Rz. 22

Finanzmathematisch lässt sich die Formel für das vereinfachte Ertragswertverfahren (Rz. 21), die sowohl Elemente der Kapitalisierung als auch der Abzinsung enthält, wie folgt erklären:

Abzinsung des Bodenwerts (BW x AF):

Im Wege der Abzinsung oder auch Diskontierung genannt, wird ermittelt, welchen Wert ein zukünftiges Kapital (Kn = Endwert des Kapitals) durch Abzug aller Zins- und Zinseszinsen bezogen auf den Wertermittlungsstichtag hat (K0 = Anfangswert bzw. Barwert des Kapitals).

Ein erst in der Zukunft verfügbares Kapital, ist weniger wert, als ein sofort verfügbares Kapital. Wird z. B. ein Kapital in Höhe von 10.000 EUR über 1 Jahr zu einem Zinssatz von 5 % angelegt, ergibt sich nach einem Jahr ein Kapital in Höhe von 10.500 EUR. Umgekehrt betrachtet sind diese 10.500 EUR auf den Zeitpunkt des Beginns der Anlage bezogen nur 10.000 EUR wert (10.500 EUR / 1,05 = 10.000 EUR).

Wird die Anlagedauer in dem vorgenannten Beispiel auf 2 Jahre verlängert, beträgt der Endwert des Kapitals nach 2 Jahren 11.025 EUR (10.000 EUR x 1,05 x 1,05 bzw. 10.000 EUR x 1,05²). Der auf den Beginn der Anlage bezogene Anfangswert bzw. der Barwert des Kapitals bleibt hingegen unverändert bei 10.000 EUR (11.025 EUR / 1,05²).

Hieraus lässt sich folgende Formel ableiten:

 
Anfangswert (Barwert des Kapitals) = Endwert des Kapitals
qn

Der Barwert des Kapitals zum Wertermittlungsstichtag ergibt sich aus der Abzinsung des Endwerts des Kapitals (in der Zukunft), indem dieses durch qn, dividiert wird,

 
wobei q = 1 + p  
100  

ist.

 
p = Zinsfuß (p = 100 × Liegenschaftszinssatz)
n = Anzahl der Jahre

Die vorgenannte Formel lässt sich – wie in § 34 Abs. 3 ImmoWertV – auch wie folgt anders darstellen:

Abzinsungsfaktor (AF) =

wobei q = 1 + LZ (LZ = )

LZ= Zinssatz (Liegenschaftszinssatz)

n = Restnutzungsdauer

p = Zinsfuß

Dieser Abzinsungsfaktor wird im vereinfachten Ertragswertverfahren unmittelbar zur Abzinsung des Bodenwerts über die wirtschaftliche Restnutzungsdauer der baulichen Anlagen auf den Wertermittlungsstichtag angewendet.

Kapitalisierung der jährlichen Reinerträge des Grundstücks (RE x KF):

Im Wege der Kapitalisierung wird im Rahmen des vereinfachten Ertragswertverfahrens der Anfangswert bzw. der auf den Wertermittlungsstichtag bezogene Barwert einer jährlich nachschüssigen Zeitrente, wie sie bezüglich des jährlichen Reinertrags des Grundstücks über die Restnutzungsdauer der baulichen Anlagen angenommen wird, bestimmt.

Bei regelmäßigen periodischen Zahlungen mit feststehender Laufzeit spricht man von einer Zeitrente. Werden die vorgenannten Zahlungen jeweils am Ende eines Jahres gezahlt, handelt es sich um eine jährlich nachschüssige Zeitrente.

Der Anfangswert bzw. der Rentenbarwert (Barwert einer Rente) ist der aktuelle (d. h. auf den Wertermittlungsstichtag bezogene) Wert der in Zukunft zu leistenden Rentenzahlungen (jährlichen Reinerträge) unter Berücksichtigung der Zinsen und Zinseszinsen.

Der Zeit(-Rentenbarwert) einer jährlich nachschüssigen Zeitrente ermittelt sich aus der Summe aller auf den Wertermittlungsstichtag abgezinsten, einzelnen Zahlungen (R). Hiernach ermittelt sich der Zeit(-Rentenbarwert) für eine jährlich nachschüssige Rente in Höhe von 10.000 EUR über 3 Jahre bei einem Zinssatz von 5 % wie folgt:

Zeit(-Rentenbarwert) zum Wertermittlungsstichtag = 10.0000 EUR / 1,05 + 10.000 EUR / 1,05² + 10.000 EUR / 1,05³ = 9.523,81 EUR + 9.070,29 EUR + 8.638,38 EUR = 27.232,48 EUR.

Die allgemeine Formel hierzu lautet:

Barwert am Wertermittlungsstichtag = R × q-1 + R × q-2 + R × q-3 + … R × q-n

wobei

ist.

 
p = Zinsfuß (p = 100 × Liegenschaftszinssatz)
n = Anzahl der Jahre

Durch einige elementare Umformungen wurde hieraus der in § 34 Abs. 2 ImmoWertV dargestellte Kapitalisierungsfaktor entwickelt:

Kapitalisierungsfaktor (KF) =

wobei

ist.

 
p = Zinsfuß (p = 100 × Liegenschaftszinssatz)
n = Anzahl der Jahre

Für das vorgenannte Beispiel errechnet sich hieraus der gleiche Barwert zum Wertermittlungsstichtag:

Es gilt der Grundsatz, je niedriger der Zinssatz, desto höher ist der Kapitalisierungsfaktor und damit der Barwert. Umgekehrt verringert sich der Kapitalisierungsfaktor und der Barwert mit steigendem Zinssatz. Dem Zinssatz (in der Ertragswertermittlung dem Liegenschaftszinssatz) kommt damit eine bedeutende Rolle im Rahmen der Verkehrswertermittlung zu. Bei längeren Restnutzungsdauern der baulichen Anlagen am Wertermittlungsstichtag führt bereits eine geringfügige Absenkung des Liegenschaftszinssatzes zu deutlich höheren Barwerten der jährlichen Reinerträge.

Die vorstehend dargestellte Formel des Barwertfaktors für die Kapitalisierung geht von jährlich nachschüssig anfallenden Reinerträgen aus. In der Praxis werden die Mieten i. d. R. jedoch vorschüssig am Monatsanfang gezahlt. Infolge des tatsächlichen Zahlungsflusses wird vereinzelt eine Umstellung des Kapitalisierungsfaktors in der ImmoWertV auf eine jährlich oder monatlich vorschüssige Zahlungsweise eingefordert.

Die Anwendung eines Zeitrentenbarwertfaktors für eine jährlich nachschüssig zahlbare Rent...

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