Rz. 6

Stand: 5. A. – ET: 12/2018

Die Steuerbefreiung aus § 4 Nr. 18 UStG findet ihre gemeinschaftsrechtliche Grundlage in Art. 132 Abs. 1 Buchst. g MwStSystRL (Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. g der 6. EG-RL), der die eng mit der Sozialfürsorge und der sozialen Sicherheit verbundenen Dienstleistungen und damit verbundenen Lieferungen von Gegenständen befreit. Unter die Befreiungsvorschrift des § 4 Nr. 18 UStG fallen grundsätzlich auch damit verbundene Nebenleistungen. Allerdings schränkt Art. 134 MwStSystRL diesen Grundsatz mit Blick auf Art. 132 Abs. 1 Buchst. g der MwStSystRL dahingehend ein, dass die Steuerbefreiung für die Lieferung von Gegenständen und Dienstleistungen dann ausgeschlossen ist, wenn sie für die Umsätze, für die die Umsatzsteuerbefreiung gewährt wird, nicht unerlässlich sind und im Wesentlichen dazu bestimmt sind, der Einrichtung zusätzliche Einnahmen durch Umsätze zu verschaffen, die in unmittelbarem Wettbewerb mit Umsätzen von der Mehrwertsteuer unterliegenden gewerblichen Unternehmen bewirkt werden. Sie müssen von Einrichtungen des öffentlichen Rechts oder von anderen in dem betreffenden EU-Mitgliedstaat als Einrichtung mit sozialem Charakter anerkannten Institutionen erbracht werden.

 

Rz. 7

Stand: 5. A. – ET: 12/2018

§ 4 Nr. 18 UStG setzt die vorbenannte Richtlinienbestimmung nur unzureichend in nationales Recht um (vgl. BFH vom 18.08.2005, Az: V R 71/03, BStBl II 2006, 143; ausführlich zur Frage der Richtlinienkonformität des § 4 Nr. 18 UStG siehe Dickopp, UR 2007, 553). Mangelt es wie vorliegend an fristgemäß erlassenen nationalen Umsetzungsmaßnahmen, kann sich nach ständiger Rechtsprechung des EuGH (z. B. EuGH vom 10.09.2002, Rs. C-141/00, Ambulanter Pflegedienst Kügler GmbH, UR 2002, 513) ein Einzelner auf Bestimmungen einer Richtlinie, die inhaltlich als unbedingt und hinreichend genau erscheinen, gegenüber allen nicht richtlinienkonformen innerstaatlichen Vorschriften berufen. Art. 132 Abs. 1 Buchst. g MwStSystRL ist inhaltlich unbedingt und hinreichend genau (EuGH vom 10.09.2002, Rs. C-141/00, Ambulanter Pflegedienst Kügler GmbH, UR 2002, 513). In der Folge kommt Art. 132 Abs. 1 Buchst. g MwStSystRL damit faktisch neben § 4 Nr. 18 UStG die Bedeutung einer eigenständigen Befreiungsvorschrift zu, die an zwei Voraussetzungen geknüpft ist. Zum einen muss es sich um Leistungen handeln, die eng mit der Fürsorge oder sozialen Sicherheit verbunden sind, d. h. solche, die nach Art und Umfang im Sozialgesetzbuch beschrieben sind (EuGH vom 26.05.2005, Rs. C-498/03, Kingscrest Associates Ltd. und Montecello Ltd., UR 2005, 486; BFH vom 18.08.2005, Az: V R 71/03, BStBl II 2006, 143). Zum anderen müssen diese Leistungen von Einrichtungen des öffentlichen Rechts oder anderen Einrichtungen, die von dem betreffenden Mitgliedstaat als Einrichtungen mit im Wesentlichen sozialen Charakter anerkannt sind, erbracht worden sein (EuGH vom 26.05.2005, Rs. C-498/03, Kingscrest Associates Ltd. und Montecello Ltd., UR 2005, 486).

 

Rz. 8

Stand: 5. A. – ET: 12/2018

Zur Auslegung des Begriffs der Einrichtung in Art. 13 Teil A Buchst. g der 6. EG-RL vgl. auch EuGH vom 11.08.1995, Rs. C-453/93, Bulthuis-Griffioen, UVR 1996, 80, EuGH vom 07.09.1999, Rs. C-216/97, Jennifer und Mervyn Gregg, IStR 1999, 599 sowie EuGH vom 10.09.2002, Rs. C-141/00, Kügler GmbH, IStR 2002, 666. Zuletzt hat der BFH mit Urteil vom 08.11.2007, Az: V R 2/06, BStBl II 2008, 634, der EuGH-Rechtsprechung folgend (EuGH vom 26.05.2005, Rs. C-498/03, Kingscrest Associates Ltd. und Montecello Ltd., UR 2005, 486) entschieden, dass der Begriff der Einrichtung weit genug ist, um auch private Einheiten mit Gewinnerzielungsabsicht zu erfassen.

 

Rz. 9

Stand: 5. A. – ET: 12/2018

Welche Einrichtungen dann als solche mit sozialem Charakter anzuerkennen sind, ist Sache der nationalen Behörden unter Berücksichtigung spezifischer nationaler oder regionaler Rechts-, Verwaltungs- oder Steuervorschriften bzw. Vorschriften im Bereich der sozialen Sicherheit. Weiteres Merkmal kann sein, dass der Leistende die begünstigten Leistungen aufgrund vertraglicher Vereinbarungen mit Trägern der Sozialversicherung erbracht hat, wobei das bloße Tätigwerden als Subunternehmer für anerkannte Einrichtungen wiederum nicht ausreichend ist (vgl. BFH vom 08.11.2007, Az: V R 2/06, BStBl II 2008, 634). Der Einzelne kann die Eigenschaft einer Einrichtung i. d. S. jedenfalls nicht schon alleine dadurch erlangen, dass er sich auf die Richtlinienbestimmung beruft (BFH vom 08.11.2007, Az: V R 2/06, BStBl II 2008, 634).

 

Rz. 10

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In folgenden Fällen hat die Rechtsprechung bislang unter Anwendung der vorgenannten Grundsätze eine Steuerbefreiung in unmittelbarer Anwendung des Art. 132 Abs. 1 Buchst. g MwStSystRL (Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. g der 6. EG-RL) gewährt:

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