Ein Blick in die Zukunft der Steuerbranche
Der Steuerberater – eine vom Aussterben bedrohte Spezies. Dieses düstere Bild wurde auch in den Räumen des Kongresshauses Kap Europa in Frankfurt am vergangenen Dienstag und Mittwoch immer wieder an die Wand gemalt. Unter den Schlagworten "REthinking Tax – Digital" hatten die Handelsblatt Fachmedien zur Tax Technology Conference geladen. Dass die digitale Transformation in den Kanzleien und Steuerabteilungen längst kein Nischenthema mehr ist, zeigten nicht nur die vielen Fachvorträge rund um die Themen Tax Tech mit den jeweiligen Anwendungsbereichen und Tools wie künstliche Intelligenz (KI) und Blockchain.
Auch die Besucherzahlen der Konferenz wachsen mit jedem Jahr stetig. "Wir haben in diesem Jahr mehr als 300 Teilnehmer", bilanzierte Benjamin Hils, Bereichsleiter Recht, Wirtschaft, Steuern bei den Handelsblatt Fachmedien schon zu Beginn der Konferenz zufrieden. Besonders Vertreter aus den Steuerabteilungen mittelgroßer und größerer Unternehmen waren unter den Reihen der Zuhörer und Referenten zu finden, ebenso wie Vertreter der Big Four und anderen großen Kanzleien.
Die Steuerpersona der Zukunft
Einig waren sich alle Konferenzteilnehmer, dass die Digitalisierung nicht vor den Steuerabteilungen Halt macht und auch nicht Halt machen darf. "Es ist wichtig in die digitalen Helfer zu investieren", sagte etwa der Betriebsprüfungsbeauftragte des Unternehmens Bilfinger SE, Andreas Martin, "zum einen, weil es der Gesetzgeber verlangt und zum anderen, weil auch die Finanzverwaltung digitaler wird." Allerdings sei es enorm wichtig, die Mitarbeiter bei diesem Change-Prozess miteinzubeziehen und ihnen die Angst zu nehmen, dass ihre Arbeitskraft durch die neuen Tools ersetzt wird. Denn auch wenn sich alle Redner einig waren, dass ein Wandel durch die Steuerabteilungen der Unternehmen und Beratungsfirmen gehen wird, so glauben sie trotzdem nicht daran, dass ihre Berufe bald Geschichte sein werden.
Studien, die beispielsweise prognostizieren, dass KI in der Lage sein wird, den Beruf zu ersetzen, sieht Peter Fettke, Professor für Wirtschaftsinformatik an der Universität des Saarlandes und am Deutschen Forschungszentrum für Künstliche Intelligenz, kritisch. "Diese Studien versuchen nur zu erfassen, was in der Vergangenheit passiert ist, aber sie zeigen nicht, was zukünftig in den Steuerabteilungen passieren wird." Auch Walter Brenner, Professor für Informationsmanagement und geschäftsführender Direktor des Instituts für Wirtschaftsinformatik der Universität St. Gallen kritisierte solche Studien. "Von einer Wegrationalisierung kann nicht die Rede sein, dazu sind die Aufgaben, die die Digitalisierung fordert, zu komplex und umfangreich". Fachkompetenzen seien weiterhin gefordert, dazu käme aber eine weitere Anforderung: Informatikkompetenz.
IT als neue Kompetenz für Steuerrechtler
Egal ob KI, Robotics, Machine Learning, Blockchain oder Big Data – all diese Tools, die Prozesse in den Steuerabteilungen erleichtern und beschleunigen können, müssen programmiert werden. Es entstehen also Schnittstellen zwischen Tax und IT. Wie so eine Zusammenarbeit aussehen kann, erklärten Klaus Klemm und Dr. Michael Depner von SAP – ein Steuerrechts-Experte und ein ITler. Sie beantworteten die Frage, ob es einfacher ist, einem ITler das Steuerrecht beizubringen oder einem Steuerrechtler IT ganz pragmatisch, in dem sie auf enge Verzahnung und Absprachen setzten. Trotzdem müsse jeder Bereich ein gewisses Verständnis für den anderen mitbringen und gewisse Grundlagen kennen. "Man muss in der Steuerabteilung IT-Kompetenz etablieren", sagte auch Dirk Brüninghaus, Partner International Tax Services bei EY, der gemeinsam mit seinem Kollegen André Hengst und Armin Gembruch, Leiter Steuern bei der Metro AG die Wandlung in der Steuerfunktion skizzierte.
Daten, Daten, Daten
Daten sind das neue Öl – auch dieser Satz fiel auf der Tax Technology Conference. Denn ohne die passenden Daten, sind all die neuen digitalen Helfer wertlos. Deshalb ist ein erster wichtiger Schritt für die Unternehmen die Harmonisierung der Daten, denn die Digitalisierung führt zuerst einmal zu einem exponentiellen Datenwachstum. „Das erklärte Ziel muss sein, dass wir die Datenqualität erhöhen, also die Prozesse verbessern“, sagten Ralph Doll und Florian Buschbacher von EY. Bei einer Zusammenlegung von ERPs und/oder der Einführung von SAP Hana sollten sich die Steuerabteilungen in die Planung miteinbringen, damit sie später auch die Möglichkeit bekommen, auf die Daten zuzugreifen, die sie in Zukunft benötigen werden. "Am Ende des Tages sind die Maschinen nicht schlauer als das, was man ihnen vorgibt", sagte Jann-Luiken Popkes von PWC. Eine engere Zusammenarbeit von Controlling, Accounting und Tax wurde nicht nur auf der Bühne von verschiedenen Rednern gefordert, sondern auch in den Zuhörerfragen und -beiträgen laut.
Compliance auch im Interesse der Unternehmen
Die Steuerabteilungen werden mit den neuen Technologien transparenter, das soll allerdings nicht nur Vorteile für die Finanzverwaltungen mit sich bringen. Er finde es überraschend, wenn er von Steuerabteilungen aus Unternehmen höre, dass ein Tax CMS nur für die Finanzverwaltung etabliert wurde, sagte beispielsweise Franz Hruschka vom Finanzamt München. "Dabei will der Konzern selbst doch auch einen Überblick bekommen." Seine Mitdiskutanten auf dem Podium aus den Beratungsfirmen und der Wirtschaft gaben ihm Recht. Vor allem in den Ländern, in denen Daten in Echtzeit abgefragt werden, sei solch ein System wichtig, um Schaden vom Unternehmen abzuwenden. Aber auch hier gehe es am Ende vor allem um die Qualität der Daten und um Menschen, die Abweichungen von der Norm erkennen und interpretieren können.
Fazit
Mit den Schlagworten KI, Blockchain, Robotics, Machine Learning, Internet of Things und Big Data setzen sich die großen Player im Bereich Tax bereits jetzt intensiv auseinander. Deren Einsatz erfüllt allerdings nicht den reinen Selbstzweck, sondern geht einher mit ein paar weiteren großen Veränderungen, die die Steuerbranche betreffen, wie etwa die Verschärfung gesetzlicher Rahmenbedingungen, die Globalisierung, Digitalisierung und Transformation in den Unternehmen, einem erhöhten Kostendruck und einem Fachkräftemangel, der sich durch die umfangreichen Anforderungen an die Arbeitskräfte der Zukunft nur noch verstärken wird. Diese vielen Veränderungen, da waren sich die Teilnehmer der Tax Technology Conference einig, verlangen dennoch und vor allem nach Menschen mit fachlicher Kompetenz, weswegen von einem Abgesang auf die Tax-Berufe keine Rede sein kann.
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