Rz. 38

Nach § 357 Abs. 3 S. 2 AO soll in dem Einspruch "angegeben werden, inwieweit der Verwaltungsakt angefochten und seine Aufhebung beantragt wird". Eine Verpflichtung zur Angabe des Umfangs besteht damit nicht ("soll").[1] Auch ein genauer Antrag, mit dem der Einspruchsführer eine bestimmte Änderung des angefochtenen Verwaltungsakts begehrt, ist dementsprechend nicht zwingend.

 

Rz. 39

Die Angabe, inwieweit der Verwaltungsakt angefochten und seine Aufhebung beantragt wird, kann durch eine ausdrückliche Bezeichnung der entsprechenden Streitpunkte erfolgen. Es reicht aber auch aus, auf eine mit dem Einspruch eingereichte Steuererklärung Bezug zu nehmen.[2]

 

Rz. 40

Die Finanzbehörde, die über den Einspruch zu entscheiden hat, ist nach § 367 Abs. 2 S. 1 AO verpflichtet, die Sache in vollem Umfang erneut zu prüfen. Die Pflicht trifft sie unabhängig von einem Antrag des Einspruchsführers. Der Stpfl. kann deshalb durch seinen bestimmten Antrag keine Einschränkung des Prüfungsumfangs erreichen, denn die Finanzbehörde ist grds. nicht an dessen Angaben gebunden, inwieweit der Verwaltungsakt angefochten wird.[3]

 

Rz. 41

Etwas anderes gilt jedoch bei Feststellungsbescheiden i. S. d. §§ 179, 180 AO, z. B. Gewinnfeststellungs- oder Einheitswertbescheiden.[4] Bei diesen stellen die gesondert festgestellten Besteuerungsgrundlagen rechtlich selbstständige Regelungen dar, die – unabhängig von ihrer Einordnung als eigenständiger Verwaltungsakt[5] – getrennt angefochten und bestandskräftig werden können, soweit sie eine rechtlich selbstständige Würdigung enthalten und eines rechtlich selbstständigen Schicksals fähig sind.[6]

Ein Einspruch gegen einen Feststellungsbescheid kann sich somit auch nur gegen einzelne Feststellungen richten, während hinsichtlich der anderen, nicht mit dem Einspruch angefochtenen Feststellungen mit Ablauf der Einspruchsfrist eine Teilbestandskraft eintritt.

Will der Stpfl. nur bestimmte Feststellungen mit seinem Einspruch angreifen, so muss er dies klar und unmissverständlich zum Ausdruck bringen. Im Zweifel gilt der Feststellungsbescheid jedoch in vollem Umfang als angefochten.[7]

 

Rz. 42

Fehlt dem Einspruchsschreiben des Stpfl. jegliche Angabe darüber, inwieweit der Verwaltungsakt angefochten werden soll, führt dies regelmäßig zu einer Einschränkung der Aufklärungspflicht der Finanzbehörde nach § 365 Abs. 1 AO i. V. m. § 88 AO.[8] Es reicht dann aus, dass sie eine Überprüfung der Sache in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht anhand der Aktenlage vornimmt.[9] Ein Fehlen von Angaben zum Umfang des Einspruchs darf zwar nicht zur Folge haben, dass die Finanzbehörde den Einspruch wegen fehlender Beschwer nach § 350 AO als unzulässig verwirft.[10] Ohne konkrete Hinweise des Stpfl. besteht aber die Gefahr, dass bei der Überprüfung die evtl. Rechtswidrigkeit nicht erkannt und der Einspruch als unbegründet zurückgewiesen wird.[11] Es empfiehlt sich daher trotz der fehlenden Verpflichtung in dem Einspruch auszuführen, inwieweit dieser angefochten wird. Dies kann jedoch – bei eingelegtem Einspruch – auch noch nach dem Ablauf der Einspruchsfrist bis zur Beendigung des Einspruchsverfahrens erfolgen.[12]

 

Rz. 43

Auf den Umfang der Festsetzungsverjährung hat die Beschränkung des Einspruchsbegehrens nach der Einfügung des § 171 Abs. 3a AO keinen Einfluss mehr.[13] Etwas anderes galt noch nach § 171 Abs. 3 AO a. F., nach dem bei vor Ablauf der Festsetzungsfrist gestellten Anträgen die Festsetzungsfrist "insoweit" nicht ablief, bevor über den Antrag unanfechtbar entschieden worden war. Als Anträge waren auch Einsprüche erfasst, sodass durch eine Beschränkung des Einspruchsbegehrens auch der Umfang der Ablaufhemmung beeinflusst werden konnte.[14] Durch das Gesetz zur Bereinigung von steuerlichen Vorschriften (Steuerbereinigungsgesetz 1999)[15] wurde § 171 Abs. 3 AO jedoch auf Anträge außerhalb des Einspruchs- und Klageverfahrens begrenzt und für Einsprüche die Regelung des § 171 Abs. 3a AO eingeführt, nach dem der Ablauf der Festsetzungsverjährung im Falle eines Einspruchs nunmehr ausdrücklich hinsichtlich des gesamten Steueranspruchs gehemmt wird. Eine Beschränkung der Ablaufhemmung ist nunmehr nur noch über einen Antrag auf schlichte Änderung nach § 172 Abs. 1 Nr. 2a AO möglich.

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