine befriedigende Lösung für die Zeit nach Verbrauch des Verrechnungsvolumens. Ohnehin wenden Rechtsprechung und Literatur die Stammrechts- und Isolierungstheorie nicht strikt und folgerichtig an.

e) Bei der Vermögensübergabe gegen angemessene Versorgungsleistungen steht § 12 Nr.2 EStG der Abziehbarkeit der dauernden Last (§ 10 Abs.1 Nr.1 a Satz 1 EStG) nicht entgegen. Der Gesetzgeber des StNOG 1954 hat, indem er die Abziehbarkeit von Altenteilsleistungen als dauernde Last angeordnet hat, wiederum in Fortführung der bisherigen Rechtstradition (oben 1.a, bb) eine gegenüber § 12 Nr.2 EStG spezielle Regelung getroffen. Die Kriterien für eine Abgrenzung gegenüber der nach § 12 Nr.2 EStG nichtabziehbaren Unterhaltsrente ergeben sich aus der Besonderheit des Vertragstypus "Vermögensübergabe/Altenteil", der insbesondere dadurch gekennzeichnet ist, daß sich die weichende und die übernehmende Generation den Ertrag des existenzsichernden Vermögens teilen.

f) Bei dieser Sicht der Dinge löst sich eine --nur scheinbare-- Widersprüchlichkeit auf, die zugunsten einer Behandlung der privaten Versorgungsrente als (teilentgeltliches) Anschaffungsgeschäft angeführt wird.

Sonderausgaben i.S. des § 10 Abs.1 Nr.1, 2 bis 7 EStG sind generell (und seit der Neufassung des § 12 im Jahre 1974 ausdrücklich) von dem für Privatausgaben geltenden Abzugsverbot ausgenommen. Dieser regelungstechnische Vorbehalt gilt nicht für Sonderausgaben i.S. des § 10 Abs.1 Nr.1 a EStG. Hieraus leitet die herrschende Meinung einen Vorrang des § 12 Nr.2 EStG in dem Sinne her, daß dauernde Lasten nur abgezogen werden können, soweit keine "Zuwendungen" i.S. des § 12 Nr.2 EStG vorliegen; die abziehbare private Versorgungsrente und die nach § 12 Nr.1 und 2 EStG nichtabziehbare Unterhaltsrente werden mithin durch Auslegung des Begriffs "Zuwendung" voneinander abgegrenzt (vgl. Arndt in Kirchhof/Söhn, a.a.O., § 12 Rdnr.C 3). Es wird ein Widerspruch darin gesehen, daß einerseits die Vermögensübertragung gegen private Versorgungsrente "unentgeltlich" sein soll; z.B. handelt es sich nach dem Grundsatzurteil in BFHE 83, 568, BStBl III 1965, 706 bei der Hofübergabe gegen Altenteilsleistungen um "wechselseitige Schenkungen". Andererseits sieht man in der Versorgungsrente deswegen keine nichtabziehbare Zuwendung, weil ihr eine "Gegenleistung" gegenüberstehe. Kemmer (Teilentgeltliche Rechtsgeschäfte in der Einkommensteuer, 1987, S.63 ff., 67 f.) bemängelt, der BFH bleibe eine Begründung dafür schuldig, daß übertragenes Vermögen Gegenleistung für die Einräumung wiederkehrender Zahlungen sei, diese wiederkehrenden Zahlungen aber keine Gegenleistung für das übertragene Vermögen sein sollen. Kemmer (a.a.O., S.199 ff., 202, mit weiteren Literaturnachweisen; ähnlich Felix, Finanz-Rundschau --FR-- 1987, 601, 607) zieht die Schlußfolgerung, daß private Versorgungs- bzw. Unterhaltsleistungen Entgeltcharakter hätten.

Nach Auffassung des Senats gibt es diesen Widerspruch nicht: Die gesetzliche Zuordnung der Vermögensübergabe gegen Versorgungsleistungen (Altenteil) zum Regelungsbereich der dauernden Last (§ 10 Abs.1 Nr.1 a Satz 1 EStG) und der sonstigen wiederkehrenden Bezüge (§ 22 Nr.1 Satz 1 EStG) setzt zwingend voraus, daß der Gesetzgeber diese Vermögensübergabe nicht als Veräußerungsvorgang einstuft. Auch dies entspricht der Tradition des deutschen Steuerrechts. Schon immer wurde der "private Charakter" der Vermögensübergabe gegen Versorgungsrente damit begründet,

- daß die einkommensteuerrechtliche Behandlung der familien- und erbrechtlichen Natur des Vertragstypus folge (RFH-Urteil vom 8.Oktober 1931 VI A 770/31, RStBl 1931, 946, m.w.N.; E.Becker, Steuer und Wirtschaft --StuW-- I 1929, 978 ff.);

- daß die Vermögensübertragung die Vorwegnahme der künftigen Erbregelung und die wirtschaftliche Sicherung der alternden Eltern bezwecke (z.B. BFH-Urteile vom 12.Juli 1955 I 232/54 U, BFHE 61, 272, BStBl III 1955, 302; vom 20.März 1984 IX R 8/80, BFHE 140, 566, BStBl II 1985, 43). Das Urteil in BFHE 61, 272, BStBl III 1955, 302 weist darauf hin, daß die Umsatzsteuerbefreiung nach § 85 Abs.2 der Durchführungsbestimmungen zum Umsatzsteuergesetz (UStDB) auf der Erwägung beruhte, daß es sich bei der Veräußerung an Kinder "in der Regel um einen Vorgang handelt, der mit der späteren Erbfolge in Verbindung steht und vorwiegend familiären Charakter hat";

- daß die Rente nicht nach dem Wert der Gegenleistung, sondern nach dem Versorgungsbedürfnis des Berechtigten und nach der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit des Verpflichteten bemessen werde (BFH-Urteil vom 23.Januar 1964 IV 8/62 U, BFHE 79, 516, BStBl III 1964, 422; zusammenfassend Hartz, DB 1964, 1360);

- daß die Beteiligten sich von den Gedanken leiten lassen, den übertragenen Betrieb der Familie zu erhalten (z.B. BFH-Urteil vom 30.November 1967 IV 1/65, BFHE 91, 81, BStBl II 1968, 263).

g) Ist die Vermögensübergabe gegen Versorgungsleistungen (Altenteil) kraft Gesetzes kein Veräußerungsvorgang, hat die Kennzeichnung als "unentgeltlich" keine eigenständige rechtliche Bedeutung. Denn der steuerrechtliche Funktionsbegriff "unentgeltlich" soll lediglich ausdrücken, daß sich eine Nachfolge in ein Vermögen nicht durch Veräußerung/Anschaffung vollzieht (vgl. RFH-Urteil in RStBl 1931, 946; BFH-Urteil vom 24.August 1972 VIII R 36/66, BFHE 107, 365, BStBl II 1973, 111, 113; E.Becker, StuW I 1929, 976 ff., I 1931, 430 ff.). Dieser Rechtsvorgang bleibt auch dann im steuerrechtlichen Sinne "unentgeltlich", wenn "als Gegenleistung" eine private Versorgungsrente vereinbart wird. Das vom Senat befürwortete Ergebnis folgt daher auch nicht aus einer Anknüpfung an die bürgerlich- rechtliche Unterscheidung zwischen entgeltlichem Rechtsgeschäft, gemischter Schenkung und Schenkung unter einer Auflage. Vielmehr ist die Vermögensübergabe gegen angemessene Versorgungsleistungen dem vom Gesetzgeber des StNOG festgeschriebenen Rechtsinstitut "dauernde Last" zuzuordnen. In dem gesetzlichen Vorbehaltsbereich dieses Rechtsinstituts stellt sich die Frage nach einer entgeltlichen oder teilentgeltlichen Anschaffung nicht.

h) Abschließend weist der Senat auf folgendes hin: Im Falle des Vorlagebeschlusses des IX.Senats in BFHE 157, 345, BStBl II 1989, 772 hatte die Mutter ihrer Tochter ein Zweifamilienhaus (Wert lt. FA: 473 000 DM) "zum Zwecke der vorweggenommenen Erbfolge" gegen Einräumung eines dinglichen Wohnrechts an einer Wohnung sowie gegen Zahlung einer "Leibrente" in Höhe von 3 000 DM monatlich übertragen. Nach Auffassung des vorlegenden Senats liegt definitionsgemäß (oben III. 1.a, aa und 1.b) mangels Vermögensübergabe gegen angemessene Versorgung aus dem Ertrag des übertragenen Vermögens --bürgerlich-rechtlich wie steuerrechtlich-- kein Altenteil vor. Wollte man dennoch die Zahlungen als dauernde Last behandeln, wären sie zunächst mit dem Wert der --entgeltlichen oder teilentgeltlichen-- Gegenleistung zu verrechnen (oben II.3.a), da eine Hof- und Vermögensübergabe i.S. des BFH-Urteils in BFHE 83, 568, BStBl III 1965, 706 hier nicht gegeben ist. Nach Auffassung des vorlegenden Senats ist dem Aspekt der nichtsteuerbaren Vermögensumschichtung dadurch Rechnung zu tragen, daß nur ein Ertragsanteil --in jenem Falle nach § 9 Abs.1 Satz 3 Nr.1 Satz 2 EStG-- als Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung abziehbar ist.

2. Zur Vorlagefrage 2

Der Senat bejaht die Vorlagefrage zu 2. Er ist der Auffassung, daß auch bare Altenteilsleistungen, die im Zusammenhang mit einer Vermögensübergabe gezahlt werden --parallel zur bürgerlich-rechtlichen Wertung, nach welcher sie zum "Inbegriff des Altenteils" gehören--, ebenso wie die Naturalleistungen ohne besondere Abänderungsvereinbarung als dauernde Last abziehbar sind.

a) Die Rechtsprechung zieht wegen der von ihr befürworteten Anknüpfung des steuerrechtlichen Leibrentenbegriffs an das bürgerliche Recht (oben II.1.b) eine Abziehbarkeit/Besteuerung (nur) des Ertragsanteils einer Leibrente in Betracht, wenn "gleichmäßige Leistungen in Geld" (vgl. hierzu Pecher in MünchKomm, § 759 Rdnr.2, m.w.N.) vereinbart sind (oben unter II.1.b). Eine folgerichtige Anknüpfung der einkommensteuerrechtlichen Bestimmungen an das bürgerliche Recht würde voraussetzen, daß Altenteilsleistungen "Leibrenten i.S. der §§ 759 ff. BGB" sind. Dies ist nicht der Fall, da sie dem Sonderrecht des Art.96 EGBGB und der landesrechtlichen Ausführungsgesetze unterstellt sind (oben III.1.a). Schon deswegen kommt es auf die Frage, ob "nicht gleichmäßige" und damit als dauernde Last abziehbare Altenteilsleistungen nur bei ausdrücklich vereinbartem Änderungsvorbehalt --z.B. vermittels "Vorbehalts der Rechte aus § 323 ZPO"-- vorliegen, nicht an (entgegen den BFH-Urteilen in BFHE 116, 501, BStBl II 1975, 881; vom 28.Juli 1983 IV R 174/80, BFHE 139, 367, BStBl II 1984, 97; vom 24.November 1987 IX R 158/83, BFHE 153, 203, BStBl II 1988, 404, jeweils m.w.N.).

b) Ein dem Versorgungsberechtigten gezahlter Geldbetrag gehört auch dann noch zum Inbegriff des Altenteils (RG in RGZ 162, 52, 57), wenn er dem Betrag nach ein "Taschengeld" übersteigt. Tpyischerweise enthalten die Ansprüche des Versorgungsberechtigten ein Wohnrecht, das Recht auf Beköstigung, Pflegeleistungen, Zahlungen von Krankenkassenbeiträgen und Taschengeld (Lüdtke-Handjery, a.a.O., S.347 f.). Der Entwicklung der Verhältnisse ist insofern Rechnung zu tragen, als sich Altenteiler üblicherweise nicht mehr mit einem "Taschengeld" zufrieden geben (vgl. Fassbender, DNotZ 1986, 67, 72). In dem Umfang, in dem --insbesondere im landwirtschaftlichen Bereich-- Leistungen nicht mehr in natura aus dem übertragenen Vermögen erwirtschaftet werden, wird der Berechtigte durch Barleistungen versorgt, ohne daß dadurch das für die bürgerlich-rechtliche Einordnung des Altenteils maßgebende Rechtsverhältnis geändert würde (vgl. Felsmann, Einkommensbesteuerung der Land- und Forstwirte, Rdnr.A 704). Das RG hat sogar bloße Zahlungsansprüche des Versorgungsberechtigten als für das Altenteil ausreichend angesehen, sofern im übrigen zwischen den Beteiligten der Vermögensübergabe eine persönliche Bindung bestand (Beschluß vom 9.April 1930 V B 33/29, RGZ 128, 198, 203; Urteil vom 25.Februar 1933 V 417/32, RGZ 140, 60, 63).

c) Bei Altenteilsverträgen ist eine Anpassung der Versorgungsleistung an eine Änderung persönlicher und/oder wirtschaftlicher Verhältnisse in einem Umfang zulässig, der mit der herkömmlichen Deutung der Rechtsnatur des Leibrentenvertrages (oben II.1.b) unvereinbar wäre. Das Altenteil ist keine Leibrente i.S. der §§ 759 ff. BGB, sondern als Reallastberechtigung, die auch mit schuldrechtlicher Wirkung vereinbart werden kann (arg. § 2 AGBGB SH), ein "selbständiges Rechtsgebilde": Dies folgt --so auch das RG in RGZ 104, 272, 274-- aus der Verkehrsanschauung wie auch aus Art.96 EGBGB; denn diese Bestimmung beruht offenbar auf der Auffassung, der Altenteilsvertrag sei kein Leibrentenvertrag. Anderenfalls wäre dessen Regelung nicht dem Landesrecht überlassen worden (s. auch RG-Urteil in WarnRspr. 1922 Nr.65).

Die Möglichkeit einer Abänderung von Versorgungsleistungen der Höhe nach ergibt sich entweder ausdrücklich oder aufgrund ergänzender Vertragsauslegung aus dem Übergabevertrag. Bei der Auslegung ist der Rechtscharakter als Versorgungsvertrag zu berücksichtigen. In der älteren Zivilrechtsprechung war der Versorgungsvertrag als Hauptanwendungsfall der clausula rebus sic stantibus angesehen worden (z.B. RG-Urteil vom 5.Juli 1934 IV 25/34, RGZ 145, 119; BGH-Urteil vom 3.April 1952 IV ZR 136/51, BGHZ 5, 302; BayObLG, Beschluß vom 11.Oktober 1979 BReg.2 Z 39/79, DNotZ 1980, 94, 95; s. auch Staudinger/Amann, Vorbem.40 zu § 1105 BGB). Auch soweit nunmehr die Abänderbarkeit von Versorgungsleistungen unter dem rechtlichen Gesichtspunkt des Wegfalls der Geschäftsgrundlage entschieden wird, behandelt die Zivilrechtsprechung Unterhaltsverträge mit einer "ausgeprägten Großzügigkeit in der Risikoverteilung" (Roth in MünchKomm, § 242 Rdnr.527). Nach der Rechtsprechung der Zivilgerichte können Altenteilsleistungen z.B. erhöht werden, wenn sich die Ertragskraft des übertragenen Vermögens verbessert (vgl. Pecher, MünchKomm, Art.96 EGBGB Rdnr.26 ff.; ausführlich Dressel, RdL 1970, 58).

Zwar kann auch in Unterhaltsverträgen eine Leibrente in der Weise vereinbart werden, daß Änderungen auf einen Wegfall der Geschäftsgrundlage beschränkt werden (vgl. Staudinger/Amann, Vorbem. zu §§ 759 bis 761 Rdnr.9). Das RG-Urteil vom 19.März 1936 VI 177/35 (RGZ 150, 385, 391) hat dies angenommen für einen Fall, in welchem ausdrücklich ein "Verzicht auf die Einwände aus § 323 ZPO" erklärt worden ist. Eine solche vom gesetzlichen Regelstatut abweichende Vertragsklausel muß indes ausdrücklich vereinbart werden. Hiermit unvereinbar ist die Annahme, daß mangels Vorbehalts der Abänderbarkeit bürgerlich-rechtlich eine Leibrente anzunehmen sei. § 323 ZPO ist, und zwar nicht nur in Altenteilsfällen, ohnehin stets anwendbar, da er lediglich ein prozessualer Anwendungsfall der clausula rebus sic stantibus ist (BGH-Urteil vom 16.Mai 1979 IV ZR 57/78, LM, ZPO § 323 Nr.16 *= NJW 1979, 1656).

Altenteilsleistungen können der Art nach insofern abgeändert werden, als sich bei einer erheblichen Veränderung der Verhältnisse ein Anspruch auf Natural- oder Versorgungsleistungen in einen Geldanspruch umwandeln kann (vgl. --zu Art.15 § 8 Preußisches AGBGB-- BGH-Beschluß vom 8.Oktober 1957 V BLw 12/57, BGHZ 25, 293, 295; BGH-Urteil vom 20.März 1981 V ZR 152/79, DB 1981, 1614; Beschluß des Oberlandesgerichts --OLG-- Celle vom 28.Februar 1983 7 WLw 53/82, Agrarrecht --AgrarR-- 1983, 306; Urteil des OLG Düsseldorf vom 28.Oktober 1987 9 U 69/87, NJW-Rechtsprechungs-Report Zivilrecht --NJW-RR-- 1988, 326). Auch eine solche Abänderbarkeit wäre unvereinbar mit dem Rechtscharakter einer "Leibrente i.S. der §§ 759 ff. BGB".

Gegen die Rechtsnatur als Leibrente spricht auch die Abänderbarkeit aufgrund des Reichsgesetzes über die anderweitige Festsetzung von Geldbezügen aus Altenteilsverträgen vom 18.August 1923 (RGBl 1923, 815, vgl. hierzu RG-Urteil vom 21.Februar 1935 IV 177/34, RGZ 147, 94, 97 ff.) und aufgrund der im Anschluß hieran ergangenen Ländergesetze, auch wenn diese zwischenzeitlich gegenstandslos geworden sein sollten.

d) Der VI.Senat des BFH hat in seinem Urteil in BFHE 109, 446, BStBl II 1973, 680 Leistungen aufgrund eines bürgerlich-rechtlichen Altenteils in bewußter Abweichung vom bürgerlichen Recht steuerrechtlich als "Leibrente" behandelt. Er begründet dies mit dem Vorhandensein eines "Rentenstammrechts, das regelmäßig wiederkehrende fest begründete und gleichmäßige Leistungen zum Inhalt hat". Der erkennende Senat folgt dem nicht: Gerade weil Versorgungsleistungen im Zusammenhang mit einer Vermögensübergabe ihrer Natur nach regelmäßig den Zweck haben, einen den jeweiligen Verhältnissen entsprechenden Lebensbedarf sicherzustellen, kann ein Rentenstammrecht im Sinn der vom RG entwickelten Stammrechts- und Isolierungstheorie (oben II.1.b) nicht vorliegen (zutreffend Jansen/Wrede, a.a.O., Rdnr.56). Das BFH-Urteil in BFHE 87, 563, BStBl III 1967, 243 hatte im Zusammenhang mit der Übergabe eines Gewerbebetriebes gegen Altenteil (einschließlich Barleistungen) zu Recht darauf abgestellt, daß "der Vertrag ... eindeutig Versorgungscharakter hatte und die Anpassung an Änderungen der wirtschaftlichen Verhältnisse nicht ausgeschlossen war".

e) Würde man die hier fraglichen baren Versorgungsleistungen als Leibrenten i.S. der § 10 Abs.1 Nr.1 a Satz 2/§ 22 Nr.1 Satz 3 Buchst.a EStG behandeln, so würde dies dazu führen, daß der durch die Entstehungsgeschichte belegte Regelungsplan des StNOG (oben III.1.c) nicht folgerichtig verwirklicht würde. Hiernach sind bare und unbare Altenteilsleistungen grundsätzlich unter denselben Voraussetzungen und in demselben Umfang als dauernde Last abziehbar.

Ein gesetzgeberischer Grund für eine unterschiedliche steuerliche Entlastung des Verpflichteten bei Naturalleistungen und bei Geldleistungen ist nicht erkennbar. Wird z.B. ein Anspruch auf Naturalleistungen in einen wertgleichen "gleichmäßigen" Geldanspruch umgewandelt (oben II.1.c), ist kein Grund dafür ersichtlich, daß nunmehr eine geringere steuerliche Entlastung eintreten sollte. Auch wird die Gleichbehandlung unbarer und barer Altenteilsleistungen den Anforderungen des Art.3 Abs.1 des Grundgesetzes (GG) eher gerecht.

f) Der VI.Senat des BFH hat es in seinem Urteil vom 20.Mai 1980 VI R 108/77 (BFHE 130, 520, BStBl II 1980, 573) als "unbefriedigend" angesehen, daß die steuerrechtlichen Folgen von Versorgungsverträgen als "durch bloße Bezugnahme auf § 323 ZPO frei gestaltbar erscheinen". Er meinte indes, jenseits der Fälle des Rechtsmißbrauchs und des Scheingeschäfts müsse dieses Ergebnis hingenommen werden, solange der Gesetzgeber keine "befriedigende und mehr der Steuervereinfachung dienende Lösung" finde (vgl. zur Kritik ferner Herrmann/Heuer/Raupach, a.a.O., § 10 EStG Anm.33 a, 35 b, m.w.N.). Der IX.Senat hat in seinem Urteil in BFHE 146, 442, BStBl II 1986, 674 festgestellt, der IV.Senat des BFH habe bereits in seinem Urteil in BFHE 83, 568, BStBl III 1965, 706 auf die Schwierigkeiten hingewiesen, den Begriff der dauernden Last und den Umfang ihrer Abziehbarkeit näher zu bestimmen, der IV.Senat habe deshalb ein Tätigwerden des Gesetzgebers angeregt, diese Anregung habe der Gesetzgeber jedoch nicht aufgegriffen.

Der unbefriedigende Rechtszustand besteht fort. Der erkennende Senat hält daher nunmehr eine Änderung der Rechtsprechung für notwendig. Er weist darauf hin, daß sich --auch unter Berücksichtigung einer korrespondierenden Auslegung des § 22 Nr.1 Sätze 1 und 3 EStG-- diese Änderung im Hinblick auf das bei Altenteilsfällen typischerweise bestehende Progressionsgefälle für die Vertragsbeteiligten insgesamt steuerlich günstig auswirkt.

3. Der vorlegende Senat sieht in der folgerichtigen systematischen Einordnung der Altenteilsleistung eine Chance, einen derzeit besonders unübersichtlichen Teilbereich des Steuerrechts zu entwirren und grundlegend zu vereinfachen.

a) Nach Wortlaut, Systematik und Zweck des Gesetzes ist es möglich, die als dauernde Last abziehbare private Versorgungsrente nach dem Vorbild des bürgerlich-rechtlichen Altenteilsvertrages und des steuerrechtlichen Leibgedinges zu umgrenzen. Beide Rechtsinstitute gründen auf demselben Wertungsgedanken einer Privilegierung der Generationennachfolge, die sich durch Übergabe von Vermögen gegen Versorgungsleistungen vollzieht. Sie sind rechtlich dadurch verklammert, daß der Steuergesetzgeber als Regelungsobjekt stets das bürgerlich-rechtliche Altenteil "Leibgedinge" im Blick hatte. Diese Rechtsmaterie ist der dauernden Last des § 10 Abs.1 Nr.1 a Satz 1 EStG zuzuweisen; beim Bezugsberechtigten sind die Leistungen als sonstige wiederkehrende Bezüge (§ 22 Nr.1 Satz 1 EStG) steuerbar.

b) Dem Grunde nach andersartige oder der Höhe nach unangemessene wiederkehrende Leistungen

- unterliegen entweder als Unterhaltsrenten --weil freiwillig oder aufgrund freiwillig begründeter Rechtspflicht zugewendet-- dem Abzugsverbot des § 12 Nr.1 und 2 EStG, oder

- sind als entgeltliche bzw. teilentgeltliche Vermögensumschichtungen Leibrenten im steuerlichen Sinne (§ 10 Abs.1 Nr.1 a Satz 1/§ 22 Nr.1 Satz 3 Buchst.a EStG).

c) Ein Vereinfachungseffekt ergibt sich daraus, daß insbesondere

- bei Anwendung des § 22 Nr.1 Satz 3 Buchst.a EStG die mit einem Tatbestandsmerkmal der Gleichmäßigkeit zusammenhängenden Rechtsfragen (z.B. "Leibrentenstammrecht", Verzicht auf den Vorbehalt der Rechte aus § 323 ZPO, Abgrenzung zwischen Änderungsvorbehalt und Wertsicherung, nachträgliche Vereinbarung eines Änderungsvorbehalts) und

- die Rechtsfragen der Verrechnung mit dem Wert einer Gegenleistung

gegenstandslos werden.

Der Rechtsklarheit und Praktikabilität dient es, daß sinnfällig richtungsweisende Unterscheidungskriterien geschaffen werden, die das mit ihrer Hilfe gefundene Auslegungsergebnis sachlich einsichtig machen. Unter diesem Gesichtspunkt erscheint es vorteilhaft, die nichtabziehbare Unterhaltsrente von der dauernden Last (private Versorgungsrente) nicht nach den unscharfen Kriterien des Abschn.123 Abs.3 EStR, sondern mittels des faßbaren Typus des Altenteils/Leibgedinges einsichtig abzugrenzen. Gleiches gilt für die Abgrenzung zwischen privater Versorgungsrente und privater Veräußerungsrente.

IV. Entscheidungserheblichkeit der Vorlagefragen

Die Beantwortung der Vorlagefragen ist für die Entscheidung des X.Senats erheblich. Bejaht man die Vorlagefragen, so wäre die Revision des FA im Ergebnis unbegründet. Der Kläger hätte aus dem Ertrag des ihm übertragenen Vermögens, das vormals der Existenzsicherung seiner Eltern diente, diesen diejenigen wiederkehrenden Leistungen gezahlt, die sie für ihren Lebensunterhalt benötigten. Anhaltspunkte dafür, daß im Streitfall die Versorgungsleistungen nicht unter Berücksichtigung der Ertragskraft des übertragenen Vermögens und des Versorgungsbedürfnisses der bezugsberechtigten Eltern bemessen und damit im Sinne des RFH-Urteils in RStBl 1933, 583 unter dem Gesichtspunkt des Abzugsverbots freiwilliger Zuwendungen "rechtsmißbräuchlich" wären, sind im Streitfall nicht ersichtlich. Die Altenteilsleistungen betrugen im Streitjahr weniger als 25 v.H. der im Durchschnitt dreier Jahre erzielten Gewinne.

Verneint man die Vorlagefrage zu 1, wäre ein zumindest teilentgeltliches Rechtsgeschäft anzunehmen. Der Kläger hätte in Höhe des (Teil-)Entgelts Anschaffungskosten für das Grundstück und den Gewerbebetrieb (Möbelgeschäft). Die Sache wäre an das FG zurückzuverweisen (§ 126 Abs.3 Nr.2 der Finanzgerichtsordnung --FGO--), damit es die Höhe der auf abschreibbare Wirtschaftsgüter entfallenden Anschaffungskosten feststellt.

Bejaht man die Vorlagefrage zu 1, verneint man hingegen die Frage zu 2, käme es auf die vom FG offengelassene Tatfrage an, ob der ursprüngliche Übergabevertrag inhaltlich unzutreffend beurkundet worden ist; ggf. wäre die Rechtsfrage zu entscheiden, ob eine Abänderbarkeit der wiederkehrenden Leistungen im (ursprünglichen) Übergabevertrag vereinbart sein muß oder ob sie auch nachträglich --jedenfalls mit Wirkung für die Zukunft-- vereinbart werden kann. Zu der genannten Tatfrage hat das FG keine Feststellungen getroffen, so daß ggf. eine Zurückverweisung erforderlich wäre. Die dargestellte Rechtsfrage läßt der Senat als rechtslogisch nachrangig offen.

V. Rechtsgrundlage der Vorlage

Der vorlegende Senat stützt die Anrufung des Großen Senats auf § 11 Abs.3 und 4 FGO.

1. Vorlage wegen Abweichung von der Rechtsprechung anderer Senate des BFH (Vorlagefrage 2)

a) Der X.Senat weicht mit der von ihm vertretenen Auffassung von Entscheidungen des IX.Senats ab, denen zufolge anläßlich einer Vermögensübergabe vereinbarte bare Versorgungsleistungen, deren Abänderbarkeit nicht ausdrücklich vorbehalten ist, als Leibrente i.S. des § 10 Abs.1 Nr.1 a Satz 2/§ 22 Nr.1 Satz 3 Buchst.a EStG abziehbar/zu besteuern sind (z.B. Urteile in BFHE 143, 317, BStBl II 1985, 610; in BFHE 146, 68, BStBl II 1986, 348; in BFH/NV 1986, 526; in BFH/NV 1986, 600; in BFH/NV 1987, 86). Der IX.Senat kommt nur dann zur Annahme einer dauernden Last, wenn die Parteien des Übergabevertrages die Abänderbarkeit ausdrücklich vorbehalten haben; solches war der Fall in den Urteilen vom 28.Januar 1986 IX R 1/80 (BFH/NV 1986, 457), in BFHE 146, 442, BStBl II 1986, 674, vom 10.Juni 1986 IX R 7/82 (BFH/NV 1987, 26), vom 17.November 1987 IX R 16/83 (BFH/NV 1988, 294), in BFHE 152, 203, BStBl II 1988, 404. Der Annahme einer Abweichung i.S. von § 11 Abs.3 FGO steht nicht entgegen, daß die Zuständigkeit des IX.Senats für Einkommensteuer, soweit es sich um Sonderausgaben und wiederkehrende Bezüge handelt, zwischenzeitlich auf den vorlegenden Senat übergegangen ist: Der IX.Senat kann trotz der geänderten Zuständigkeit bei Streitsachen mit mehreren Streitpunkten nach Nr.II.4. der Ergänzenden Regelungen zum Geschäftsverteilungsplan des BFH für 1990 jederzeit in die Lage kommen, die dem Großen Senat vorgelegte Rechtsfrage erneut entscheiden zu müssen (s. dazu Beschluß des Großen Senats vom 28.November 1988 GrS 1/87, BFHE 154, 556, BStBl II 1989, 164, unter B.I.2.c, bb).

Der IX.Senat hat unter Bezugnahme auf den Beschluß des Großen Senats des BFH vom 25.Juni 1984 GrS 4/82 (BFHE 141, 405, 413, BStBl II 1984, 751) auf Anfrage mitgeteilt, daß gegenüber seinem Vorlagebeschluß in BFHE 157, 345, BStBl II 1989, 772 eine Abweichung i.S. von § 11 Abs.3 FGO nicht gegeben sein dürfte. Er würde es allerdings schon in Hinblick auf die unterschiedliche Beurteilung der Vermögensübertragung in vorweggenommener Erbfolge gegen Altenteilsleistungen durch die beiden Senate und die zahlreichen unterschiedlichen Formen von Vermögensübertragungen begrüßen, wenn der X.Senat zu den damit zusammenhängenden grundsätzlichen Rechtsfragen eine Entscheidung des Großen Senats herbeiführen würde.

b) Der VIII.Senat hat auf Anfrage mitgeteilt, daß er einer Abweichung von seinem Urteil vom 18.März 1980 VIII R 69/78 (BFHE 130, 446, BStBl II 1980, 501) nicht zustimme.

c) Unter der Voraussetzung, daß auch die Übertragung eines Gesellschaftsanteils nach den Grundsätzen über das steuerrechtliche Leibgedinge zu beurteilen ist, weicht der X.Senat ab von dem Urteil des I.Senats vom 21.Dezember 1977 I R 52/76 (BFHE 124, 432, BStBl II 1978, 332). Der I.Senat hat auf Anfrage mitgeteilt, daß er einer Abweichung, falls eine solche bestehen sollte, nicht zustimme. Unabhängig davon hat er angeregt, die Sache wegen der Vorlagebeschlüsse des VIII.Senats vom 18.Oktober 1988 VIII R 172/85 (BFH/NV 1989, 487) und des IX.Senats in BFHE 157, 345, BStBl II 1989, 772 dem Großen Senat zur (Mit-)Entscheidung vorzulegen.

d) Unter der Voraussetzung, daß Vermögensübergaben im landwirtschaftlichen wie im gewerblichen Bereich gleichbehandelt werden müssen, weicht der X.Senat von Entscheidungen des IV.Senats ab, denenzufolge anläßlich einer Vermögensübergabe vereinbarte Barversorgungsleistungen, deren Abänderbarkeit nicht ausdrücklich vorbehalten worden ist, Leibrenten i.S. des § 10 Abs.1 Nr.1 a Satz 2/§ 22 Nr.1 Satz 3 Buchst.a EStG sind (Urteile in BFHE 83, 568, BStBl III 1965, 706; vom 30.November 1967 IV R 12/67, BFHE 91, 79, BStBl II 1968, 262; in BFHE 91, 81, BStBl II 1968, 263 unter 2.; in BFHE 136, 527, BStBl II 1983, 99, unter 2.; in BFHE 139, 367, BStBl II 1984, 97, unter 2.b). Der IV.Senat kommt nur dann zur Annahme einer dauernden Last, wenn die Parteien des Übergabevertrages die Abänderbarkeit der Versorgungsleistungen ausdrücklich vorbehalten haben; ein solcher Sachverhalt lag den Urteilen vom 30.November 1967 IV 137/63 (BFHE 91, 84, BStBl II 1968, 264) und vom 9.Oktober 1975 IV R 161/71 (BFHE 117, 158, BStBl II 1976, 67) zugrunde.

Der IV.Senat hat eine diesbezügliche Divergenzanfrage noch nicht beantwortet. Im Hinblick darauf, daß der I., VIII. und IX.Senat einer Abweichung nicht zugestimmt haben, wartet der vorlegende Senat die Antwort des IV.Senats nicht ab; die Stellungnahme des IV.Senats als beteiligten Spruchkörpers kann der Große Senat selbst einholen (Beschluß des Großen Senats vom 21.Januar 1985 GrS 1/83, BFHE 143, 112, BStBl II 1985, 303, unter II.1.).

2. Vorlage wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtsfragen

Die grundsätzliche Bedeutung der Vorlagefrage zu 1 folgt aus dem Sachzusammenhang mit der dem Großen Senat durch Beschluß des IX.Senats in BFHE 157, 345, BStBl II 1989, 772 auf der Rechtsgrundlage des § 11 Abs.4 FGO vorgelegten Rechtsfrage.

Die grundsätzliche Bedeutung der Vorlagefrage zu 2 ergibt sich aus ihrer Einbettung in die systematischen Grundlagen der Rechtsbegriffe "dauernde Last", "Rente" und "Leibrente". Der I. und der IX. Senat stimmen in dieser Beurteilung wie dargelegt mit dem vorlegenden Senat überein.

 

Fundstellen

Haufe-Index 63092

BStBl II 1990, 625

BFHE 160, 33

BFHE 1991, 33

BB 1990, 1264 (L)

BB 1990, 1325

DB 1990, 1373-1380 (LT)

DStR 1990, 419 (KT)

HFR 1990, 547 (LT)

StE 1990, 234 (K)

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