Rz. 455

Im Handel werden häufig sog. Süßwarenkombinationsartikel verkauft, die aus Süßwaren (Zuckerwaren, Schokolade) und anderen Artikeln bestehen, z. B. aus Umschließungen, die als Kinderspielzeug verwendbar sind, oder aus sonstigen werbewirksamen Aufmachungen. In solchen Fällen ist zu prüfen, ob die Umschließung oder Aufmachung umsatzsteuerlich als Gegenstand einer Nebenleistung anzusehen ist. Das ist der Fall, wenn die Umschließung oder Aufmachung entweder üblich ist oder keinen dauernden selbstständigen Gebrauchswert hat (Rz. 117ff.). Bei Annahme einer Nebenleistung ist der gesamte Kombinationsartikel steuerbegünstigt. Ist die Umschließung oder Aufmachung jedoch nicht üblich und hat sie einen dauernden selbstständigen Gebrauchswert, so liegt eine Warenzusammenstellung aus verschieden zu tarifierenden Waren vor.

Warenzusammenstellungen i. S. d. Allgemeinen Vorschrift (AV) – 3b des Zolltarifs werden einheitlich nach dem charakterbestimmenden Bestandteil tarifiert, wenn dieser Bestandteil ermittelt werden kann. Warenzusammenstellungen i. S. d. AV 3b sind solche Zusammenstellungen von Waren, die zur Befriedigung eines Bedarfs oder zur Ausübung einer bestimmten Tätigkeit zusammengestellt sind. Dabei ist es unerheblich, ob sie sich hinsichtlich ihrer Verwendungen ergänzen oder ob sie voneinander unabhängig sind. Außerdem müssen die Zusammenstelllungen für den Einzelverkauf aufgemacht sein (z. B. in Schachteln, Kästchen, Klarsichtpackungen usw.). Fällt der charakterbestimmende Bestandteil einer solchen Warenzusammenstellung unter Kap. 17 des Zolltarifs, so kann der ermäßigte Steuersatz nach § 12 Abs. 2 Nr. 1 UStG i. V. m. der Nr. 29 der Anlage 2 des UStG auf die gesamte Warenzusammenstellung angewendet werden (Rz. 129ff.).

 

Rz. 456

Bei Nikolausruten (Weihnachtsruten), die aus einer Birkenrute (d. h. trockenen Birkenzweigen, die auf Länge geschnitten und durch Abbinden zusammengefasst sind) bestehen und mit Süßwaren oder anderen steuerbegünstigten Gegenständen der Anlage 2 des UStG behängt sind, ist die Birkenrute als handelsübliche Aufmachung anzusehen. Darüber hinaus besitzt sie auch keinen dauernden selbstständigen Gebrauchswert und ist deshalb umsatzsteuerlich Gegenstand einer Nebenleistung. Der ermäßigte Steuersatz gilt folglich auch für die mitgelieferte Birkenrute.[1] Die vorstehenden Grundsätze gelten für vergleichbare Süßwarenkombinationsartikel (z. B. Weihnachtsschlitten, Ruten-Stiefel, Hasen-Nester usw.) entsprechend. Die Aufmachung (Schlitten, Stiefel, Nest) ist umsatzsteuerlich Gegenstand einer Nebenleistung, wenn sie als üblich angesehen werden kann oder unabhängig hiervon keinen dauernden selbstständigen Gebrauchswert hat.

 

Rz. 457

Zur Frage des Steuersatzes für Umsätze von Kaugummi und Kleinspielzeug aus Automaten sowie von Wunderkugeln hat die Verwaltung Stellung genommen.[2] Die Verwaltungsauffassung ist durch die Rechtsprechung des FG Nürnberg[3] in vollem Umfang bestätigt worden. Danach ist bei Automaten, die mit Kaugummikugeln und zusätzlich mit Kleinspielzeug (sog. "charms") beschickt sind, jede einzelne Warenabgabe als selbstständiger Umsatz anzusehen. Gegenstand der Lieferung können entweder nur Kaugummikugeln oder nur Kleinspielzeug oder Kaugummikugeln und Kleinspielzeug zusammen sein. Werden nur Kaugummikugeln (Rz. 463) geliefert, ist der ermäßigte Steuersatz anzuwenden. Wird jedoch nur Kleinspielzeug aus dem Automaten gezogen, ist die Lieferung nicht begünstigt. Gibt der Automat nach Einwurf der Geldstücke sowohl Kaugummi als auch Kleinspielzeug ab, sind beide Waren jeweils Gegenstand einer gesonderten Lieferung, wobei die Lieferung des Kaugummis dem ermäßigten Steuersatz und die Lieferung des Kleinspielzeugs dem allgemeinen Steuersatz unterliegt. Kaugummikugeln und Kleinspielzeug aus Automaten sind nicht als Warenzusammenstellung i. S. d. Allgemeinen Vorschrift – AV – 3b des Zolltarifs anzusehen (Rz. 455). Bei der Abgabe dieser Waren liegt eine Aufmachung für den Einzelverkauf nicht vor. Außerdem wird die Zusammenstellung der nach jedem Geldeinwurf abgegebenen Waren nicht durch eine Verpackung kenntlich gemacht.

 

Rz. 458

Bei sog. Wunderkugeln oder Kinderüberraschungen, die aus in der Mitte auseinander nehmbaren Kugeln oder Eiern aus Hartplastik bestehen, in denen sich mehrere Kaugummikugeln oder andere Süßwaren und ein Kleinspielzeug befinden (z. B. ein Spielzeugauto oder ein Fingerring aus Kunststoff), ist die Verwaltung zu dem Ergebnis gekommen, dass diese Waren nach der Kombinierten Nomenklatur nicht als "Warenzusammenstellungen in Aufmachungen für den Einzelverkauf" i. S. d. Allgemeinen Vorschrift (AV) 3b einzureihen seien und somit nur noch der Teil des Entgelts dem ermäßigten Steuersatz unterliegt, der auf die Süßigkeiten entfällt.[4] Diese Tarifauffassung entspricht einer Verordnung der EU-Kommission[5], die die Einreihung einer mit Kaugummibonbons gefüllten Kunststoffpuppe regelt. Wegen der Möglichkeit der Inanspruchnahme einer Vereinfachungsregelung bei Warensortimenten bis einschl...

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