1 Allgemeines

1.1 Inhalt und Bedeutung

 

Rz. 1

Entgegen seiner Überschrift legt § 271 AO keinen besonderen – von § 270 AO abweichenden – Aufteilungsmaßstab fest, sondern trifft nur nähere ­Bestimmungen darüber, wie die nach § 270 AO ins Verhältnis zu setzenden Steuerbeträge für die einzelnen Gesamtschuldner zu ermitteln sind. Dies war deshalb erforderlich, weil die VSt kein Wahlrecht zwischen Zusammenveranlagung und getrennter bzw. Einzelveranlagung vorsah.[1]

Nr. 1 bestimmt, dass für die Berechnung des Vermögens und der Vermögensteuer von den Vorschriften des BewG und des VStG in der Fassung auszugehen ist, die der Zusammenveranlagung zugrunde gelegen haben.

Nr. 2 ordnet an, dass im Verhältnis zwischen Ehegatten und Lebenspartnern keine von den Eigentumsverhältnissen abweichende Zuordnung von Wirtschaftsgütern des land- und forstwirtschaftlichen Vermögens und des Betriebsvermögens stattfindet.

Nr. 3 regelt die Zuordnung von Schulden, die nicht in wirtschaftlichem Zusammenhang mit bestimmten, einem Gesamtschuldner zugerechneten Wirtschaftsgütern stehen.

[1] Drüen, in Tipke/Kruse, AO/FGO, § 271 AO Rz. 1.

1.2 Anwendungsbereich

 

Rz. 2

Nachdem das BVerfG die Besteuerung des einheitswertgebundenen Grundbesitzes und des zu Gegenwartswerten erfassten Vermögens zu demselben Steuersatz mit Art. 3 Abs. 1 GG für unvereinbar erklärt hat[1] und der Gesetzgeber der Verpflichtung, spätestens bis zum 31.12.1996 eine Neuregelung zu treffen, nicht nachgekommen ist, kann die VSt für spätere Zeiträume nicht mehr festgesetzt und erhoben werden.[2] Obwohl das VStG nicht formell aufgehoben worden ist, hat § 271 AO daher zurzeit keine praktische Bedeutung.

1.3 Verhältnis zu anderen Vorschriften

 

Rz. 3

Da § 271 AO keine abschließende Regelung zur Aufteilung der VSt trifft (s. Rz. 1), ist der sich aus § 270 S. 1 AO ergebende allgemeine Aufteilungsmaßstab auch für die Aufteilung der VSt maßgebend. Die §§ 272-276 AO, auf die in dieser Vorschrift Bezug genommen wird, gelten auch für die VSt. Die in § 270 S. 2 AO angeordnete Maßgeblichkeit der tatsächlichen und rechtlichen Feststellungen, die der Steuerfestsetzung zugrunde gelegt worden sind, gilt auch für die VSt, soweit sich nicht aus § 271 Nr. 2 und 3 AO Abweichungen ergeben.

2 Berechnung des Vermögens und der Vermögensteuer (Nr. 1)

 

Rz. 4

Nach Nr. 1 ist "für die Berechnung des Vermögens und der Vermögensteuer der einzelnen Gesamtschuldner" vorbehaltlich der Abweichungen in den Nrn. 1 und 2 von den Vorschriften des BewG und des VStG in der Fassung auszugehen, die der Zusammenveranlagung zugrunde gelegen hat. Diese Regelung stellt sicher, dass die Summe der den einzelnen Gesamtschuldnern zugerechneten Beträge mit der aufzuteilenden Gesamtschuld übereinstimmt.[1]

Im Rahmen der fiktiven Einzelveranlagungen sind jedem Gesamtschuldner die Vermögenswerte und Schulden zuzuordnen, dem sie nach den allgemeinen Regeln[2] zuzurechnen sind. Diese sind – ggf. unter Berücksichtigung von Freigrenzen und Freibeträgen[3] – mit den Beträgen anzusetzen, die sich aus dem BewG ergeben.

Bei jedem der Gesamtschuldner sind die auf ihn entfallenden Freibeträge nach § 6 VStG zu berücksichtigen. Deshalb ist der Kinderfreibetrag nach § 6 Abs. 2 VStG bei der fiktiven Einzelveranlagung des Kindes zu berücksichtigen und nicht etwa hälftig bei den Eltern abzuziehen. Entsprechend ist mit den Freibeträgen des § 6 Abs. 24 VStG zu verfahren. Können die auf diese Weise zu berücksichtigenden Freibeträge bei einem Gesamtschuldner (z. B. bei einem Kind wegen zu geringen Vermögens) nicht ausgenutzt werden, so dürfen sie nicht übertragen werden. Sie bleiben unberücksichtigt.[4]

[1] Drüen, in Tipke/Kruse, AO/FGO, § 271 AO Rz. 3
[3] Vgl. z. B § 110 BewG in der bis zum 27.12.1996 geltenden Fassung.
[4] h. M.; vgl. z. B. Drüen, in Tipke/Kruse, AO/FGO, § 271 AO Rz. 4; Zeller-Müller, in Gosch, AO/FGO, § 271 AO Rz. 5; Müller-Eiselt, in HHSp, AO/FGO, § 271 AO Rz. 7; Schlücking, DStR 1985, 143.

3 Berichtigung in der Zuordnung (Nr. 2)

 

Rz. 5

Nr. 2 durchbricht die sich aus Nr. 1 ergebende Maßgeblichkeit der Vorschriften des BewG für den Fall, dass Wirtschaftsgüter eines Ehegatten oder Lebenspartners bei der Zusammenveranlagung als land- oder forstwirtschaftliches Vermögen oder als Betriebsvermögen dem anderen Ehegatten oder Lebenspartner zugerechnet worden sind. Dies ist möglich, weil die Zurechnung mehrerer Wirtschaftsgüter zu einer wirtschaftlichen Einheit[1] beim Grundbesitz i. S. der §§ 33-94, 99 und 125-133 BewG nicht dadurch ausgeschlossen wird, dass sie zum Teil dem einen und zum Teil dem anderen Ehegatten oder Lebenspartner gehören.[2]

Diese Zurechnung wird bei der fiktiven Einzelveranlagung nicht übernommen, weil sie das Ergebnis der Verhältnisrechnung verfälschen würde.[3] Abweichend von Nr. 1 werden diese Wirtschaftsgüter dem Ehegatten oder Lebenspartner zugerechnet, dem sie ohne Zusammenveranlagung nach § 39 AO zuzurechnen wären. Sie behalten jedoch nach der besonderen Anordnung der Nr. 2 für die fiktive Steuerberechnung ihre Qualifikation als land- und forstwirtschaftliches Vermögen oder als Betriebsvermögen, au...

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