Verfahrensgang

LG Hannover (Urteil vom 18.06.2003; Aktenzeichen 12 O 230/02)

 

Tenor

I. Auf die Berufung der Klägerin wird das am 18. Juni 2003 verkündete Urteil der 12. Zivilkammer des Landgerichts Hannover – Einzelrichter – aufgehoben und wie folgt neu gefasst:

Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 96.851,09 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 % für die Zeit vom 4. November bis 3. Dezember 2001 und in Höhe von 5 % über dem Basiszinssatz seit dem 4. Dezember 2001 zu zahlen.

II. Die Kosten des Rechtsstreits hat der Beklagte zu tragen.

III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Dem Beklagten wird nachgelassen, die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

 

Tatbestand

I.

Die Klägerin nimmt den Beklagten im Wege der Teilklage auf Zahlung von Schadensersatz aus einer ihrer Auffassung nach geschlossenen Treuhandvereinbarung in Anspruch. Für die tatsächlichen Feststellungen im Einzelnen wird gemäß § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils Bezug genommen.

Mit der Berufung gegen das klagabweisende Urteil verfolgt die Klägerin ihr erstinstanzliches Begehren weiter. Sie ist der Ansicht, das Landgericht habe das Schreiben des Beklagten vom 28. August 2001 (Anlage K 2) trotz fehlender Auslegungsbedürftigkeit ausgelegt und dies auch noch rechtsfehlerhaft ohne hinreichende Auseinandersetzung mit dem Wortlaut und ohne Berücksichtigung der übrigen Umstände getan. Die Formulierung, die Zahlungen seien „sichergestellt”, sowie die ausdrückliche Bestätigung des Beklagten im Schreiben vom 10. Oktober 2001 (Anlage K 4) ließen beim Erklärungsempfänger nur den Schluss auf eine verbindliche Zahlungszusage unter Begründung eines Sicherungstreuhandverhältnisses zu. Entgegen der Auffassung des Landgerichts enthalte das Schreiben vom 28. August 2001 auch keine Relativierung dieser Zusage.

Sie beantragt,

den Beklagten unter Aufhebung des erstinstanzlichen Urteils zur Zahlung von 96.851,09 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 % vom 4. November bis 3. Dezember 2001 und in Höhe von 5 % über dem Basiszinssatz ab dem 4. Dezember 2001 zu verurteilen.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er verteidigt das angefochtene Urteil und vertritt die Ansicht, die Klage sei bereits unschlüssig, da allenfalls ein Treuhandverhältnis zwischen ihm und der Gemeinschuldnerin begründet worden sei, jedenfalls aber keines zwischen ihm und der Klägerin. Er habe als vorläufiger und sog. schwacher Insolvenzverwalter keine Verfügungsmacht übertragen bekommen und daher erkennbar nicht die Rechtsmacht besessen, sich zur Zahlung von Treuhandgeldern an die Klägerin zu verpflichten. Jedenfalls bestehe kein Anspruch gegen ihn persönlich; das Schreiben vom 28. August 2001 sei schließlich auch von der Gemeinschuldnerin unterschrieben worden, sodass es sich um deren Erklärung mit seiner Zustimmung handele.

Ein Aussonderungsrecht nach § 47 InsO müsse ebenfalls nicht diskutiert werden, weil die Klägerin dann ihn, den Beklagten, als Insolvenzverwalter hätte in Anspruch nehmen müssen. Auch auf die von der Klägerin erörterte Auslegungs-problematik komme es nicht an.

 

Entscheidungsgründe

II.

Die Berufung ist zulässig und hat in der Sache Erfolg.

1. Allerdings kann die Klägerin ihren Zahlungsanspruch nicht auf ein mit dem Beklagten vereinbartes Treuhandverhältnis stützen. Das Landgericht hat insofern zutreffend ausgeführt, dass es an einer verbindlichen Zusage des Beklagten, die künftigen Forderungen der Klägerin aus einem Treuhandkonto zu befriedigen, fehlt.

Anders als in dem von ihr zitierten BGH-Urteil (vom 12. Oktober 1989, Az. X ZR 184/88, Anlage K 11 im Sonderheft) gab es zwischen den Parteien nämlich keine Vereinbarung dergestalt, dass hinsichtlich der von der Klägerin zu erbringenden Leistungen ein separates treuhänderisch zu verwaltendes Konto angelegt werden sollte. Mit Schreiben vom 28. August 2001 (Anlage K 2, Bl. 12) teilte der Beklagte nämlich lediglich mit, dass auf dem angesichts der Insolvenz eingerichteten Sonderkonto (also dem „Massekonto”) genügend Geld vorhanden sei, um die weiterhin benötigten Leistungen der Klägerin bezahlen zu können. Von einem Treuhandkonto zur Sicherung der künftigen Ansprüche der Klägerin war darin nicht die Rede.

2. Aus diesem Grund stehen der Klägerin auch keine Schadensersatzansprüche aus der Verletzung eines Sicherungstreuhandvertrages zu.

3. Die Klägerin hat gegen den Beklagten aber einen Anspruch auf Ersatz ihres positiven Interesses aus seiner Zusage im Schreiben vom 28. August 2001 (Anlage K 2, Bl. 12).

Die „Bestätigung”, dass die Zahlungen für die künftigen Leistungen der Klägerin „durch das Insolvenzsonderkonto sichergestellt” seien, ist als Garantie zu verstehen mit der Folge, dass der Beklagte nun, da offenbar die zugesagten Zahlungen aus dem Insolvenzsonderkonto nicht (mehr) geleistet werden können, pers...

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