1 Allgemeines

 

Rz. 1

Die Grundsteuer knüpft historisch sowie begrifflich an das Innehaben von inländischem Grundbesitz an und wird von demjenigen geschuldet, dem der Grundbesitz zuzurechnen ist.[1] Folgerichtig wird daher in § 2 GrStG der inländische Grundbesitz i. S. d. Bewertungsgesetzes zum Steuergegenstand der Grundsteuer bestimmt. Unter den Oberbegriff Grundbesitz subsumiert § 2 GrStG die Betriebe der Land- und Forstwirtschaft als wirtschaftliche Einheiten des land- und forstwirtschaftlichen Vermögens (§§ 232234, 240 BewG) sowie die Grundstücke als wirtschaftliche Einheiten des Grundvermögens (§§ 243 und 244 BewG), einschließlich der ihnen gem. § 218 S. 2 und 3 BewG i. V. m. § 99 Abs. 1 BewG gleichgestellten Betriebsgrundstücke als Steuergegenstände der Grundsteuer (§ 2 GrStG Rz. 10). Das Grundvermögen gehört infolgedessen zu den Vermögensarten, die gem. § 218 S. 1 Nr. 2 BewG nach den Vorschriften des Siebenten Abschnitts des BewG für Zwecke der Grundsteuer zu bewerten ist. Für die wirtschaftlichen Einheiten des Grundvermögens, die Grundstücke, sind nach § 219 Abs. 1 BewG Grundsteuerwerte festzustellen (Rz. 2).

[1] BT-Drs. 19/11085, 84.

1.1 Konzeption zur Bewertung des Grundvermögens

 

Rz. 2

Nach der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 10.4.2018 muss die Bemessungsgrundlage für Zwecke der Grundsteuer so ausgestaltet sein, dass sie den mit der Steuer verfolgten Belastungsgrund in der Relation der Wirtschaftsgüter zueinander realitätsgerecht abbildet.[1] Die Grundsteuer knüpft an das Innehaben von inländischem Grundbesitz an. Da sie die wirtschaftlichen Einheiten des Grundbesitzes ohne Rücksicht auf die persönlichen Verhältnisse belastet und damit nur mittelbar an die subjektive Leistungsfähigkeit des Steuerpflichtigen anknüpft, wird die historisch als Sollertragsteuer ausgestaltete Grundsteuer auch als Objekt- bzw. Realsteuer angesehen.[2] Die Ausgestaltung der Grundsteuer als Sollertragsteuer bildet die objektive Leistungsfähigkeit des Grundbesitzes und folgerichtig die des Steuerpflichtigen als Steuerschuldner ab. Die durch fundiertes Einkommen vermittelte Leistungskraft wird mittels einer Sollertragsteuer beim Steuerobjekt berücksichtigt, in dem die Grundsteuer"aus den üblicherweise zu erwartenden, möglichen Erträgen (Sollerträgen) bezahlt werden kann", sodass ihr keine konfiskatorische Wirkung zukommt.[3] Zur gleichheitsgerechten Umsetzung der vorgenannten Belastungsentscheidung hat der Gesetzgeber die Vorschriften zur Bewertung des Grundvermögens an dem Bewertungsziel "objektiviert-realer Grundsteuerwert" ausgerichtet.[4] Unter der Prämisse der Maßgaben des Bundesverfassungsgerichts zur gleichheitsgerechten Ausgestaltung der Bemessungsgrundlage[5] sollen die Bewertungsverfahren einerseits gewährleisten, dass die zu bewertenden Grundstücke relations- und realitätsgerecht erfasst werden, und andererseits die Bewertungsergebnisse den verfassungsrechtlich zulässigen Wertekorridor des Bewertungsmaßstabs erreichen. Hierbei ist zu berücksichtigen, dass es für die Grundstücke als wirtschaftliche Einheiten des Grundvermögens keinen absoluten und sicher realisierbaren Marktwert, sondern allenfalls ein Marktwertniveau, auf dem sich mit mehr oder weniger großen Abweichungen vertretbare Verkehrswerte bilden. Dabei wird von einer Streubreite von zumindest plus/minus 20 % der Verkaufspreise für ein und dasselbe Objekt ausgegangen, innerhalb derer ein festgestellter Verkehrswert als noch vertretbar angesehen wird.[6] Mit Blick auf diesen Wertekorridor erscheint auch ein durchschnittlich erreichtes Bewertungsniveau von rund 70 % der gemeinen Werte (Verkehrswerte) als Ergebnis einer typisierenden Bewertung verfassungsrechtlich noch hinnehmbar.[7] Zwecks Unterscheidung zwischen punktgenauem Wert (Punktwert) und durchschnittlichem Bewertungsniveau hat der Gesetzgeber bei der Grundsteuer als Bewertungsziel den Begriff des "objektiviert-realen" Grundsteuerwerts eingeführt, der grundsätzlich durch einen typisierten Ertragswert repräsentiert wird.

 

Rz. 3

Ausgehend von der Prämisse, die konkurrierende Gesetzgebungskompetenz des Bundes für die Reform des Bewertungs- und Grundsteuerrecht nicht nur auf die in der Wissenschaft unterschiedlich beurteilte konkurrierende Gesetzgebungskompetenz des Bundes nach Art. 105 Abs. 2 a. F. i. V. m. Art. 72 Abs. 2 GG, sondern auch auf die Gesetzgebungskompetenz des Bundes aus der Fortgeltungsbestimmung des Art. 125a Abs. 2 S. 1 GG für bestehendes Bundesrecht stützen zu können, wurde mit der Reform keine grundlegende Neukonzeption des Grundsteuer- und Bewertungsrechts angestrebt.[8]

Das Grundsteuer- und Bewertungsrecht sollte vielmehr in seiner Grundstruktur erhalten bleiben und unter Berücksichtigung der Vorgaben des BVerfG sowie weitgehender Nutzbarmachung automationstechnischer Möglichkeiten fortentwickelt werden. Im Bereich des Grundvermögens wurden die für die Einheitsbewertung herangezogenen Bewertungsverfahren unter Berücksichtigung des aktuellen Stands des Wertermittlungsrechts und der aktuellen Datenlage fortentwickelt und von bürokratisc...

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