Rz. 4

Nach § 270 S. 1 AO ist die rückständige Steuer im Verhältnis der Beträge aufzuteilen, die sich bei Einzelveranlagung nach Maßgabe des § 26a EStG ergeben würden. Eine Aufteilung nach dem Verhältnis der Besteuerungsgrundlagen (zu versteuerndes Einkommen, Vermögen) hätte bei der – durch einen progressiven Tarifverlauf gekennzeichneten – ESt den Ehegatten mit dem niedrigeren Einkommen benachteiligt.[1]

Bei den fiktiven Einzelveranlagungen sind jedem Ehegatten die Besteuerungsgrundlagen zuzurechnen, die ihm bei der Zusammenveranlagung zugeordnet worden sind. Soweit ausdrückliche Regelungen[2] fehlen, sind die Besteuerungsgrundlagen demjenigen Ehegatten zuzurechnen, in dessen Person der jeweilige Tatbestand verwirklicht worden ist. Ist eine rückständige Steuer aufzuteilen, die nach geschätzten Besteuerungsgrundlagen festgesetzt worden ist, sind die für die Ehegatten geschätzten Beträge auch bei den fiktiven Einzelveranlagungen anzusetzen.[3] Die beiden sich dabei nach dem Grundtarif ergebenden Steuerbeträge bilden das Verhältnis, nach dem die aus der Zusammenveranlagung resultierende rückständige Steuer aufgeteilt wird (vgl. dazu das Bsp. in Rz. 5).

In dem seltenen Ausnahmefall, dass die Einzelveranlagungen Steuerfestsetzungen von jeweils 0 EUR ergeben, die Zusammenveranlagung jedoch zu einer Steuerschuld führt, ist die rückständige Steuer hälftig aufzuteilen.[4]

 

Rz. 5

 
Praxis-Beispiel
 
Ermittlung des Verhältnisses durch fiktive Einzelveranlagungen
Eine Steuerfestsetzung im Weg der Zusammenveranlagung
ergibt nach einem zu versteuernden Einkommen von 102.840 EUR
gemäß Splittingtarif 2023 eine ESt von 23.746 EUR
Hierauf sind durch Vorauszahlungen gezahlt 20.736 EUR
Aufzuteilende rückständige ESt 3.010 EUR
Das zu versteuernde Einkommen des Ehegatten A von 65.726 EUR
ergibt gemäß Grundttarif 2023 eine ESt von 17.631 EUR
und das zu versteuernde Einkommen des Ehegatten B von 37.114 EUR
gemäß Grundtarif 2023 eine ESt von 6.886 EUR
Die Summe der ESt-Beträge aus den fiktiven Einzelveranlagungen beträgt damit 24.517 EUR
   
Die Aufteilung der rückständigen Steuer von 3.010 EUR
ergibt für A einen Anteil von 17.631/24.517 = 2.164,59 EUR
und für B einen Anteil von 6.886/24.517 = 845,41 EUR
[2] Wie z. B. in § 26a Abs. 2 EStG.
[3] Ebenso Schlücking, DStR 1985, 142.
[4] Drüen, in Tipke/Kruse, AO/FGO, § 270 AO Rz. 4; Müller-Eiselt, in HHSp, AO/FGO, § 270 AO Rz. 8; Zeller-Müller, in Gosch, AO/FGO, § 270 AO Rz. 5.

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