Gezielt das Gespräch suchen
Oft gehen Mobbing-Attacken vom Chef aus. Das ist für die Betroffenen besonders irritierend. Viele hoffen daher zunächst noch, dass es beim Einzelfall bleibt, und versuchen, es zu ignorieren.
Besser ist es aber, gleich in die Offensive zu gehen und das Gespräch mit dem Vorgesetzten zu suchen.
Als ich es ablehnte, beim Mobbing behilflich zu sein, geriet ich selbst in die Schusslinie
Auch bei Günther Kollenda war der Vorgesetzte der Initiator des Mobbings. Als Abteilungsleiter bekam er einen neuen Chef vor die Nase gesetzt, der ihn zum Mittäter in eigener Sache machen wollte. Alles begann mit Umstrukturierungsmaßnahmen innerhalb des Betriebes und die Geschäftsführung wollte Personal abbauen.
"Nachdem er sich die Lage im Betrieb eine Weile angesehen hatte, bestellte mich mein neuer Chef zu sich. Sein Anliegen: Ich sollte ihm helfen, Mitarbeiter aus dem Unternehmen zu ekeln", erinnert sich Kollenda. Mitarbeiter sollten ständig kritisiert und bei den kleinsten Fehlern abgemahnt werden. Sogar eine Liste mit Namen von unliebsamen Kollegen bekam er in die Hand gedrückt.
"Ab diesem Moment war ich sein Feind. Er machte bei jeder Gelegenheit meine Arbeit schlecht und gab mir Aufgaben, für die ich gar nicht zuständig war." 2 Jahre ging das so. Viel zu lange, meint Jürgen Hesse vom Büro für Berufsstrategie in Berlin. Habe ein Arbeitnehmer das Gefühl, bei seinem Vorgesetzten seit mehr als 3 Monaten auf der roten Liste zu stehen, sollte er so schnell wie möglich handeln.
Das Gespräch suchen - dabei macht der Ton die Musik
Machen die Betroffenen ihrem Ärger bei Kollegen Luft oder suchen Verbündete, lässt dies die Situation häufig nur weiter eskalieren. Hesse rät stattdessen, gleich nach den ersten Irritationen mit dem Vorgesetzten zu sprechen.
Fragen wie "Was haben Sie eigentlich gegen mich?" sorgen nicht für einen erfolgreichen Gesprächsverlauf. Vorwürfe sind hier fehl am Platz. Hesse empfiehlt eher leichte Demutsgesten. "Sagen Sie lieber, Sie hätten das Gefühl, in seiner Gunst gefallen zu sein. Fragen Sie nach dem Grund dafür." Das gibt dem Chef die Möglichkeit, zu sagen, was ihn stört. Auch Martina Perreng, Arbeitsrechtlerin beim Deutschen Gewerkschaftsbund (DGB), empfiehlt eher zurückhaltend zu formulieren wie z. B.: "Es gab in der letzten Zeit einige Situationen, die mich irritiert haben."
Wenn das Gespräch keinen Erfolg bringt, Hilfe beim Betriebsrat suchen
Bringt ein Gespräch unter 4 Augen keine Verbesserung, sollten sich Angestellte Hilfe bei kompetenten Ansprechpartnern suchen, rät Perreng. In großen Firmen sei der Betriebsrat die erste Adresse. Wenn der Chef jemand aus dem mittlerem Management ist, können Arbeitnehmer auch zu seinem Vorgesetzten gehen.
Als Mobbing-Opfer rechtlichen Beistand suchen
Hilft alles nichts, bleibt letztlich nur nur die Kündigung oder der Gang vor Gericht, um Schadensersatz und Schmerzensgeld einzuklagen. "Allerdings sind die Ansprüche vor Gericht nur sehr schwer durchsetzbar", sagt Perreng. Wer sich dafür entscheidet, muss die Schikanen im Detail darlegen können. Sie rät Mobbing-Opfern deshalb dazu, eine Art Tagebuch zu führen, in dem sie alle Vorwürfe notieren. Spätestens jetzt sollten Arbeitnehmer sich außerdem rechtlichen Beistand holen. "Oft steht einem Arbeitnehmer eine Abfindung zu."
Jeder, der schikaniert wird, leidet körperlich und seelisch - oft auch noch Jahre danach
Auch Günther Kollenda hat sich Hilfe gesucht. Nachdem ein Vier-Augen-Gespräch mit dem Chef und die Einschaltung des Betriebsrates nichts an der fristlosen Kündigung änderten, hat er sich vor Gericht eine hohe Abfindung erstritten. An seinen Erfahrungen hatte er aber noch lange zu knabbern. Er rät deshalb allen in einer solchen Situation, nicht länger als nötig in der Firma zu bleiben. Das sei kein Job dieser Welt wert.
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