Leitsatz (amtlich)

1. Der Erwerb eines Grundstücks durch Zuschlag im Teilungsversteigerungsverfahren stellt grundsätzlich einen Vorkaufsfall i.S.d. §§ 1094 Abs. 1, 1098 Abs. 1, 463 BGB dar. Die Ausübung des Vorkaufsrechts ist jedoch ausgeschlossen, wenn dieses nur einen Grundstücksbruchteil belastet und der Zuschlag einem Teilhaber erteilt wird.

2. Ein für den ersten Verkaufsfall eingeräumtes Vorkaufsrecht erlischt grundsätzlich auch dann, wenn es im Einzelfall nicht ausgeübt werden kann (Abgrenzung zu BayObLG, Beschl. vom 8.10.1980 - BReg 2 Z 72/79, JurBüro 1981, 752 f.).

 

Normenkette

BGB §§ 463, 1094 Abs. 1, § 1098 Abs. 1

 

Verfahrensgang

AG Siegburg (Beschluss vom 27.11.2014; Aktenzeichen SU-6082-7)

 

Nachgehend

BGH (Beschluss vom 21.01.2016; Aktenzeichen V ZB 43/15)

 

Tenor

Auf die Beschwerde der Beteiligten zu 1. wird der am 28.11.2014 erlassene Beschluss des AG Siegburg vom 27.11.2014 - SU-6082-7 - aufgehoben. Das Grundbuchamt wird angewiesen, das in Abteilung II lfd. Nr. 5 für die Beteiligte zu 2. eingetragene Vorkaufsrecht zu löschen.

Eine Kostenerstattung findet nicht statt.

Die Rechtsbeschwerde gegen diese Entscheidung wird zugelassen.

 

Gründe

I. Eingetragene Eigentümer der im Rubrum bezeichneten Grundstücke waren früher zu 5/8 die Beteiligte zu 1. sowie zu 3/8 deren Schwester, die Beteiligte zu 2. In Abt. II lfd. Nrn. 4 und 5 war auf den Miteigentumsanteilen jeweils zugunsten der anderen Miteigentümerin ein vererbliches und nicht übertragbares Vorkaufsrecht auf den ersten Verkaufsfall eingetragen. Im dem von ihr eingeleiteten Teilungsversteigerungsverfahren (42 K 159/13, AG Siegburg) erwarb die Beteiligte zu 1. aufgrund Zuschlagsbeschlusses vom 2.7.2014 (Ausfertigung Bl. 37 ff. d.A.) das alleinige Eigentum an den genannten Grundstücken; das zugunsten der Beteiligten zu 2. in Abt. II lfd. Nr. 5 eingetragene Vorkaufsrecht blieb nach den Versteigerungsbedingungen bestehen. Die Eintragung der Beteiligten zu 1. als Eigentümerin erfolgte am 4.9.2014.

Mit notariell beglaubigter Erklärung ebenfalls vom 4.9.2014, dem Grundbuchamt eingereicht durch Schriftsatz ihres Verfahrensbevollmächtigten vom 8.9.2014 (Bl. 49 f. d.A.), beantragte die Beteiligte zu 1. die Löschung des in Abteilung II lfd. Nr. 5 eingetragenen Vorkaufsrechts der Beteiligten zu 2. Dieses Recht sei erloschen, da die von ihr betriebene Teilungsversteigerung einen Vorkaufsfall im Sinne des Gesetzes darstelle.

Nach vorangegangenem Austausch der unterschiedlichen Rechtsstandpunkte hat der Rechtspfleger des Grundbuchamtes den Löschungsantrag der Beteiligten zu 1. mit Beschluss vom 27.11.2014, erlassen am 28.11.2014 (Bl. 62 ff. d.A.), zurückgewiesen. Die beantragte Löschung könne nicht im Wege der Grundbuchberichtigung, sondern nur aufgrund Bewilligung der Berechtigten (§§ 19, 29 GBO) erfolgen. Insbesondere sei das Vorkaufsrecht nicht durch den Eigentumserwerb der Beteiligten im Teilungsversteigerungsverfahren erloschen. Der im Rahmen der Teilungsversteigerung erfolgte Erwerb durch einen Miteigentümer stelle anerkanntermaßen keinen zum Vorkauf berechtigenden Verkaufsfall dar; dementsprechend könne das Vorkaufsrecht durch diesen Vorgang auch nicht erlöschen.

Gegen diesen Beschluss hat die Beteiligte zu 1. mit Schriftsatz ihres Verfahrensbevollmächtigten vom 10.12.2014 Beschwerde eingelegt. Sie vertritt unter Bezugnahme auf ein Urteil (gemeint ist wohl: Beschluss) des OLG Zweibrücken vom 16.3.2011 (3 W 28/11) die Ansicht, dass das Vorkaufsrecht erloschen sei. Zwar habe das im Grundbuch eingetragene Vorkaufsrecht im Teilungsversteigerungsverfahren nicht ausgeübt werden können, gleichwohl handele es sich hierbei aber um einen zum Erlöschen des Rechts führenden Verkaufsfall.

Die im Beschwerdeverfahren vom Senat angehörte Beteiligte zu 2. tritt der Beschwerde entgegen und meint, das Vorkaufsrecht bestehe fort, da der "erste Verkaufsfall" noch nicht eingetreten sei. In diesem Zusammenhang könne insbesondere nicht auf den Eigentumserwerb der Beteiligten zu 1. im Rahmen des Teilungsversteigerungsverfahrens - 42 K 159/13, AG Siegburg - abgestellt werden.

II.1. Die gem. § 71 Abs. 1 GBO i.V.m. § 11 Abs. 1 RPflG statthafte und auch im Übrigen in zulässiger Weise eingelegte Beschwerde ist auch in der Sache selbst begründet.

Das Grundbuchamt hat mit dem angefochtenen Beschluss den Löschungsantrag der Beteiligten zu 1. mit der Begründung zurückgewiesen, dass es an der nach § 19 GBO erforderlichen Bewilligung der Beteiligten zu 2. als Berechtigter des eingetragen Vorkaufsrechtes fehle. Dieser Nachweis ist entgegen der Rechtsauffassung des Grundbuchamtes aber auch nicht erforderlich, weil die Beteiligte zu 1. in einer den Anforderungen der § 22 Abs. 1, 29 Abs. 1 GBO genügenden Weise die Unrichtigkeit des Grundbuches nachgewiesen hat. Denn das in Abt. II lfd. Nr. 5 eingetragene Vorkaufsrecht der Beteiligten zu 2. ist durch das von der Beteiligten zu 1. betriebene Teilungsversteigerungsverfahren und den dort zu ihren Gunsten erteilten Zuschlag erloschen.

a) Im Ansatz zutreffend geht d...

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