Rz. 11

Die Tatbestände in § 5 GrStG unterscheiden sich nach Wohnräumen und Wohnungen.

Grundbesitz, der Wohnzwecken dient, ist grundsätzlich steuerpflichtig. In den in § 5 Abs. 1 Nr. 1-4 GrStG geregelten Ausnahmefällen bleibt für Wohnräume, die für steuerbegünstigte Zwecken nach §§ 3, 4 GrStG und zugleich für Wohnzwecke benutzt werden, die Befreiung von der Grundsteuer jedoch erhalten. Es sei denn, es handelt sich um Wohnungen. Wohnungen sind – abgesehen von dem Ausnahmefall des § 3 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 GrStG (Dienstwohnungen der Geistlichen und Kirchendiener; § 3 GrStG Rz. 81, 82) – gem. § 5 Abs. 2 GrStG stets steuerpflichtig.

 
Hinweis

Zum Grundverständnis des § 5 GrStG und vor Prüfung der weiteren Tatbestandsvoraussetzungen für eine Steuerbefreiung, ist es daher unerlässlich, zu klären, ob es sich um eine Wohnung oder um einen Wohnraum handelt.

Im Rahmen des Grundsteuer-Reformgesetzes v. 26.11.2019[1] wurde die Wohnung im bewertungsrechtlichen Sinn für Zwecke der Grundsteuer in § 249 Abs. 10 BewG definiert. Dieser Wohnungsbegriff ist auch für die Anwendung des § 5 GrStG maßgeblich.

Eine Wohnung ist hiernach in der Regel die Zusammenfassung mehrerer Räume, die in ihrer Gesamtheit so beschaffen sein müssen, dass die Führung eines selbstständigen Haushalts möglich ist. Diese Räume müssen eine von anderen Wohnungen oder Räumen, insbesondere Wohnräumen, baulich getrennte, in sich abgeschlossene Wohneinheit bilden und einen selbstständigen Zugang haben. Darüber hinaus ist es erforderlich, dass die für die Führung eines selbstständigen Haushalts notwendigen Räume (Küche, Bad oder Dusche, Toilette) vorhanden sind. Die Wohnfläche soll mindestens 20 m² aufweisen. Bei einer noch geringeren Wohnfläche wird im Einzelfall zu prüfen sein, ob nach der Verkehrsauffassung noch von einer Wohnung ausgegangen werden kann (z. B. bei sog. Tiny-Häusern).

Dieser Wohnungsbegriff weicht insbesondere hinsichtlich der Mindestgröße von dem für die Grundbesitzbewertung für Zwecke der Erbschaft- und Schenkungsteuer sowie Grunderwerbsteuer maßgeblichen Wohnungsbegriff ab. Nach der Legaldefinition in § 181 Abs. 9 S. 4 BewG setzt das Vorhandensein einer Wohnung eine Wohnfläche von mindestens 23 m² (Mindestwohnfläche) voraus. Mit der abweichenden Regelung zum Wohnungsbegriff für Zwecke der Grundsteuer hat der Gesetzgeber der höchstrichterlichen Rechtsprechung Rechnung getragen, nach der eine Wohnung i. S. d. § 5 Abs. 2 GrStG in einem Studentenwohnheim in Gestalt eines Appartementhauses bereits vorliegt, wenn eine Wohneinheit aus einem Wohn-Schlafraum mit einer vollständig eingerichteten Küchenkombination oder zumindest einer Kochgelegenheit mit den für eine Kleinkücheneinrichtung üblichen Anschlüssen, einem Bad/WC und einem Flur besteht und eine Gesamtwohnfläche von mindestens 20 m² hat. Insoweit gilt für Studentenwohnheime dasselbe wie für abgeschlossene Appartements in einem Altenheim oder Altenwohnheim, die ebenfalls lediglich eine Gesamtwohnfläche von mindestens 20 m² haben müssen, um als Wohnung bewertet werden zu können.[2]

Für die Annahme einer Wohnung ist nicht erforderlich, dass die in sich abgeschlossene Wohneinheit baulich auf die typischen Bedürfnisse einer Familie zugeschnitten ist oder mehrere Bewohner darin tatsächlich keinen gemeinsamen Haushalt führen. Entscheidend ist, dass fremde Dritte keinen freien Zugang haben.[3]

Wohnräume sind infolgedessen Räume, die zu Wohnzwecken genutzt werden, jedoch die vorgenannten Mindestvoraussetzungen für den Begriff einer Wohnung nicht erfüllen.

 

Rz. 12

Eine Steuerbefreiung kann nur in Betracht kommen, wenn der Grundbesitz für steuerbegünstigte Zwecke benutzt wird. Es müssen sowohl die subjektiven als auch die objektiven Voraussetzungen für einen Steuerbefreiungstatbestand nach §§ 3 oder 4 GrStG vorliegen. Grundbesitz, der Wohnzwecken dient, ist grundsätzlich steuerpflichtig. Lediglich für bestimmte Fälle, in denen der Grundbesitz zugleich für steuerbegünstigte Zwecke nach §§ 3, 4 GrStG und Wohnzwecke genutzt wird, werden in den Nrn. 1-4 des § 5 GrStG Ausnahmen von diesem Grundsatz geregelt (Rz. 14ff.).

Wird der Grundbesitz sowohl zu steuerbegünstigten als auch zu anderen Zwecken benutzt, regelt grundsätzlich § 8 GrStG den Umfang der Steuerbefreiung. Lassen sich diese Teile des Grundbesitzes räumlich voneinander abgrenzen, ist nach § 8 Abs. 1 GrStG nur der für steuerbegünstigte Zwecke benutzte Teil des Grundbesitzes steuerfrei. Der für andere – nicht steuerbegünstigte Zwecke – benutzte Teil des Grundbesitzes ist steuerpflichtig. Soweit eine derartige räumliche Abgrenzung der Zwecke nicht möglich, ist gem. § 8 Abs. 2 GrStG für die Gewährung einer Steuerbefreiung maßgeblich, dass die unmittelbare Benutzung für die steuerbegünstigten Zwecke überwiegt. Eine Ausnahme von dem Grundsatz nach § 8 Abs. 2 GrStG enthält § 5 GrStG. Dient Grundbesitz, der für steuerbegünstigte Zwecke nach §§ 3, 4 GrStG benutzt wird, zugleich Wohnzwecken, geht § 5 GrStG als speziellere Vorschrift der grundsätzlichen Regelung in § 8 Abs. ...

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