Transformation mit Global Business Services

SAP S/4HANA einzuführen bedeutet nicht nur ein neues ERP-System zu implementieren, sondern kann auch Startpunkt und Auslöser einer umfassenden Transformation von Prozessen und der Organisation werden. Gerhard Schmitz, Head of Group Function Global Business Services bei LANXESS, berichtet aus der Praxis.

Er erläutert, wie aus der Idee einer harmonierten IT-Landschaft ein ganzheitliches Transformationsprogramm wurde und wie in diesem Zuge eine Globale Business Service Einheit aufgebaut und etabliert wurde.

Wie alles begann

Startpunkt des Transformationspfads war der Wunsch nach einer harmonisierten IT-Landschaft mit einem globalen SAP-Standard-Template auf Basis von Ende-zu-Ende (E2E)-Prozessen. Um eine effiziente Durchführung dieser neuen Prozesse sicherzustellen, kam die Frage nach neuen Organisationsstrukturen und der Möglichkeit der Bündelung transaktionaler Tätigkeiten auf. Die Antwort hierauf lieferte die Konzeption und der Aufbau einer Global Business Services Organisation. Neben dem Effizienzgedanken, bestanden weitere Ziele in der Standardisierung und Optimierung von Prozessen und Daten. Dieses Zielvorhaben resultierte in der Einrichtung einer globalen Prozess- und Daten-Governance Organisation.

So wurde aus der Einführung von SAP S/4HANA ein ganzheitliches Transformationsprogramm, welches im Wesentlichen auf sechs Leitgedanken fußt: Kundenfokus, Qualitätsorientierung, Technologiebasis, Globalisierung, Gemeinschaf sowie Standardisierung & Geschwindigkeit.

"E2E"-Ausrichtung als wesentlicher Eckpfeiler der Global Business Services

Mit der Etablierung der Global Business Services wurde ein weltweites Service Netzwerk geschaffen. Dabei verfolgt die LANXESS ihre eigene Philosophie - wie Gerhard Schmitz sagt. Anstelle massiv Prozesse und Mitarbeiter in Niedriglohnländer zu verlagern, traf der Vorstand die Entscheidung einen "region for region"-Ansatz zu verfolgen. Das heißt Prozesse wurden an bereits bestehenden Schwerpunktstandorten zentralisiert und harmonisiert. Dadurch entstanden fünf sogenannte Service Delivery Center. Jedes dieser Service Delivery Center ist entlang der Ende-zu-Ende Prozesse organisiert (vgl. Abbildung oben).

Dieses organisatorische Set-up ermöglicht zum einen Effizienzgewinne durch die Zentralisierung vergleichbarer transaktionaler Aktivtäten. Zum anderen erlaubt die regionale Aufstellung gleichzeitig eine Spezialisierung und damit einen Fokus auf die eigenen Stärken, wodurch Qualitätsverbesserungen realisiert werden können. Die global einheitlichen Prozesse tragen außerdem zur Standardisierung und Komplexitätsreduktion bei.

Doch nicht nur aus Unternehmens-, sondern auch aus Mitarbeitersicht ergeben sich Entwicklungsperspektiven; insbesondere im Hinblick auf neue Karrierewege außerhalb der eigenen Organisationseinheit im internationalen Umfeld und der Möglichkeit zu erweitertem Wissens- und Erfahrungsaustausch.

Wo es eine Exekutive gibt, braucht es auch Legislative und Judikative

Um die Einhaltung der neuen E2E-Prozesse sicherzustellen und diese weiter zu optimieren, wurde eine globale Prozess- und Daten-Governance (PDG) Organisation geschaffen. Als zentrale Einheit definiert sie Standards und überwacht deren Einhaltung. Außerdem trägt sie die Verantwortung für die Qualität der Stammdaten. Zur Unterstützung dieser Aufgaben werden Tools und Methoden wie beispielsweise Process Mining eingesetzt. Während sich Geschäftsführung und Business Units um strategische Fragestellung, Budgetthemen, Tagesgeschäft und fachliche Richtlinien kümmern, fokussiert sich die PDG auf die Definition, Anpassung und Überwachung von Prozess- und Daten-Standards sowie damit verbundene Exzellenz- und Optimierungsinitiativen.

Worauf es für eine erfolgreiche Umsetzung ankommt

Im Laufe der Transformation haben sich für LANXESS im Wesentlichen sieben Erfolgsfaktoren herauskristallisiert. Auch wenn sich der Wandel in verschiedensten Aspekten wie Organisation, IT, Prozesse und Governance zeigt, sollte die Transformation dennoch gebündelt "aus einer Hand" vorangetrieben werden, um Konsistenz sicherzustellen. Des Weiteren müssen alle Stakeholder eingebunden und umsichtig auf die Veränderungen vorbereitet werden, da ohne entsprechende Management-Unterstützung ein Scheitern vorprogrammiert ist.  Um Unruhe in der Organisation zu vermeiden, sollte der grundsätzliche Kurs zwar beibehalten werden; die Veränderungsgeschwindigkeit kann aber situativ angepasst werden. Auch kleinere Anpassungen am entwickelten Konzept – sofern sinnvoll und angemessen– leisten hierzu ihren Beitrag. Im Rahmen der Implementierung empfiehlt sich ein schrittweiser Ansatz beginnend mit der organisatorischen Bündelung, gefolgt von einer Umverteilung von Aufgaben und einer abschließenden Optimierung. Die Nachhaltigkeit der Veränderung lässt sich am besten dadurch sichern, dass die Mitarbeiter, die sich während des E2E-Prozessdesings als Experten hervorgetan haben, später als Prozessverantwortliche in der Governance-Organisation etabliert werden. Alle anderen Mitarbeiter lassen sich durch eine kontinuierliche und transparente Kommunikation auf den Transformationspfad mitnehmen.

Fazit: Die Reise ist noch lange nicht zu Ende

Für LANXESS geht es im Weiteren darum ihre Global Business Services Organisation zu optimieren. Sei es durch die weitere Verlagerung von Aufgaben zur Optimierung der Servicebereitstellung und Prozessdurchführung oder durch die Einführung eines GBS-spezifischen Steuerungsmodels und Reportings. Auch der Roll-in weiterer Prozesse und Gesellschaften in die Serviceorganisation sowie der weitere Roll-out des SAP-Templates stehen auf der Agenda. Zu guter Letzt spielt natürlich auch die Digitalisierung und die damit einhergehende Automatisierung von Prozessen eine gewichtige Rolle für die Zukunft der Global Business Services.