Rz. 97

Stand: 5. A. Update 4 – ET: 04/2023

Buch- und Belegnachweis galten nach früherer Verwaltungsauffassung (vgl. Abschn. 131 Abs. 1 S. 1 UStR 2008 und Abschn. 136 Abs. 1 S. 1 UStR 2008) und Rechtsprechung als materiell-rechtliche Voraussetzungen für die Steuerbefreiung (vgl. BFH vom 28.02.1980, Az: V R 118/76, BStBl II 1980, 415).

 

Rz. 98

Stand: 5. A. Update 4 – ET: 04/2023

Mit Urteil vom 19.05.2008 (Az: 16 K 177/06, EFG 2008, 1500) hat das Niedersächsische FG entschieden, die durch den BFH zu den Nachweisverpflichtungen bei i. g. Lieferungen entwickelten Grundsätze (vgl. § 6a Rn. 85 ff.) auch auf die Nachweisverpflichtungen bei Ausfuhrlieferungen anzuwenden (Revisionsaktenzeichen: V R 23/08, vgl. nachstehend). Im Urteilsfall wurde der Buchnachweis über Ausfuhrlieferungen nicht zeitnah geführt, sondern wurden erst im Klageverfahren entsprechende Aufstellungen erstellt und vorgelegt, in denen in tabellarischer Form die einzelnen Ausfuhrlieferungen mit den erforderlichen Angaben aufgelistet und die Ausfuhrbelege beigefügt waren. Unstreitig war, dass die vorgelegten Unterlagen die Anforderungen an den Buchnachweis grundsätzlich erfüllten. Nach Auffassung des FA sollte es jedoch schädlich sein, dass die Aufstellungen erst verspätet erstellt wurden und zudem nicht ausreichend mit der Buchführung verzahnt waren. Das FG verweist in seiner Entscheidung auf das zur i. g. Lieferung ergangene Urteil des BFH vom 06.12.2007 (Az: V R 59/03, BStBl BStBl II 2009, 57) und wendet diese Rechtsprechung auch auf Ausfuhrlieferungen an. Die gesetzlichen Regelungen in § 6 Abs. 4 UStG und § 6a Abs. 3 UStG, ebenso wie die entsprechenden Vorschriften der UStDV, seien parallel, teilweise wortidentisch aufgebaut. Zudem habe die bisherige Rechtsprechung keine unterschiedlichen Anforderungen in formeller Hinsicht an den Beleg- und Buchnachweis gestellt, sodass die Rechtsprechung zu § 6a UStG insoweit auch auf § 6 UStG anwendbar sei.

 

Rz. 99

Stand: 5. A. Update 4 – ET: 04/2023

Mit Urteil vom 28.05.2009 (Az: V R 23/08, BStBl II 2010, 517; vgl. FG Berlin-Brandenburg vom 18.02.2014, Az: 5 K 5235/12, EFG 2014, 1045 zur nachträglichen Ergänzung sowohl des Beleg- als auch des Buchnachweises, nachgehend BFH vom 28.08.2014, Az: V R 16/14, BStBl II 2015, 46) gibt der BFH die bisherige Beurteilung der Nachweispflichten als materiell-rechtliche Voraussetzung der Steuerbefreiung auf. Der BFH bezieht sich dabei auf die Grundsätze des EuGH-Urteils vom 27.09.2007 (Rs. C-146/05 Collée, BStBl II 2009, 78) und die Folgeentscheidungen (vgl. BFH vom 08.11.2007, Az: V R 72/05, BStBl II 2009, 55 und BFH vom 06.12.2007, Az: V R 59/03, BStBl II 2009, 57). Nach diesen Entscheidungen sind die Nachweisverpflichtungen bei i. g. Lieferungen keine materiell-rechtliche Voraussetzung der Steuerbefreiung und kann trotz Nichterfüllung der Nachweisverpflichtungen Steuerfreiheit eintreten, wenn aufgrund der objektiven Beweislage feststeht, dass die Voraussetzungen einer i. g. Lieferung vorliegen. Diese Grundsätze sind wegen der rechtssystematischen Gemeinsamkeiten zwischen § 6 und § 6a UStG auch im Bereich der Ausfuhrlieferungen zu berücksichtigen. Der Buchnachweis muss grundsätzlich bis zu dem Zeitpunkt vorliegen, zu dem der Unternehmer die Voranmeldung für den Voranmeldungszeitraum der Ausfuhrlieferung abzugeben hat. Danach kann der Unternehmer die buchmäßigen Aufzeichnungen nicht mehr erstmals führen, sondern nur noch berichtigen oder ergänzen. Derartige Korrekturen sind unter den Bedingungen, die auch für Rechnungsberichtigungen gelten, zulässig (Gefährdung des Steueraufkommens/Beeinträchtigung der Steuererhebung). Verfahrensrechtlich sind solche Korrekturen bis zum Schluss der letzten mündlichen Verhandlung vor dem FG möglich. Daneben tritt Steuerfreiheit auch dann ein, wenn zwar die Nachweisverpflichtungen nicht erfüllt werden, es aber aufgrund der objektiven Beweislage feststeht, dass die Voraussetzungen der Ausfuhrlieferung vorliegen.

 

Rz. 100

Stand: 5. A. Update 4 – ET: 04/2023

In Abschn. 6.5 Abs. 1 UStAE und Abschn. 6.10 Abs. 1 UStAE verweist die Verwaltung im Unterschied zu früheren Richtlinienfassungen dementsprechend auch nicht mehr auf den materiell-rechtlichen Charakter der Nachweisverpflichtungen, vgl. die Kommentierung zu § 6a, Rz. 112).

 

Rz. 101

Stand: 5. A. Update 4 – ET: 04/2023

Das Urteil des BFH vom 19.03.2015, Az: V R 14/14, BStBl II 2015, 912, ergangen zu den Nachweisverpflichtungen bei i.g. Lieferungen, dürfte aufgrund der rechtssystematischen Gemeinsamkeiten auch Auswirkungen auf die Nachweisverpflichtungen bei Ausfuhrlieferungen entfalten (vgl. § 6a, Rz. 112).

 

Rz. 102

Stand: 5. A. Update 4 – ET: 04/2023

Fazit:

Der BFH geht zwar nicht mehr vom materiell-rechtlichen Charakter der in den §§ 8 ff. UStDV geforderten Nachweise aus, dies ändert jedoch letztlich nichts an dem Umstand, dass der Unternehmer in der Lage sein muss, den Nachweis der Voraussetzungen der Steuerfreiheit anzutreten. Zwar besteht nach der Rechtsprechung die Möglichkeit, auch bei zunächst Nichter...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Weimann, Umsatzsteuer - national und international (Schäffer-Poeschel). Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge