Entscheidungsstichwort (Thema)

Keine Schenkung in Gestalt des Verzichts auf ein Rückforderungsrecht im Grundstücksübergabevertrag

 

Leitsatz (amtlich)

Ist in einem Grundstücksübergabevertrag eine bedingte und durch Vormerkung gesicherte Rückübertragungsverpflichtung des Erwerbers für den Fall vorgesehen, dass er ohne Zustimmung des Veräußerers über den Grundbesitz verfügt, einem Insolvenzverfahren unterliegt oder Zwangsvollstreckungsmaßnahmen in den Vertragsbesitz eingeleitet werden, und haben die Beteiligten später diesen Rückübertragungsanspruch aufgehoben und die Löschung der Vormerkung beantragt und bewilligt, so stellt dieser spätere Verzicht auf das Rückforderungsrecht nach § 517 Alt. 2 BGB keine Schenkung im Rechtssinne dar.

 

Normenkette

BGB §§ 516, 517 Alt. 2, § 528 Abs. 1, § 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 1; SGB XII § 93 Abs. 1

 

Verfahrensgang

LG München I (Urteil vom 08.06.2016; Aktenzeichen 34 O 15157/15)

 

Tenor

1. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des LG München I vom 8.6.2016, Az. 34 O 15157/15, aufgehoben.

2. Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger EUR 14.600,00 zu zahlen.

3. Der Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

4. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

5. Die Revision wird nicht zugelassen.

Beschluss

Der Streitwert wird für das Berufungsverfahren auf 14.600,00 EUR festgesetzt.

 

Gründe

I. Die Parteien streiten darüber, ob der Beklagte als Sozialhilfeträger vom Kläger mit Recht einen auf sich übergeleiteten Anspruch gemäß § 528 Abs. 1 BGB geltend gemacht hat.

Der Kläger ist der Sohn der am 26.12.2014 verstorbenen Maria S. Diese befand sich ab dem 1.9.2012 im BRK Seniorenzentrum N./D. Der Beklagte als Sozialhilfeträger trug die Kosten der Heimunterkunft in Höhe von monatlich EUR 705,29.

Maria S. hatte ihrem Sohn mit Übergabevertrag vom 4.12.2000 Grundbesitz bestehend aus 2/3 Miteigentumsanteilen an einem Wohnhaus in der F.-Str. 72 in N. im Wege einer Schenkung unter Auflagen überlassen. Als Gegenleistung haben die Parteien in Ziffer III des Vertrages die Einräumung eines Wohn- und Nutzungsrechtes zugunsten der Überlasserin vereinbart. Unter Ziffer VI. des Übergabevertrags war bestimmt, dass eine bedingte Rückübertragungsverpflichtung des Klägers für den Fall bestehen solle, dass er ohne Zustimmung des Veräußerers über den Grundbesitz verfügt, einem Insolvenzverfahren unterliegt oder Zwangsvollstreckungsmaßnahmen in den Vertragsbesitz eingeleitet werden. Zur Sicherung dieses aufschiebend bedingten Rückübereignungsanspruchs wurde eine Vormerkung zugunsten von Maria S. im Grundbuch eingetragen.

Am 29.5.2012 (A 2) haben die Parteien des Überlassungsvertrags den Rückübertragungsanspruch aufgehoben und die Löschung der Vormerkung beantragt und bewilligt. Der Kläger hat das Anwesen am 27.9.2012 zum Kaufpreis von EUR 219.000,00 verkauft.

Mit gleichlautenden Bescheiden vom 6.11.2012 und vom 7.11.2012 (A 5) hat der Beklagte vom Kläger die Zahlung von EUR 14.600,00 gefordert mit der Begründung, dass die Löschung der Rückauflassungsvormerkung eine Schenkung zugunsten des Klägers darstelle, hinsichtlich derer die Voraussetzungen des § 528 BGB vorlägen. Der Beklagte habe den Rückforderungsanspruch des verarmten Schenkers zur Abgeltung sozialhilferechtlicher Aufwendungen gemäß § 93 Abs. 1 SGB XII auf sich übergeleitet. Dabei hat der Beklagte darauf hingewiesen, dass Widerspruch und Anfechtungsklage gegen die Überleitungsanzeige keine aufschiebende Wirkung hätten und in einem solchen Verfahren Bestehen und Umfang des übergeleiteten zivilrechtlichen Anspruchs nicht geprüft würden. Nach erfolglosem Widerspruch (A 6, A 10) gegen die Bescheide hat der Kläger die geforderte Summe in Raten, letztmals im Herbst 2014, bezahlt. Mit Anwaltsschreiben vom 2.6.2014 (A 11) hat er darauf hingewiesen, dass die Erhebung einer Rückforderungsklage geprüft werde; Zahlungen seien geleistet worden, da der Widerspruch keine aufschiebende Wirkung habe.

Der Kläger hat vor dem LG die Auffassung vertreten, dass die Löschung der Rückauflassungsvormerkung keine eigenständige Schenkung mehr dargestellt habe, jedenfalls aber an § 517 Alt. 2 BGB zu messen sei. Die vertragliche Aufhebung des Rückübertragungsanspruchs und die Löschung der diesbezüglichen Vormerkung stellten rechtlich keine Schenkung dar, weshalb der vom Beklagten geltend gemachte Anspruch gemäß § 528 Abs. 1 BGB nicht bestanden habe. Eine Rechtsgrundlage für die mit Bescheid ausgesprochene Zahlungsverpflichtung liege nicht vor; der eingeforderte Betrag sei gemäß §§ 812 ff. BGB zurückzuzahlen.

Der Beklagte hat geltend gemacht, dass die Löschungsbewilligung ohne Gegenleistung erfolgt sei und damit eine Schenkung darstelle. Die Vormerkung sei auch werthaltig gewesen, da sie den Verkehrswert des Grundstücks negativ beeinträchtigt habe. Die Voraussetzungen des § 517 BGB lägen nicht vor. Dass die tatsächliche Ausübung des Rückübertragungsanspruchs allein vom künftigen Verhalten des Klägers abhing, bedeute nicht, dass die Berechtigte das Recht noch nicht "endgültig erworben" gehabt...

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