Entscheidungsstichwort (Thema)

Durchlaufender Posten: Kipp-Entgelt für Abwasserbeseitigung aus Sammelgruben

 

Leitsatz (amtlich)

  1. Ein Handeln des Transportunternehmers im Namen der Abwassergrubenbesitzer liegt auch vor, wenn die Abwasserbeseitigungsanstalt zwar von den Namen der Grubenbesitzer bei Einleitung des Abwassers keine Kenntnis nimmt, jedoch aufgrund der ordnungsbehördlichen Nachweis- und Aufbewahrungspflichten jederzeit Kenntnis nehmen könnte.
  2. Der Transportunternehmer kann für Rechnung der Grubenbesitzer handeln, weil die Grubenbesitzer mangels ausdrücklich anderslautender Regelung zumindest neben dem Transportunternehmer Entgeltschuldner werden (Abweichung von FG Hamburg 2. Senat Urteil vom 22. Februar 2006, II 138/05).
 

Normenkette

UStG § 10 Abs. 1 S. 5 a.F., S. 6 n.F.; WHG § 18a Abs. 2; GG Art. 3 Abs. 1, Art. 19 Abs. 4

 

Tatbestand

A.

Die Beteiligten streiten um die Einbeziehung derjenigen Beträge in die Bemessungsgrundlage für die Umsatzsteuer, die die Klägerin als Transportunternehmerin an die Hamburger Stadtentwässerung AöR gezahlt und ihren Kunden, den privaten Grundstückseigentümern, gesondert in Rechnung gestellt hat für die Beseitigung der Abwasser aus Sammelgruben von Häusern ohne Sielanschluss und die die Klägerin in den Streitjahren 1999 bis 2002 als durchlaufende Posten behandelt hat.

  1. Die Klägerin betreibt unter der Geschäftsbezeichnung "A" eines von insgesamt ca. acht Fuhrunternehmen, die als Fachbetrieb für die Abfuhr von Abwasser von hamburgischen Grundstücken gemäß § 15 Abs. 6 Hamburgisches Abwassergesetz (HmbAbwG) zugelassen sind. Zu diesem Zweck schließt sie mit Grundstückseigentümern Abfuhrverträge (Muster Anlageband Anlage 1). Die zugelassenen Fachbetriebe müssen den Inhalt der Gruben zur Behandlung (Reinigung) der Stadt Hamburg überlassen. Hierzu existieren vier besondere Übergabestellen im Stadtgebiet. Das Abwasser und der Schlamm werden zusammen mit dem im Sielnetz abfließenden Abwasser in die Klärwerke transportiert und dort vorschriftsmäßig gereinigt. Die zugelassenen Fachbetriebe haben gegenüber der Umweltbehörde den Nachweis zu führen, welche Grundstücke und welche Mengen entsorgt worden sind, um sicherzustellen, dass Abwasser und Schlamm aus Sammelgruben und Kleinkläranlagen ordnungsgemäß beseitigt sowie Grundwasser und Gewässer nicht durch unbehandeltes Abwasser verunreinigt werden (Informationsblatt der Baubehörde, Amt für Wasserwirtschaft und Stadtentwässerung, vom Dezember 1989, Anlageband Anlage 3).
  2. Bis 1989 erhob die Stadt hierfür weder Gebühren noch Entgelte, ab 1. Januar 1990 wurden 1,50 DM je Kubikmeter berechnet, ab 1992 1,80 DM, ab 1993 2,00 DM, ab 1994, 2,10 DM, ab 1996, 2,20 DM, ab 1997 2,25 DM, ab 1998 4,50 DM, ab 2002 2,30 Euro und seit 2009 2,38 Euro je Kubikmeter, stets ohne Umsatzsteuer, umgangssprachlich als "Kipp-Entgelt" bezeichnet. Die quartalsweise nachträgliche Abrechnung erfolgte zunächst durch die Abgabenabteilung der Baubehörde gegenüber den Fachbetrieben; seit 1995 erfolgt sie durch die Hamburger Stadtentwässerung als selbständige Anstalt (Muster Anlageband Anlage 7). Bis 2001 erfolgte die Abrechnung aufgrund von quartalsweisen Meldungen der Fachbetriebe selbst (Muster Anlageband Anlage 6), die hierfür ihre Abfuhrbelege aufzuaddieren hatten. Seit Januar 2002 ist eine elektronische Erfassung der eingeleiteten Menge bei Übergabe möglich, seitdem erfolgt die Abrechnung durch die Stadtentwässerung monatlich (Finanzgerichtsakte - FG-A - Bl. 19 und 97 und Muster Anlageband Anlage 8).
  3. a)

    Die Klägerin stellt den Grundstückseigentümern bei Grubenentleerung Rechnungen aus (Muster Anlageband Anlage 5), häufig erfolgt Barzahlung. In den Rechnungen ist die Leistung der Klägerin ebenfalls nach Kubikmetern berechnet zuzüglich Umsatzsteuer. Die an die Hamburger Stadtentwässerung zu zahlenden Beträge werden sodann hinzugesetzt, bis 2004 geschah dies ohne Umsatzsteuer. Rechnungsdurchschriften werden von der Klägerin bei Einleitung an den Übergabestellen mitgeführt ("Ursprungszeugnis"), jedoch von den Bediensteten der Hamburger Stadtentwässerung nur selten überprüft. Die Stadtentwässerung lässt sich den Beleg insbesondere dann zeigen, wenn bei Einleitung aufgrund eines zu hohen pH-Wertes der Grenzwertschalter die Einleitung blockiert. Die Klägerin bewahrt die Belege auf.

    b)

    In den Streitjahren hatte die Klägerin ein Fahrzeug ("Saugwagen") mit einem Fassungsvermögen von 12 m, heute hat sie eines mit 14 m. In der Regel transportiert die Klägerin Abwasser immer nur von einem Kunden. Kleinere Partien im vermischten Zustand spielen praktisch keine Rolle (tatsächliche Verständigung FG-A Bl. 98).

    c)

    In ihrer Buchhaltung erfasst die Klägerin, die ihren Gewinn durch Einnahmenüberschussrechnung ermittelt, die eingenommenen Beträge für die Hamburger Stadtentwässerung auf Konto 71111 "Klärwerkabgabe", die für die eigene Leistung in Rechnung gestellten Entgelte auf Konto 71110 "Erlöse Grubenentleerung"; die Zahlungen an die Stadtentwässerung werden auf Konto 38100 "Abgaben Stadtentwässe...

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