1 Allgemeines

1.1 Überblick

 

Rz. 1

Stand: 5. A. Update 3 – ET: 11/2021

Zum 01.01.2021 wurde die Umsatzsteuerschuldnerschaft des Leistungsempfängers erweitert auf den Einkauf von Telekommunikationsdienstleistungen (Art. 12 Ziff. 4 i. V. m. Art. 50 Abs. 4 Jahressteuergesetz 2020 – JStG 2020 – vom 21.12.2020, BGBl. I 2020, 3096).

1.2 Rechtsgrundlagen

 

Rz. 2

Stand: 5. A. Update 3 – ET: 11/2021

Rechtsgrundlage des neuen § 13b Abs. 5 Satz 6 UStG ist Art. 12 Ziff. 4 JStG 2020 (Jahressteuergesetz 2020 vom 21.12.2020, BGBl. I 2020, 3096).

1.3 Inkrafttreten

 

Rz. 3

Stand: 5. A. Update 3 – ET: 11/2021

Die Neuregelung ist zum 1.1.2021 in Kraft getreten (Art. 50 Abs. 4 JStG 2020).

2 Kommentierung: Änderungen zum 01.01.2021

2.1 Bekämpfung eines neuen Umsatzsteuer-Betrugsmodells

 

Rz. 4

Stand: 5. A. Update 3 – ET: 11/2021

Ziel dieser Erweiterung ist, Umsatzsteuerausfälle zu verhindern, die dadurch eintreten, dass bei diesen Leistungen nicht sichergestellt werden kann, dass diese von den leistenden Unternehmern vollständig im allgemeinen Besteuerungsverfahren erfasst werden, bzw. der Fiskus den Steueranspruch beim Leistenden realisieren kann (Gesetzentwurf der Bundesregierung, BR-Drs. 503/20 vom 03.09.2020).

Es liegen vermehrt Anzeichen dafür vor, dass es im Bereich des Handels mit Voice over IP (VOIP) zu Umsatzsteuerausfällen kommt. In den bekannt gewordenen VOIP-Fällen deuten die Strukturen auf ein "klassisches Umsatzsteuerbetrugsmodell" mit Einbindung eines Missing Traders hin. In der Regel wird zunächst der Mantel einer deutschen Firma erworben. Die Eingangs- und Ausgangsumsätze steigen sprunghaft an. Es wird ein erheblicher Anteil nicht steuerbarer Ausgangsumsätze erbracht, bei denen der Leistungsempfänger im Ausland (Drittland) ansässig ist. Als Beteiligte treten vorwiegend Personen auf, die ihren Wohnsitz nicht im Inland haben und sich dadurch dem Zugriff der deutschen Finanz- und Strafverfolgungsbehörden entziehen. Die Lieferbeziehungen sind insgesamt sehr komplex. In den Fällen bestehen erhebliche Zweifel, ob die abgerechneten Leistungen (Gesprächsminuten) tatsächlich erbracht wurden. Die dazu von den Leistungserbringern geführten Aufzeichnungen über die vorgeblich abgerechneten Verbindungen sind durch die Finanzverwaltung insoweit schwer zu entkräften, als regelmäßig kein Zugriff mehr auf die mittlerweile abgeschalteten Server über die die Gesprächsminuten nach den Angaben des leistenden Unternehmers erbracht wurden und die sich im Drittland befinden, besteht.

Die Steuerausfälle entstehen, indem bei den vorgenannten Leistungen vielfach die Steuer dem Leistungsempfänger in Rechnung gestellt wird, dieser die in Rechnung gestellte Steuer als Vorsteuer abzieht, der leistende Unternehmer aber die in Rechnung gestellte Steuer nicht an das Finanzamt abführt. Dies wird bei einer Steuerschuldnerschaft des Leistungsempfängers vermieden.

Zur Vermeidung von Ausweichbewegungen ist die Regelung, wie in anderen EU-Mitgliedstaaten bereits realisiert, auf alle Telekommunikationsdienstleistungen entsprechend Art. 199a Abs. 1 Buchst. g MwStSystRL anzuwenden.

2.2 Persönlicher Anwendungsbereich (§ 13b Abs. 5 Satz 6 Halbsatz 1 UStG)

 

Rz. 5

Stand: 5. A. Update 3 – ET: 11/2021

Der Anwendungsbereich der Steuerschuldnerschaft des Leistungsempfängers auf Telekommunikationsdienstleistungen wird auf Unternehmer,

  • deren Haupttätigkeit in Bezug auf den Erwerb dieser Leistungen in deren Erbringung besteht und
  • deren eigener Verbrauch dieser Leistungen von untergeordneter Bedeutung ist

(sog. Wiederverkäufer), beschränkt.

 
Hinweis

Dadurch wird vermieden, dass Unternehmer, die

  • Telekommunikationsdienstleistungen
  • nur als Nebenleistungen erbringen oder
  • die solche Leistungen lediglich erwerben, ohne sie weiter zu veräußern,

von der Regelung betroffen sind (Gesetzentwurf der Bundesregierung, BR-Drs. 503/20 vom 03.09.2020).

2.3 Bescheinigungsverfahren (§ 13b Abs. 5 Satz 6 Halbsatz 2 UStG)

 

Rz. 6

Stand: 5. A. Update 3 – ET: 11/2021

Um Rechtssicherheit für den leistenden Unternehmer als auch für den Leistungsempfänger zu erlangen, sieht die Regelung vor, dass die zuständige Finanzbehörde dem Leistungsempfänger eine Bescheinigung ausstellt, aus der sich die Wiederverkäufereigenschaft des Unternehmers ergibt.

Bei Erteilung dieser Bescheinigung kann aus Vereinfachungsgründen auf die Umsätze des im Zeitpunkt der Ausstellung der Bescheinigung abgelaufenen Besteuerungszeitraums abgestellt werden, für den dem Finanzamt bereits Umsatzsteuer-Voranmeldungen bzw. -Erklärungen für das Kalenderjahr vorliegen.

Hat ein Unternehmer zunächst keine Telekommunikationsdienstleistungen ausgeführt oder nimmt er seine Tätigkeit in diesem Bereich erst auf, stellt das Finanzamt dem Unternehmer eine Bescheinigung aus, wenn

  • er nach außen erkennbar mit ersten Handlungen zur Wiederveräußerung von Telekommunikationsdienstleistungen begonnen hat und
  • diese Wiederveräußerung voraussichtlich die Haupttätigkeit in Bezug auf Telekommunikationsdienstleistungen darstellt.

Das Vordruckmuster der Bescheinigung wird zeitgleich mit der Gesetzesänderung veröffentlicht. Um Rechtssicherheit für den leistenden Unternehmer als auch für den Leistungsempfänger zu erlangen, ist die Bescheinigung auf längstens drei Jahre zu befristen.

Hat das Finanzamt dem Unternehmer eine Bescheinigung ausgestellt, ist er als Leistungsempfänger Ste...

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