Rz. 28

Stand: 5. A. – ET: 12/2018

Auch wenn es sich bei Zöllen und EUSt um Abgaben anlässlich der Einfuhr handelt, ist der Begriff der Einfuhr weder im UZK noch im UStG definiert. Die Einfuhr als Steuerentstehungstatbestand besteht aus zwei Komponenten:

  1. körperliches Verbringen des Gegenstandes in das Inland als tatsächliche Handlung mit menschlichem Willen (Schulmeister in Witte, Art. 134 Rn. 3), nicht z. B. ein durch Unwetter losgerissenes Boot, das flussabwärts ins Inland treibt;
  2. weitere, je nach Sachlage unterschiedliche Tatbestandsmerkmale, die in den Art. 77-79 UZK im Einzelnen festgelegt sind.
 

Rz. 29

Hinsichtlich der EUSt muss aufgrund ihres Charakters als Verbrauchsteuer noch hinzukommen, dass die Waren in den Wirtschaftskreislauf der Union gelangt sind. Der EuGH hat mit diesem Erfordernis in der jüngsten Zeit in mehreren Fällen die strenge Konnexität zwischen Zollschuldentstehung und EUSt-Entstehung aufgebrochen, und zwar in Fällen, in denen die Zollschuld durch ein Fehlverhalten entstanden ist (Art. 79 UZK, zuvor Art. 202 bis 204, 206 ZK):

(1) In den verbundenen Sachen Eurogate Distribution und DHL Hub Leipzig (EuGH vom 02.06.2016, Rs. C-226/14 und 228/14) wurden Nicht-Unionswaren, die sich in einem Zollverfahren (Zolllager bzw. externen gemeinschaftlichen Versandverfahren, jetzt: externen Unionsversandverfahren) befanden, wieder ausgeführt; hier war die Zollschuld aufgrund eines Fehlverhaltens bei der Lagerbuchführung bzw. bei der Erledigung des Versandverfahrens gem. Art. 204 ZK entstanden.

(2) In der Sache Latvija dzelzcels (EuGH vom 18.05.2017, Rs. C-154/16) waren im Rahmen eines externen gemeinschaftlichen Versandverfahrens, jetzt: externen Unionsversandverfahrens, Fehlmengen festgestellt worden, verursacht durch ein Leck in einem Tankwagen.

(3) In der Sache Wallenborn Transports (EuGH vom 01.06.2017, Rs. C-571/15) war – ebenfalls im Rahmen eines externen gemeinschaftlichen Versandverfahrens, jetzt: externen Unionsversandverfahrens – vor dessen formeller Beendigung der LKW in einem Freihafen entladen worden, wodurch eine Zollschuld nach Art. 203 ZK entstand. Die Nicht-Unionswaren wurden anschließend per Schiff über die Ostsee nach Finnland befördert.

In allen Fällen verneinte der EuGH das Entstehen der EUSt-Schuld trotz des jeweiligen Entstehens einer Zollschuld mit der Begründung, die Waren seien nicht in den Wirtschaftskreislauf der Union gelangt. Während in der Sache C-154/16 durch den Verlust der ausgelaufenen Ware jede Verbrauchsmöglichkeit von vornherein ausgeschlossen war, war in den anderen Fällen zwar grundsätzlich die Annahme einer Verbrauchsmöglichkeit gegeben, der tatsächliche Verbrauch habe jedoch jeweils ausgeschlossen werden können, und zwar in den Fällen C-226/14 und C-228/14 deshalb, weil die Waren durchgängig dem jeweiligen Zollverfahren unterlagen, und im Wallenborn-Fall deshalb, weil die Zollschuldentstehung im Freihafen erfolgte und die Ware anschließend außer Landes befördert wurde.

Die Bedeutung dieser Rechtsprechung wird für Vorgänge im zeitlichen Geltungsbereich des UZK sicherlich abnehmen, da insbesondere durch den neu eingeführten Erlöschenstatbestand des Art. 124 Abs. 1 Buchst. k) UZK (vgl. Rz. 44) in der Praxis viele Fälle schnell gelöst werden können. Für die vielen noch anhängigen Altfälle und auch für solche Situationen, in denen die Waren nicht wieder ausgeführt werden, wird sie aber bestehen bleiben. Zum Ganzen ausführlich vgl. Wolffgang.

 

Rz. 30

Stand: 5. A. – ET: 12/2018

Vgl. zum Einfuhrbegriff auch BFH vom 25.10.2006, Az: VII R 64/05, BFH/NV 2007, 527, sowie Urteil vom 06.05.2008, Az: VII R 30/07, BFHE 221, 325, BFH/NV 2008, 1971; vgl. § 15 Rn. 151.

 

Rz. 31

Stand: 5. A. – ET: 12/2018

Zollschuldner kann jede Person sein, auf die Unternehmereigenschaft kommt es anders als bei § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG nicht an. Es können mehrere Personen Schuldner von Zoll und EUSt sein; diese haften dann als Gesamtschuldner (Art. 84 UZK).

 

Rz. 32

Stand: 5. A. – ET: 12/2018

Allen Entstehungstatbeständen ist gemein, dass die Einfuhrzollschuld regelmäßig entsteht mit dem Statuswechsel von der Nicht-Unionsware (Art. 5 Nr. 24 UZK) zur Unionsware (Art. 5 Nr. 23 ZK). Demgemäß kann eine Zollschuld nur einmal entstehen, nachfolgende Handlungen oder Unterlassungen in Bezug auf die Ware sind grundsätzlich unbeachtlich, so der EuGH in ständiger Rechtsprechung, zuletzt vom 06.09.2012, Rs. C-262/10, Döhler Neuenkirchen, Rz. 46, ihm folgend der BFH, zuletzt vom 28.03.2013, VII B 219/21, BFH/NV 2013, 1137.

 
Praxis-Beispiel

Ein beladener Container aus den USA wird im Freihafen Hamburg entladen und sodann per Lkw nach München befördert; der Fahrer hatte es bei der Ausfahrt aus dem Freihafen allerdings versäumt, die Formalitäten zur Überführung der Waren in das vorgesehene externe Unions-Versandverfahren zu beachten. In München wird die Ware vom Importeur zur Überführung in den freien Verkehr angemeldet.

Lösung:

Die Anmeldung ist zollschuldrechtlich ohne Bedeutung, da die Ware bereits bei Verlassen des Freihafens de...

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