1 Allgemeines

 

Rz. 1

§ 4 VwZG ermöglicht die Zustellung durch die Post oder eines Postdienstleisters mittels Einschreiben. Diese Zustellungsart gilt nur für schriftliche Dokumente, nicht für elektronische, da diese Zustellungsart "Übergabe" oder "Rückschein" voraussetzt. Beide Arten der Bekanntgabe stellt die Post nur für schriftliche Dokumente zur Verfügung.

2 § 4 Abs. 1 VwZG

 

Rz. 2

Die Zustellung durch die Post bzw. Postdienstleisters mittels eingeschriebenen Brief ist gegenüber der Zustellung mit Zustellungsurkunde die einfachere Zustellungsart. Sie begründet jedoch keinen vollen Beweis für die Durchführung der Zustellung, sondern nur eine widerlegbare Vermutung. Diese Zustellungsart gilt jedenfalls für Briefe; die Anwendbarkeit dieser Vorschrift auf Päckchen ist wegen der längeren Postlaufzeit streitig.[1]

Die Zustellung durch Einschreiben kann durch Einschreiben durch Übergabe oder Einschreiben gegen Rückschein erfolgen. In beiden Fällen wird über die Bekanntgabe ein Dokument gefertigt, bei dem Einschreiben gegen Übergabe der Übergabevermerk des Postbediensteten, bei dem Einschreiben gegen Rückschein die Empfangsbestätigung (der Rückschein) des Empfängers. Es bestehen daher schriftliche Beweismittel, wenn die Durchführung der Zustellung bewiesen werden muss. Der Übergabevermerk des Postbediensteten und der Rückschein sind keine öffentlichen Urkunden, erbringen also – anders als die Zustellungsurkunde – einen geringen Grad von Beweis.

Das sog. "Einwurf-Einschreiben" genügt § 4 VwZG nicht[2]; beim Einwurfeinschreiben wird keine Urkunde über die Empfangnahme aufgestellt, sodass die förmlichen Voraussetzungen einer Zustellung nicht erfüllt sind. Das Einwurf-Einschreiben ist Bekanntgabe durch einfachen Brief.[3]

 

Rz. 3

Der eingeschriebene Brief wird dem Empfänger, seinem Ehegatten oder seinem Postbevollmächtigten ausgehändigt. Daneben kann die Sendung auch dem Vermieter der in der Anschrift angegebenen Wohnung übergeben werden.[4]

Dagegen können eingeschriebene Briefe gegen Übergabe und gegen Rückschein nicht durch Niederlegung[5] oder durch Einlegen in den Briefkasten[6] zugestellt werden; die Zustellungsart des § 4 VwZG versagt daher, wenn kein Empfänger oder Empfangsberechtigter angetroffen wird.[7] Wird kein Empfänger angetroffen, wird er benachrichtigt und kann innerhalb von 7 Tagen das Schriftstück am Postamt abholen. Tut er dies nicht, wird das Schriftstück an den Absender zurückgesandt. Die Benachrichtigung und Aufbewahrung beim Postamt ist keine Ersatzzustellung. Wird das Schriftstück von dem Empfänger oder seinem Postbevollmächtigten abgeholt, ist es im Zeitpunkt der Abholung zugestellt. Wird es nicht abgeholt und zurückgesandt, ist die Zustellung fehlgeschlagen, das Schriftstück ist nicht zugestellt.[8] Ist in diesen Fällen nur eine einfache Bekanntgabe, keine Zustellung erforderlich, treten die Wirkungen nach § 122 AO ebenfalls nicht ein, da die Zustellung nicht in eine (einfache) Bekanntgabe umgedeutet werden kann. Die Zustellung gilt aber als erfolgt, wenn der Empfänger die Annahme unberechtigt verweigert.[9]

[1] Für Anwendbarkeit auf Päckchen Sadler/Tillmanns, VwVG/VwZG, 10. Aufl. 2020, § 4 VwZG Rz. 3; dagegen Drüen, in Tipke/Kruse, AO/FGO, § 4 VwZG Rz. 2.
[2] vgl. AEAO, zu § 122 Nr. 3.1.2.
[4] BVerwG v. 19.1.1972, V C 54.70, HFR 1972, 320.
[8] Kugelmüller/Pugh, in Gosch, AO/FGO, § 4 VwZG Rz. 18.
[9] LSG Nordrhein-Westfalen v. 14.6.1989, L 11 Ka 123/88, NJW 1990, 407; gegen diese Annahme aber Sadler/Tilmanns, VwVG/VwZG, 10. Aufl. 2020, § 4 VwZG Rz. 22.

3 § 4 Abs. 2 VwZG

 

Rz. 4

§ 4 Abs. 2 S. 1 VwZG lässt für den Nachweis der Zustellung den Rückschein genügen. Damit erhält die Behörde ein Empfangsbekenntnis des Empfängers, sodass damit die Tatsache und der Zeitpunkt der Zustellung feststehen. Tag der Zustellung ist derjenige Tag, der auf dem Rückschein angegeben worden ist.

Der Rückschein erbringt Beweis über das Datum der Zustellung. Er ist aber keine öffentliche Urkunde nach § 418 ZPO, sondern lediglich eine Privaturkunde i. S. d. § 416 ZPO. Als solche erbringt sie bei Unterschrift der Aussteller den vollen Beweis dafür, dass die in ihr enthaltenen Erklärungen von den Ausstellern abgegeben worden sind. Insoweit gilt jedoch nur eine formelle Beweiskraft. Der Gegenbeweis ist mit den gewöhnlichen Beweismitteln möglich; vgl. AEAO, zu § 122 Nr. 3.1.2.

In allen übrigen Fällen, d. h. insbesondere bei dem Einschreiben gegen Übergabe, aber auch bei dem Einschreiben gegen Rückschein, wenn der Rückschein nicht vorliegt, muss die Behörde grundsätzlich die Tatsache der Zustellung und ihren Zeitpunkt beweisen. Hinsichtlich der Dreitagesfrist ist § 108 Abs. 3 AO in jedem Fall zu beachten.[1] Dazu kann sie die Beweiserleichterung nach § 4 Abs. 2 S. 2 VwZG in Anspruch nehmen. Danach gilt die Zustellung mit dem dritten Tag nach der Aufgabe zur Post als erfolgt. Diese Regelung entspricht § 122 Abs. 2 AO.[2]

Die Vermutung des Zugangs besteht nur, solange k...

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