Entscheidungsstichwort (Thema)

Änderung der Verhältnisse bei abweichender Beurteilung

 

Leitsatz (NV)

Eine Änderung der für den Vorsteuerabzug maßgebenden Verhältnisse tritt auch dann ein, wenn die rechtliche Beurteilung der Verwendung im Erstjahr geändert wird.

 

Normenkette

UStG § 15a

 

Tatbestand

Streitig ist die Berichtigung des Vorsteuerabzugs nach §15 a des Umsatzsteuergesetzes (UStG) 1980 für die Zeit ab 1. Oktober 1987.

Der Kläger und Revisionsbeklagte (Kläger) erwarb im Rahmen eines sog. Bauherrenmodells zwei Eigentumswohnungen in A, die am 1. Mai 1982 bezugsfertig wurden. Über diese Wohnungen schloß der Kläger am 25. Januar 1982 mit der Fa. Z-GmbH (GmbH) einen Zwischenmietvertrag. Die GmbH konnte die Wohnungen ab Bezugsfertigkeit vermieten; zur Mietzahlung war sie selbst aber erst vier Monate nach Bezugsfertigkeit verpflichtet.

Die GmbH fiel 1984 in Konkurs. Ab Februar 1985 vermietete der Kläger die Wohnungen direkt an die Endmieter. Unter dem 12. September 1987 schloß der Kläger mit der Firma W (Zwischenmieter) einen neuen Zwischenmietvertrag ab. Der Zwischenmieter trat mit Wirkung ab dem 1. Oktober 1987 in die zwischen dem Kläger und den Endmietern bestehenden Vertragsverhältnisse ein. Der neue Zwischenmietvertrag stimmte mit dem Zwischenmietvertrag vom 25. Januar 1982 weitgehend überein.

Der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt -- FA --) hatte das Zwischenmietverhältnis vom 25. Januar 1982 anerkannt und dem Kläger im Umsatzsteuerbescheid 1982 42 958 DM Vorsteuer erstattet. Für den ab Februar 1985 beginnenden Zeitraum forderte das FA vom Kläger unter Hinweis auf §15 a UStG 1980 für jeden Monat 1/120 von 42 958 DM wieder zurück.

In dem Umsatzsteuerbescheid 1987 vom 8. August 1988 berichtigte das FA die Vorsteuerbeträge in Höhe von 4295,80 DM (12/120 von 42 958 DM). Der Kläger erhob Einspruch und machte geltend, daß das FA nur 9/120 zurückfordern dürfe, da ab Oktober 1987 die Wohnungen in gleicher Weise wie bereits zuvor zwischenvermietet worden seien. Der Einspruch blieb erfolglos; das Finanzgericht (FG) gab der Klage statt. Im Streitfall hätten sich die tatsächlichen Verhältnisse nicht zu Lasten des Klägers verändert; vielmehr habe der neue Zwischenmietvertrag den Zwischenmieter zur sofortigen Mietzahlung verpflichtet. Eine Änderung der rechtlichen Beurteilung berechtige nicht zu einer Berichtigung nach §15 a UStG 1980.

Mit der Revision rügt das FA Verletzung materiellen Rechts. Im Streitfall bestehe die Änderung der tatsächlichen Verhältnisse darin, daß ein neues, anders zu beurteilendes Zwischenmietverhältnis begründet worden sei. Da der Zwischenmieter in die bereits bestehenden Endmietverträge eingetreten sei, sei kein Erstvermietungsrisiko vorhanden gewesen, das der Kläger auf den Zwischenmieter habe abwälzen können.

Das FA beantragt, das angefochtene Urteil aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt, die Revision zurückzuweisen.

Das Zwischenmietverhältnis sei anzuerkennen, da für dessen Abschluß beachtliche wirtschaftliche und rechtliche Gründe bestanden hätten. So sei z. B. einer der Endmieter mit den Mietzahlungen säumig gewesen; den Aufwand und das Risiko habe der Zwischenmieter getragen. Auch im übrigen sei es von Vorteil, es nur mit einem gewerblichen Zwischenmieter zu tun zu haben. Im Hinblick auf die neuere Rechtsprechung sei dem Kläger ein gewisser Bestandsschutz zuzubilligen, zumal die Vorgänge schon zehn Jahre zurücklägen.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision ist begründet; sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Abweisung der Klage (§126 Abs. 3 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung -- FGO --).

1. Das FA war berechtigt, den im Jahr 1982 gewährten Vorsteuerabzug gemäß §15 a Abs. 1 UStG 1980 zu berichtigen. Nach übereinstimmender Rechtsprechung des V. und des XI. Senats (Urteile des Bundesfinanzhofs -- BFH -- vom 19. Februar 1997 XI R 51/93, BFHE 182, 420, BStBl II 1997, 370; vom 12. Juni 1997 V R 15/94, nicht veröffentlicht -- NV --, V R 36/95, BFHE 182, 462, BStBl II 1997, 589) ändern sich die maßgebenden Verhältnisse auch dann, wenn die Abzugsmöglichkeit in den Folgejahren rechtlich anders beurteilt wird als im Kalenderjahr der erstmaligen Verwendung; wegen der Einzelheiten wird auf die genannten Urteile Bezug genommen.

2. Der BFH hat mehrfach entschieden, daß die Einschaltung eines gewerblichen Zwischenvermieters in die Vermietung von Wohnungen aufgrund eines von vornherein vereinbarten Gesamtkonzepts grundsätzlich mißbräuchlich i. S. des §42 der Abgabenordnung (AO 1977) ist (vgl. im einzelnen BFH-Urteil vom 14. Mai 1992 V R 12/88, BFHE 168, 468, BStBl II 1992, 931, m. w. N.). Insbesondere Gründe der Arbeitsvereinfachung und der Überwälzung des Mietausfallsrisikos -- wie sie im Streitfall der Kläger geltend macht -- sind nicht als tragfähige Begründung für ein Zwischenmietverhältnis anerkannt worden; diese Gründe hat der BFH nicht als genügend gewichtig angesehen, um die Gestaltung als angemessen beurteilen zu können.

3. Der Kläger kann sich nicht mit Erfolg auf Gründe des Vertrauensschutzes berufen, da weder ein besonderer Vertrauenstatbestand gegeben ist noch ein Fall des §176 AO 1977 vorliegt. Allein die "Begrenzung" der Rechtsprechung zu den Voraussetzungen, unter denen eine Berichtigung gemäß §15 a Abs. 1 UStG 1980 zulässig ist (vgl. BFH-Urteil vom 16. Dezember 1993 V R 65/92, BFHE 173, 270, BStBl II 1994, 485), ist kein Grund, von einer dem Gesetz entsprechenden Steuerveranlagung abzugehen. Im übrigen ist die Rechtsprechung zur Zwischenvermietung nicht geändert, sondern aufgrund der unterschiedlichen Fälle fortentwickelt worden (BFH-Urteil vom 15. Mai 1997 V R 21/95, NV).

 

Fundstellen

BFH/NV 1998, 501

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