Leitsatz

1. Als "kurze Zeit" i.S.d. § 11 EStG gilt ein Zeitraum von bis zu zehn Tagen (Bestätigung der Rechtsprechung).

2. Eine Verlängerung des Zehn-Tage-Zeitraums kommt auch im Hinblick auf die nach § 108 Abs. 3 AO hinausgeschobene Fälligkeit von Umsatzsteuervorauszahlungen nicht in Betracht.

 

Normenkette

§ 18 UStG, § 11 EStG, § 108 AO, § 193 BGB

 

Sachverhalt

Ein Rechtsanwalt, der seinen Gewinn durch Einnahmen-Überschuss-Rechnung nach § 4 Abs. 3 EStG ermittelte und für den der Voranmeldungszeitraum nach § 18 Abs. 2 Satz 1 des Umsatzsteuergesetzes (UStG) das Kalendervierteljahr war, reichte seine Umsatzsteuervoranmeldung für das IV. Quartal 2009 am 11. Januar 2010 (einem Montag) fristgerecht ein. Gleichzeitig leistete er die entsprechende Umsatzsteuervorauszahlung.

Das FA erkannte die Umsatzsteuervorauszahlung für das IV. Quartal 2009 nicht als Betriebsausgabe des Jahres 2009 an, weil sie erst im Jahr 2010 abgeflossen sei. Die dagegen nach erfolglosem Einspruchsverfahren erhobene Klage wies das FG ab (FG Niedersachsen, Urteil vom 24.2.2012, 3 K 468/11, Haufe-Index 3441756, EFG 2012, 2113).

 

Entscheidung

Die Revision des Klägers blieb erfolglos, weil er die Umsatzsteuervorauszahlung erst am 11. Januar und damit mehr als 10 Tage nach Ablauf des Vorjahres geleistet hatte. Dass die Zahlung fristgerecht war, weil die Zahlungsfrist auf einen Sonntag fiel und sich bis zum Montag verlängerte, änderte an dieser Beurteilung nichts.

 

Hinweis

1.Das Steuerrecht hält immer wieder manche Überraschungen bereit. Die Steuerpflichtigen werden sich mitunter fragen, ob das denn wirklich so nötig ist. Aber das Gesetz beschert manchmal grenzlastige Rechtsfolgen, sogar für steuerrechtliche Alltagssituationen.

2. So auch hier: Eine Umsatzsteuervoranmeldung ist Alltagsroutine. Die Umsatzsteuervoranmeldung für das IV. Quartal ist immer bis zum zehnten Tag nach Ablauf des Jahres abzugeben oder auf elektronischem Weg zu übermitteln; die Vorauszahlung ist auch gemäß § 18 Abs. 1 Satz 4 UStG am zehnten Tag nach Ablauf des Voranmeldungszeitraums fällig.

3. Nach § 11 Abs. 2 Satz 2, Abs. 1 Satz 2 EStG gelten regelmäßig wiederkehrende Ausgaben, die bei dem Steuerpflichtigen kurze Zeit vor Beginn oder kurze Zeit nach Beendigung des Kalenderjahres angefallen sind, zu dem sie wirtschaftlich gehören, als in diesem Kalenderjahr abgeflossen.

Zu solchen regelmäßig wiederkehrenden Ausgaben gehören auch Umsatzsteuervorauszahlungen, weil deren Wiederholung von vornherein feststeht.

4. "Kurze Zeit"i.S.v. § 11 Abs. 2 Satz 2, Abs. 1 Satz 2 EStG ist nach ständiger Rechtsprechung ein Zeitraum von höchstens 10 Tagen. Im Normalfall ist daher in der Gewinnermittlung durch Einnahmen-Überschuss-Rechnung nach § 4 Abs. 3 EStG die Umsatzsteuervorauszahlung für das IV. Quartal dem betreffenden Jahr als Betriebsausgabe zuzurechnen, wenn sie fristgerecht bis zum 10. Januar des Folgejahres entrichtet worden ist. Soweit ist alles noch recht einfach und plausibel.

5. Was aber passiert, wenn der letzte Tag der zehntägigen Abgabe- und Zahlungsfrist auf einen Sonnabend, Sonn- oder Feiertag fällt?

a) Umsatzsteuerrechtlich passiert gar nichts: Nach § 108 Abs. 1 AO i.V.m. § 193 BGB bzw. § 108 Abs. 3 AOverlängert sich die Abgabe- und Zahlungsfrist auf den nächsten Werktag.

b) Vor diesem Hintergrund wäre es an sich nahe liegend, dass sich auch die "kurze Zeit" i.S.v. § 11 Abs. 2 Satz 2, Abs. 1 Satz 2 EStG bis zum nächsten Werktag verlängert. Dann wäre die Umsatzsteuervorauszahlung für das IV. Quartal immer als Betriebsausgabe dem wirtschaftlich zugehörigen Jahr zuzurechnen, sofern sie im Folgejahr fristgerecht gezahlt wird, also auch dann, wenn sich die Zahlungsfrist wegen eines Sonnabends, Sonn- oder Feiertags entsprechend verlängert.

Das wäre jedoch zu vernünftig und zu einfach gedacht. Die ständige Rechtsprechung versteht unter "kurzer Zeit" i.S.v. § 11 Abs. 2 Satz 2, Abs. 1 Satz 2 EStGausnahmslos einen Zeitraum von höchstens 10 Tagen. Diese Grenze hält die Rechtsprechung – offenbar aus Gründen der Rechtssicherheit und um einen "Dammbruch" zu verhüten – eisern ein und macht auch für Sondersituationen keine Ausnahme.

6.Dies hat zur Konsequenz, dass die Umsatzsteuervorauszahlung für das IV. Quartal, auch wenn sie im Folgejahr gemäß § 108 Abs. 3 AOfristgerecht gezahlt worden ist, erst im Folgejahr als Betriebsausgabe zu erfassen ist, wenn die Zahlung wegen eines Sonnabends, Sonn- oder Feiertags mehr als 10 Tage nach dem Jahresende geleistet worden ist.

7. Empfehlung: Um diese etwas verwunderliche Rechtsfolge zu vermeiden, bleibt nur übrig, die Umsatzsteuervorauszahlung für das IV. Quartal grundsätzlich immer bis zum 10. Januar des Folgejahres zu zahlen, und zwar auch dann, wenn das Ende der Zahlungsfrist auf einen Sonnabend, Sonn- oder Feiertag fällt und sie sich deshalb auf mehr als 10 Tage verlängert.

 

Link zur Entscheidung

BFH, Urteil vom 11.11.2014 – VIII R 34/12

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