Rz. 2

Nach § 224 Abs. 1 S. 1 AO sind Zahlungen an eine Finanzbehörde "an die zuständige Kasse" zu entrichten. Damit ist die Kasse der jeweils zuständigen Finanzbehörde gemeint. Allerdings muss nicht jede Finanzbehörde eine eigene Kasse einrichten. Vielmehr kann in einer Rechtsverordnung nach § 17 Abs. 2 FVG auch die Zuständigkeit einer zentralen Kasse für mehrere FÄ bestimmt sein.[1] Ist aufgrund einer entsprechenden Regelung nicht das Veranlagungsfinanzamt, sondern ein anderes FA für die Erledigung der Kassengeschäfte zuständig, schließt eine Zahlung innerhalb der Zahlungsfrist an das Veranlagungsamt (etwa durch Übersendung eines Schecks) einen Säumnizuschlag nicht aus.[2]

Zulässige Zahlungswege sind, wie sich aus § 224 Abs. 2 AO ergibt, Zahlungen in bar, per Scheck oder durch Überweisung sowie der Einzug aufgrund einer Einzugsermächtigung im SEPA-Lastschriftverfahren. Nach § 224 Abs. 4 AO kann die Kasse der Finanzbehörde allerdings für Bareinzahlungen geschlossen werden (s. dazu Rz. 11). Vorbehaltlich einer solchen Schließung sind Zahlungsmittel nach § 224 Abs. 1 S. 2 AO grundsätzlich dem zuständigen Amtsträger im Kassenraum zu übergeben. Zahlungen an Beamte außerhalb des Kassenraums, sowohl innerhalb als auch außerhalb des Dienstgebäudes, haben danach grundsätzlich keine schuldbefreiende Wirkung.[3] Eine Ausnahme gilt nach § 224 Abs. 1 S. 2 AO für Amtsträger, die zur Entgegennahme von Zahlungen außerhalb des Kassenraums besonders ermächtigt sind und sich hierüber ausweisen können.[4]

 

Rz. 3

Nach § 48 Abs. 1 AO können Steuerzahlungen auch durch Dritte geleistet werden. Dadurch erlischt der Anspruch aus dem Steuerschuldverhältnis, wenn er nicht ausnahmsweise auf den Zahlenden übergeht.[5] Eine schuldbefreiende Zahlung durch einen Dritten liegt aber nur vor, wenn der Dritte den Willen hat, eine fremde Schuld zu tilgen, nicht wenn er auf eine vermeintlich oder tatsächlich bestehende eigene Schuld zahlt.[6] U. a. wird ein Haftungsschuldner regelmäßig auf seine eigene (Haftungs-)Schuld zahlen wollen, dagegen nicht auf die Steuerschuld, für die er haftet.[7]

Bei mehreren Ansprüchen der Finanzbehörde gegen denselben Stpfl. übt der leistende Dritte (nicht der Stpfl.) das Tilgungsbestimmungsrecht nach § 225 Abs. 1 AO aus.[8] Die Zahlung durch einen Dritten hat auch dann Erfüllungswirkung, wenn der Schuldner widerspricht. Ob § 267 Abs. 2 BGB, wonach der Gläubiger die Leistung ablehnen kann, wenn der Schuldner widerspricht, im Steuerrecht gilt, ist umstritten.[9]

Eine befreiende (privative) Schuldübernahme[10] kommt im Steuerrecht nicht in Betracht, da die Steuergesetze zwingend festlegen, wer Schuldner eines Anspruchs aus dem Steuerrechtsverhältnis ist; dies zu ändern steht nicht in der Macht der Beteiligten.[11] Eine Schuldübernahme kann daher nur zum Schuldbeitritt des Übernehmers und zu einer Erstattungspflicht im Innenverhältnis führen (kumulative Schuldübernahme).

 

Rz. 4

Zahlungen unter Vorbehalt sind in der AO nicht vorgesehen. Kommt es dazu, ist durch Auslegung zu ermitteln, was der Zahlende wollte.

Die Auslegung wird häufig ergeben, dass der Stpfl. sich lediglich Rechtsbehelfe vorbehalten wollte. In diesem Fall lässt der Vorbehalt die Erfüllungswirkung unberührt.[12] Im letztgenannten Fall kann der Vorbehalt regelmäßig noch nicht als Rechtsbehelf gewertet werden.[13]

Ergibt die Auslegung der Zahlung "unter Vorbehalt" dagegen, dass sich der Zahlende die jederzeitige Rückforderung vorbehalten wollte, ist die Rechtslage unsicher. Nach dem BFH beeinflusst ein entsprechender Vorbehalt die Wirksamkeit der geleisteten Zahlung nicht.[14] Die beiden letztgenannten Urteile könnten allerdings auch Fälle betreffen, in denen die Auslegung ergibt, dass sich der Zahlende lediglich Rechtsbehelfe vorbehalten wollte – der BFH äußert sich zu dieser Auslegungsfrage nicht ausdrücklich.

In der Literatur wird dagegen vertreten, dass der Zahlende bei Zahlung unter Vorbehalt der jederzeitigen Rückforderung keinen Tilgungswillen habe, sodass Erfüllung nicht eintrete. Vielmehr entstehe ein Erstattungsanspruch[15], gegen den die Finanzbehörde u. U. aufrechnen könne.[16] Ergibt die Auslegung einer Zahlung unter Vorbehalt, dass sich der Stpfl. nur die Entscheidung darüber vorbehalten wollte, welche von mehreren bestehenden Steuerschulden getilgt werden sollte[17], hat die Zahlung vorläufig keine Erfüllungswirkung; diese tritt erst mit Wirksamwerden der Bestimmungserklärung ein.[18]

Verbindet der Stpfl. seine Zahlung mit "Auflagen" zur Verwendung der gezahlten Mittel (etwa aus Gewissensgründen), tritt Zahlungswirkung ein – ohne Bindung der Finanzbehörde an die "Auflagen".[19]

 

Rz. 5

Etwaige Kosten des Zahlungsvorgangs hat nach § 270 Abs. 1 BGB der Zahlende zu tragen; dies gilt auch, wenn das FA aufgrund der Regelung in § 224 Abs. 4 AO seine Finanzkasse für die Übergabe von Zahlungsmitteln geschlossen hat (s. dazu Rz. 11), und wenn das in diesem Zuge vom FA zur Entgegennahme von Barzahlungen ermächtigte Kreditinstitut für die Bareinzahlung eine Gebühr e...

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