Rz. 26

Das Ertragswertverfahren nach den §§ 252ff. BewG wurde in Anlehnung an das vereinfachte Ertragswertverfahren nach § 29 ImmoWertV[1] (Rz. 19ff.) geregelt.[2] Das vereinfachte Ertragswertverfahren gehört zu den Standardverfahren zur Ermittlung des Verkehrswerts (Ertragswerts) von bebauten Grundstücken im Ertragswertverfahren (Rz. 16).

Infolgedessen wird in § 252 S. 1 BewG, der Eingangsnorm zum Ertragswertverfahren nach den §§ 252257 BewG, systematisch bestimmt, dass sich der Grundsteuerwert im Ertragswertverfahren aus der Summe des kapitalisierten Reinertrags des Grundstücks nach § 253 BewG (Barwert des Reinertrags) und des abgezinsten Bodenwerts nach § 257 BewG ermittelt.

typisiertes Ertragswertverfahren nach BewG

 

Rz. 27

Erweitert formuliert, ermittelt sich der Grundsteuerwert (typisierte Ertragswert) am Bewertungsstichtag (Feststellungszeitpunkt) im Ertragswertverfahren nach den §§ 252ff. BewG, in dem

  • der jährliche Reinertrag des Grundstücks gem. § 253 BewG (ohne Aufspaltung in einen Boden- und Gebäudeertragsanteil) über die Restnutzungsdauer des Gebäudes zum Barwert des Reinertrags kapitalisiert und
  • der Bodenwert gem. § 257 BewG in einer über die Restnutzungsdauer des Gebäudes abgezinsten Größenordnung dem Barwert des Reinertrags ergänzend hinzugerechnet wird.

Für die Kapitalisierung des jährlichen Reinertrags des Grundstücks (Ertragsanteile für Grund und Boden sowie Gebäude) gem. § 253 BewG und die Abzinsung des Bodenwerts nach § 257 BewG sind jeweils die Restnutzungsdauer des Gebäudes und der derselbe grundstücksartbezogene Liegenschaftszinssatz (§ 256 BewG) maßgeblich.

Der jährliche Reinertrag des Grundstücks wird durch Abzug der – nicht umlagefähigen – Bewirtschaftungskosten (§ 255 BewG) vom jährlichen Rohertrag des Grundstücks (§ 254 BewG) ermittelt (§ 253 Abs. 1 BewG). Mit dem Ansatz des Rohertrags gem. § 254 BewG sind i. S. d. des § 252 S. 2 BewG auch die Werteinflüsse der baulichen Außenanlagen und sonstigen Anlagen im Ertragswertverfahren erfasst (vgl. Rz. 32).

Im Rahmen der Kapitalisierung der Reinerträge des Grundstücks wird unterstellt, dass ein Gebäude über die Zeit seiner angenommenen wirtschaftlichen Restnutzungsdauer nachhaltig Reinerträge erwirtschaftet. Dies trägt der Tatsache Rechnung, dass der Ertragswert – entsprechend dem Prinzip einer Sollertragsteuer (§ 243 BewG Rz. 2) – maßgeblich durch den Nutzen bestimmt wird, den das Grundstück seinem Eigentümer ermöglicht (Rz. 12). Um für die nachhaltigen Reinerträge des Grundstücks (Ertragsanteile für Grund und Boden sowie Gebäude) im Feststellungszeitpunkt einen Wert zu bestimmen, werden diese über die Restnutzungsdauer des Gebäudes im Wege einer Zeitrente kapitalisiert (Barwert des Reinertrags). Finanzmathematisch handelt es sich hierbei um einen Zeitrentenbarwertfaktor einer jährlich nachschüssig zahlbaren Rente, wobei als Rente die jährlich anfallenden Reinerträge des Grundstücks anzusehen sind (Rz. 22).

Der Wert des Grund und Bodens ist grundsätzlich eine stete Größe, die nur allgemeinen Wertschwankungen unterworfen ist. Die dem Grund und Boden zuzurechnenden Erträge bzw. Verzinsungsanteile des Bodenwerts sind daher grundsätzlich über eine unbegrenzte Nutzungsdauer als "ewige Rente" zu kapitalisieren (Barwert einer ewigen Rente). Zum Ablauf der wirtschaftlichen Restnutzungsdauer des Gebäudes wird daher unterstellt, dass ein Wert für den Grund und Boden verbleibt, der dem Wert des Grund und Bodens im Feststellungszeitpunkt entspricht. Dieser verbleibende Wert ist dann über die wirtschaftliche Restnutzungsdauer des Gebäudes auf den Feststellungszeitpunkt abzuzinsen und als komplementärer Restwert dem kapitalisierten Reinertrag des Grundstücks (Barwert des Reinertrags) hinzuzurechnen. Die Abzinsung des Bodenwerts ist zur Vermeidung einer Doppelberücksichtigung des bereits im Rahmen der Kapitalisierung des Reinertrags des Grundstücks über die wirtschaftliche Restnutzungsdauer des Gebäudes erfassten Ertragswertanteils für den Grund und Boden erforderlich (vgl. Rz. 19, 20).

Besondere objektspezifische Grundstücksmerkmale i. S. d. § 8 Abs. 3 ImmoWertV werden im Rahmen dieser typisierenden Wertermittlung nicht gesondert ermittelt und berücksichtigt (Rz. 23).[3]

Liegt der Mindestwert für ein bebautes Grundstück nach § 251 BewG (§ 251 BewG Rz. 11) über dem Verfahrensergebnis ist der Mindestwert – ggf. nach Abrundung gem. § 230 BewG – als Grundsteuerwert festzustellen.

 

Rz. 28

einstweilen frei

[1] In den Gesetzesmaterialien wird insoweit noch auf den inhaltsgleichen § 17 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 ImmoWertV 2010 Bezug genommen.
[2] S. Begründung zum Entwurf eines Grundsteuer-Reformgesetzes, zu § 252 BewG, BT-Drs. 19/11085, 112.
[3] S. A 252 Abs. 2 AEBewGrSt; s. auch Begründung zum Entwurf eines Grundsteuer-Reformgesetzes, zu § 252 BewG, BT-Drs. 19/11085, 114.

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