Rz. 15

§ 18g UStG setzt weiterhin voraus, dass der Unternehmer, der in einem anderen EU-Mitgliedstaat einen Antrag auf Vorsteuervergütung stellen kann, ein im Inland ansässiger Unternehmer ist. Die Vorschrift definiert die Inlandsansässigkeit nicht. Wegen der Gleichheit des Wortlauts kann insofern auf die Definition in § 14b Abs. 3 UStG abgestellt werden. Danach ist ein im Inland ansässiger Unternehmer ein Unternehmer, der im Inland einen Wohnsitz, seinen Sitz, seine Geschäftsleitung oder eine Zweigniederlassung hat. Auf die Staatsangehörigkeit des Unternehmers kommt es somit nicht an.

 

Rz. 16

Inland i. S. d. UStG ist das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland mit Ausnahme des Gebiets von Büsingen, der Insel Helgoland, der Freizonen des Kontrolltyps I nach § 1 Abs. 1 S. 1 des Zollverwaltungsgesetzes (Freihäfen), der Gewässer und Watten zwischen der Hoheitsgrenze und der jeweiligen Strandlinie sowie der deutschen Schiffe und der deutschen Luftfahrzeuge in Gebieten, die zu keinem Zollgebiet gehören.[1] Zum Inlandsbegriff vgl. im Einzelnen die Kommentierung zu § 1 Abs. 2 UStG.

 

Rz. 17

Der im Inland ansässige Unternehmer muss – gemessen an den Voraussetzungen von § 14b Abs. 3 UStG – im Inland einen (nicht "seinen") Wohnsitz, seinen (nicht "einen") Sitz, seine (nicht "eine") Geschäftsleitung oder eine (nicht "seine") Zweigniederlassung haben. Dabei ist es ausreichend, wenn eine dieser Voraussetzungen erfüllt ist.

 

Rz. 18

Die Begriffe Wohnsitz, Sitz, Geschäftsleitung und Betriebsstätte können nicht allein nach den allgemeinen Definitionen der Abgabenordnung[2] ausgelegt werden. Da das Vorsteuer-Vergütungsverfahren auf unionsrechtlichen Vorgaben beruht, muss der Begriff der Ansässigkeit unionsrechtskonform ausgelegt werden.[3]

 

Rz. 19

Die Ansässigkeit außerhalb eines bestimmten Gebiets setzt nach Art. 1 der 8. EG-RL bzw. Art. 1 der 13. EG-RL voraus, dass für den Unternehmer in diesem Gebiet keiner der in diesen Vorschriften genannten Anknüpfungspunkte vorliegt. Zu diesen Anknüpfungspunkten gehören (neben dem Wohnsitz oder einem gewöhnlichen Aufenthaltsort) die "feste Niederlassung" und der "Sitz der wirtschaftlichen Tätigkeit".[4] Die Frage, ob die Bestimmungen der RL 2008/9 es einem Mitgliedstaat verwehren, einem im Hoheitsgebiet eines anderen Mitgliedstaats ansässigen Steuerpflichtigen den Anspruch auf Erstattung der MwSt allein deshalb zu versagen, weil er im Mitgliedstaat der Erstattung zu Mehrwertsteuerzwecken registriert ist oder sein müsste, hat der EuGH bejaht. Weder Art. 170 MwStSystRL noch Art. 3 der RL 2008/9 unterwirft den Anspruch eines in einem anderen Mitgliedstaat ansässigen Steuerpflichtigen auf Erstattung der MwSt einer formellen Voraussetzung, im Mitgliedstaat der Erstattung nicht zu MwSt-Zwecken registriert zu sein oder sein zu müssen.[5]

 

Rz. 20

Der Niederlassungsbegriff fordert einen Mindestbestand, der durch das ständige Zusammenwirken der für die Erbringung bestimmter Dienstleistungen erforderlichen Personal- und Sachmittel gebildet wird. Daher setzt er einen hinreichenden Grad an Beständigkeit sowie eine Struktur voraus, die von der personellen und technischen Ausstattung her eine autonome Erbringung der betreffenden Dienstleistungen ermöglicht. Für Tansporttätigkeiten soll dieser Begriff zumindest ein Büro verlangen, in dem Verträge abgefasst und die Entscheidungen der täglichen Geschäftsführung getroffen werden können, und einen Stellplatz für die Transportfahrzeuge. Weiter soll eine feste Einrichtung, die nur dazu verwendet wird, für das Unternehmen Tätigkeiten vorbereitender Art oder Hilfstätigkeiten vorzunehmen, wie z. B. das Anwerben von Personal oder den Ankauf von für die Durchführung der Unternehmenstätigkeit erforderlichen Sachmitteln, keine feste Niederlassung sein.[6]

 

Rz. 21

Zum Begriff des Sitzes der wirtschaftlichen Tätigkeit hat der EuGH[7] entschieden, dass für den Fall, dass in einem Mitgliedstaat keine feste Niederlassung angenommen werden kann, an sich noch nicht ausgeschlossen ist, dass dort auch kein Sitz der wirtschaftlichen Tätigkeit existieren kann. Beide Begriffe sind in ihrer Bedeutung unabhängig voneinander. Der Sitz wird von einer Vielzahl von Faktoren beeinflusst, insbesondere aber vom statutarischen Sitz. Weiter spielen eine Rolle der Ort der zentralen Verwaltung, der Ort, an dem die Führungskräfte der Gesellschaft zusammentreffen, und der Ort, an dem die allgemeine Unternehmenspolitik der Gesellschaft bestimmt wird. Andere Kriterien wie der Wohnsitz der Hauptführungskräfte, der Ort, an dem die Gesellschafterversammlung zusammentritt, der Ort, an dem die Finanz- und insbesondere die Bankgeschäfte hauptsächlich wahrgenommen werden, können ebenfalls in Betracht gezogen werden. Fiktive Ansiedlungen wie sie für "Briefkastenfirmen" oder "Strohfirmen" charakteristisch sind, können nicht als Sitz einer wirtschaftlichen Tätigkeit angesehen werden.

 

Rz. 22

Hat der Unternehmer im Inland eine Betriebsstätte [8] bzw. eine feste Niederlassung i. S. d. MwStSystRL, ist er mit Blick auf die ...

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