Entscheidungsstichwort (Thema)

Durchlaufender Posten: Kipp-Entgelt für Abwasserbeseitigung aus Sammelgruben

 

Leitsatz (amtlich)

  1. Ein Handeln des Transportunternehmers im Namen der Abwassergrubenbesitzer liegt auch vor, wenn die Abwasserbeseitigungsanstalt zwar von den Namen der Grubenbesitzer bei Einleitung des Abwassers keine Kenntnis nimmt, jedoch aufgrund der ordnungsbehördlichen Nachweis- und Aufbewahrungspflichten jederzeit Kenntnis nehmen könnte.
  2. Der Transportunternehmer kann für Rechnung der Grubenbesitzer handeln, weil die Grubenbesitzer mangels ausdrücklich anderslautender Regelung zumindest neben dem Transportunternehmer Entgeltschuldner werden (Abweichung von FG Hamburg 2. Senat Urteil vom 22. Februar 2006, II 138/05, Juris).
 

Normenkette

UStG § 10 Abs. 1 S. 5 a.F., S. 6 n.F.; WHG § 18a Abs. 2; GG Art. 3 Abs. 1, Art. 19 Abs. 4; HmbAbwG § 15 Abs. 4 a.F., Abs. 5 n.F.; HmbSEG § 13 Abs. 2 S. 2; HmbGebG § 2 Abs. 1, § 9 Abs. 2

 

Tatbestand

A.

Die Beteiligten streiten um die Einbeziehung derjenigen Beträge in die Bemessungsgrundlage für die Umsatzsteuer, die der Kläger als Transportunternehmer an die Hamburger Stadtentwässerung AöR gezahlt und seinen Kunden, den privaten Grundstückseigentümern, gesondert in Rechnung gestellt hat für die Beseitigung der Abwasser aus Sammelgruben von Häusern ohne Sielanschluss und die der Kläger in den Streitjahren als durchlaufende Posten behandelt hat.

  1. Der Kläger betreibt unter der Geschäftsbezeichnung "A. Grubenentleerung" bzw. "A. Abwasserentsorgung" eines von insgesamt ca. acht Fuhrunternehmen, die als Fachbetrieb für die Abfuhr von Abwasser von hamburgischen Grundstücken gemäß § 15 Abs. 6 Hamburgisches Abwassergesetz (HmbAbwG) zugelassen sind. Zu diesem Zweck schließt er mit Grundstückseigentümern Abfuhrverträge (Muster Anlageband Anlage 1). Die zugelassenen Fachbetriebe müssen den Inhalt der Gruben zur Behandlung (Reinigung) der Stadt Hamburg überlassen. Hierzu existieren vier besondere Übergabestellen im Stadtgebiet. Das Abwasser und der Schlamm werden zusammen mit dem im Sielnetz abfließenden Abwasser in die Klärwerke transportiert und dort vorschriftsmäßig gereinigt. Die zugelassenen Fachbetriebe haben gegenüber der Umweltbehörde den Nachweis zu führen, welche Grundstücke und welche Mengen entsorgt worden sind, um sicherzustellen, dass Abwasser und Schlamm aus Sammelgruben und Kleinkläranlagen ordnungsgemäß beseitigt sowie Grundwasser und Gewässer nicht durch unbehandeltes Abwasser verunreinigt werden (Informationsblatt der Baubehörde, Amt für Wasserwirtschaft und Stadtentwässerung, vom Dezember 1989, Anlageband Anlage 3).
  2. Bis 1989 erhob die Stadt hierfür weder Gebühren noch Entgelte, ab 01. Januar 1990 wurden 1,50 DM je Kubikmeter berechnet, ab 1992 1,80 DM, ab 1993 2,00 DM, ab 1994, 2,10 DM, ab 1996, 2,20 DM, ab 1997 2,25 DM, ab 1998 4,50 DM, ab 2002 2,30 Euro und seit 2009 2,38 Euro je Kubikmeter, stets ohne Umsatzsteuer, umgangssprachlich als "Kipp-Entgelt" bezeichnet. Die quartalsweise nachträgliche Abrechnung erfolgte zunächst durch die Abgabenabteilung der Baubehörde gegenüber den Fachbetrieben; seit 1995 erfolgt sie durch die Hamburger Stadtentwässerung als selbständige Anstalt (Muster Anlageband Anlage 7). Bis 2001 erfolgte die Abrechnung aufgrund von quartalsweisen Meldungen der Fachbetriebe selbst (Muster Anlageband Anlage 6), die hierfür ihre Abfuhrbelege aufzuaddieren hatten. Seit Januar 2002 ist eine elektronische Erfassung der eingeleiteten Menge bei Übergabe möglich, seitdem erfolgt die Abrechnung durch die Stadtentwässerung monatlich (Finanzgerichtsakte - FG-A - Bl. 22 und 99 und Muster Anlageband Anlage 8).
  3. a) Der Kläger stellt den Grundstückseigentümern bei Grubenentleerung Rechnungen aus (Muster Anlageband Anlage 5), häufig erfolgt Barzahlung. In den Rechnungen ist die Leistung der Klägerin ebenfalls nach Kubikmetern berechnet zuzüglich Umsatzsteuer. Die an die Hamburger Stadtentwässerung zu zahlenden Beträge werden sodann unter der Rubrik "Bei der Stadtentwässerung für Sie verauslagte Abwassersielgebühr" hinzugesetzt, bis 2005 geschah dies ohne Umsatzsteuer. Rechnungsdurchschriften werden von dem Kläger bei Einleitung an den Übergabestellen mitgeführt ("Ursprungszeugnis"), jedoch von den Bediensteten der Hamburger Stadtentwässerung nur selten überprüft. Die Stadtentwässerung lässt sich den Beleg insbesondere dann zeigen, wenn bei Einleitung aufgrund eines zu hohen pH-Wertes der Grenzwertschalter die Einleitung blockiert. Der Kläger bewahrt die Belege auf.

    b) In den Streitjahren hatte der Kläger ein Fahrzeug ("Saugwagen") mit einem Fassungsvermögen von 12 m, heute hat er eines mit 14 m. In der Regel transportiert der Kläger Abwasser immer nur von einem Kunden. Kleinere Partien im vermischten Zustand spielen praktisch keine Rolle (tatsächliche Verständigung FG-A Bl. 100).

    c) In seiner Buchhaltung erfasst der Kläger, der seinen Gewinn bis 2001 durch Einnahmenüberschussrechnung ermittelt hat, die eingenommenen Beträge für die Hamburger Stadtentwässerung au...

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