Rz. 1

[Autor/Stand] Beim Ertragswertverfahren ist neben der Höhe der Jahresrohmiete der anzuwendende Vervielfältiger der zweite entscheidende Bewertungsfaktor, weil sich der Grundstückswert nach § 76 BewG durch Anwendung des Vervielfältigers (§ 80 BewG) auf die Jahresrohmiete (§ 79 BewG) ergibt. Die gesetzlich vorgeschriebenen Vervielfältiger ergeben sich aus den Anlagen 3–8 zu § 80 BewG. Sie sind nach folgenden Grundstücksarten gegliedert: Mietwohngrundstücke[2], gemischtgenutzte Grundstücke mit einem gewerblichen Anteil an der Jahresrohmiete bis zu 50 %[3], gemischtgenutzte Grundstücke mit einem gewerblichen Anteil an der Jahresrohmiete von mehr als 50 %[4], Geschäftsgrundstücke[5], Einfamilienhäuser[6], Zweifamilienhäuser[7]. Diese Aufgliederung war wegen der unterschiedlichen Zinssätze und Bewirtschaftungskosten notwendig, die bei Bildung der Vervielfältiger berücksichtigt werden mussten (s. § 78 BewG).

 

Rz. 2

[Autor/Stand] Innerhalb der Grundstücksarten ergeben sich weitere Untergliederungen, die allgemein für die Bewertung eines bebauten Grundstücks von Bedeutung sind. Zunächst wird unterschieden zwischen Massivbauten (Gruppe A), Holzfachwerkbauten mit Ziegelsteinausmauerung (Gruppe B) und Holzfachwerkbauten mit Lehmausfachung (Gruppe C). Diese Untergliederung hängt von der unterschiedlichen Lebensdauer ab, die für Gebäude der angeführten Bauart und Bauweise unterstellt worden ist. Für die Gebäude der Gruppe A wurde eine Lebensdauer von 100 Jahren, für die Gebäude der Gruppe B eine Lebensdauer von 80 Jahren und für die Gebäude der Gruppe C eine Lebensdauer von 60 Jahren zugrunde gelegt.

 

Rz. 3

[Autor/Stand] Jede der drei Bauartengruppen wurde in Abhängigkeit vom Zeitpunkt der Bezugsfertigkeit weiter unterteilt in Altbauten (Bezugsfertigkeit bis 31.3.1924), Neubauten (Bezugsfertigkeit 1.4.1924–20.6.1948) und Nachkriegsbauten (Bezugsfertigkeit nach dem 20.6.1948). Diese Aufgliederung hat ihre Ursache in den nach Baujahrgruppen unterschiedlichen Bewirtschaftungskosten, die bei Bildung der Vervielfältiger berücksichtigt werden mussten.

 

Rz. 4

[Autor/Stand] Außerdem ist die Größe der Gemeinde, in der das zu bewertende Grundstück liegt, für den Wert eines Grundstücks und damit für den anzuwendenden Vervielfältiger von Bedeutung. Dementsprechend mussten bei Bildung der Vervielfältiger zunächst für die Verzinsung des investierten Kapitals (Sollzinsen) und fürdie Abschreibung (Habenzinsen) verschiedene Zinssätze angewendet werden. Zusätzlich ergeben sich je nach Gemeindegröße unterschiedliche Belastungen bei den Bewirtschaftungskosten (s. § 78 BewG Anm. 7 ff.). Demzufolge mussten die Vervielfältigertabellen nach Gemeindegrößenklassen differenziert werden. Da die unterschiedliche Zinsgestaltung und die Höhe der Bewirtschaftungskosten nicht in allen Fällen von der Gemeindegröße abhängen, hat der Gesetzgeber die Landesregierungen ermächtigt, durch Rechtsverordnung zu bestimmen, dass Gemeinden oder Gemeindeteile in eine andere Gemeindegrößenklasse eingegliedert werden, als es ihrer Einwohnerzahl entspricht (vgl. § 80 Abs. 2 BewG; s. Anm. 6).

 

Rz. 5

[Autor/Stand] Die BewRGr enthalten ebenfalls Vervielfältigertabellen.[12] Sie sind anders als die Anlagen 3–8 zum BewG nicht nach Grundstücksarten, sondern nach Gemeindegrößenklassen sortiert. Die Vervielfältigertabellen der BewRGr enthalten zusätzlich die maßgebenden Multiplikatoren zur Berechnung des Bodenwertanteils in Sonderfällen (s. § 78 BewG Anm. 22 ff.). Die Vervielfältigertabellen der BewRGr mit den dazu gehörenden Multiplikatoren zur Berechnung des Bodenwertanteils sind nachstehend abgedruckt (s. Anm. 6):

 

Rz. 6

[Autor/Stand] Anlage 1

Gemeindegröße: bis 2 000 Einwohner

 
Baujahrgruppe Vervielfältiger für
Einfamilienhäuser Zweifamilienhäuser Mietwohngrundstücke gemischtgenutzte Grundstücke Geschäftsgrundstücke
bis zu 50 vH über 50 vH
gewerbl. Anteil
A. bei Massivbauten mit Mauerwerk aus Ziegelsteinen, Natursteinen, Kalksandsteinen, Schwemmsteinen oder ähnlichen Steinen sowie bei Stahl- und Stahlbetonskelettbauten außer bei solchen Bauten, die unter B. fallen
Altbauten            
vor 1895  9,5  8,6  7,2  7,6  7,6 7,8
1895 bis 1899  9,8  8,8  7,4  7,8  7,8 8,0
1900 bis 1904 10,3  9,3  7,8  8,2  8,2 8,3
1905 bis 1915 11,0  9,8  8,3  8,7  8,6 8,7
1916 bis 31.3.1924 11,6 10,3  8,7  9,1  9,0 9,0
Neubauten            
1.4.1924 bis 31.12.1934 13,1 11,6  9,8 10,2  9,7 9,4
1.1.1935 bis 20.6.1948 13,5 11,9 10,2 10,5 10,0 9,6
Nachkriegsbauten            
nach dem 20.6.1948 13,0 11,4  9,8  9,9  9,6 9,4
B. bei Holzfachwerkbauten mit Ziegelsteinausmauerung, Gebäuden aus großformatigen Bimsbetonplatten oder ähnlichen Platten sowie bei anderen eingeschossigen massiven Gebäuden in leichter Bauausführung
Altbauten            
vor 1908  8,7  7,9  6,6  7,0  7,0 7,3
1908 bis 1915  9,1  8,3  6,9  7,3  7,3 7,6
1916 bis 31.3.1924 10,2  9,1  7,7  8,1  8,1 8,2
Neubauten            
1.4.1924 bis 31.12.1934 11,9 10,6  9,0  9,3  9,0 8,8
1.1.1935 bis 20.6.1948 12,7 11,2  9,6  9,9  9,5 9,2
Nachkriegsbauten    

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