Rz. 10

Das Sachwertverfahren i. S. d. §§ 2123 ImmoWertV 2010 kann in der Verkehrswertermittlung insbesondere dann zur Anwendung kommen, wenn im gewöhnlichen Geschäftsverkehr – marktüblich – der Sachwert und nicht die Erzielung von Erträgen für die Preisbildung ausschlaggebend ist.[1] Noch tiefergehender formuliert kommt das Sachwertwertverfahren dann zur Anwendung, wenn die neuzeitlichen Ersatzbeschaffungskosten des Wertermittlungsobjekts nach den Gepflogenheiten des gewöhnlichen Geschäftsverkehrs preisbestimmend sind.[2]

Dies ist insbesondere bei selbstgenutzten Ein- und Zweifamilienhäusern der Fall, bei denen nicht der erzielbare Ertrag, sondern ein besonderer persönlicher Nutzen im Vordergrund steht.

In Fachkreisen ist umstritten, ob und inwieweit das Sachwertverfahren – wie in der SW-RL ausgeführt – auch zur Überprüfung bzw. Würdigung anderer Verfahrensergebnisse i. S. d. § 8 Abs. 1 S. 3 ImmoWertV 2010 in Betracht kommen kann. Wenn die Objekte im gewöhnlichen Geschäftsverkehr nicht unter Sachwertgesichtspunkten gehandelt werden, erscheint eine Überprüfung mittels des Sachwertes nicht marktgerecht. Der Sachwert kann jedoch in Einzelfällen ein Indiz hinsichtlich einer zutreffenden oder eben einer unzutreffenden Wertermittlung sein.

Nicht anzuwenden ist das Sachwertverfahren auf Wertermittlungsobjekte, die nicht mehr wirtschaftlich nutzbar sind[3], z. B. auf abbruchreife oder funktionslose bauliche Anlagen. Wirtschaftlich nutzbar sind nur solche baulichen und sonstigen Anlagen, die eine wirtschaftliche Restnutzungsdauer[4] aufweisen.[5]

 

Rz. 11

Ausgangspunkt für die Ermittlung des Sachwerts sind die gewöhnlichen Kosten, die unter Berücksichtigung der am Wertermittlungsstichtag vorliegenden wirtschaftlichen Rahmenbedingungen für die Neuerrichtung einer entsprechenden baulichen Anlage aufzubringen wären. Insoweit geht das Sachwertverfahren nicht von Rekonstruktions- bzw. Reproduktionskosten, sondern von neuzeitlichen Ersatzbeschaffungskosten aus.[6]

Gleichwohl ist das in der ImmoWertV geregelte Sachwertverfahren nicht eine allein an Baukosten orientierte Rechenmethode, sondern eine marktkonforme, in die Zukunft gerichtete Verkehrswertermittlung. Abgesehen davon, dass bereits mit den Modellparametern wirtschaftliche Gesamt- und Restnutzungsdauer zur Bestimmung der Alterswertminderung Sichtweisen des Grundstücksmarktes berücksichtigt werden, wird die Marktanpassung des vorläufigen Sachwerts durch die Ermittlungsschritte

konsequent in die Sachwertermittlung integriert.

 

Rz. 12

Im Sachwertverfahren nach den §§ 2123 ImmoWertV 2010 ist i. S. d. § 21 ImmoWertV 2010 zunächst

  • der (vorläufige) Sachwert der baulichen Anlagen (ohne Außenanlagen) ausgehend von den gewöhnlichen (durchschnittlichen) Herstellungskosten unter Berücksichtigung der Alterswertminderung,
  • der (vorläufige) Sachwert der baulichen Außenanlagen und der sonstigen Anlagen nach Erfahrungssätzen oder nach gewöhnlichen Herstellungskosten (ggf. unter Berücksichtigung der Alterswertminderung) und
  • der Bodenwert nach § 16 ImmoWertV 2010

zu ermitteln.

Die Summe aus den (vorläufigen) Sachwerten der baulichen Anlagen und der baulichen Außenanlagen und sonstigen Anlagen sowie dem Bodenwert ergibt den vorläufigen Sachwert des Grundstücks.

  • Durch Multiplikation mit einem zutreffenden – empirisch aus dem Grundstücksmarkt abgeleiteten – Sachwertfaktor wird der vorläufige Sachwert des Grundstücks an die allgemeinen Wertverhältnisse auf dem örtlichen Grundstücksmarkt angepasst (marktangepasster vorläufiger Sachwert[7]

Nach der Marktanpassung sind ggf. vorhandene besondere objektspezifische Grundstücksmerkmale i. S. d. § 8 Abs. 2 Nr. 2 i. V. m. Abs. 3 ImmoWertV 2010 durch marktkonforme Zu- oder Abschläge zu berücksichtigen, um zum Sachwert des Grundstücks zu gelangen.

Der so ermittelte Sachwert des Grundstücks entspricht regelmäßig dem Verkehrswert. Liegen aus zusätzlich angewandten Wertermittlungsverfahren abweichende Ergebnisse vor, so sind diese nach § 8 Abs. 1 S. 3 ImmoWertV 2010 bei der Ermittlung des Verkehrswerts entsprechend ihrer Aussagefähigkeit und unter Beachtung der Lage auf dem Grundstücksmarkt zu würdigen (Würdigung des Verfahrensergebnisses).

Der Verfahrensablauf des Sachwertverfahrens nach den §§ 2123 ImmoWertV 2010 lässt sich schematisch wie folgt darstellen:[8]

 

Rz. 13

Zur Ermittlung des (vorläufigen) Sachwerts der baulichen Anlagen (ohne Außenanlagen) ist gemäß § 21 Abs. 2 ImmoWertV 2010 von den Herstellungskosten i. S. d. § 22 ImmoWertV 2010 auszugehen.

(vorläufiger) Sachwert der baulichen Anlagen

Hinsichtlich einer detaillierten Kommentierung der einzelnen Verfahrensschritte zur Ermittlung des (vorläufigen) Sachwerts der baulichen Anlagen nach der ImmoWertV 2010 s. ErbSt...

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